Die Fazioskapulohumerale Muskeldystrophie, häufig FSHD abgekürzt ist die dritthäufigste Form eines erblichen Muskelschwundes. Der Name Fazioskapulohumerale Muskeldystrophie beschreibt die frühzeitig und besonders stark betroffenen Muskelpartien.
Fazioskapulohumerale Muskeldystrophie, FSHMD, Muskeldystrophie Landouzy-Dejerine;
engl.: FSH Dystrophy, Facioscapularhumeral (Muscular) Dystrophy.
Die Fazioskapulohumerale Muskeldystrophie, häufig FSHD abgekürzt ist die dritthäufigste Form eines erblichen Muskelschwundes. Der Name beschreibt die frühzeitig und besonders stark betroffenen Muskelpartien:
Im Krankheitsverlauf zeigt sich jedoch auch eine zunehmende Schwäche anderer Muskelpartien (Bein-, Becken- und Rumpfmuskulatur). Die ersten Symptome zeigen sich für gewöhnlich im Jugend- und frühen Erwachsenenalter, häufig sind die einzelnen Muskelgruppen der beiden Körperhälften unterschiedlich stark betroffen. Die Erkrankung schreitet im Allgemeinen relativ langsam voran, die Ausprägung der Symptome schwankt allerdings stark zwischen einzelnen Betroffenen. Die genetische Grundlage der fazioskapulohumeralen Muskeldystrophie ist bekannt, der genaue Krankheitsmechanismus allerdings ist bislang nur in Ansätzen erforscht. Es existiert bislang keine ursächliche Therapie für die Erkrankung, da allerdings die Herzmuskulatur in aller Regel nicht betroffen ist, haben die Patienten üblicherweise eine normale Lebenserwartung.
Die FSHD ist eine Erkrankung aus dem Formenkreis der Muskeldystrophien, die sich durch den zunächst schwerpunktmäßigen Befall von Gesichts-, Schultergürtel- und Oberarmmuskulatur äußert. Die Erkrankung betrifft nur die Skelettmuskulatur, die Herzmuskulatur bleibt hingegen verschont. Vor allem durch humangenetische Methoden können mittlerweile verschiedene Subtypen einer FSHD unterschieden werden, dieser Artikel bezieht sich auf den häufigsten Typ, die „klassische“ FSHD1A.
Die fazioskapulohumerale Muskeldystrophie tritt mit einer Häufigkeit von ca. 1:20000 bei beiden Geschlechtern gleich häufig auf, was sie zur dritthäufigsten Muskeldystrophie macht. Die Krankheit wird autosomal-dominant vererbt, d. h. dass Kinder Betroffener ein 50%iges Risiko haben, selbst zu erkranken. Trotzdem sind Männer klinisch häufig schwerer betroffen als Frauen und werden früher diagnostiziert, die Ursache dafür ist allerdings unklar.
Als ursächlich für die „klassische“ FSHD wurde der Verlust eines kleinen Fragments von Erbgut auf Chromosom 4 festgestellt. Dieser führt vermutlich zu einer fehlgesteuerten Aktivität benachbarter Genregionen. Der genaue Krankheitsmechanismus der FSHD ist letztlich unklar, es wird davon ausgegangen, dass durch eine solche Fehlregulation von mehreren Genen, die eine Rolle im Muskelstoffwechsel spielen, die Regenerationsfähigkeit der Muskulatur herabgesetzt ist, was letztlich zum Untergang von Muskelgewebe führt.
In Frage kommen in erster Linie Erkrankungen des Muskel- und Nervensystems: Der (teilweise) Ausfall eines Nerven, der eine bestimmte Muskelregion versorgt, beispielsweise durch Verletzung, oder der Ausfall einer für die Motorik verantwortlicher Gehirnregion, z. B. im Rahmen eines Schlaganfalles äußern sich so ebenfalls im (teilweisen) Funktionsverlust dieser Muskelpartie. Der große Unterschied im Verlauf zwischen einzelnen Patienten lässt verschiedene Erkrankungen infrage kommen, die klinisch dem Bild einer FSHD ähneln. Die Abgrenzung zu anderen Muskelerkrankungen ist nicht immer einfach, vor allem wenn die Symptomatik der Betroffenen von dem klassischen Bild „Mimik-Schulter-Armschwäche“ abweicht.
Klinisch auffällig werden die meisten Patienten im Jugend- oder frühen Erwachsenenalter durch eine Schwäche der besonders betroffenen Muskelpartien der Schultern, Oberarme und des Gesichts. Dies können zum Beispiel Schwierigkeiten sein, die Arme über die Horizontale zu heben, Beschwerden bei der Ausführung von Überkopfarbeiten (Tapezieren, Kämmen), hängende Schultern oder ähnliche Fehlhaltungen. Relativ charakteristisch sind die Unterschiede in der Ausprägung der Schwäche zwischen beiden Körperhälften. Die Schwäche der Gesichtsmuskulatur kann dazu führen, dass die Betroffenen einen „ausdrucklosen“ oder gar „mürrischen“ Gesichtsausdruck zu haben scheinen, eine asymmetrische Mimik, Schwierigkeiten, die Augen vollständig zu schließen oder bedingt durch ein Hängen der Mundwinkel ein Speichellaufen aus dem Mund feststellen. Sind im weiteren Verlauf Rumpf- und Hüftmuskulatur betroffen, haben die Patienten Schwierigkeiten, sich aus dem Liegen aufzurichten und beim Treppensteigen, ein Befall der Unterschenkelmuskulatur äußert sich häufig besonders in einer Schwäche der Fußhebermuskulatur, die zu gehäuftem Stolpern führt. Die Krankheit verläuft insgesamt langsam fortschreitend, insgesamt ist der Verlauf einer FSHD zwischen einzelnen Patienten höchst unterschiedlich: Einige Patienten erfahren bis ins hohe Lebensalter kaum Einschränkungen, dagegen sind etwa 10 – 20% der Betroffenen im späteren Krankheitsverlauf auf einen Rollstuhl angewiesen. Da die Erkrankung allerdings ausschließlich die Skelettmuskulatur betrifft, ist die Lebenserwartung nicht eingeschränkt. In einigen Fällen kann eine fazioskapulohumerale Muskeldystrophie schon im Kindesalter beginnen, hier scheint der Muskelschwund schneller vonstatten zu gehen, insgesamt ist die Prognose ungünstiger.
Es scheint ein Zusammenhang der FSHD mit Hörstörungen (Hochtonschwerhörigkeit) und Netzhautveränderungen zu bestehen, deren Bedeutung klinisch jedoch eher als gering einzuschätzen ist.
Wie bei allen genetischen Erkrankungen ist die Erhebung der familiären Krankengeschichte sehr wichtig, hier können sich deutliche Hinweise auf eine Erbkrankheit und deren Vererbungsweise finden. Nur in den seltensten Fällen entsteht eine FSHD spontan, meistens finden sich in den Familie der Patienten weitere Betroffene.
Die klinische Untersuchung kann ein recht typisches Befallsmuster der Muskulatur zeigen, dieses und das Vorliegen weiterer Erkrankungsfälle in der Familie ermöglich in der Regel die Stellung der klinischen Diagonse. Ein EMG (Elektromyographie) zeichnet die elektrische Aktivität innerhalb eines Muskels auf und hilft, ursächliche Muskel(eigen-)erkrankungen von Muskelveränderungen aufgrund von z. B. Nervenschäden zu unterscheiden. Humangenetisch kann das Fehlen der Erbgutsequenz auf Chromosom 4 durch eine Blutuntersuchung nachgewiesen werden. Eine solche Untersuchung findet in spezialisierten humangenetischen Zentren größerer Kliniken statt und kann z. B. auch erfolgen, wenn noch gar keine Symptome vorliegen, in der Familie aber Erkrankungsfälle bekannt sind („prädiktive Diagnostik“). Eine solche voraussagende Diagnostik kann sinnvoll sein für die Berufsplanung der Patienten, kann allerdings auch eine psychische Belastung darstellen.
In einigen wenigen Fällen kann eine typische Veränderung der Erbgutsequenz auf Chromosom 4 trotz entsprechendem klinischen Bild nicht nachgewiesen werden, hierbei kann es sich um Subtypen einer FSHD handeln („atypische FSHD“).
Derzeit existiert keine ursächliche Therapie für die fazioskapulohumerale Muskeldystrophie. Zahlreiche Versuche mit dem Asthmamedikament Albuterol, das auch eine Wirkung auf den Muskelstoffwechsel hat, verliefen unbefriedigend, Einzelfallberichte über therapeutische Erfolge mit dem Blutdrucksenker Diltiazem wurden in einer kleinen klinischen Studie zunächst widerlegt. Wie bei vielen Erbkrankheiten ruht die Hoffnung der Forscher und Betroffenen letztendlich auf einer künftigen Gentherapie.
Daher besitzt die konservative Therapie einen hohen Stellenwert: Krankengymnastik wird eingesetzt, um den Betroffenen ein Höchstmaß an Beweglichkeit zu bewahren und Fehlhaltungen vorzubeugen.
Operative Maßnahmen können unter Umständen eingesetzt werden, um bereits eingetretene Fehlhaltungen zu korrigieren, sind jedoch sorgfältig abzuwägen.
Der Nutzen vom körperlichem Training war lange Zeit nicht unumstritten, da Schäden an der betroffenen Muskulatur durch Überbeanspruchung wahrscheinlich sind. Mittlerweile wird den Betroffenen jedoch zu leichter körperlicher Aktivität geraten, besonders wegen ihrer positiven Einflüsse auf Herz-Kreislaufsystem und Immunsystem.
Der Anschluss an eine Selbsthilfegruppe kann Patienten helfen, mit der Krankheit umzugehen, Erfahrungen auszutauschen und Adressen mit Muskelerkrankungen erfahrener Therapeuten zu bekommen.
Dadurch, dass die Erkrankung ausschließlich die Skelettmuskulatur befällt, ist die Lebenserwartung der Betroffenen im Allgemeinen nicht eingeschränkt. Durch das relativ langsame Fortschreiten der Erkrankung bleibt den Patienten lange Zeit eine gute Lebensqualität erhalten. Der Verlauf der Krankheit ist zwischen einzelnen Patienten höchst unterschiedlich: während einzelne Betroffene bis ins Alter nahezu asymptomatisch bleiben, treten bei der Mehrzahl der Patienten im Verlauf der Erkrankung deutliche Einschränkungen der Leistungsfähigkeit im Alltag und bei der Berufsausübung auf.