Die Stammzellenspende bzw. die Stammzellentransplantation kommt bei Erkrankungen wie der Leukämie (Blutkrebs) zum Einsatz. Bei Typisierungsaktionen kann man sich durch eine Blutentnahme als potentieller Spender in eine Kartei aufnehmen lassen. Wenn ein passender Spender gefunden wurde, gibt es zwei Möglichkeiten, die Stammzellen des Spenders zu gewinnen. Dies kann durch Medikamente oder eine Knochenmarkpunktion erfolgen.
Unter einer Stammzellenspende versteht man eine bei Leukämie (Blutkrebs) zur Anwendung kommende Maßnahme, bei der dem Erkrankten Stammzellen von einem gesunden Spender übertragen werden, die in Zukunft die Produktion gesunder Blutzellen übernehmen sollen.
Zuvor müssen die Stammzellen aus dem Körper des Spenders gewonnen werden.
Um eine Stammzellenübertragung erfolgreich durchführen zu können, muss in einem ersten und aufwendigen Schritt ein passender Spender gefunden werden. Hierzu werden in regelmäßigen Abständen Typisierungsaktionen durchgeführt.
Die Wahrscheinlichkeit, dass die genauen Merkmale eines potentiellen Spenders beim Empfänger passen, ist sehr gering. So müssen ca. 14000 Übereinstimmungen passend sein, um als Spender in Frage zu kommen.
Um sich als Spender typisieren zu lassen, bekommt man zunächst Blut abgenommen. Alternativ kann auch ein Mundabstrich mit einem Wattestäbchen durchgeführt werden.
Aufgrund der hohen Kosten hierbei kommt aber fast immer die Blutabnahme zum Einsatz.
Passen die meisten Komponenten des Blutes des Spenders mit dem des Empfängers, werden nochmals in einem zweiten Schritt weitere Blutentnahmen und weitere Tests durchgeführt.
In einigen Fällen finden sich komplette Übereinstimmungen, was den Spender dann zur Transplantation berechtigt.
Es gibt zwei verschiedene Möglichkeiten, um Stammzellen zu gewinnen.
Die eine Möglichkeit ist, dass der Patient ein Medikament gespritzt bekommt. Dieses löst dann bei ihm die Blutzellen-produzierenden Zellen, die sogenannten Stammzellen, aus dem Knochenmark heraus und spült diese in das periphere Blut.
Dieses wird dem Spender dann abgenommen und die Stammzellen isoliert. In der Zwischenzeit wird durch Chemotherapie und Bestrahlung das Immunsystem des Empfängers fast komplett heruntergefahren.
Dies ist wichtig, damit der Körper des Empfängers keine immunologische Gegenreaktion auf die transfundierten Stammzellen startet.
In dieser Zeit befindet sich der Empfänger in kompletter Isolation, da eine Infektion unbedingt vermieden werden muss.
Arbeitet sein Immunsystem nicht mehr, werden ihm die Stammzellen des Spenders übertragen. Diese suchen sich sofort einen Platz im Knochenmark und beginnen mit der Produktion von gesundem Blut.
Eine weitere Möglichkeit der Stammzellengewinnung ist die Knochenmarkpunktion. Hierfür wird der Spender ca. 5 Tage im Krankenhaus aufgenommen und unter örtlicher Betäubung wird ihm mit einem Bohrer Knochenmark aus dem Beckenkamm gezogen.
Auch hier werden die Stammzellen dann isoliert und können nach entsprechender Vorbereitung dem Empfänger transfundiert werden.
Die Knochenmarkspunktion ist für den Spender oftmals schmerzhafter als die erste Methode, aber nicht mit der Einnahme von Medikamenten verbunden.
Für den Eingriff wird der Spender von der Arbeit freigestellt, die Kosten werden von großen Transplantationsorganisationen, wie der DKMS, und von der Krankenkasse übernommen.
Lesen Sie mehr zum Thema unter: Knochenmarkspende
Im Rahmen der Stammzellsepende kommt es auch zur HLA-Bestimmung, um eine Abstoßung beim Empfänger zur vermeiden. Lesen Sie für detaillierte Informationen folgenden Artikel: HLA - Humanes Leukozyten Antigen
Trotz zum Teil verharmlosender medialer Werbung sollten auch einige Risiken bei einer Stammzellenspende bedacht werden.
Die Knochenmarkspunktion ist ein operativer Eingriff. Es können allergische Reaktionen auf das Narkosemittel auftreten, es kann zu zum Teil schweren Nachblutungen bei der Punktion des Knochenmarkes im Beckenkamm kommen.
Es kann während des Eingriffs zu Reizungen oder Verletzungen von Nervenbahnen kommen.
Während und nach dem Eingriff ist die Infektion eine gefürchtete Komplikation, die es unbedingt zu vermeiden gilt.
Des Weiteren kann es an der Wunde, aus der das Knochenmark und die darin erhaltenen Stammzellen abpunktiert wurde, zu Wundheilungsstörungen kommen, die weiterführend behandelt werden müssen.
Bei der medikamentösen Stammzellengewinnung wird dem potentiellen Spender ein Medikament verabreicht, das Stammzellen aus dem Knochenmark lösen und ins periphere Blut ausspülen soll.
Hier kann es zu allergischen Reaktionen auf das Medikament kommen. Das wohl entscheidendste Risiko bei der medikamentösen Stammzellengewinnung ist die noch unklare Studienlage über die Langzeitfolgen.
So ergeben die bisherigen Studien zwar kein Zusammenhang zwischen der medikamentösen Stammzellenausspülung und dem Auftreten einer Leukämie, allerdings ist aufgrund der fehlenden Langzeitbeobachtung noch keine abschließende Beurteilung möglich.
Bevor der Empfänger die Stammzellen transfundiert bekommen kann, ist ein Ausschalten seines Immunsystems dringend notwendig, um eine Abstoßungsreaktion gegen die fremden Stammzellen zu vermeiden.
Das Immunsystem wird durch Chemotherapie und Bestrahlung fast komplett eliminiert. Dies birgt die große Gefahr der Infektion, für die der Körper des Empfängers jetzt sehr anfällig ist.
Aus diesem Grund wird er unter regelmäßigen Blutkontrollen streng im Krankenhaus isoliert.
Trotzdem besteht die Gefahr einer Infektion und stellt ein großes Risiko dar.
Trotz ausgeschaltetem Immunsystem besteht auch zusätzlich die Gefahr einer Abstoßungsreaktion auf die infundierten Stammzellen, was starke gesundheitliche Folgen für den Körper des Patienten bedeuten würde und mit starken medikamentösen Maßnahmen behandelt werden müsste. In ganz extremen Fällen kann der Empfänger aufgrund von extremen Abstoßungsreaktionen des Körpers versterben.
Bei gutem Ansprechen auf die neuen Stammzellen muss der Patient noch einige Tage in Isolation bleiben, bis sein Immunsystem wieder hergestellt ist und normal arbeitet.
Die Stammzellenspende hat sowohl für den Spender, als auch für den Empfänger einige Nebenwirkungen. Bei der medikamentösen Stammzellen-Ausspülung wird dem Spender ein Medikament mit dem Namen G-CSF gespritzt, was die Stammzellen in den peripheren Blutkreislauf spülen soll.
Nach Medikamentengabe kann es zu grippeähnlichen Symptomen und Knochenschmerzen, Muskelschmerzen, Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall kommen.
Weiterhin werden Blutbildveränderungen, Infektionen von Lunge und Atemwegen und Milzvergrößerungen erwähnt.
Patienten mit Sichelzellanämie sollten das Medikament nicht einnehmen, da es hier zu einem lebensgefährlichen Multiorganversagen kommen kann.
Bei der Knochenmarkspunktion aus dem Beckenkamm kann es nach dem Eingriff zu Schwäche, Knochenschmerzen im Punktionsgebiet und zu Schmerzen beim Laufen kommen.
Beim Empfänger kann die Transplantation ebenfalls zu hohem Fieber, starker Schwäche und Allgemeinsymptomen führen. Man darf in diesem Zusammenhang nicht vergessen, dass das Immunsystem des Empfängers ausgeschaltet wurde und auch die Medikamente, die dafür eingesetzt werden, eine Vielzahl von Nebenwirkungen aufweisen.
Stammzellenspender kann jeder gesunde Erwachsene im Alter zwischen 18 und 55 Jahren werden. Wichtig sind auch einige Ausschlusskriterien, die zu beachten sind. So ist beispielsweise ein Mindestgewicht von 50 kg notwendig.
Alle typisierten potentiellen Spender werden in einer Kartei gespeichert.
Mit dem 61. Lebensjahr wird jeder Spender aus der Kartei gelöscht, da er aufgrund von möglichen altersbedingten Erkrankungen nicht mehr als Spender in Frage kommt.
Die Deutsche Knochenmarksspenderkartei ist ein Unternehmen, das sich auf die Typisierung von möglichen Knochenmarksspendern spezialisiert hat.
Die gemeinnützige Organisation wurde 1991 gegründet und hat ihren Sitz in Tübingen. Seit 1997 ist die DKMS eine Stiftung.
Hauptaufgabe ist die Organisation von Typisierungsaktionen in ganz Deutschland, bei denen die Bevölkerung aufgerufen wird, sich einer Blutentnahme zu unterziehen.
Die gewonnenen Daten werden dem zentralen Knochenmarks-Spender-Register zugeführt, das seinen Sitz in Ulm hat. Hier ist die Schaltstelle und der weltweite Zugriffsort auf alle Daten.
Die DKMS organisiert ihre Typisierungsaktionen auf lokaler Ebene. Meistens wird ein in einem bestimmten Ort erkrankter Patient vorgestellt und die Bevölkerung aufgerufen, sich typisieren zu lassen.
Die gewonnenen Daten sind aber dann nicht nur für den genannten Patienten bestimmt, sondern können weltweit zu einer Transplantation führen, wenn die entsprechenden Merkmale übereinstimmen.
Die DKMS ist auch global aktiv. So hat sie Vertretungen in Spanien, Polen, den USA und England.
In Deutschland hat die DKMS Datei eine beachtliche Größe erreicht. So sind hierzulande ca. 4,3 Mio Menschen gelistet und kommen potentiell für eine Spende in Frage. Weltweit sind ca. 6 Mio Menschen in der Kartei der DKMS gelistet.
Bis 2016 wurden insgesamt 54 000 Stammzellentransplantationen, die auf Typisierungen der DKMS zurückzuführen sind, durchgeführt.
Die DKMS finanziert sich mittlerweile 100% aus Spenden. Früher wurde sie noch von der deutschen Krebshilfe und vom Gesundheitsministerium mit Fördergeldern unterstützt. Die DKMS arbeitet mit zahlreichen Laboren in Deutschland und weltweit zusammen.
Die Kosten für eine Typisierung belaufen sich auf ca. 40 EUR, die von der DKMS durch Spenden finanziert werden. Jeder potentielle Spender kann die Typisierung finanziell auch selbst übernehmen und dies als Spende auch steuerlich geltend machen.
Die komplette Stammzellengewinnung inklusive Transplantation ist sehr teuer. So müssen mit rund 100.000 Euro gerechnet werden. Die Kosten werden von der Krankenkasse übernommen.
Wenn ein Stammzellenspender gefunden wurde, muss dieser vom Arbeitgeber freigestellt werden. Jeder Stammzellenspender wird für diesen Berufsausfall entlohnt, solange er arbeitsunfähig ist (Krankenhausaufenthalt).
Weitere Gelder werden für den Patienten jedoch nicht bezahlt. Die Spende ist somit unentgeltlich. Nach ca. zwei Tagen wird der Patient nach einer Knochemarkspunktion aus dem Krankenhaus entlassen. Bei Beschwerden kann es notwendig werden, dass er noch einige Tage zu Hause bleiben muss und krankgeschrieben wird. Die Kosten werden dann von der Krankenkasse übernommen.
Bei der medikamentösen Stammzellengewinnung wird ein dem Spender für ca. 5 Tage ein Medikament verabreicht.
Zu den Nebenwirkungen zählen auch Knochenschmerzen, die über den Einnahmezeitraum und kurz danach auftreten und sich über den ganzen Körper ausbreiten können.
Bei der Knochenmarkspunktion wird mit einer Art Bohrer der Beckenkamm punktiert und Knochenmark gewonnen. Dieser Eingriff kann gegebenenfalls auch unter Vollnarkose durchgeführt.
Nach dem Eingriff kann der Patient schnell wieder mobilisiert werden.
Allerdings kommt es im Bereich der Knochenmarkspunktion häufiger zu Knochenschmerzen. Die Schmerzen können bei Belastung, aber auch in Ruhe auftreten, sollten aber spätestens eine Woche nach dem Eingriff verschwunden sein.
Länger bestehende Schmerzen sollten ärztlich abgeklärt werden.
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