Kann Kribbeln auf eine Durchblutungsstörung hinweisen?

Ein Kribbeln in unterschiedlichen Bereichen des Körpers kann auf eine Durchblutungsstörungen deuten. Allerdings können auch durchaus andere Erkrankungen dahinter stecken. Deswegen sollte man mögliche Differentialdiagnosen berücksichtigen.

Kann Kribbeln auf eine Durchblutungsstörung hinweisen?

Durchblutungsstörungen führen zu einer Unterversorgung des Gewebes mit Blut und Nährstoffen. Dabei kann die Ursache sowohl bei arteriellen als auch bei den venösen Gefäßen liegen. Durch Durchblutungsstörungen können Missempfindungen, wie zum Beispiel Kribbeln, entstehen. Weitere typische Symptome sind eine blasse Haut und Kopfschmerzen.
In der Regel entwickeln sich Durchblutungsstörungen und damit einhergehend auch die Beschwerden langsam. Jedoch kommen für ein Kribbelgefühl auch andere Ursachen in Frage. Eine wichtige Differentialdiagnose sind Beschwerden im Bereich der Nerven, die ebenfalls ähnliche Empfindungsstörungen verursachen können.

Symptome & Diagnose

Kribbeln in den Füßen oder in den Händen

Ein Kribbeln in den Füßen/Zehen oder Kribbeln in den Händen/Fingern kann auf eine Durchblutungsstörung hindeuten. Ein Kribbelgefühl in den Fingern bzw. in den Zehen, nachdem man lange Zeit in der Kälte verbracht hat und dann wieder in die Wärme geht, ist normal. Beim Raynaud- Syndrom ist dieser Vorgang ausgeprägter. Durch Stress oder Kälte kommt es zu einem Abblassen und dann zu einer Blaufärbung der Finger. Nach einiger Zeit kommt es zu einer reaktiven Durchblutung, also einer Errötung der Finger. Das Raynaud-Syndrom ist häufig mit anderen Systemerkrankungen verbunden.

Neben Durchblutungsstörungen können Beschwerden an den Nerven zu einem Kribbelgefühl führen – wie z.B. Nerveneinklemmungen oder eine Polyneuropathie. Diese treten häufiger auf als Durchblutungsstörungen. Ein Kribbelgefühl kann auch durch Vergiftungen oder aufgrund psychischer Ursachen entstehen.

Da jedoch viele Ursachen in Frage kommen, muss eine ausführliche Abklärung beim Hausarzt und gegebenenfalls auch beim Neurologen erfolgen. Durch eine körperliche Untersuchung, bildgebende Verfahren und Messungen der Nervenleitgeschwindigkeiten kann eine erfolgreiche Differenzierung der Ursachen erfolgen.

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Kribbeln in den Beinen

Eine klassische Durchblutungsstörung ist die pAVK (periphere arterielle Verschlusskrankheit). Bei dieser Erkrankung kommt es zu einem Verschluss der arteriellen Gefäße. In der Regel sind hiervon die Beinarterien betroffen. Im Rahmen dieser Erkrankungen kann es zu Missempfindungen, wie unter anderem Kribbeln, kommen.

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Typischer für eine pAVK im fortgeschrittenem Stadium sind jedoch belastungsabhängige, krampfartige Schmerzen in den Beinen. Die pAVK ist eine chronische Erkrankung. Akute Durchblutungsstörungen der Beine gehen meist nicht mit Kribbeln einher, in der Regel liegen hierbei andere Beschwerden, wie starke Schmerzen, im Vordergrund.

Für Kribbeln in den Beinen gibt es noch eine Vielzahl weiterer Ursachen, die nicht auf einer Durchblutungsstörung beruhen und sehr häufig auftreten. Eine Polyneuropathie führt typischerweise zu einem Kribbelgefühl in den Beinen, besonders den Füßen. Es können auch noch weitere Missempfindungen auftreten. Bei einer Polyneuropathie sind die Nerven in ihrer Funktion eingeschränkt. Die Ursachen hierfür sind sehr vielfältig: Diabetes mellitus oder Alkoholkonsum zum Beispiel. Aber auch bei anderen Erkrankungen, welche die Nerven betreffen, können Missempfindungen an den Beinen auftreten, z.B. bei einem Bandscheibenvorfall oder einer Nerveinklemmung.

Informieren Sie sich hier rund um das Thema: pAVK

Kribbeln im Gesicht

Ein Kribbeln im Gesicht ist nicht typisch für eine Durchblutungsstörung. Hier sind Schädigungen der Gesichtsnerven häufig die Ursache für ein Kribbelgefühl oder Schmerzen.
Des Weiteren können auch Verbrennungen und Erfrierungen zu solchen Missempfindungen führen. Seltener kann eine Multiple Sklerose dahinterstecken. Eine weitere seltene Ursache für Missempfindungen im Gesicht kann auch ein Tumor sein.

Kribbeln im Kopf

Ein Kribbelgefühl im Kopf kann ein Hinweis auf eine Durchblutungsstörung im Rahmen eines Schlaganfalls sein. Beim Schlaganfall kommt es zur Minderversorgung eines Gehirnareals. Die Ursache hierfür ist meist ein arterieller Verschluss oder seltener eine Blutung. Charakteristisch kommt es zu einem plötzlichen Einsetzen der Beschwerden.

Des Weiteren kann ein Kribbelgefühl im Kopf oder im Gesicht einen Migräneanfall ankündigen. In seltenen Fällen ist ein Tumor als Ursache möglich.

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Die Differentialdiagnosen bei Kribbeln

Das Karpaltunnelsyndrom

Beim Karpaltunnelsyndrom treten typischerweise Schmerzen und andere Missempfindungen, wie Kribbeln, in der betroffenen Hand auf. Die Ursache ist eine Einklemmung des Nervus medianus. Dieser zieht an der Innenseite der Handknöchel durch den sogenannten Karpaltunnel. Aufgrund der Enge in diesem Kanal kann es leicht zur Einklemmung des Nervens kommen.

Zu Beginn treten die Schmerzen typischerweise nachts im Mittel- und Zeigefinger auf. Bei längerem Bestehen kommt es zusätzlich zu einem langsamen Muskelschwund (Atrophie) am Daumenballen. Eine häufige Ursache für ein Karpaltunnelsyndrom ist eine Überlastung.

Mehr Informationen zum Thema Karpaltunnel Syndrom finden Sie hier. 

 

Das Tarsaltunnelsyndrom

Beim Tarsaltunnelsyndrom handelt es sich prinzipiell um den gleichen Mechanismus wie beim Karpaltunnelsyndrom. Nur ist hier anstatt der Hand der Fuß betroffen. Der Tibialisnerv, welcher den Fuß versorgt, zieht auf Höhe des Innenknöchels durch den Tarsaltunnel. Dieser bildet hier eine Engstelle für den Nerv, wodurch es zu einer Nervenkompression kommen kann. Dies führt zu Schmerzen und Missempfindungen am Fuß.

Das Tarsaltunnelsyndrom tritt zwar nicht so häufig auf wie das Karpaltunnelsyndrom, jedoch gibt es auch hier eine Vielzahl an möglichen Ursachen, die dieses Beschwerdebild hevorrufen können. Zum einen kann zu enges Schuhwerk die Beschwerden auslösen, aber auch Traumata am Fuß, eine Arthritis sowie andere Umstände.

Lesen Sie hier mehr zum Thema: Tarsaltunnelsyndrom.

Bandscheibenvorfall der Lendenwirbelsäule (LWS)

Bei einem Bandscheibenvorfall kommt es zu einem Durchbrechen des inneren Bandscheibenkerns, wodurch dieser Druck auf den Nerv ausübt, der auf dieser Höhe aus dem Rückenmark austritt. Die Beschwerden, die hierdurch entstehen, können sehr vielfältig sein.
Zunächst können in dem vom Nerven betroffenen Gebiet Missempfindungen, wie Kribbeln oder ein Taubheitsgefühl entstehen. In schlimmen Fällen sind auch Lähmungen im Bein möglich. Des Weiteren bestehen Schmerzen von stechendem, einschießendem Charakter. Gegebenenfalls können auch Reflexe ausfallen.

Symptome eines Bandscheibenvorfalls der LWS - Erfahren Sie hier mehr zum diesem Thema. 

Multiple Sklerose

Bei der Multiplen Sklerose (MS) kommt es immer wieder zu Entzündungen des Myelins im zentralen Nervensystem, welches wie eine Hüllschicht die Nerven umgibt. Durch die Entzündung kommt es zum Abbau des Myelins und folglich zu Einschränkungen der Nerven. Nach dem Abklingen der Entzündung können die Nervenschäden bestehen bleiben.

Die Symptome sind abhängig davon, welche Nerven betroffen sind. Unter anderem sind Missempfindungen, wie Kribbeln und Taubheitsgefühle, in allen Körperregionen möglich. Häufig ist als Erstmanifestation der Sehnerv betroffen, so dass es zeitweise zu einer Sehverschlechterung kommt. In der Regel tritt sie bei jungen Erwachsenen auf. An eine MS ist zu denken, wenn es in unterschiedlichen Körperregionen immer wieder zu Nervenschäden kommt.

Mehr Informationen zum Thema Multiple Sklerose erhalten Sie hier. 

Die Spinalkanalstenose

Bei einer Spinalkanalstenose handelt es sich um die Einengung eines Nervs, kurz nachdem er aus dem Rückenmark durch den Spinalkanal zieht. Durch die Einklemmung entstehen ähnliche Symptome wie bei einem Bandscheibenvorfall.
Typisch sind aber bewegungsabhängige Schmerzen, die ins Bein ziehen (wenn die Stenose im Lendenbereich auftritt). Spinalkanalstenosen entstehen durch Rückenfehlbildungen/-haltungen, Verletzungen der Wirbelsäule oder Verschleiserscheinungen.

TIA - transitorische ischämische Attacke

TIA steht für transitorische ischämische Attacke. Wie bei einem Schlaganfall kommt es zu einer Minderversorgung eines bestimmten Gehirnareals. Per Definition sind die Beschwerden aber innerhalb einer Stunde wieder verschwunden.

Je nach Gehirnareal sind die Symptome sehr verschieden. Missempfindungen im Gesicht oder Kopf sind möglich. Auch wenn bei einer TIA die Symptome innerhalb einer Stunde verschwinden, sollte eine ärztliche Untersuchung erfolgen, denn das Schlaganfallrisiko nach einer TIA ist deutlich erhöht.

Weiterführende Information

Mehr Information zum Thema Durchblutungsstörungen finden Sie hier:

Eine Übersicht aller Themen der inneren Medizin finden Sie unter: Innere Medizin A-Z. 

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 14.11.2018 - Letzte Änderung: 18.09.2024