Atemmuskulatur

Die Atemmuskulatur erweitet den Brustkorb bzw. verengt ihn wieder, um den Vorgang des Atmens zu ermöglichen. Normalerweise sind nur wenige Muskeln (vor allem das Zwerchfell) nötig, um einen Luftstrom in die Lunge zu erzeugen. Bei Anstrengung oder Lungenerkrankungen kann auch mehr der Skelettmuskulatur beansprucht werden.

Die Atemmuskulatur

Synonym

Atemhilfsmuskulatur

Einleitung

Als Atemmuskulatur (oder Atemhilfsmuskulatur) bezeichnet man verschiedene Muskeln aus der Gruppe der Skelettmuskulatur, die dazu beitragen, den Brustkorb zu erweitern oder zu verengen. Auf diese Weise steuern diese Muskeln einen wichtigen Beitrag zur Ein- und Ausatmung bei.

Den mit Abstand wichtigsten Bestandteil der Atemmuskulatur bildet das Zwerchfell (lat. Diaphragma). Darüber hinaus werden auch verschiedene Muskeln der Brust, des Bauches und des Rückens zur Gruppe der Atemmuskulatur gezählt. Im Groben wird zwischen der sogenannten Brustatmung und der Bauchatmung unterschieden.

Inspiratorische Atemmuskulatur

Der wichtigste Bestandteil der Atemmuskulatur bei der Inspiration (Einatmung) ist das sogenannte Zwerchfell (Diaphragma). Aus diesem Grund können Erkrankungen des Zwerchfells auch atemabhängige Schmerzen verursachen. Im Grunde handelt es sich bei dieser Struktur weniger um einen wirklichen Muskel als vielmehr um eine aus Muskelfasern und Sehnen bestehende Platte.

Das Zwerchfell ist beim Menschen ungefähr 3 bis 5 mm dick und trennt die Brust- von der Bauchhöhle.

Alleine das Zwerchfell kann als Atemmuskel durch eine ausreichende Kontraktion zwischen 60 und 80 Prozent der zur Einatmung benötigten Muskelarbeit leisten. Aus diesem Grund gilt das Diaphragma als „Motor“ der sogenannten Zwerchfell- oder Bauchatmung.
In neutraler Atemposition (also am Ende der Exspiration) nimmt das Diaphragma eine zum Brustraum vorgewölbte Stellung ein. Bei Beginn der Einatmung beginnt sich die Muskel-Sehnen-Platte um bis zu 35 Prozent zu verkürzen. Im Zuge dessen kommt es zu einer deutlichen Abflachung und zur Entstehung einer Kegelform. Durch diesen Vorgang und das Zusammenspiel mit anderen Bestandteilen der Atemmuskulatur wird der Brustraum stark vergrößert.
Zeitgleich löst die Aktivität des Zwerchfells eine Erhöhung des Unterdrucks innerhalb des Pleuraspaltes aus.

Neben dem Diaphragma werden die äußeren Zwischenrippenmuskeln (Musculi intercostales externi), die Skalenusmuskeln und die Muskeln im Bereich des Rippenknorpels (Musculi intercartilaginei) zur Gruppe der inspiratorischen Atemmuskulatur gezählt.

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Atemhilfsmuskulatur bei der Einatmung

Das Zwerchfell stellt zwar den wichtigsten Atemmuskel dar, doch bei intensiverer Belastung kann der Sauerstoffbedarf häufig nur unter Zuhilfenahme der Atemhilfsmuskulatur abgedeckt werden. Diese besondere Gruppe der Atemmuskulatur ist überwiegend an den knöchernen Strukturen des Brustkorbes fixiert. Aus diesem Grund ermöglichen die einzelnen Muskeln eine Vergrößerung des Brustraumes und eine deutliche Steigerung des Atemvolumens.

Im Gegensatz zur gewöhnlichen Atemmuskulatur kann die Atemhilfsmuskulatur in normaler Körperlage weder zur In- noch Exspirationsunterstützung verwendet werden. Die Aktivierung dieser speziellen Atemmuskulatur bedarf der Umkehr von Ansatz und Ursprung der Muskelfasern. Um die Atemhilfsmuskulatur zur Unterstützung verwenden zu können, genügt es in der Regel, die Arme fest gegen die Oberschenkel, einen Tisch oder ähnliches zu drücken.

Diese Gruppe der Atemmuskulatur spielt demnach gerade bei sportlicher Betätigung eine entscheidende Rolle. Darüber hinaus erleichtert sie das Atmen beim Vorliegen verschiedener Lungenerkrankungen. Zu den in diesem Zusammenhang relevanten Krankheiten zählen Wasseransammlungen in der Lunge (Lungenödem), Asthma und Vernarbungen des Lungengewebes (Lungenfibrose).

Zu den wichtigsten Vertretern dieser Gruppe der Atemmuskulatur gehören

  • die Rippenhebemuskeln (Musculi levatores costarum),
  • der vordere Sägemuskel (Musculus serratus anterior),
  • der hintere obere und hintere untere Sägemuskel (Musculus serratus posterior superior et inferior),
  • der große und kleine Brustmuskel (Musculus pectoralis minor et major) und
  • der Muskel zwischen Brustbein und Mastoid (Musculus sternocleidomastoideus).

Exspiratorische Atemmuskulatur

Bei starker körperlicher Belastung und/oder dem Vorliegen verschiedener Lungenerkrankungen kann die sogenannte exspiratorische Atemmuskulatur dazu verwendet werden, den normalerweise rein passiv ablaufenden Ausatemprozess zu intensivieren.

Zu den wichtigsten Atemmuskeln der Ausatmung gehören

  • die inneren Zwischenrippenmuskeln (Musculi inercostales interni et intimi),
  • der Subkostale Muskel (Musculus subcostalis)
  • und der querverlaufende untere Thoraxmuskel (Musculus transversus thoracis).

Die Aktivierung dieses Anteils der Atemmuskulatur wird in der Regel durch eine erhöhten Verbrauch und Bedarf an Sauerstoff auf Hirnebene gesteuert. Je nach Belastungssituation kann eine unterschiedliche Anzahl dieser Muskeln in unterschiedlicher Intensität genutzt werden.

Atemhilfsmuskulatur bei der Ausatmung

Die Unterstützung der Atmung auf Ebene der Exspiration erfolgt vor allem durch Muskelgruppen des Bauchraumes und des Rückens.

Zu den wichtigsten exspiratorischen Atemhilfsmuskeln gehören

  • der quer verlaufende äußere Bauchmuskel (Musculus obliquus externus abdominis),
  • der quer verlaufende innere Bauchmuskel (Musculus obliquus internus abdominis)
  • und der horizontal verlaufende untere Bauchmuskel (Musculus transversus abdominis), welcher vor allem zur Verstärkung des Ausatmens bei Belastung und/oder Lungenerkrankungen beiträgt.

Kann trotz Steigerung der Aktivität der Atemmuskulatur der erhöhte Sauerstoffverbrauch dennoch nicht abgedeckt werden, so kann vor allem der große Rückenmuskel (Musculus latissimus dorsi) unterstützend wirken. Dieser Muskel ist außerdem dazu in der Lage, das Abhusten von festsitzenden Sekreten zu erleichtern. Es handelt sich demnach nicht bloß um einen Teil der Atemmuskulatur, sondern auch um einen sogenannten Hustenmuskel.
Des Weiteren wird der quadratische Lendenmuskel (Musculus quadratus lumborum) zur Gruppe der exspiratorischen Atemhilfsmuskulatur gezählt.

Schmerzen an der Atemmuskulatur

Je nach Lage und abhängig von der Inspiration oder Exspiration können Schmerzen an der Atemmuskulatur vielfältige Ursachen haben.

  • Schmerzt es im Brustkorb bei der Einatmung, können Verspannungen der Interkostalmuskeln ein Grund sein.
  • Befindet sich der schmerzhafte Bereich eher konzentriert an einem Punkt vom Rippenbogen, könnte eine Rippenprellung oder Rippenfraktur der Grund sein.
  • Lokalisieren sich die Beschwerden eher in Richtung Bauch, können es harmlose luftgefüllte Darmschlingen sein, eine Verspannung der Bauchmuskeln oder auch ernste Ursachen wie eine Schwellung der Leber oder Milz.
  • Auch ein Defekt des Zwerchfells wie zum Beispiel bei einer Hernie können Schmerzen verursachen.

Bleiben die Schmerzen länger bestehen, sollte man einen Arzt aufsuchen zur Abklärung der Beschwerden.

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Symptome einer verspannten Atemmuskulatur

Eine verspannte Atemmuskulatur kann sich durch unterschiedliche Symptomen bemerkbar machen.

  • Empfindet man Schmerzen beim Atmen, atmet man automatisch weniger tief ein und aus. Man wird kurzatmiger und es kann eine subjektiv empfundene Atemnot entstehen. Diese könnte man durch tiefes Atmen beheben, doch da es beim Atmen schmerzt, beginnt ein Teufelskreis.
  • Man nimmt gegebenenfalls eine Schonhaltung ein, wie zum Beispiel eine Krümmung des Oberkörpers. Auch eine verhärtete Nacken-, Schulter- oder Bauchmuskulatur können Zeichen einer verspannten Atemmuskulatur sein.
  • Hat man sich eine unbewusste Fehlhaltung beim Atmen angewöhnt, wie das Atmen mit eingezogenem Bauch und hochgezogenen Schultern, kann es zu einer Verhärtung der Nackenmuskeln und Bauchmuskeln kommen.
  • Schmerzt es bei der Brustatmung oder entsteht eine Engegefühl beim Einatmen, können verspannte Rippenmuskeln dahinter stecken.

Wie löst man eine verspannte Atemmuskulatur?

Eine verspannte Atemmuskulatur kann äußerst schmerzhaft sein. Um die Verspannungen zu lösen muss die Muskulatur gedehnt werden, was wiederum Schmerzen verursacht, aber unabdingbar ist, um den schmerzfreien Ausgangszustand zu erreichen.

Auch wenn es anfangs unangenehm ist, sollte man sich bei allen Übungen bewusst entspannen.

Verschiedene Übungen helfen bei der Dehnung der Atemmuskulatur.

  • Eine Übung ist der Paschasitz, bei dem man sich breitbeinig auf einen Stuhl oder in einen Sessel setzt, sich anlehnt und die Arme locker hängen lässt. Dann atmet man tief ein, sodass der Brustkorb sich hebt und der Bauch sich vorwölbt, und danach entspannt aus. Diese Übung wiederholt man einige Male, sodass sich Schulter-, Nacken- und Bauchmuskulatur entspannen können. 
  • Eine weitere Möglichkeit ist, sich breitbeinig auf einen Hocker zu setzen, den Oberkörper vornüber zu beugen, die Ellenbogen auf die Oberschenkel zu stützen, Kopf, Arme und Schultern hängen zu lassen und so gut es geht tief ein- und auszuatmen. Diese Übung kann auch im Stehen an einer Wand angelehnt durchführen.
  • Ist die Muskulatur zwischen den Rippen verspannt, kann man versuchen, sie durch „Schnüffeln“ zu dehnen. Dabei „schnüffelt“ man wie ein Hund stückweise durch die Nase ein und wiederholt die Übung einige Male.
  • Sind die Verhärtungen der Atemmuskeln hartnäckig, kann man auch Fangopackungen und Massagen zur Entspannung nutzen.

Was ist Atemmuskeltraining und wie wird es durchgeführt?

Atemmuskeltraining oder auch Atemgymnastik dient der Stärkung der Atemmuskulatur. Sowohl die Kraft der Ein- und Ausatmung als auch die Ausdauer können mittels verschiedener Geräte oder Übungen trainiert werden.
Nicht nur Menschen mit Atemnot oder Lungenerkrankungen nutzen Atemgymnastik, auch gesunde Menschen nutzen diese Technik - beispielsweise Sänger und Musiker, die ein Blasinstrument spielen.

So zielen verschiedene Geräte darauf ab, die Kraft der Atemmuskulatur durch Widerstände zu fördern.
Beispielsweise erzeugt ein Gerät für das Atemtraining einen Druck, der die Inhalation anfangs unmöglich macht. Atmet der Patient stärker an dem Gerät ein, wird der Druck erhöht und ab einem bestimmten Schwellenwert öffnet ein Ventil, sodass frische Luft einströmt. Dieses Trainingsgerät heißt "Threshold IMT" und wird gerne von COPD-Patienten zur Übung genutzt.
Ein anderes Gerät lässt den Patienten gegen einen Widerstand ausatmen, sodass speziell die Muskeln trainiert werden, die für die Exspiration verantwortlich sind.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 11.08.2014 - Letzte Änderung: 25.07.2023