Als Wachstumsstörung bezeichnet man das Phänomen, dass hauptsächlich die Körperlänge oder die Länge eines bestimmten Körperabschnittes durch ein übermäßiges oder ein vermindertes Wachstum von der Norm abweichen. Die Ursachen sind Vielfältig und reichen von der Genetik über Störungen im Hormonhaushalt (Wachstumshormon, Schilddrüsenhormon) zu familiär bedingten Formen, die nicht unbedingt pathologisch sind.
Als Wachstumsstörung bezeichnet man das Phänomen, dass die Größe, Länge oder Form eines bestimmten Körperabschnittes oder des gesamten Körpers entweder durch ein übermäßiges oder ein vermindertes Wachstum von der Norm abweichen.
Häufig versteht man unter Wachstumsstörungen hauptsächlich das Längenwachstum, also eine abweichende Körpergröße der betroffenen Person. Hierbei unterscheidet man Kleinwuchs und Hochwuchs.
Desweiteren wird zwischen primären (=angeborenen) Wachstumsstörungen und sekundären (=erworbenen) Wachstumsstörungen unterschieden:
Eine Wachstumsstörung ist keine eigenständige Erkrankung sondern tritt im Rahmen von einer Vielzahl an Krankheiten, Syndromen, Therapien oder anderen Umständen auf. Von welchen Symptomen ein Minderwuchs oder Hochwuchs also begleitet werden, hängt von der Ursache der Wachstumsstörung ab:
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Beim Kleinwuchs liegt eine von der Norm abweichende, zu geringe Körperlänge vor. Bei Erwachsenen wird eine Körpergröße von unter 150cm als Kleinwuchs bezeichnet.
Bei Kindern liegt ein Kleinwuchs vor, wenn die dritte Perzentile unterschritten wird. Perzentilen sind Wachstumskurven für spezifische Altersgruppen und geben die Normalverteilung in der Bevölkerung an. Eine Unterschreitung der dritten Perzentile bedeutet also, dass nur 3% der Gleichaltrigen kleiner sind.
Einen Kleinwuchs mit Krankheitswert von einem rein konstitutionellen Kleinwuchs (z.B. wenn beide Eltern sehr klein, aber gesund sind) abzugrenzen, kann hierbei schwierig sein. Generell unterscheidet man bei den Ursachen angeborene von erworbenen Faktoren (s. Ursachen).
Desweiteren wird ein proportionierter Kleinwuchs, bei dem alle Körperteile gleichverteilt zu klein sind von einem disproportionierten Kleinwuchs unterschieden, wo nur einzelne Körperteile wie die Extremitäten zu kurz sind.
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Ein Hochwuchs liegt vor, wenn die Körperlänge oberhalb der 97. Perzentile liegt, also nur 3% der gleichaltrigen größer sind. Bei Erwachsenen in Deutschland ist dies bei Frauen über 180cm und Männern über 192cm der Fall, wobei hier nicht unbedingt eine Krankhaftigkeit vorhanden sein muss.
Beim familiären (ursprünglichen) Hochwuchs ist das Wachstum nicht krankhaft, die Proportionen und die Größe der inneren Organe sind einander angepasst. Auch ein Hochwuchs kann proportioniert oder disproportioniert auftreten.
Bestimmte Chromosomenveränderungen können sowohl zu einem proportionierten als auch disproportionierten Hochwuchs führen. Bestimmte Hormonveränderungen wie die übermäßige Ausschüttung von Wachstumshormonen können zu einem Hochwuchs führen. Hierbei können mehrere betroffene Organe erkrankt sein: im Gehirn der Hypothalamus (z.B. beim Sotos-Syndrom) oder der Hypophysenvorderlappen (Akromegalie), die Nebennieren, die Schilddrüse (Hochwuchs durch Schilddrüsenüberfunktion) oder die Keimdrüsen.
In manchen Fällen findet sich in den entsprechenden Organen ein Tumor (gutartig oder bösartig), der vermehrt Hormone produziert und in die Blutbahn abgibt.
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Wachstumsstörungen können gerade in der Pubertät häufig am Kniegelenk auftreten. Beim Morbus Osgood Schlatter kommt es vor allem bei sehr sportlichen pubertären Jungen nach Überbelastung zu Schmerzen, Vorwölbungen und einer Überwärmung am Ansatz des Kniescheibenbandes (Ligamentum patellae). Im Röntgen sieht man Veränderungen in der Wachstumsfuge. Ursächlich ist, dass in Wachstumsphasen der Knochen schneller wächst als das anhaftende Band. Eine konservative Therapie mit Schmerzmitteln, Schonung und Kühlung ist meist ausreichend, allerdings können die Beschwerden über Monate bestehen bleiben und rezidivieren. Eine operative Behandlung ist nur sehr selten notwendig, meist heilt die Erkrankung ohne bleibende Schäden ab.
Auch durch Knochenbrüche unter Beteiligung des Kniegelenks und der Wachstumsfuge kann es zu Wachstumsstörungen kommen. Hieraus kann eine Beinlängendifferenz (zwei unterschiedlich lange Beine) resultieren, was zu Arthrose (Gelenkverschleiß) und einem hinkenden Gangbild führen kann.
Besonders häufig bei männlichen Jugendlichen kommt es an der Wirbelsäule zu einer Wachstumsstörung, dem sogenannten Morbus Scheuermann. Es kommt zu einer Verknöcherungsstörung der Brustwirbelsäule (seltener der Lendenwirbelsäule), Risikofaktoren sind Hochwuchs und Haltungsschwächen. Ein Großteil der Patienten hat keine Schmerzen, diese treten häufig erst im Erwachsenenalter auf.
Es kann zudem zu einem Rundrücken (Kyphose, Buckel) kommen und im Erwachsenenalter zu chronischen Rückenbeschwerden. Im Röntgen sieht man sogenannte Keilwirbel, da die vorderen Anteile der Wirbelköper langsamer wachsen als die hinteren Anteile.
Wenn die Erkrankung in frühen Stadien erkannt wird, ist eine Therapie durch Krankengymnastik und dem Tragen eines Korsetts ausreichend, die Prognose ist gut. In späteren Stadien kann eine operative Therapie notwendig werden.
Wachstumsstörungen erfordern meist die interdisziplinäre Behandlung mit Ärzten aus mehreren Fachdisziplinen. Da häufig Kinder betroffen sind, ist der Kinderarzt meist involviert. Zudem werden die skelettalen Veränderungen auch Orthopäden beurteilt.
Liegen hormonelle Dysbalancen vor, so ist eine Mitbeteiligung von Endokrinologen notwendig. Je nach spezifischem Krankheitsbild können weitere Fachdisziplinen mit ins Boot geholt werden.
In welche Richtung eine Diagnostik durchgeführt wird, hängt vom Beginn der Wachstumsstörungen und den Begleitsymptomen ab.
Angeborene Wachstumsstörungen, die vor Geburt oder in den ersten Lebensmonaten entdeckt werden, sind häufig auf einen Gendefekt zurückzuführen. Die Kombination bestimmter Symptome lenkt den Verdacht auf spezifische Erkrankungen und Syndrome, sodass spezielle genetische Untersuchungen durchgeführt werden können.
Bei erworbenen Wachstumsstörungen ist die Begleitsymptomatik richtungsweisend. Eine Zöliakie ist eine mögliche Ursache bei zusätzlich bestehendem Durchfall und wird durch eine Magenspiegelung diagnostiziert. Eine Schilddrüsenfunktionsstörung oder veränderte Konzentrationen von Wachstumshormonen können durch die Bestimmung von Hormonkonzentrationen im Blut ermittelt werden.
Über ein Anamnesegespräch kann der Arzt erinnerliche Knochenbrüche oder Medikamenteneinnahmen (Cortison) als Ursache erfragen.
Eine Wachstumsstörung wird behandelt, indem die zugrundeliegende Ursache behoben wird, insofern dies möglich ist:
Homöopatische Therapien können ergänzend bei Wachstumsstörungen eingesetzt werden.
Da einer Wachstumsstörung aber zum Teil ernsthafte Erkrankungen (Syndrome, Mangelerscheinungen) zugrunde liegen, so ist eine alleinige homöopathische Therapie nicht empfehlenswert.
Da in der Pubertät nach Schluss der Wachstumsfugen kein weiteres Längenwachstum mehr möglich ist und so ein verpasstes Wachstum eventuell nicht mehr nachgeholt werden kann, sollte nicht zu viel Zeit auf homöopathische Experimente verwendet werden. Ein frühzeitiger Gang zum Arzt ist also auf jeden Fall anzuraten.
Hier finden Sie weitere Informationen zum Thema: Homöopathie
Angeborene Wachstumsstörungen manifestieren sich häufig bereits bei Geburt durch ein geringes Geburtsgewicht und eine verringerte Körperlänge und können so bereits durch Ultraschalluntersuchungen vor der Geburt auffallen.
In anderen Fällen hat das Kind ein normales Geburtsgewicht und nimmt im Neugeborenen-und Säuglingsalter nicht entsprechend zu. Als Ursache hierfür kommen zum einen Chromosomenanomalien in Frage, hierbei ist die Anzahl oder die Struktur der Chromosomen (normal 46, XX bei Frauen oder 46, XY bei Männern) verändert, was sich in einer Vielzahl an Symptomen und körperlichen Auffälligkeiten äußert. So gehen zum Beispiel das Down-Syndrom (Trisomie 21) oder das Turner-Syndrom (Frauen mit nur einem X-Chromosom) mit einer verminderten Körpergröße einher. Auch weitere Gendefekte (z.B. Osteogenesis imperfecta, die Glasknochenkrankheit) gehen mit einem Minderwuchs einher.
Desweiteren kann es durch hormonelle Ungleichgewichte zu Wachstumsstörungen kommen. Dies kann angeborene oder erworbene Ursachen haben, ein bekanntes Beispiel ist die Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose). Darmerkrankungen wie Zöliakie können durch eine Mangelernährung zu Wachstumsstörungen führen, ebenso eine Mangel-oder Unterernährung durch unzureichende Nahrungsaufnahme.
Zuletzt kann es auch durch bestimmte Formen der ärztlichen Behandlung, vor allem Chemotherapeutika bei Krebserkrankungen, langfristiger Cortisoneinnahme oder Strahlentherapie zu Wachstumsstörungen kommen.
Von einer Wachstumsstörung abzugrenzen sind Phasen, in denen Kinder stärker wachsen als sonst, sie sind aber völlig normal. Zu diesem Thema finden Sie mehr unter: Wachstumsschub
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Cortison ist ein körpereigenes Hormon, was bedeutet, dass der menschliche Körper selbst permanent geringe Dosen herstellt. Im Körper erfüllt es zahlreiche wichtige Funktionen, die vorrangig der Entzündungshemmung dienen.
Als Medikament wird Cortison bei Kindern häufig als Spray oder Tablette bei der Therapie des Asthma bronchiale eingesetzt. Auch bei zahlreichen Hauterkrankungen wie Neurodermitis wird Cortison in Salbenform eingesetzt.
Entscheidend für das Auftreten von Nebenwirkungen ist die Menge an Cortison, die als Tablettenform über den Darm bzw. als Spray über die Lunge oder als Salbe über die Haut aufgenommen wird und in den Körperkreislauf gelangt. Hier kann es über komplizierte Regelkreise (nach dem Prinzip der negativen Rückkopplung) unter anderem die Produktion von körpereigenen Wachstumshormonen unterdrücken. Es resultiert ein Minderwuchs, hierzu kommt es jedoch nur bei Langzeittherapie mit hohen Dosen Cortison.
Aus diesem Grund sollte der Arzt die Cortisondosis immer kritisch überprüfen und die niedrigstmögliche Dosis wählen.
Bei Knochenbrüchen im Kindesalter besteht prinzipiell die Gefahr, dass es durch eine fehlerhafte Ausheilung zu Wachstumsstörungen kommt. Hierbei ist je nach Art und Lokalisation des Bruches sowohl ein übermäßiges oder auch ein vermindertes Wachstum des heilenden Knochens möglich.
Besonders Schaftfrakturen (im Mittelteil von langen Röhrenknochen von Armen und Beinen) oder Epiphysenfrakturen (Knochenbrüche im Bereich der Wachstumsfuge, meist bei Gelenkfrakturen) bergen ein erhöhtes Risiko einer sich anschließenden Wachstumsstörung.
Ist nur eine Extremität betroffen, so können in der Folge zwei unterschiedlich lange Beine und Arme resultieren. Besonders im Bereich der Beine kann dies langfristig zu einem vorzeitigen Gelenkverschleiß (Arthrose) und der Notwendigkeit des Tragens von speziellen orthopädischen Schuhen mit Absatz führen. Aus diesem Grund sollten Knochenbrüche bei Kindern immer ausreichend behandelt und die Heilung nachkontrolliert werden.
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Mit wenigen Ausnahmen (vorrübergehende Mangelernährung oder Cortisoneinnahme) liegt bei einer Wachstumsstörung ein Gendefekt oder eine chronische Erkrankung zugrunde. Aus diesem Grund „heilt“ eine Wachsstörung auch nicht ohne weiteres aus.
Ein Längenwachstum ist nur solange möglich, bis sich in der Pubertät die Wachstumsfugen der Knochen (Epiphysenfugen) verschließen. Aus diesem Grund ist es wichtig, Wachstumsstörungen schnell zu erkennen und zu behandeln, sodass bis zum Abschluss der Pubertät eine normale Körpergröße erreicht werden kann.
Im Rahmen der U-Untersuchungen kontrolliert der Kinderarzt die Körpergröße im Vergleich mit Gleichaltrigen (Perzentilen) und kann so beim Über-oder Unterschreiten dieser Wachstumskurven weitere Untersuchungen anstellen.
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