Bei der Muskeldystrophie Duchenne fehlt das Strukturprotein der Muskulatur Dystrophin. Von der Muskeldystrophie Duchenne sind fast nur Jungen betroffen. Das Erstauftreten von Symptomen der Muskeldystrophie Duchenne ist schon vor dem Schuleintritt.
Duchenne-Muskeldystrophie, Morbus Duchenne;
engl. Duchenne’s disease, Duchenne Muscular Dystrophy
Die Muskeldystrophie vom Typ Duchenne ist neben der "myotone Dystrophie"die häufigste erbliche Muskeldystrophie und zeigt schon in frühem Kindesalter einen ausgeprägten Muskelschwund. Ursächlich dafür ist eine Mutation im genetischen Bauplan für ein wichtiges Strukturprotein des Muskels, des Dystrophins. Aufgrund des Erbgangs sind fast ausschließlich Männer betroffen. Die Krankheit führt zu fortschreitendem Muskelschwund und –schwäche, schreitet rasch voran und endet durch Befall von Atem- und Herzmuskulatur tödlich. Die Betroffenen versterben meistens im frühen Erwachsenenalter.
Die Duchenne-Muskeldystrophie ist eine x-chromosomal-rezessiv vererbte Erbkrankheit, die durch das Fehlen oder den Defekt von Dystrophin, einem wichtigen Strukturprotein im Muskel, zum fortschreitenden Muskelschwund führt und früher oder später tödlich endet.
Die Muskeldystrophie vom Typ Duchenne ist mit einer Häufigkeit von etwa 1:5000 die häufigste erbliche Muskelerkrankung des Kindesalters. Durch den x-chromosomal-rezessiven Erbgang sind fast ausschließlich Jungen vom Vollbild der Erkrankung betroffen, Mädchen erkranken nur, wenn auf beiden X-Chromosomen kein intakter Bauplan für Dystrophin vorhanden ist, was extrem selten zutrifft.
In 2,5% der Fälle zeigen Trägerinnen eines diesbezüglich defekten X-Chromosoms milde Symptome wie Muskelschmerzen, leichte Schwäche oder erhöhte Werte eines Muskelenzyms (Creatinkinase, CK) im Blut.
Die Symptome einer Duchenne-Muskeldystrophie zeigen sich in aller Regel vor Erreichen des Schulalters.
Ursächlich für die Erkrankung ist das Fehlen des genetischen Bauplans für das Dystrophin-Protein auf dem X-Chromosom. In der Regel ist dieser vererbt, ein kleinerer Teil tritt jedoch spontan durch zufällige Veränderung des elterlichen Erbguts auf.
In ca. 5% der Fälle findet noch eine kleine Restproduktion von Dystrophin statt, die allerdings für die Aufrechterhaltung der Muskelfunktion und –struktur nicht ausreicht.
Das Fehlen dieses wichtigen Strukturproteins der Muskelzelle führt zu einer Instabilität der Muskelzellmembran ("Muskelzellhaut") und erhöhter Membrandurchlässigkeit. Dadurch können schädliche Substanzen ungehindert in die Muskelzelle eindringen, andererseits auch wichtige Stoffe der Zelle verloren gehen. Mit der Zeit summieren sich die Schäden und führen zu fortschreitender Zellschädigung und –untergang in den Muskeln. Dies führt zum klinischen Bild der Duchenne-Muskeldystrophie. Die untergegangenen Muskelzellen werden zum Teil durch Fettzellen ersetzt, was an manchen Körperteilen zu einer scheinbaren Vergrößerung der betroffenen Muskulatur führt (Pseudohypertrophie).
Die betroffenen Kinder fallen in der Regel durch eine verzögerte motorische Entwicklung (Siehe auch Vorsorgeuntersuchung) auf: Sie bewegen sich wenig, lernen verzögert Laufen, fallen häufig und zeigen sich „ungeschickt“.
Nach dem Erlernen des Laufens nehmen die Waden häufig erheblich an Umfang zu, der Grund dafür liegt in der oben skizzierten Pseudohypertrophie der Wadenmuskulatur, auch zeigen die Kinder Gangauffälligkeiten im Sinne eines Watschelgangs.
Im Beginn betrifft die Erkrankung zunächst schwerpunktmäßig die Beckenmuskulatur, die Kinder z. B. sind unfähig, sich aus der Rückenlage ohne Zuhilfenahme der Arme aufzurichten. Das von den Kindern anstatt dessen unbewusst durchgeführte Manöver, bei dem sie sich in Bauchlage drehen und über den Vierfüßlerstand und Abstützen der Arme auf den eigenen Oberschenkeln erheben wird „Gowers-Zeichen“ genannt.
Im Verlauf der Erkrankung werden Bauch- und Rückenmuskulatur zunehmend betroffen, was zu einem immer stärkeren Hohlkreuz bei den Erkrankten führt.
Begleitend treten in unterschiedlichem Maße Verkürzungen und Verhärtungen der Muskulatur auf, die zu zusätzlichen Bewegungseinschränkungen v. a. in Hüft-, Fuß- und Kniegelenken führen. Der Muskelschwund in der Schulterregion führt zu abstehenden Schulterblättern (med.: Scapulae alatae, „Engelsflügel“), der Schwund der Halsmuskulatur zu Schwierigkeiten, den Kopf im Liegen aufzurichten.
Etwa ab dem 8. – 12. Lebensjahr sind die meisten Patienten auf einen Rollstuhl angewiesen, mit der Zeit entwickelt sich häufig eine Wirbelsäulenverbiegung (Skoliose) und Verformung des Brustkorbes. Diese und der immer weiter voranschreitende Abbau der Atemmuskulatur führen mit der Zeit zu einer immer stärker eingeschränkten Atemkapazität und u. U. zu einer ernsthaften Gefährdung der Patienten. Die eingeschränkte Atmung begünstigt wiederum Infekte der Lunge und der Luftwege (Siehe Lungenentzündung), die die Patienten zusätzlich bedrohen. Im Spätstadium der Erkrankung müssen die Patienten künstlich beatmet werden.
Im Verlauf kommt es auch zu einer Herzmuskelschwäche, dadurch bedingt auch zu Herzrhythmusstörungen.
In etwa 1/3 der Fälle besteht zusätzlich auch eine intellektuelle Beeinträchtigung, die sich durch Lernschwäche äußert.
Das klinische Bild und der Verlauf der Duchenne-Muskeldystrophie sind an sich sehr charakteristisch. Einen grundsätzlich ähnlichen Krankheitsmechanismus zeigt die Becker- oder Becker-Kiener-Muskeldystrophie, die von der Duchenne-Dystrophie abzugrenzen ist. Bei der Muskeldystrophie Typ Becker fehlt das Dystrophin-Protein nicht, liegt aber stark verändert vor, so dass es nur eine Restfunktion wahrnehmen kann. Die betroffenen Muskelpartien sind hier ähnliche wie bei der Duchenne-Dystrophie, allerdings ist der Verlauf wesentlich langsamer, die Ausprägung weniger stark.
Grundsätzlich kommen im frühen Stadium auch andere Gründe für eine verzögerte Entwicklung infrage, hier seien als nur ein Beispiel Hirnschäden durch Sauerstoffmangel vor oder unter der Geburt genannt.
Bedingt durch den Defekt der Muskelzellmembran zeigt sich schon ab Geburt bei den Betroffenen eine starke Erhöhung der Creatinkinase, einem Enzym des Muskels, im Blut.
In der neurologischen Untersuchung zeigt sich eine Muskelschwäche ohne Gefühlsstörungen oder Muskelzuckungen, die Reflexe sind schwach ausgeprägt oder erloschen.
Im EMG (Elektromyographie) zeigt sich ein für Muskeldystrophien typisches Bild.
Die humangenetische Untersuchung einer Blutprobe kann den Defekt im Erbgut nachweisen, allerdings ist dieser Nachweis in ca. 30% der Fälle nicht zu erbringen.
In solchen Fällen ermöglicht die mikroskopische Untersuchung einer Gewebeprobe nach einer Muskelbiopsie (Probeentnahme) die Diagnosestellung, indem sich nach einer besonderen Färbemethode das Fehlen des Dystrophins in der Muskelzelle zeigt.
Nach Diagnosestellung sollte das Herz mit Ultraschall und EKG untersucht werden, um Schäden frühzeitig zu erkennen.
Eine ursächliche Therapie der Duchenne-Dystrophie ist derzeit nicht möglich, alle Hoffnung liegt in einer künftigen Gentherapie. Daher ist es wichtig, durch eine Behandlung der Symptome den Betroffenen über möglichst lange Zeit ein Höchstmaß an Lebensqualität zu sichern.
Dazu zählen vor allem Massage, warme Bäder und Maßnahmen, die selbsttätige Atmung möglichst lange Zeit zu bewahren (Hustenübungen, Singen, Atemtraining). Physiotherapie und Training müssen sehr vorsichtig erfolgen, um die Muskulatur nicht durch Überbelastung nicht zusätzlich zu schädigen, sind aber sinnvoll um Versteifungen zu vermeiden.
Es existieren verschiedene Studien, die die Möglichkeit untersuchen, den Verlauf der Duchenne-Muskeldystrophie durch die Gabe von Medikamenten günstig zu beeinflussen. Diese Forschung ist zurzeit ständig im Gange, daher können an dieser Stelle keine allgemeingültigen Aussagen dazu getroffen werden. Durch chirurgische Maßnahmen können Fehlhaltungen korrigiert und Bewegungseinschränkungen gebessert werden.
In jedem Falle ist eine humangenetische Beratung betroffener Familien anzuraten, um beispielsweise das Erkrankungsrisiko weiterer Kinder abzuklären. Die Anbindung an Interessengruppen kann Betroffenen helfen, das Leben mit der Erkrankung zu bewältigen, Anschluss an andere Betroffene zu finden und über die aktuelle Forschung informiert zu werden.
Nach wie vor ist die Prognose der Erkrankung ungünstig: Die Lebenserwartung Betroffener liegt durchschnittlich bei 20 – 40 Lebensjahren.
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