Das WPW-Syndrom ist eine Herzrhythmusstörung, bei der ein zusätzliches Leitbündel zwischen Vorhof und Herzkammer ausgebildet ist. Es kann dabei zu anfallsartig auftretenden Tachykardien kommen. Therapie der Wahl ist die Hochfrequenzablation.
Die Bezeichnung WPW-Syndrom steht für eine Erkrankung, die als Wolff-Parkinson-White-Syndrom bezeichnet wird. Hierbei handelt es sich um eine Erkrankung aus der Gruppe der Herzrhythmusstörungen. Sie zeichnet sich durch eine zusätzliche, beim gesunden Herzen nicht vorhandene, Leitungsbahn zwischen Herzvorhof und Herzkammer aus.
Es handelt sich um eine angeborene Erkrankung, die sich jedoch meist erst nach dem 20. Lebensjahr manifestiert. Etwa 0,1 bis 0,3% der Bevölkerung sind betroffen.
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Zunächst spielt die Anamnese eine entscheidende Rolle. Diese gibt meist erste Anhaltspunkte für den Verdacht auf das Vorliegen einer Herzrhythmusstörung.
Das EKG liefert weitere wichtige Anhaltspunkte bei der Diagnosefindung. Hierbei kommt neben dem normalen EKG unter Umständen auch eine Langzeit-EKG-Messung über 24 Stunden oder gar 7 Tage zum Einsatz.
Auch ein Belastungs-EKG kann zum Einsatz kommen. Hierbei sitzt der Betroffene in der Regel auf einem Fahrradergometer und wird einer zunehmenden körperlichen Belastung ausgesetzt während parallel ein EKG geschrieben wird.
Auch eine Ultraschalluntersuchung des Herzens (Echokardiographie) wird häufig vorgenommen.
Eine sehr spezifische Untersuchung beim WPW-Syndrom ist die elektrophysiologische Untersuchung (EPU) bei der die akzessorische Leitungsbahn genauer untersucht wird. Hierzu wird eine spezielle Art von Herzkatheter-Untersuchung durchgeführt. Meist wird während dieser elektrophysiologischen Untersuchung auch gleich eine therapeutische Ablation vorgenommen.
Die typische und pathognomonische (sicher auf ein WPW-Syndrom hinweisende) EKG-Veränderung ist die sogenannte Delta-Welle. Die Erregung des Vorhofs zeigt sich im normalen EKG als P-Welle. Darauf folgt die Kammer-Erregung als sogenannter QRS-Komplex.
Die Delta-Welle ist eine Welle, die direkt vor dem QRS-Komplex liegt und sozusagen in diesen übergeht. Im EKG kommt es beim WPW-Syndrom außerdem zu einer verkürzten PQ-Zeit (Zeit zwischen Vorhoferregung und Kammererregung) und Veränderungen der Erregungsrückbildung (ST-Strecke und T-Welle).
Das WPW-Syndrom zeichnet sich durch plötzlich auftretende Attacken mit Herzrasen (paroxysmale Tachykardie) aus. Die Attacken kommen aus dem Nichts heraus und sind durch die Betroffenen in der Regel nicht vorhersagbar. Sie können über Sekunden bis Minuten, aber auch bis hin zu Stunden, anhalten. Der Herzschlag kann sich bis über 200 Schläge pro Minute (normaler Herzschlag liegt zwischen 60 und 100 Schlägen pro Minute) erhöhen.
Die Tachykardie-Attacke endet genauso plötzlich, wie sie begonnen hat. Neben dem schnellen Herzschlag kann es zu Unwohlsein, Schwitzen und Schwindel kommen. In seltenen Fällen kann das WPW-Syndrom zu einem Kammerflimmern, einer akut lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörung, führen. Hierbei kommt es zu Bewusstlosigkeit und Reanimationspflichtigkeit.
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Bei manchen Patienten kann eine Attacke selbständig durch sogenannte vagale Manöver beendet werden. Die Patienten pressen in den Bauch oder trinken ein Glas kaltes Wasser. Die Anfälle können hierdurch in manchen Fällen zwar beendet werden, kehren jedoch immer wieder. Auch eine akute medikamentöse Therapie während der Attacke kann eine Beendigung dieser herbeiführen, ist jedoch keine kausale Behandlung.
Bei manchen Patienten wird versucht, eine prophylaktische medikamentöse Therapie zu etablieren, beispielsweise mit Betablockern. Auch andere Antiarrhythmika können hier zum Einsatz kommen. Die einzige kausale Behandlung der Erkrankung ist jedoch die Hochfrequenz-Katheterablation. Bei dieser Art der Behandlung wird – meist im Rahmen der elektrophysioloschen Untersuchung – ein Katheter über die Leistenvene ins Herz eingeführt.
Dort wird die akzessorische Leitungsbahn lokalisiert und vermessen. Mithilfe von Strom wird dann an der Katheterspitze eine starke Hitze erzeugt mithilfe der Narben gesetzt werden. Hierdurch kommt es zu einer Ausschaltung des betroffenen Gewebes. So wird die Leitungsbahn dauerhaft unterbrochen. Diese Therapie ist in etwa 90% der Fälle von dauerhaftem Erfolg gekrönt.
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Eine Operation im eigentlichen Sinne ist beim WPW-Syndrom keine Therapieoption. Bei der Hochfrequenzablation handelt es sich nicht um eine Operation sondern um ein invasives Verfahren. Hierbei wird kein Hautschnitt gesetzt und es ist auch keine Narkose notwendig.
Medikamente aus der Gruppe der Betablocker können als Therapieversuch beim WPW-Syndrom eingesetzt werden. Sie verlangsamen die Erregungsüberleitung im Bereich des AV-Knotens.
Sie müssen hierfür dauerhaft eingenommen werden. Betablocker helfen jedoch nicht immer, sodass häufig im Verlauf doch eine Ablationstherapie empfohlen wird.
Eine Hochfrequenzablation ist die Therapie der Wahl beim WPW-Syndrom. Zunächst kann jedoch eine medikamentöse Therapie versucht werden. Gerade bei Patienten mit einem erhöhten Risiko für Kammerflimmern und plötzlichen Herztod und bei Sportlern (siehe unten) wird jedoch die Hochfrequenzablation als Mittel der Wahl empfohlen.
Die Erfolgsrate des Therapieverfahrens liegt mit etwa 90% relativ hoch. Der Eingriff an sich bedarf keiner Vollnarkose. Bei Patienten mit WPW-Syndrom, die keinerlei Symptome haben, ist eine Ablationsbehandlung meist nicht zwingend notwendig.
Die Ursache für das WPW-Syndrom ist, wie oben bereits kurz erwähnt, eine zusätzliche Leitungsbahn im Herzen. Das Herz funktioniert mithilfe von elektrischen Erregungen die von einem Punkt zum anderen weitergeleitet wird. Diese elektrischen Erregungen sorgen am Ende für eine synchronisierte Kontraktion des Herzmuskels, also den Herzschlag.
Damit die Erregung von einem Punkt zum anderen gelangen kann, gibt es bestimmte Erregungsleitungsbahnen. Die Erregungs-Überleitung vom Herzvorhof zur Herzkammer wird beispielsweise durch den atrioventrikuläre-Knoten (AV-Knoten) ermöglicht. Er ist am gesunden Herzen die einzige Bahn auf der elektrische Impulse vom Vorhof zur Kammer gelangen können.
Beim WPW-Syndrom gibt es zusätzlich zum AV-Knoten noch eine weitere solche Überleitungsbahn zwischen Herzvorhof und Herzkammer. Sie wird als Kent-Bündel bezeichnet. Beim WPW-Syndrom können die elektrischen Impulse, die über den AV-Knoten vom Vorhof zur Kammer geleitet wurden, über das Kent-Bündel wieder zurück in die Herzkammer gelangen und dort eine erneute – frühzeitige – Erregung auslösen. Dies wiederum führt zu einer frühzeitigen erneuten Erregung der Herzkammer und somit zu einer Beschleunigung des Herzschlages (Tachykardie).
Es gibt auch Varianten bei denen die „normale“ Erregung über das Kent-Bündel vom Vorhof auf die Kammer und die rücklaufende (retrograde) Erregung von der Kammer wieder zurück zum Vorhof über den AV-Knoten verläuft.
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Nein. Ein WPW-Syndrom ist eine Anlagestörung im Bereich des Herzens, die angeboren ist. Sie ist jedoch nicht vererbbar.
Das WPW-Syndrom an sich verändert die Lebenserwartung nicht.
Patienten, die an einem WPW-Syndrom leiden, haben also grundsätzlich keine eingeschränkte Lebenserwartung. Außerdem gibt es mit der Hochfrequenzablation eine kausale Therapie, die in den meisten Fällen die Ursache für die Erkrankung beseitigen und die Erkrankung somit praktisch heilen kann. Es kann jedoch in seltenen Fällen zum plötzlichen Herztod kommen.
Ein WPW-Syndrom kann insofern sehr gefährlich werden, als dass es in eher seltenen Fällen ein Vorhofflimmern induzieren kann. Bei Patienten ohne WPW-Syndrom ist ein Vorhofflimmern in der Regel nicht hochakut lebensgefährlich. Bei Patienten mit WPW-Syndrom kann Vorhofflimmern aufgrund der zweiten Leitungsbahn jedoch Kammerflimmern auslösen.
Kammerflimmern bedeutet, dass das Herz übermäßig erregt wird und so schnell schlägt, dass es nur noch flimmert und nicht mehr effektiv arbeiten kann. Daher ist Kammerflimmern unbehandelt tödlich. Es bedarf einer sofortigen Reanimation mit Defibrillation.
Aufgrund dieser Komplikation, dem plötzlichen Herztod, ist das WPW-Syndrom eine potentiell lebensgefährliche Erkrankung, die einer Behandlung bedarf. Die genaue Art der Behandlung hängt von der Beschwerdesymptomatik und vom Risikoprofil des Betroffenen ab.
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Patienten, die an einem WPW-Syndrom leiden, aber vollständig asymptomatisch sind, dürfen uneingeschränkt Sport treiben. Es sollte jedoch eine regelmäßige Beobachtung der Herzbefunde durch einen Kardiologen erfolgen. Gerade bei sehr jungen asymptomatischen Patienten sollte vor der Sportfreigabe unter Umständen eine elektrophysiologische Untersuchung zur genaueren Diagnostik erfolgen.
Eine elektrophysiologische Untersuchung sollte außerdem bei allen Patienten erfolgen, die unter rezidivierenden Episoden mit Herzrasen leiden. Als Therapie der Wahl wird hier in der Regel die Hochfrequenz-Katheterablation empfohlen. Eine Wiederaufnahme von (Wettkampf)-Sport ist im Normalfall 3-6 Monate nach der erfolgreichen Ablationsbehandlung möglich.
Sportler, die durch eine Ablation nicht kurativ behandelt werden können und bei denen auch eine medikamentöse Therapie nicht anschlägt und die unter rezidivierende Attacken mit Herzrasen leiden, sollten nur sehr moderat Sport treiben. In jedem Fall sollten alle Patienten mit einem WPW-Syndrom die Sport treiben zunächst Rücksprache mit ihrem behandelnden Kardiologen halten.
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Das WPW-Syndrom kann in einen Typ A und einen Typ B unterteilt werden. Die Typenzuteilung ist abhängig davon, in welchem Bereich sich die zusätzliche (akzessorische) Leitungsbahn befindet. Bei Typ A besteht eine zusätzliche Leitungsbahn zwischen linkem Herzvorhof und linker Herzkammer. Die Unterscheidung in Typ A und Typ B spielt beim WPW-Syndrom jedoch heutzutage kaum noch eine Rolle.
Die zusätzliche Leitungsbahn bei Typ B des WPW-Syndroms befindet sich zwischen rechtem Herzvorhof und rechter Herzkammer. Die Leitungsbahn wird sowohl beim Typ A als auch beim Typ B als Kent-Bündel bezeichnet. Klinisch gibt es keinen wesentlichen Unterschied zwischen Typ A und Typ B. Sie unterscheiden sich jedoch beispielsweise in ihrer Darstellung im EKG voneinander.