Das Innenohr stellt ein komplexes Gebilde dar, mit dessen Hilfe wir uns im Raum orientieren können. Die Schallwahrnehmung spielt zudem in unserem sozialen Zusammenlebend eine überaus wichtige Rolle.
Lateinisch: Auris interna
Englisch: internal ear
Das Innenohr liegt im Inneren des Felsenbeins und beinhalten das Hör- und das Gleichgewichtsorgan. Es besteht aus einem häutigen oder membranösen Labyrinth, welches von einem gleichgeformten knöchernen Labyrinth umgeben ist.
Zum Hörorgan/ Ohr im Innenohr zählt man die Gehörschnecke (Cochlea).
Sie besteht aus dem cochleären Labyrinth mit einem membranösen Schneckengang (Ductus chochlearis). Er enthält das Sinnesepithel mit zwei verschiedenen Rezeptorzellen, das sogenannte Corti-Organ. Die Spitze der Schnecke zeigt zur Seite nach vorne und nicht etwa nach oben.
Der knöcherne Schneckengang (Canalis spiralis cochleae) im Innenohr ist etwa 30-35 mm lang. Er windet sich ungefähr 2,5-mal um den Modiolus, seine knöcherne Achse, welcher von mehreren Hohlräumen durchsetzt ist und das Ganglion spirale (Nerven zur Impulsaufnahme der Frequenzen) enthält. Die basale Schneckenwindung vom Innenohr ist von der Paukenhöhle (Mittelohr) aus als Vorwölbung (Promontorium) zu erkennen.
Die membranösen Kompartimente sind im Querschnitt stockwerkartig angeordnet. Oben und unten befinden sich mit Perilymphe (Ultrafiltrat des Blutplasmas; ähnelt der Extrazellularflüssigkeit) gefüllte Räume: die Scala vestibuli und die Scala tympani. In der Mitte des Innenohrs imponiert ein weiterer Raum, der Ductus cochlearis, welcher mit Endolymphe (ähnelt in der Zusammensetzung der intrazellulären Flüssigkeit) gefüllt ist. Er endet zur Schneckenspitze hin blind, während die Scala vestibuli und Scala tympani am Schneckenloch (Helicotrema) an der Schneckenspitze im Innenohr miteinander in Verbindung stehen. Im Querschnitt wirkt der Ductus cochlearis dreieckig und ist durch die sog. Reissner-Membran von der Scala vestibuli und durch die Basilarmembran von der Scala tympani getrennt. An der seitlichen Wand befindet sich ein besonders stoffwechselaktiver Bereich (Stria vascularis), der die Endolymphe sezerniert.
Die Basilarmembran entspringt an einem knöchernen Vorsprung und wird von der Schneckenbasis zur Schneckenspitze immer breiter. Hier findet sich der sensorische Apparat mit den inneren und äußeren Haarzellen, die im Verhältnis 1:3 stehen. Die Haarzellen tragen unterschiedlich lange Stereovilli. Die kleinsten davon sind über Eiweißfäden miteinander verbunden. Hier findet die Umwandlung eines äußeren Reizes in ein physiologisches Signal (Transduktion) über bestimmte Ionenkanäle statt. Das Corti-Organ wird von der Tektorialmembran abgedeckt. In Ruhe, d.h. ohne äußeren Reiz, berühren nur die äußeren Haarzellen im Innenohr die Tektorialmembran. An den inneren Haarzellen schließen sich Fasern des Hörnervs (Nervus cochlearis) an, der die Informationen weiter zum Gehirn leitet. Die Funktion des Hörorgans ist die Umwandlung der eintreffenden Schallwellen in elektrische Impulse. Die genauen Transduktionsvorgänge und Prinzip der Schallleitung werden weiter unten beschrieben.
A - Außenohr - Auris externa
B - Mittelohr - Auris media
C - Innenohr - Auris interna
Eine Übersicht aller Abbildungen von Dr-Gumpert finden Sie unter: medizinische Abbildungen
Der im Innenohr eintreffende Schall wird über das äußere Ohr zum Trommelfell geleitet. Dort werden die entstandenen Schwingungen weiter auf die Gehörknöchelchenkette über Hammer, Amboss und Steigbügel im Mittelohr an das ovale Fenster zum Innenohr herangetragen. Das ovale Fenster grenzt an die Scala vestibuli. Die Steigbügelfußplatte versetzt durch kontinuierliche Ein- und Auswärtsbewegungen die Innenohrflüssigkeit und die Membranen der Schnecke in Bewegung. Hier beginnt der Signaltransduktionsvorgang, der sich in 3 Stufen einteilen lässt:
Eine Wanderwelle entsteht im Innenohr durch wellenförmige Bewegungen. Sie beginnt am ovalen Fenster und läuft dann die Scala vestibuli herauf bis zur Schneckenspitze. Wäre die cochleäre Trennwand eine homogene Struktur, würde eine synchrone Schwingung erfolgen. Aber ihre Steifigkeit nimmt von der Schneckenbasis zur Schneckenspitze ab. Daraus folgt, dass die Trennwand in Form einer Wanderwelle schwingt. Insgesamt gibt es für jede Frequenz ein Amplituden- (Schwingungs-) maximum. Wenn die Anregungsfrequenz des äußeren Schallreizes also gleich der Eigenfrequenz der Basilarmembran ist, folgt ein Amplitudenmaximum. Diese Prinzip der Frequenzdispersion (Frequenz-Ortsabbildung, Ortstheorie) lässt eine charakteristische Zuordnung von Frequenzen zu (Tonotopie). Hohe Frequenzen finden sich an der Schneckenbasis im Innenohr, tiefe dagegen an der Schneckenspitze imInnenohr.
An dem Maximum der Wellenbewegung werden die Stereovilli der äußeren Haarzellen am stärksten abgebogen. Es kommt zur Scherbewegung zwischen Basilar- und Tektorialmembran. Durch Auf- und Abwärtsbewegungen werden die tip-links gedehnt oder entspannt. Dadurch werden Ionenkanäle im Innenohr geöffnet oder geschlossen und das Potential der Haarzellen verändert. Sie verändern daraufhin ihre Länge aktiv und verstärken die Wanderwelle. Die Frequensselektivität wird somit verbessert.
Die inneren Haarzellen im Innenohr werden erst durch den Verstärkermechanismus der äußeren Haarzellen erregt. Nun gelangen auch sie teilweise in den Kontakt mit der Tektorialmembran und die Abscherung der Stereovilli sorgt für die Freisetzung eines Neurotransmitters an der Basis der Haarzelle, welche dann die Nerven des Hörnervs (Nervus cochlearis) erregt. Von hier aus werden die Informationen weiter zum Gehirn geleitet und verarbeitet.
Die Schwingungen im Innenohr führt zu Abstrahlung von Schallenergie nach außen. Die Wanderwelle setzt sich von der Scala vestibuli über die Schneckenspitze zur Scala tympani fort, welche am runden Fenster endet. Aus dem Ohr kommender Schall lässt sich als sogenannte evozierte otoakustische Emissionen messen. Durch „Klicks“ ausgelöste Emissionen im Innenohr können mit einem Mikrophon aufgezeichnet werden und besonders bei Neugeborenen zum Hör-Screening verwendet werden.
Das Innenohr stellt ein komplexes Gebilde dar, mit dessen Hilfe wir uns im Raum orientieren können. Die Schallwahrnehmung spielt zudem in unserem sozialen Zusammenleben eine überaus wichtige Rolle.
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