Das Fruchtwasser ist eine klare Flüssigkeit, die sich bei einer Schwangeren in der Fruchtblase befindet. Zu einem frühen Zeitpunkt der Embryonalentwicklung entstehen zunächst zwei getrennte Hohlräume, die Amnion- und die Chorionhöhle.
Das Fruchtwasser ist die klare Flüssigkeit, die sich bei einer Schwangeren in der Fruchtblase befindet und dort zum Schutz des Embryos bzw. Fötus beiträgt.
Zu einem frühen Zeitpunkt der Embryonalentwicklung entstehen zunächst zwei getrennte Hohlräume:
Die Amnion- und die Chorionhöhle. Ab dem 3. Monat verschmelzen diese beiden Höhlen miteinander, die Amnionhöhle entwickelt sich zur Fruchtblase und die Chorionhöhle zur Plazenta. Im Laufe der Zeit nimmt die Amnionhöhle auf Kosten der Chorionhöhle stetig an Volumen zu. Das sich hierin befindende Fruchtwasser wird zum Großteil von den Epithelzellen der Amnionhöhle (also fetalem Gewebe) gebildet, die die gesamte Fruchtblase umgeben.
Das Fruchtwasser besteht sowohl aus mütterlichen als auch aus embryonalen Anteilen. Die mütterlichen Komponenten gelangen über das Blut durch den Mutterkuchen in die Fruchtblase, der Embryo entlässt Flüssigkeit hauptsächlich in Form von Urin und zudem über Haut, Lungen und die Nabelschnur in das Fruchtwasser. Abgesehen von Wasser setzt sich das Fruchtwasser aus verschiedenen Elektrolyten (unter anderem Natrium und Kalium), Proteinen, Laktat, Harnstoff, Glukose und auch einigen abgeschilferten Epithelzellen des Embryos zusammen.
Mithilfe eines Ultraschalls kann man durch den Fruchtwasserindex die Menge des vorliegenden Fruchtwassers bestimmten, was bei jeder Vorsorgeuntersuchung in der Schwangerschaft geschehen sollte.
Die Normwerte liegen in der 10. Schwangerschaftswoche bei etwa 30ml, in der 20. Schwangerschaftswoche bei ungefähr 400ml und kurz vor der Geburt um 1 Liter.
Gerade bei Kindern, die verspätet geboren werden, kann gegen Ende hin die Fruchtwassermenge auch noch einmal abnehmen.
Das vorliegende Fruchtwasser ist nicht von Anfang bis Ende der Schwangerschaft das gleiche Wasser. Es unterliegt einem Kreislauf, der dafür sorgt, dass innerhalb von 3 Stunden das Fruchtwasser einmal komplett ausgetauscht wird, Produktion und Resorption von Fruchtwasser sollten bei einer regulären Schwangerschaft also im Gleichgewicht stehen.
Das Kind trinkt von dem Fruchtwasser, welches dann zum einen über den Darm resorbiert wird und über die Plazenta in den mütterlichen Blutkreislauf gelangt und zum anderen über die Nieren wieder in die Fruchtblase ausgeschieden wird.
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Das Fruchtwasser erfüllt mehrere wichtige Aufgaben. Zum einen dient es dadurch, dass der Embryo bzw. Fetus darin praktisch schwimmt, zu dessen Schutz, indem Stöße von außen bis zu einem gewissen Grad abgefangen und gedämpft werden können. Außerdem können geringfügige Temperaturschwankungen durch das Fruchtwasser ausgeglichen werden. Darüber hinaus ermöglicht es dem Ungeboren, bereits in einer frühen Entwicklungsphase Bewegungen durchzuführen und verhindert gleichzeitig, dass es mit den Zellen der Amnionhöhle verwächst. Schließlich spielt das Fruchtwasser auch noch eine Rolle bei der Einleitung der Geburt, da es zur Dehnung des Gebärmutterhalses beiträgt.
Seit einigen Jahren macht man sich das Fruchtwasser auch noch für einen anderen Zweck zunutze. Im Rahmen der Pränataldiagnostik (also einer Diagnostik, die bereits vor der Geburt stattfindet), kann man die Fruchtblase punktieren (Amniozentese) und Fruchtwasser entnehmen. Die im Fruchtwasser enthaltenen Epithelzellen können nun einer Chromosomenuntersuchung unterzogen werden. So lässt sich zum einen das Geschlecht des Kindes mit relativ großer Sicherheit bestimmen und zum anderen kann auf einige Erbkrankheiten und genetische Defekte, wie zum Beispiel die Trisomie 21 (Down-Snydrom) getestet werden. Da dieser Eingriff immer auch ein gewisses Risiko mit sich bringt, ist hierfür stets das Einverständnis der Mutter einzuholen.
Es ist wichtig, dass die Menge des Fruchtwassers dem Entwicklungsstatus des Kindes und der Fruchtblase entspricht. Wenn sich zu viel Fruchtwasser in der Amnionhöhle befindet, spricht man von einem Polyhydramnion. Dies kann zum Beispiel vorkommen, wenn der Fetus durch eine Behinderung der Magen-Darm-Passage, nicht genügend trinkt, die Urinproduktion aber weitgehend konstant bleibt. Ist hingegen nicht genügend Fruchtwasser in der Fruchtblase, so liegt ein Oligohydramnion vor. Dieser Zustand kann ausgelöst werden, wenn zum Beispiel aufgrund einer Fehlbildung im Urogenitaltrakt nicht ausreichend Urin produziert wird. Durch den Mangel an Fruchtwasser kann es letztendlich zu einer Vielzahl von weiteren Fehlbildungen, unter anderem von Gesicht, Schädel, Füßen oder Hüften oder einer Unterentwicklung der kindlichen Lungen kommen.
In seltenen Fällen kommt es unter der Geburt zu einem Übertritt von einer ungewöhnlich großen Menge Fruchtwasser ins Blut der Mutter. Dies kann zu einer Fruchtwasserembolie führen, die einen absoluten Notfall darstellt. Durch das Fruchtwasser werden kleine Gefäße in der mütterlichen Lunge verlegt, wodurch es zu Atemnot und einer Störung des Gerinnungssystems kommt. Folglich müssen Betroffene in der Regel beatmet und eng intensivmedizinisch überwacht werden.
Fruchtwasser besteht zu 99% aus Wasser, daneben finden sich abgeschilferte fetale Zellen und organische Bestandteile wie Eiweiße, Kohlenhydrate und Fette, sowie Elektrolyte und Harnstoff. Die Farbe des Fruchtwassers ist wie auch die Menge abhängig von der Schwangerschaftswoche.
Am Anfang der Schwangerschaft ist das Fruchtwasser normalerweise klar oder leicht milchig. Bei der Geburt färbt die Käseschmiere das Fruchtwasser gelblich-trüb, sogenannte „Vernixflocken“ werden sichtbar. Somit zeigt die Färbung des Fruchtwassers die Geburtsreife des Kindes an. Daneben kann das Fruchtwasser noch andere Farben annehmen, die auf krankhafte Veränderungen hindeuten können. Gelbes Fruchtwasser findet sich bei Blutgruppenunverträglichkeit, wobei die Blutgruppe von Mutter und Kind nicht übereinstimmen. In der Folge kommt es zu einem verstärkten Abbau der roten Blutkörperchen (Erythrozyten), deren Abbauprodukte (Bilirubin) für die charakteristische Gelbfärbung sorgen. Auch eine fleischfarbene Färbung des Fruchtwassers ist möglich und kann auf den Tod des Kindes im Mutterleib hindeuten. Eine grünliche Verfärbung des Fruchtwassers liegt vor, wenn das Kind bereits in der Gebärmutter den ersten Stuhlgang (Mekonium) abgesetzt hat. Dies passiert vor allem, wenn das Kind im Mutterleib unter Stress steht, wie es zum Beispiel bei einer Minderversorgung des Kindes mit Sauerstoff der Fall sein kann.
Das Fruchtwasser wird von der Fruchthöhle selbst produziert und ungefähr alle drei Stunden komplett erneuert. Im Normalfall ist das Fruchtwasser klar und leicht gelblich gefärbt. Ist das Fruchtwasser grün verfärbt, deutet dies meist darauf hin, dass das Kind schon im Mutterleib den ersten Stuhlgang abgesetzt hat, der auch als Kindspech (Mekonium) bezeichnet wird. Dies ist keine Seltenheit, so kommen rund 15% der lebendgeborenen Kinder in mekoniumhaltigem Fruchtwasser zur Welt. Bei einem Großteil wird der erste Stuhlgang jedoch in den ersten Lebenstagen nach der Geburt ausgeschieden. Ursache für ein vorzeitiges Absetzen des ersten Stuhlgangs (Mekoniums) kann eine Stresssituation des Kindes im Mutterleib sein, wie zum Beispiel Sauerstoffmangel (Hypoxie). Die Gefahr des vorzeitigen Stuhlabgangs im Mutterleib besteht darin, dass mit Mekonium versetztes Fruchtwassers vor oder unter der Geburt in die Lunge des Kindes gelangen kann, was dann in ca. 5-10% der Fälle in einem sogenannten Mekoniumrespirationssyndrom resultieren kann. Grün verfärbtes Fruchtwasser deutet vor allem dann auf eine Mekoniumaspiration hin, wenn das Neugeborene schlaff ist, die Haut bläulich statt rosig verfärbt ist und die Atmung stark vermindert ist. Ist dies nicht der Fall, ist eine Mekoniumaspiration unwahrscheinlich und kann vom Arzt leicht ausgeschlossen werden.
Die Fruchtwasseruntersuchung (Amniozentese) ist eine Punktion der Fruchtblase, die bei Frauen im Regelfall ab der 13. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden kann. Zunächst wird die Lage des Kindes mit Hilfe eines Ultraschalls bestimmt und dann eine feine Nadel durch die Bauchdecke und weiter durch die Gebärmutter geführt, so kann eine kleine Menge Fruchtwasser entnommen werden. Aus den Zellen des Kindes geht eine Information über mögliche Erbkrankheiten, neurologische Defekte oder chromosomale Anomalien wie das Down-Syndrom hervor. Daneben lassen sich mit dieser Untersuchung auch Parameter wie der ph-Wert, also der Säuregehalt des Fruchtwassers bestimmen. Fruchtwasser hat normalerweise einen ph-Wert von 6,5-7, Abweichungen können auf eine verminderte Sauerstoffversorgung des Kindes oder eine bakterielle Infektion hindeuten.
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Der ph-Wert des Fruchtwassers unterscheidet sich deutlich von dem des wesentlich saureren Urins, sodass im Zweifel mithilfe von Schnelltests von den Schwangeren selbst abgeklärt werden kann, ob kleine Mengen Urin abgegangen sind, was in der fortschreitenden Schwangerschaft keine Seltenheit ist, oder ob im Rahmen eines vorzeitigen Blasensprungs Fruchtwasser ausgetreten ist.
Als Blasensprung wird das Platzen der Fruchtblase bezeichnet, was sich in der Regel erst kurz vor der Geburt ereignet. Durch aufsteigende Infektionen oder eine extreme Belastung wie bei Mehrlingsschwangerschaften kann die Fruchtblase jedoch bereits mehrere Wochen vor dem errechneten Geburtstermin platzen. Ein sehr sicherer Test, den der Frauenarzt zur Feststellung des Blasensprungs durchführt, ist die Bestimmung von IGF1, einem fetalen Eiweiß. Ist der Test positiv, muss Fruchtwasser aus der Fruchtblase ausgetreten sein und die Fruchtblase somit gesprungen oder zumindest eingerissen sein. Wichtig ist, zwischen ausgetretenem Fruchtwasser und abgegangenem Urin zu unterscheiden, häufig kommt es nämlich in den späteren Schwangerschaftsmonaten zu einer zunehmenden Schwäche der Beckenbodenmuskulatur, eine leichte Inkontinenz kann die Folge sein.
Die Schwierigkeit in der Diagnose ergibt sich desweiteren daraus, dass die Mengen an Fruchtwasser oft zu klein sind für eine sichere Diagnose.
Ein älterer Test, den Schwangere auch selbst zu Hause durchführen können, funktioniert mit Lackmuspapier. Lackmus ist ein Pflanzenfarbstoff, der sich je nach ph-Wert des aufgebrachten Stoffes unterschiedlich verfärbt und so als Säure-Base-Indikator fungiert. Mit dem leicht alkalischen Fruchtwasser verfärbt sich das Lackmuspapier blau, wohingegen es mit dem schwach sauren Scheidensekret rot reagiert. Daneben gibt es in der Apotheke eine große Auswahl an freiverkäuflichen Teststreifen, auch in Form von Wattestäbchen oder Handschuhen, die allesamt den ph-Wert in der Scheide bestimmen und so einen vorzeitigen Blasensprung nachweisen können.
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