Ohrgeräusche

Ohrgeräusche sind auditive Wahrnehmungen, welche auf verschiedene Ursachen und Funktionsstörungen zurückgeführt werden können. Der Tinnitus manifestiert sich meist zwischen dem 40. und dem 50. Lebensjahr. Man unterscheidet einen subjektiven von einem objektiven sowie einen akuten von einem chronischen Tinnitus. Des Weiteren ist auch der Entstehungsort des Ohrgeräusches von Bedeutung.

Ohrgeräusche

Synonyme

Ohrensausen
engl. tinnitus

Einleitung

Das Pfeifen im Ohr ist zwar ungefährlich, belastet viele Betroffene aber extrem. Erfahren Sie hier alles wichtige zum Tinnitus.

Ohrgeräusche sind auditive Wahrnehmungen, welche auf verschiedene Ursachen und Funktionsstörungen zurückgeführt werden können. Die Art sowie die Intensität des Ohrgeräusches können dabei variieren. Sie können sowohl einseitig als auch beidseitig auftreten. Es handelt sich bei einem Tinnitus zwar eher um ein Symptom, dennoch wird er nach dem ICD-10 als eigenständige Diagnose geführt.

Man klassifiziert Ohrgeräusche anhand verschiedener Kriterien. Man unterscheidet einen subjektiven von einem objektiven sowie einen akuten (Dauer unter 3 Monaten) von einem chronischen Tinnitus (Dauer über 3 Monaten). Des Weiteren ist auch der Entstehungsort des Ohrgeräusches von Bedeutung. Der Tinnitus kann im äußeren Ohr, Mittelohr, Innenohr aber auch in der Hörbahn bzw. im Gehirn entstehen. Letztendlich wird der Tinnitus noch in Schweregrade eingeteilt, welche sich auf die Lebensqualität im privaten sowie im beruflichen Bereich beziehen. Grad 1 entspricht dabei keinem Leidensdruck, Grad 4 führt zur Berufsunfähigkeit und geht mit einem sehr hohen Leidensdruck einher. Die Art des Ohrgeräusches kann sehr unterschiedlich sein.

Häufigkeit

Circa 25 % der deutschen Bevölkerung haben laut eigenen Angaben bereits einen Tinnitus erlebt, 4 % leiden sogar unter einem chronischen, also andauernden, Tinnitus. Die Inzidenz, sprich die Anzahl der Neuerkrankungen in der Bevölkerung, steigt weiterhin. Vermutlich hat eine erhöhte Lärmexposition etwas damit zu tun. Der Tinnitus manifestiert sich meist zwischen dem 40. und dem 50. Lebensjahr. Männer und Frauen sind dabei im gleichen Maße betroffen.

Ursachen

Es gibt sehr viele Ursachen, die zu einem Tinnitus führen können. Dabei unterscheidet man solche, die zu einem objektivierbaren Befund führen, von denen, die ein subjektives Ohrgeräusch verursachen.

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Objektives Ohrgeräusch

Zu einem objektiven Ohrgeräusch kann bspw. eine Stenose (Verengung) der Halsschlagader führen. Typischerweise kommt es dann zu einem pulssynchronen Rauschen. Auch andere Strömungsgeräusche von Gefäßen (Arterien) sind möglich.
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Eine andere Ursache ist ein Tumor des Glomus-Tympanicum. Dabei handelt es sich um einen Tumor des Mittelohrs, der von einer Nervenzellansammlung, dem Paraganglion Tympanicum, ausgeht. Der Tumor verursacht ebenfalls ein pulsierendes Ohrgeräusch (meist ein Rauschen), welches mit einem Hörverlust einhergehen kann.

Des Weiteren können Atemgeräusche, Gefäßmissbildungen (Aneurysma, AV- Fistel), Verspannungen der Mittelohrmuskeln oder Öffnungsbewegungen der Ohrtrompete einen objektiven Tinnitus verursachen.

Im Vordergrund der Therapie steht bei solchen objektiven Ohrgeräuschen die Behandlung der Grundkrankheit. Dies ist jedoch nicht immer möglich.

Subjektives Ohrgeräusch

Der subjektive Tinnitus wird nur vom Betroffenen wahrgenommen. Man kann die Ursachen in vier Kategorien unterteilen :

  • Intra- und extrakranielle Ursachen

Diese Ursachen können sowohl im Schädel als auch außerhalb liegen. In diese Gruppe gehören Tumore (z.B. Hirntumore, Akustikusneurinom), Traumata (Schädel-Hirn-Trauma, Felsenbeinfraktur) und Operationen (bspw. am Gehirn oder Ohr).

  • Psychische Ursachen

Stress und große psychische Belastungen können zu einem Tinnitus führen. Sie können aber auch begleitend zu einem Tinnitus auftreten oder das Resultat eines chronischen Ohrgeräusches sein. Je belastender das Ohrgeräusch für eine Person ist, desto eher kann eine psychische Begleitsymptomatik, bspw. eine Depression, auftreten.

  • Systemische Erkrankungen

Dazu gehören beispielsweise kardiovaskuläre Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Herzrhythmusstörungen. Des Weiteren können eine Schilddrüsenüberfunktion, Multiple Sklerose oder das HWS-Syndrom eine Ursache sein. Auch psychiatrische Erkrankungen wie eine Schizophrenie können auditorische Halluzinationen verursachen. Streng genommen handelt es sich dabei jedoch um kein typisches Ohrgeräusch.

  • Funktionsstörungen des Ohrs und der zentralen Hörbahn

Schädigungen des Ohrs und der zentralen Hörbahn können zur Wahrnehmung störender Ohrgeräusche, einer teilweise schmerzhaften Hyperakusis oder sogar eines Hörverlustes führen. Auslöser sind beispielsweise innenohrtoxische Medikamente (Medikamente, die das Ohr schädigen) wie Schleifendiuretika oder Aminoglykoside (Gentamycin, Erythromycin). Letzteres kann ein akutes oder chronisches Schalltrauma verursachen. Auch Entzündungen im Ohr, wie Mittelohrentzündungen oder Labyrinthiden, können zu einem Ohrgeräusch führen. Weitere Erkrankungen wie die Otosklerose, der Morbus Meniere, die Trommefellperforation sowie der Hörsturz sind ebenfalls zu nennen. Letzterer geht mit einer plötzlichen Innenohrschwerhörigkeit und einem Gefühl von „Watte im Ohr“ einher, welches oftmals von einem Tinnitus begleitet wird.

Ohrgeräusche bei einem HWS Syndrom

Die Symptomkomplexe bei einem HWS-Syndrom können sehr unterschiedlich ausfallen. Häufig sind Ohrgeräusche, Schwindel, Hals- und Nackenschmerzen und ein Kribbeln / Taubheitsgefühl. Als Ursachen kommen funktionelle, degenerative oder traumatische Prozesse in Betracht. Mögliche Ursachen sind beispielsweise ein Schleudertrauma, funktionelle Verspannungen oder ein Facettensyndrom.

Der muskuläre Tonus der Halswirbelsäule beeinflusst die Funktion der Hirnnervenkerne, welche für die Funktion des Hörens unentbehrlich sind. So können Störungen der auditiven Wahrnehmung auf Verspannungen oder Gelenkprobleme der HWS zurückzuführen sein. Weiterhin spielt auch die Durchblutung der Hirnnervenkerne eine wichtige Rolle. Diese werden mitunter von Gefäßen versorgt, die eng an der Halswirbelsäule entlang laufen.

Degenerative Veränderungen der knöchernen Strukturen der HWS können diese Gefäße einengen und so die Durchblutung der Hirnnervenkerne beeinträchtigen. Die Art des Ohrgeräusches kann variieren. Oft wird aber von einem tiefen, dumpfen, einseitigen Ton berichtet oder aber von einem unregelmäßigen Rauschen.

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Symptome

Betroffene beschreiben die Ohrgeräusche teils als Rauschen, Brummen, Pfeifen, Knacken oder Klopfen. Das Geräusch kann ebenfalls einen rhythmisch-pulsierenden Charakter haben oder eher monoton ausfallen. Zusätzlich kann es zu einer Hörminderung, öfter sogar aber zu einer Hyperakusis kommen. Die Betroffenen weisen oftmals Komorbiditäten (Begleiterkrankungen) wie Muskelverspannungen im Kiefer und in der Halswirbelsäule, Depressionen, Angstzustände bis hin zu Suizidgedanken auf. Schlafstörungen aufgrund des unangenehmen Ohrgeräusches sind ebenfalls häufig. Kopfschmerzen und Schwindel sowie eine Verschlechterung des Hörvermögens werden des Öfteren beschrieben.

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Ohrgeräusche im Liegen

Einige Betroffene nehmen ihre Ohrgeräusche im Liegen stärker wahr oder geben an, vor allem morgens nach dem Aufstehen ein lauteres Geräusch wahrzunehmen als sonst. Dies kann damit zusammenhängen, dass beim Schlafengehen eine größere Stille herrscht als zu den übrigen Tageszeiten. Dasselbe gilt auch für das morgendliche Aufwachen. Dementsprechend ist der Körper nicht von anderen Reizen abgelenkt und es gibt keine anderen Geräusche, die das störende Ohrgeräusch überlagern könnten.

Es kann helfen, leise entspannende Musik beim Einschlafen zu hören. Außerdem können auch Entspannungstechniken dabei helfen, sich nicht so sehr auf das Ohrgeräusch zu fixieren, und es so als weniger störend wahrzunehmen.

Therapie

Die Therapie eines Tinnitus umfasst verschiedene Ansätze, von denen manche auf eine Heilung abzielen, andere lediglich die Lebensqualität und die Beschwerden bessern sollen. Um einem chronischen Verlauf vorzubeugen, ist es wichtig, die Therapie so früh wie möglich zu beginnen. So stehen die Chancen auf eine Heilung am besten.

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Therapie eines Ohrgeräusches in der Akutsituation

In der Akutsituation wird der Tinnitus meist mit durchblutungsfördernden Maßnahmen, Kortikoiden und einer ionotropen Therapie (Beeinflussung der Ionenkanäle im Innenohr) therapiert. Die Verfahren sind jedoch hinsichtlich ihres Nutzens umstritten.

Therapie bei einem objektiven Ohrgeräusch

Bei einem objektiven Ohrgeräusch richtet sich die Therapie zunächst nach der Grunderkrankung. Dies kann bspw. die Entfernung eines Tumors oder die neuroradiologische, mikrochirurgische oder strahlentherapeutische Ablation der körpereigenen Schallquelle sein.

Therapie bei einem subjektiven Ohrgeräusch

Bei einem subjektiven Ohrgeräusch umfasst die Therapie zum einen kausale und zum anderen supportive Maßnahmen.

  • Kausale Therapie

Diese ist nur möglich, wenn die Ursache für das Ohrgeräusch bekannt ist, dann können Therapien eingeleitet werden, die die zugrunde liegende Ursache beheben sollen. Dazu gehören u.a. eine antihypertensive Therapie bei Bluthochdruck, operative Verfahren bei Mittelohrschädigungen oder Krankengymnastik beim HWS-Syndrom.

  • Supportive Therapie

Die supportiven Therapiemaßnahmen kommen zur Anwendung, wenn die Ursache für das Ohrgeräusch nicht genau bekannt ist oder sich die Ursache nicht kausal therapieren lässt. Bausteine der supportiven Therapie sind das Tinnituscounselling, bei welchem Bewältigungsstrategien besprochen werden, Entspannungsverfahren und hörtherapeutische Maßnahmen. Außerdem kann eine Habituationstherapie erfolgen, bei welcher die Betroffenen für das störende Ohrgeräusch desensibilisiert werden sollen.
Eine Empfehlung zur medikamentösen Therapie, bspw. mit Ginkgo Biloba oder Glutamat-Antagonisten, lässt sich nach dem derzeitigen Stand der Forschung nicht aussprechen. Insgesamt werden für wenige der Therapiemaßnahmen, die häufig angewendet werden, Empfehlungen ausgesprochen. Momentan besteht die evidenzbasierte Therapie des chronischen Tinnitus aus einem Tinnituscounselling, gefolgt von einer kognitiven Verhaltenstherapie, bei welcher die Patienten lernen sollen, mit dem Ohrgeräusch besser umzugehen. Es wird ebenfalls empfohlen, Begleiterkrankungen, wie bspw. Depressionen, zu therapieren.
Weitere Therapieansätze, deren Nutzen jedoch nicht bestätigt ist, sind u.a. die Akupunktur und Musiktherapie.

Tebonin®

Tebonin® ist der Handelsname für ein Präparat mit dem Wirkstoff Ginkgo-Biloba-EGb 761. Dabei handelt es sich um ein Trockenextrakt aus den Blättern des Ginkgo. Es ist in Deutschland zugelassen zur symptomatischen Behandlung bei Gedächtnisstörungen, Ohrensausen, Schwindel, Durchblutungsstörungen, Konzentrationsstörungen, Demenz und Kopfschmerzen.

Tebonin® wirkt über zwei Hauptmechanismen, von denen einer vor allem in der akuten Phase eines Tinnitus, der andere in der chronischen Phase zu Tragen kommt.

  • Akute Phase

In der akuten Phase wird die Durchblutung des Innenohrs gefördert, wodurch sich Ohrgeräusche zurückbilden können.

  • Chronische Phase

In der chronischen Phase wirkt der Ginkgo-Extrakt vor allem durch seine neuroprotektiven Faktoren den Ohrgeräuschen entgegen. Er soll die Vernetzung von Nervenzellen und die Signalverarbeitung im Gehirn fördern. Dies kann womöglich darauf zurückgeführt werden, dass Wirkstoffe des Ginkgo auf die Genexpression und Singnaltransduktion wirken. Dadurch soll die Wahrnehmung der Ohrgeräusche im chronischen Stadium verbessert werden und die Gewöhnung an das Geräusch leichter fallen. Vom Hersteller wird die tägliche Einnahme von 120 mg Ginkgo-Spezialextrakt EGb 761® über mindestens 12 Wochen empfohlen. Es sollte jedoch beachtet werden, dass es eine Vielzahl von Patienten von Nebenwirkungen wie Schwindel, Nasenbluten und einer Verstärkung des Ohrgeräusches berichten. Die Einnahme sollte daher mit einem Arzt abgesprochen werden. In den aktuellen ärztlichen Leitlinien wird die Einnahme nicht empfohlen.

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Ohrgeräusche in der Schwangerschaft

Viele Frauen berichten von Ohrgeräuschen in der Schwangerschaft, welche oftmals nach der Geburt wieder verschwinden. Es lässt sich jedoch nicht genau eingrenzen, wie viel Prozent der Frauen Ohrgeräusche in ihrer Schwangerschaft erleben.

Grundsätzlich können dieselben Ursachen, die auch sonst Ohrgeräusche bedingen, zu Ohrgeräuschen in einer Schwangerschaft führen. Auch ein erhöhtes Stresslevel, Fehlbelastungen oder eine mangelnde Mobilität der HWS können bei Schwangeren zu Ohrgeräuschen führen.

Es empfiehlt sich, so früh wie möglich einen Arzt aufzusuchen, um eine Therapie einleiten zu können. Dann stehen die Chancen am besten, dass das Ohrgeräusch nicht chronisch wird.

Ohrgeräusche bei Kindern

Die Studienlage zu kindlichen Ohrgeräuschen ist zwar nicht eindeutig, jedoch zeigt sich wohl, dass etwa 15 – 20 % der Schulkinder angaben, bereits einmal ein Ohrgeräusch wahrgenommen zu haben. Das kann verschiedene Ursachen haben.

Kinder sind häufiger als Erwachsene von Mittelohrentzündungen betroffen, welche das Ohrgeräusch verursachen können. Auch angeborene Hörschäden oder eine Lärmbelastung können Ursachen für kindliche Ohrgeräusche sein. Ebenfalls spielen psychologische Faktoren, wie Stress oder Belastungen, eine wichtige Rolle in der Genese von Ohrgeräuschen bei Kindern.

Kinder sind jedoch, anders als Erwachsene, meist besser dazu in der Lage, die Ohrgeräusche auszublenden oder als nicht belastend wahrzunehmen. Die Therapie sollte sich daher daran orientieren, ob und in welchem Maße der Tinnitus das betroffene Kind belastet oder beeinträchtigt. Die Therapie erfolgt im Wesentlichen analog zu der Therapie bei Erwachsenen. Die Behandlung mit Medikamenten sollte jedoch zunächst zurückhaltend erfolgen. Viel wichtiger ist eine Schulung des Gehörs bzw. die Therapie von Grunderkrankungen.

Weitere Informationen

Weitere Informationen zum Thema Ohrgeräusche finden Sie unter:

Eine Übersicht aller HNO-Themen finden sie unter: HNO A-Z

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 19.04.2016 - Letzte Änderung: 18.09.2024