Als Agranulozytose bezeichnet man einen dramatischen Abfall der körpereigenen Abwehrzellen, den Granulozyten, unter 500 Granulozyten pro 1 Mikroliter Blut. Die Granulozyten sind eine Untergruppe der weißen Blutkörperchen, der Leukozyten. Die weißen Blutkörperchen sind die Träger unseres Immunsystems, also der körpereigenen Abwehrkräfte.

Agranulozytose

Definition

Als Agranulozytose bezeichnet man einen dramatischen Abfall der körpereigenen Abwehrzellen, den Granulozyten, unter 500 Granulozyten pro 1 Mikroliter Blut. Die Granulozyten sind eine Untergruppe der weißen Blutkörperchen, der Leukozyten.

Die weißen Blutkörperchen sind die Träger unseres Immunsystems, also der körpereigenen Abwehrkräfte. Neben den Granulozyten existieren noch die Lymphozyten als Untergruppe der weißen Blutkörperchen, jedoch reagieren sie langsamer auf Bedrohungen als die Granulozyten, weshalb die Granulozyten wichtiger sind bei der Bakterienabwehr oder bei plötzlichen Entzündungsreaktionen.

Eine weniger schwerwiegende Form der Granulozytenverminderung nennt sich Granulozytopenie. Der Grund für eine Agranulozytose liegt häufig in einer medikamentöser Ursache.

Symptome & Diagnose

Welche Anzeichen deuten auf eine Agranulozytose?

Da Granulozyten ein Teil des Immunsystems sind, entsprechen die Symptome den Symptomen eines stark immungeschwächten Patienten, zum Beispiel Patienten mit AIDS, Knochenmarkstumorpatienten, Leukämiepatienten usw.

Immungeschwächte Patienten sind anfälliger für bakterielle und virale Infekte, wie auch für Pilzerkrankungen (Mykosen). Sie bekommen sie nicht nur leichter, sondern sie sind auch weniger im Stande die ausgebrochene Krankheit zu bekämpfen.
Man beginnt sich unwohl zu fühlen und entwickelt grippeähnliche Symptome wie Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen, Appetitlosigkeit, Fieber und Schüttelfrost. Da die Schleimhäute um Körpereintrittspforten, also diverse Körperöffnungen, besonders anfällig für Infektionen sind, sind diese auch die ersten die sich entzünden, sobald das Immunsystem sie nicht mehr adäquat schützen kann.

Als typische Trias der Erkrankung sind also Fieber, Mandelentzündung (Angina tonsillaris) und Entzündungen des Mundes mit weißlichen Belägen (Stomatitis aphtosa) aufgelistet.

Normalerweise ist der Körper in der Lage, Entzündungen im Zaum zu halten und ihre Ausbreitung zu verhindern. Schafft er dies wegen der Schwächung seiner Abwehrkräfte nicht, ist es möglich, dass sich Bakterien oder Pilze ihren Weg in die Blutbahn suchen und sich die Entzündung auf den gesamten Körper ausbreitet, der Patient wird septisch. Eine Sepsis kann unbehandelt tödlich enden, besonders bei Patienten die schon vorher geschwächt waren.

Wie wird einen Agranulozytose diagnostiziert?

Eine Agranulozytose wird durch eine Analyse der Zusammensetzung des Blutes festgestellt, im sogenannten Differentialblutbild. Um das Material hierfür zu gewinnen, ist nur eine einfache Blutentnahme nötig.

Fällt die Anzahl der Granulozyten auf unter 500 Zellen pro Mikroliter Blut, spricht man von einer Agranulozytose.

Weiterhin muss gefragt und geklärt werden, welche Medikamente der Patient einnimmt oder eingenommen hat. Außerdem können auch Proben aus dem Knochenmark wegweisend für die Diagnostik sein um herauszufinden, welche Ursache sich hinter der Agranulozytose verbirgt.

Behandlung

Ist die Agranulozytose durch Medikamente ausgelöst worden, wird das verursachende Medikament abgesetzt und durch ein alternatives Medikament ersetzt, welches als Nebenwirkung keine Agranulozytose aufweist. Der Körper sollte anschließend wieder in der Lage sein, sich zu regenerieren.

Ist ein Patient bereits krank, muss das Immunsystem von außerhalb Unterstützung erhalten, die Erkrankung zu bekämpfen. Es werden Antibiotika und Antimyotika (Antipilzmittel) eingesetzt um dem geschwächten Immunsystem zu helfen die Erkrankung zu bekämpfen.
Betroffene können durch verstärkte Hygienemaßnahmen und aktive Meidung von Infektionsquellen darauf achten, Infekte vorzubeugen.

Ursachen

Die wichtigsten Medikamente, die als Nebenwirkung eine Agranulozytose auslösen können, sind z.B manche Schmerzmittel wie Metamizol®, nichtsteroidale Antirheumatika wie z.B. ASS (Aspirin), der Gerinnungshemmer Ticlopidin oder Antibiotika aus der Gruppe der Sulfonamide wie z.B. Sulfamethoxazol. Neuroleptika oder Thyreostatika gelten auch als mögliche Auslöser.
Diese Medikamente können sich im Körper mit natürlich vorkommenden Eiweißen im Blut (Plasmaproteinen) verbinden. Diese Verbindungen (Komplexe) aus Medikament-Wirkstoff und Plasmaprotein erkennt der Körper fälschlicherweise als Bedrohung an und beginnt, sogenannte Antikörper zu produzieren um den vermeintlichen Feind im Körper zum Abbau zu markieren.

Diese Antikörper sollten sich idealerweise bloß an die Oberfläche des als Bedrohung empfundenen Komplexes haften. Leider ähnelt die Oberfläche der körpereigenen, angeborenen Abwehrzellen, den Granulozyten, der Oberfläche der Medikament-Plasmaprotein Komplexe, weshalb die gebildeten Antikörper sich irrtümlicherweise auch auf der Oberfläche der Granulozyten festsetzen.
Sobald eine Zelle mit Antikörpern markiert ist, beginnt der Körper bei jeder Abwehrreaktion, Fresszellen auszusenden um diese zu bekämpfen und baut sie zusätzlich komplett ab. Der Körper beginnt also wegen einer Fehlinterpretation der Bedrohung, sich selbst zu bekämpfen in dem er sein eigenes, angeborenes Immunsystem angreift.

Diese Form der Agranulozytose nennt sich Typ 1 Agranulozytose und triff oft als plötzliches (akutes) Krankheitsbild auf.

Eine weitere, weniger akute Ursache der Agranulozytose können Schädigungen des Knochenmarks sein, wodurch die eigentliche Bildung der Granulozyten behindert wird.

Als Beispiele sind hier Tumore des Knochenmarks zu nennen oder toxische Schäden des Knochenmarks nach einer Chemotherapie oder verschiedener Medikamente.

Bei diesen Formen liegt zusätzlich zur Agranulozytose auch eine Panzytopenie vor, also eine generelle Verminderung der wichtigen Zellen die im Knochenmark gebildet werden, also auch die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und Blutplättchen (Thrombozyten).

Liegt eine Panzytopenie vor, muss der Ursache unbedingt genauer nachgegangen werden durch z.B. eine Knochenmarksprobenentnahme.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 15.04.2015 - Letzte Änderung: 12.01.2023