Beim Lichen ruber planus, auch Knötchenflechte genannt, handelt es sich um eine nicht ansteckende Erkrankung der Haut und Schleimhäute, die schubförmig verläuft. Dabei entstehen juckende Knötchen, die besonders häufig an der Beuge der Handgelenke und Kniekehlen, am Oberkörper und an den Fußsohlen auftreten.
Die Ursachen für die Entstehung von Lichen ruber planus sind noch nicht vollständig geklärt, aber vermutlich handelt es sich um eine virusbedingte Autoimmunreaktion oder kontaktallergische Reaktion.
Normalerweise bekämpft das menschliche Immunsystem Krankheitserreger und Stoffe, die als „fremd“ wahrgenommen werden. Bei der Knötchenflechte spricht vieles dafür, dass die Abwehrzellen durch bestimmte Auslöser irrtümlicherweise körpereigene Keratinozyten (Hornzellen) der Haut angreifen und zerstören. Man nimmt an, dass bestimmte genetische Variationen im Erbgut das Risiko erhöhen an Lichen ruber planus zu erkranken.
Neben einer genetischen Komponente stehen auch virale Infektionen im Verdacht ursächlich für die Krankheit zu sein. Vor allem die Hepatits C und Hepatitis B-Viren scheinen einen Ausbruch der Knötchenflechte zu begünstigen und Patienten, die an solch einer chronischen Infektion leiden, sind häufig von entsprechenden Hautveränderungen betroffen. Auch Allergien sind mit der Knötchenflechte assoziiert und können diese manchmal auslösen: oft bilden sich an Stellen, die bereits durch eine chronische allergische Reaktion entzündet sind, die späteren Krankheitsherde. Ein Ausbruch der Krankheit kann auch durch äußere Reize, wie Kratzen, Reiben oder Druck auf der Haut, getriggert werden (Köbner-Phänomen).
Außerdem wird ein Zusammenhang mit der Einnahme gewisser Medikamente, wie beispielsweise Beta-Blocker, Schmerzmittel oder Antibiotika diskutiert. Gesichert sind diese Faktoren jedoch nicht.
Die begleitenden Symptome bei Lichen ruber planus sind sehr vielfältig und können neben der Haut unterschiedliche Körperstellen, wie die Schleimhaut, Haare oder Fingernägel betreffen. Auf der Haut entstehen entzündliche, scharf begrenzte rötliche oder bräunliche Knötchen und Flecken (Papeln), die stark jucken. Diese Knötchen finden sich vor allem an den Beugeseiten der Handgelenke, Unterschenkel, am unteren Rücken und an den Kniebeugen. Da das Kratzen der Knötchen extrem schmerzhaft ist, finden sich trotz des starken Juckreizes keine Kratzspuren. Die betroffenen Stellen können neben der bräunlichen Hyperpigmentierung feine milchig-weiße Streifen (Wickham-Streifung) aufweisen. Oft bilden die Flecken kleine Grüppchen, die sich schließlich zu großflächigeren Hautveränderungen (Plaques) verbinden und mit einer stark verdickten, gelblichen Hornschicht (Hyperkeratose) bedeckt sind.
Wenn die Schleimhäute von der Knötchenflechte betroffen sind, spricht man vom Lichen ruber mucosae. Dabei sind die Entzündungsherde typischerweise mit einem deutlich sichtbaren netzartigen weißen Belag überzogen. Die Stellen können völlig schmerzfrei sein oder aber stechend brennen. Bei Männern zeigen sich diese Veränderungen, abgesehen von der Mundschleimhaut, vor allem an der Eichel. Frauen haben die typischen Veränderungen insbesondere am Scheideneingang.
Neben Haut und Schleimhaut können auch die Haare betroffen sein (Lichen ruber follicularis oder planopilaris). Meistens tritt diese Form der Knötchenflechte an der Körperbehaarung am Oberkörper und den Oberschenkeln auf, manchmal ist auch die Kopfhaut betroffen. Dabei bilden sich kleine Hornpfröpfe im Bereich der Haarfollikel, wodurch das Haar abstirbt und ausfällt. Die betroffenen Stellen fühlen sich sehr rau an und die Haut schuppt sich verstärkt ab. Im Laufe der Erkrankung gehen die Haare verloren und vernarbte, kahle Stellen entstehen.
Auch Finger- und Fußnägel können bei Lichen ruber planus betroffen sein und werden brüchig, verkürzt und bekommen Rillen.
Bei Lichen ruber mucosae sind neben der Mundschleimhaut meist die seitlichen Partien der Zunge befallen. Durch die Veränderungen der Schleimhaut kann es zu Schmerzen, Brennen und offenen Stellen kommen. Patienten beklagen Trockenheit und ein „pelziges Gefühl“ auf der Zunge, außerdem treten gelegentlich Geschmacksstörungen auf.
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Die orale Form des Lichen ruber zählt zu den häufigsten Erkrankungen der Mundschleimhaut. Die Erkrankung kann isoliert oder in Kombination mit Lichen ruber planus der Haut auftreten. Als Ursache werden autoimmune Prozesse in der Schleimhaut vermutet, aber auch Zahnmaterialien (z.B. Amalgam) oder bestimmte Medikamente können die Läsionen der Schleimhaut im Rahmen der Knötchenflechte beeinflussen.
Man unterscheidet zwei Formen des oralen Lichen ruber mucosae: einerseits die weiße oder retikuläre Form, bei der die Knötchen mit einem weißlichen nicht abwischbaren Film überzogen sind, und andererseits die rote oder erosive Form. Letztere tritt häufiger auf, ist durch flächige Erytheme und Erosionen gekennzeichnet und kann sehr schmerzhaft sein.
Die brennenden Hautveränderungen verlaufen im Bereich der Mundschleimhaut hartnäckiger als auf der Haut. Neben Mund, Zunge, Zahnfleisch und Wangenschleimhaut können auch die Speiseröhre und der Kehlkopf betroffen sein. Die typische, weißliche Wickham-Streifung ist deutlich ausgeprägter als bei der Knötchenflechte der Haut. Die Schleimhautveränderungen können schmerzlos sein oder stark brennen, wodurch der Patient beim Essen oder der Mundhygiene große Schmerzen erleidet.
Die Schleimhaut des Genitalbereichs ist seltener von Lichen ruber mucosae betroffen als die Mundschleimhaut. Schleimhautveränderungen treten bei Männern im Beriech der Eichel bzw. bei Frauen am Scheideneingang und an den Innenseiten der Schamlippen auf. Sie sind deutlich sichtbar und schimmern leicht im Licht. Die Haut wirkt trocken und gespannt. Es können einzelne Knötchen oder zusammenhängende weiße Plaques vorhanden sein. Es entstehen stark juckende und brennende Läsionen, die zu Problemen beim Urinieren und beim Geschlechtsverkehr führen.
Auch die Fingernägel können von Lichen ruber planus befallen sein. Dabei kommt es zu einer Längsriffelung des Nagels, der sich im weiteren Krankheitsverlauf auch völlig aufspalten kann. Die Nagelplatten verkürzen sich und fransen aus. Die Knötchenflechte führt dazu, dass der Nagel immer dünner wird und im schlimmsten Fall komplett ausfallen kann. Durch den Ausfall des Nagels verwächst das Nagelbett mit der Nagelhaut und wulstige Narben entstehen.
Die Diagnose Lichen ruber planus kann der Arzt in der Regel durch eine Untersuchung mit bloßem Auge stellen. Neben der Hautoberfläche wird auch die Mundschleimhaut untersucht, da diese oftmals von der Knötchenflechte mit betroffen ist. Typisch sind kleine Hautknötchen (Papeln) sowie eine netzartige weiße Streifung der Knötchen und Schleimhäute. Diese Streifung zeigt sich besonders deutlich, nachdem etwas Speiseöl oder Wasser auf die betroffenen Stellen getropft wurde.
Im Zweifelsfall wird die Diagnose durch eine mikroskopische Analyse von Gewebeproben bestätigt. Charakteristisch für den Lichen ruber planus ist hierbei eine Verdickung der obersten Hautschicht (Hyperkeratose) und eine fleckförmige Verdickung in der Körnerschicht der Haut (Hypergranulose). Dies führt zu der netzartigen weißen Streifung. Mithilfe einer speziellen Färbung werden Antikörper sichtbar gemacht, die sich unterhalb der Oberhaut ablagern. Auch spezielle Immunzellen lassen sich dort finden, die für die Entzündung verantwortlich sind.
Weiterhin sind Blutuntersuchungen, insbesondere im Hinblick auf eine Hepatitis-B- oder Hepatitis-C-Infektion, sehr sinnvoll. Diese Befunde sichern letztendlich die Diagnose eines Lichen ruber planus.
Die Behandlung von Lichen ruber planus ist langandauernd und führt nicht immer zum Erfolg. Normalerweise ist die Krankheit jedoch selbstlimitierend und heilt spontan von alleine ab, es gibt aber auch schwerwiegendere Verläufe, die unbedingt behandlungspflichtig sind. Wichtig ist es ein Kratzen oder Reiben der Haut zu verhindern, da dies die Beschwerden verschlimmert und zu Schmerzen führt.
Zur Therapie der Knötchenflechte erfolgt eine lokale Behandlung der betroffenen Hautareale mit dem Glukokortikoid Cortison, das in Form von Cremen oder Salben für kurze Zeit verabreicht wird. Die Behandlung kann dabei offen oder unter einem Verband erfolgen. Alternativ können Vitamin-A-Präparate (Retinoide) verwendet werden.
Hartnäckige Knötchen können vom Arzt mit einer Cortisonlösung direkt unterspritzt werden. Sehr stark verhornte Läsionen werden zusätzlich mit Salicylsäure therapiert. In Kombination mit der Cortison-Therapie kann auch eine Bestrahlung mit UV-Licht (PUVA-Therapie) die Wundheilung beschleunigen und so zu einer deutlichen Verbesserung der Knötchenflechte führen. Weiterhin kommen in solch einem Fall Wirkstoffe zum Einsatz, die das Immunsystem dämpfen und so die autoimmune Entzündung lindern (Immunsuppressiva). Dazu gehören beispielsweise Tacrolimus oder Cyclosporin.
Zur Behandlung von starkem Jucken kann der Arzt Antihistaminika verschreiben, die den körpereigenen Botenstoff Histamin unwirksam machen und dadurch gegen den Juckreiz helfen. Bei Lichen ruber mucosae lindern Lokalanästhetika das starke Brennen von Läsionen der Schleimhaut, außerdem sollte auf Nikotin und scharfe Speisen verzichtet werden. Auch nicht-medikamentöse Maßnahmen, wie das Kühlen der Haut mit feuchten Umschlägen oder Gelkissen, lindern den Juckreiz.
Laut WHO ist Lichen ruber planus als Präkanzerose einzustufen, das heißt, dass mit den Hautveränderungen ein erhöhtes Krebsrisiko einhergeht. Dabei können sich therapieresistente Herde nach Jahren zu einem Plattenepithelkarzinom entwickeln. Das ist jedoch nur sehr selten der Fall. Trotzdem empfiehlt sich eine dermatologische Verlaufskontrolle bei hartnäckigen Papeln, um eventuell bösartige Entartungen frühzeitig zu erkennen und gegebenenfalls chirurgisch zu entfernen.
Alternative Behandlungsmöglichkeiten der Knötchenflechte bietet die Homöopathie. Durch die Einnahme homöopathischer Tropfen können sich die juckenden Entzündungsherde zurück bilden und sich der Krankheitsverlauf verkürzen. Schüssler Salze und Bachblüten können das Immunsystem stärken und dadurch die Krankheit positiv beeinflussen.
Außerdem können aus homöopathischer Sicht die Mittel „Natrium muriaticum“, „Arsenicum album“ und „Anacardium“ helfen. Als Grundbehandlung werden dabei drei Globuli in der Potenz C5 im täglichen Wechsel empfohlen.
Die individuelle homöopathische Behandlung sollte aber durch einen Therapeuten erfolgen und betreut werden.
Normalerweise heilt die Krankheit nach einem Zeitraum von mehreren Monaten spontan von alleine wieder ab, wobei die durchschnittliche Krankheitsdauer ein bis zwei Jahre beträgt. Da die Symptome jedoch sehr unangenehm sind und die Patienten unter dem Brennen und Jucken leiden, unterziehen sich viele Betroffene einer Therapie. Durch eine Behandlung kommt es innerhalb von 9 bis 18 Monaten zu einer Abheilung der Hautveränderungen. Bei etwa 10 - 15% der Patienten kommt es auch mehrere Jahre nach der Heilung der Knötchenflechte zu Rückfällen.
Es ist grundsätzlich schwierig einem Lichen ruber planus vorzubeugen, da die Ursachen für das Entstehen der Erkrankung nicht bekannt sind. Allerdings sollten eine gute Mundhygiene beibehalten und auf das Kratzen oder jeglicher anderer mechanischer Reizung der betroffenen Hautstellen verzichtet werden.
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