Durch die Bestimmung des Knochenalters, kann man schon Frühzeitig Hinweise auf mögliche Wachstumsstörungen erlangen und eine mögliche Therapie sinnvoll planen.
Die Körpergröße ist für einen Menschen eines seiner definierendsten und offensichtlichsten Merkmale.
Zu große Menschen haben Probleme im Alltagsleben, zu kleine jedoch mindestens genauso. Aber wann ist der Mensch nun zu groß oder zu klein?
Sind Kinder schon zu klein, nur weil sie die Kleinsten in Ihrer Schulklasse sind oder zu groß, weil alle Freunde kleiner sind? Nicht selten leiden Jungen unter einer völlig harmlosen Wachstumsverzögerung, die sich durch einen späten Wachstumsschub einfach ausgleichen.
Immer gilt es jedoch schon frühzeitig herauszufinden ob man sich noch in einem Normbereich bewegt oder ob Handlungsbedarf wegen einer Wachstumsstörung besteht. Eine Behandlung zur richtigen Zeit kann den Betroffenen nicht selten ein normales Leben mit einer akzeptablen Körpergröße ermöglichen.
Wichtig ist die Größe jedoch nicht nur bei zu großen oder zu kleinen Kindern. Auch bei Fehlstellungen wie X- oder O-Beinen oder einer Skoliose müssen Wachstumsstörungen in Betracht gezogen werden.
Bei Beinlängendifferenzen ist es wichtig zu wissen, welches Bein sich normal entwickelt und welches die Schwierigkeiten verursacht. Jedoch ist nicht immer die aktuelle Größe der bestimmende Parameter in der Diagnostik von Wachstumsstörungen. Dieser liefert zwar oft einen ersten Anhaltspunkt, die definitive Aussage lässt sich nicht selten erst durch die Bestimmung der Endgröße eines Kindes bestimmen.
Lesen Sie für weitere Informationen auch unsere Seite Entwicklung des Kindes.
Um einen frühzeitigen Hinweis auf mögliche Wachstumsstörungen zu bekommen, ist die Körpergrößenbestimmung (Knochenalterbestimmung) hilfreich.
Auch beim Alter des Kindes gibt es einen wichtigen Unterschied zu beachten. Neben dem biologischen Alter (Alter laut Kalender/Geburtstag) ist für die Größe und das Wachstum nämlich das Alter der Knochen (Knochenalter) sehr bedeutend, da bei Wachstumsstörungen diese oft voneinander abweichen.
Reift das Skelett zu schnell oder zu langsam, dann ist dieses seiner Zeit einfach voraus oder hinkt hinterher und ist somit „jünger“ oder „älter“ als das Kind selbst in Jahren ist.
Aus dem kalendarischen Alter lassen sich anhand verschiedener Vergleichs- und Normtabellen erste Anhaltspunkte über zu schnelles oder zu langsames Wachstum gegenüber einer Vergleichsgruppe geben.
Die Normwerte zum Vergleich sind bei jedem Kinderarzt als Tabelle oder Schaubild zu finden.
Bei Kindern gilt es diese Normwerte sehr genau zu betrachten, da der Zusammenhang zwischen Alter und Größe viel bedeutender ist, da sich die Normwerte in sehr kurzen Zeitabschnitten erheblich unterscheiden können, während bei Ausgewachsenen Menschen kaum mehr Unterschiede zu finden sind, da sich seine Größe ja kaum mehr verändert.
Hat man hier den Verdacht auf eine Störung gilt es meist im nächsten Schritt zu bestimmen, wie groß die Endgröße eines Kindes sein wird und die Körperlängenbestimmung (Knochenalterbestimmung) kommt zu Ihrem Einsatz.
Hier gibt es Formeln, die die Elterngrößen mit einbeziehen, da große Eltern mit einer höheren Wahrscheinlichkeit große Kinder bekommen als kleinere Eltern.
Auch hier lassen sich nur ungefähre Angaben machen, eine genaue Voraussage ist hier nicht mit Sicherheit möglich. Da die Kenntnis über die Endgröße letztendlich Therapieentscheidend ist, ist die Knochenalterbestimmung durch ein Röntgenbild die Methode der Wahl. Es lässt sich zwar nicht so einfach bestimmen wie das biologische Alter oder einfach mit einer Formel berechnen, die aufwändigere Diagnostik führt jedoch zu sehr genauen und verlässlichen Angaben über die voraussichtliche Endgröße eines Kindes.
Man macht sich bei der Bestimmung die typischen Veränderungen der Knochen zunutze die jedes Kind auf seinem Weg des Erwachsen Werdens durchläuft.
Bei Kindern findet man an den Knochen an den Seiten zwischen den Mittel- und Endstücken die sogenannten Wachstumsfugen (Epiphysenfugen).
Diese Zonen des Knochens bestehen aus Knorpel und von dort aus findet das Wachstum eines Knochens statt. Der Knorpel wächst in die Länge und verknöchert im Verlauf. Der Mensch wächst.
Die Wachstumsfugen verknöchern schließlich selbst nach der Pubertät (meist vor dem 20. Lebensjahr) und das Wachstum kommt zum Stillstand, denn nur aus den Knorpeln der Wachstumszone kann der Knochen wachsen.
Hierfür verantwortlich sind eine vermehrte Menge der Sexualhormone Testosteron und Östrogen im Blut.
Die Meisten Knochen des Körpers werden auf diese Art und Weiße aus Knorpel gebildet und verknöchern zu einem typischen Zeitpunkt. Ausnahmen sind wenige Schädelknochen, der Unterkiefer und das Schlüsselbein.
Über diese Besonderheiten im Knochenwachstum lassen sich nun anhand der Wachstumsfugen Aussagen über den Derzeitigen Wachstumsstand eines Kindes treffen. Man kann sagen wie lange dieser Knochen noch wachsen wird und so bestimmen, mit welcher Größe sich die Wachstumsfugen schließen werden und das Längenwachstum abgeschlossen sein wird. Vergleicht man das noch zusätzlich mit dem biologischen Alter des Kindes können noch weitere Aussagen getroffen werden ob bestimmte Krankheiten (z.B. Kleinwuchs, Großwuchs, vorzeitige Pubertät (Pubertas präcox)) in Frage kommen.
Prinzipiell kann man die Wachstumsfugen jeder beliebigen Region des Körpers zur Rate ziehen, da jede Epiphyse zu einem typischen Zeitpunkt verknöchert. Durch die große Dichte vieler Knochen und somit vieler Wachstumsfugen wurde ein Standard entwickelt bei dem das Röntgenbild der linken Hand beurteilt wird. Selten werden auch Aufnahmen des Knies beurteilt. Sollte die Aufnahme der linken Hand nicht möglich sein, kann auch die Rechte Hand mit nahezu gleichen Ergebnissen herangezogen werden. Auf den angefertigten Bildern werden dann die Handwurzelknochen des Kindes beurteilt.
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Die Handwurzelknochen sind die 8 kleinen Knochen die man am Handballen tasten kann.
Beim männlichen Säugling sind alle diese Knochen bei der Geburt noch aus Knorpel, die dann in der Entwicklung verknöchern. Ein weiblicher Säugling kommt schon mit 2 verknöcherten Handwurzelknochen zur Welt.
Die vollständige Verknöcherung dieser Knorpel erfolgt nach einem ganz bestimmten Muster und Reihenfolge, die bei jedem Menschen vergleichbar abläuft.
Da Knorpel im Röntgenbild nicht sichtbar sind tauchen also im Verlauf der Entwicklung immer mehr Handwurzelknochen im Röntgenbild auf bis im Alter von 14 Jahren (Mädchen) oder 16 Jahren (Jungen) die Handwurzelknochen alle zu sehen sind.
Man kann also anhand der Wachstumsfugen und der Anzahl der sichtbaren Knochen Rückschlüsse auf den Stand der Skelettentwicklung ziehen. Mehrere Ärzte und Wissenschaftler haben auf dieser Grundlage der typischen Verknöcherung standardisierte Verfahren entwickelt, anhand derer heute das Skelettalter bestimmt wird und die Endgrößenbestimmung vorgenommen werden kann, wobei hier nur die 2 bekanntesten Verfahren beschrieben werden.
Nach dem Prinzip von Greulich und Pyle wird das Röntgenbild mit Abbildungen in einem Atlas mit Vergleichsaufnahmen abgeglichen.
Die Beiden haben in einem Atlas nach Alter und Geschlecht sortierte Röntgenbilder gesammelt und die Reifezeichen beschrieben, die darauf zu sehen sind. Anhand der Bilder, die der Beschreibung und dem Röntgenbild des Kindes am Ähnlichsten sind, kann das Skelettalter und der Wachstumszustand bestimmt werden und Aussagen über die Endkörpergröße gemacht werden.
Es lassen sich außerdem Aussagen treffen ob noch Wachstumsschübe zu erwarten sind oder ob das Wachstum schon so gut wie abgeschlossen ist.
Etwas differenzierter und in Deutschland häufiger verwendet ist die Methode nach Tanner und Whitehouse. Hierbei werden mehrere Bilder verwendet und Punktewerte vergeben.
Neben den Handwurzelknochen werden noch die Elle und Speiche (Die beiden Knochen des Unterarmes), sowie ausgewählte Mittelhandknochen (Tastbare lange Knochen über den Handballen) und Fingerglieder miteinbezogen. Aus einer Tabelle kann dann anhand des Punktewertes das Alter der Knochen abgelesen werden.
Beide Methoden lassen sich jedoch nur anwenden wenn vorher sichergestellt werden kann, das die Knochenbildung des Kindes nicht gestört ist, denn die Vergleichswerte und Normen stammen alle von Kindern mit normalem, gesundem Knochenwachstum und können damit natürlich auch nur mit denen normaler gesunder Kinder verglichen werden.
Hat man nun den Wachstumszustand des Skelettes beurteilt können Aussagen getroffen werden, wann eine Korrektur am Besten möglich ist.
Bei zu kleinen Kindern kann man so zum Beispiel feststellen ob noch mit einem Wachstumsschub zu rechnen ist oder nicht. Sie können so oftmals vor belastenden Hormonbehandlungen verschont werden, wenn klar ist, dass sie auch auf natürlichem Wege noch wachsen werden.
Auch bei zu großen Kindern kann man durch die Vorhersage eventueller Wachstumsschübe festlegen ob eine Behandlung zur Verlangsamung des Wachstums wirklich nötig ist. Diese ist oft nur nötig wenn noch ein Wachstumsschub zu erwarten ist.
Sind die Wachstumsfugen jedoch schon geschlossen, so bringt die aufwändige Behandlung den Kindern keinen Nutzen mehr. Es wird auch ohne die Behandlung nicht mehr wachsen.
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Eine Übersicht aller Untersuchungsmethoden, die wir bereits veröffentlicht haben finden Sie unter: Diagnostik A - Z.