Wie definieren sich chronische HWS Schmerzen, welchen Grad der Behinderung kann das zufolge haben, was bedeutet das für die Arbeitsfähigkeit und wie kann man therapeutisch vorgehen.
Ein chronisches HWS-Syndrom bezeichnet ein Krankheitsbild, bei dem es über eine lange Zeit zu ständigen oder immer wiederkehrenden Beschwerden kommt, die vom Nacken- und Schulterbereich ausgehen.
Neben Schmerzen und Bewegungseinschränkungen kann es zu verschiedensten Symptomen durch die Reizung von Nerven kommen.
Bei einem HWS-Syndrom können unterschiedliche Ursachen vorliegen und die individuellen Beschwerden sind ebenfalls nicht gleich. Beim chronischen HWS-Syndrom kann häufig keine vollständige Heilung mehr erreicht werden.
Ziel einer Behandlung ist es daher meist, Symptome zu lindern und mit der Erkrankung möglichst gut umzugehen.
Beim chronischen HWS-Syndrom handelt es sich um einen nicht eindeutig definierten Komplex verschiedener Symptome, die in unterschiedlicher Konstellation und Ausprägung auftreten können.
Aufgrund der verschiedenen möglichen Ursachen eines chronischen HWS-Syndroms, gibt es auch verschiedene Möglichkeiten für den Arzt, das vorliegende Krankheitsbild nach dem ICD-10-Katalog der Krankheiten zu kodieren.
Vermutet der Arzt Alterungserscheinungen oder sind diese durch eine Bildgebung nachgewiesen, wird die Diagnose in die Kategorie M47 als sogenanntes degeneratives HWS-Syndrom eingeordnet.
In vielen Fällen ist dagegen eine muskuläre Verspannung die Ursache, sodass eine Kodierung nach M62 als Myogelose im Halswirbelsäulenbereich erfolgen kann.
Bei einer Verstauchung oder Zerrung von Gelenken und Bändern im Halsbereich als Ursache des chronischen HWS-Syndroms ist eine Kodierung der Kategorie S13 angebracht.
Wenn keine eindeutige Ursache erkennbar ist aber passende Beschwerden des Syndroms vorliegen, kann eine Diagnose nach M53 als sonstige Krankheit der Wirbelsäule erfolgen.
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie auch auf der Seite: Ursachen eines HWS-Syndroms
Da es sich beim chronischen HWS-Syndrom um einen uneinheitlichen Krankheitskomplex mit zum Teil sehr unterschiedlichen Ursachen und Zusammenhängen handelt, sind die möglichen Symptome vielfältig.
Die meisten Menschen leiden nur an einigen der Beschwerden, es können jedoch im Krankheitsverlauf neue in Erscheinung treten und andere nachlassen.
Die meisten Menschen mit einem chronischen HWS-Syndrom leiden in erster Linie an häufigen Schmerzen im Nacken- oder Schulterbereich.
Diese können ausstrahlen, wobei sie häufig im Hinterkopf wahrgenommen werden. Zudem leiden viele Betroffene aufgrund von muskulären Verspannungen und Fehlhaltungen an einer Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule.
Da es sich eigentlich um den beweglichsten Teil des Wirbelsäule handelt, können sich Einschränkungen dort auf den ganzen Bewegungsapparat auswirken. Einige Menschen, die unter einem chronischen HWS-Syndrom leiden, geben daher auch eine Gangunsicherheit an.
Weitere häufige Symptome sind
Da solche Symptome jedoch auch auf eine andere Ursachen wie zum Beispiel einen Bandscheibenvorfall der Halswirbelsäule hindeuten können, sollten solche neu auftretenden Beschwerden durch einen Arztbesuch abgeklärt werden.
Da die Symptome eines chronischen HWS-Syndroms mit denen eines akuten HWS-Syndroms übereinstimmen und lediglich durch die lange Dauer der Beschwerden definiert sind, könnte Sie ebenfalls diese Themen interessieren:
Radikuläre Symptome sind
die sich auf die Beeinträchtigung eines bestimmten Nervs oder eine Nervenwurzel zurückführen lassen.
Die Nervenfasern verlassen jeweils paarweise zwischen den Wirbelkörpern das Rückenmark und versorgen den Körper segmentartig. Zudem lagern sich die Nervenbahnen im Verlauf zu Nervensträngen zusammen, die jeweils für bestimmte Areale der Haut bezüglich Empfindungen (Sensibilität) und Bewegungen durch Muskelanspannungen (Motorik) zuständig sind.
Bei eindeutig radikulären Symptomen besteht der Verdacht, dass ein Bandscheibenvorfall vorliegt, durch den eine Nervenwurzel abgedrückt wird
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Als Brachialgie bezeichnet man Schmerzen im Arm, die durch eine Reizung des Nervengeflechts (Plexus brachialis), welchem die Nerven des Arms entspringen, ausgelöst wird.
Dieser Plexus kann bei einem chronischen HWS-Syndrom zum Beispiel aufgrund von Verspannungen der Nackenmuskulatur gereizt werden.
Neben der Armschmerzen (Brachialgie) kann es dabei auch zu Missempfindungen in der Armen oder Händen wie Taubheit oder Kribbeln kommen. Eine Brachialgie bei einem chronischen HWS-Syndrom tritt meist einseitig auf, kann jedoch auch beidseitig bestehen, wenn der Plexus auf beiden Körperseiten gereizt wird.
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Die Diagnose eines chronischen HWS-Syndroms kann gestellt werden, wenn der Betroffene über eine längere Zeit von mehreren Monaten oder Jahren immer wieder unter den typischen Beschwerden eines HWS-Syndroms leidet.
Zudem dürfen keine Hinweise für andere behandelbare Ursachen der Symptome wie eine Entzündung oder eine knöcherne Verletzung vorliegen. Dabei kann die Ausprägung der Schmerzen und Verspannungen mal stärker und mal geringer ausgeprägt sein oder sogar an einigen Tagen ganz fehlen.
Für die Diagnose eines chronischen HWS-Syndroms sind in der Regel neben der zielgerichteten körperlichen Untersuchung und dem ärztlichen Gespräch keine weiteren Untersuchungen notwendig.
In manchen Fällen ist eine Diagnostik über eine Blutentnahme oder ein bildgebendes Verfahren wie dem Röntgen der Halswirbelsäule sinnvoll, um andere mögliche Ursachen der Beschwerden auszuschließen
Wie beim akuten HWS-Syndrom stehen auch bei der chronischen Form aktive Bewegungsmaßnahmen bei der Behandlung im Vordergrund.
Da bei einem chronischen HWS-Syndrom oftmals keine vollständige Heilung mehr möglich ist, sind die Behandlungsziele meist ein bestmöglicher Umgang mit dem Beschwerdebild und eine Linderung der Symptome.
Der Betroffene sollte regelmäßige körperliche Aktivität in den Alltag integrieren. Geeignet sind verschiedene Sportarten wie zum Beispiel Schwimmen, Nordic Walking oder Yoga. Eine Stärkung der Muskulatur durch Teilnahme an einer Rückenschule wirkt sich ebenfalls positiv aus. Die Erlernung von Entspannungstechniken ist zusätzlich sehr zu empfehlen.
Eine medikamentöse Linderung von Schmerzen oder Verspannungen sollte dagegen die Ausnahme darstellen. Eine langfristige Einnahme von Schmerzmitteln birgt viele Gefahren und kann sogar selbst Schmerzen auslösen.
Bei einem chronischen Leiden wie dem HWS-Syndrom sollten zudem auch nicht nur die rein biologischen Aspekte der Beschwerden berücksichtigt werden.
Sowohl psychische als auch soziale Faktoren haben einen wichtigen Einfluss auf die Entstehung und Wahrnehmung von Symptomen. Bei der Behandlung des chronischen HWS-Syndroms kann daher gegebenenfalls auch eine Unterstützung in diesen Bereichen wichtig sein. Probleme oder Belastungen im psychischen oder sozialen Bereich sollten frühzeitig erkannt und angesprochen sowie nach Möglichkeit angegangen werden.
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Man unterscheidet das akute von dem chronischen HWS-Syndrom, wobei die akute auch in die chronische Form übergehen kann.
Im Gegensatz zu vielen anderen Erkrankungen ist hierbei nicht einheitlich festgelegt, ab welcher Dauer man von einem chronischen HWS-Syndrom spricht.
Bei Rückenschmerzen im allgemeinen wird ab einer Symptomdauer von mehr als zwölf Wochen von einem chronischen Leiden gesprochen.
Bei einer Dauer zwischen vier und zwölf liegt eine Zwischenform vor, die als subakut bezeichnet wird. Bei einem chronischen HWS-Syndrom kann oftmals keine Heilung mehr erreicht werden. Ziel der Behandlung ist dann meist eine Linderung und Kontrolle der Symptome sowie eine Verbesserung der Lebensqualität.
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie auf unserer Seite: Dauer eines HWS-Syndroms
Bei einem chronischen HWS-Syndrom kann kein pauschaler Grad der Behinderung festgelegt werden.
Der Grad richtet sich in erster Linie auf
Sofern weder eine Bewegungseinschränkung oder Instabilität vorliegt, liegt der Grad der Behinderung bei einem chronischen HWS-Syndrom bei Null.
Bei geringen funktionellen Einschränkungen wird in der Regel höchstens ein Grad der Behinderung von zehn festgelegt. Der maximale Wert von 100 liegt meist erst bei Geh- und Stehunfähigkeit vor, wozu ein chronisches HWS-Syndrom allein in der Regel nicht führt.
Zwischen diesen extremen sind im Prinzip alle Abstufungen möglich.
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Wenn ein HWS-Syndrom erstmal chronisch geworden ist, kann oftmals keine vollständige Heilung erreicht werden und der Betroffene leidet mal mehr und mal weniger unter den Symptomen.
Das Ziel bei der Behandlung eines chronisches HWS-Syndroms ist daher meist nicht mehr die Heilung sondern eine möglichst gute Linderung und Kontrolle der Beschwerden.
Dies gelingt durch verschiedene Faktoren wie zum Beispiel
Oftmals haben bei chronischen Beschwerden auch soziale und psychische Einflussfaktoren einen großen Einfluss auf die Entstehung und Wahrnehmung von Beschwerden, sodass auch bei diesen Aspekten durch Unterstützung ein bestmöglicher Umgang mit den Symptomen angestrebt wird.
In manchen Fällen kann nach einiger Zeit sogar eine Beschwerdefreiheit erreicht und damit doch eine Heilung erzielt werden.
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Bei einem HWS-Syndrom wird oftmals durch den Arzt eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (“Krankschreibung”) für einige Tage ausgestellt.
Dies ist erforderlich, wenn die Beschwerden ursächlich auf die Arbeit zurückgeführt werden können oder durch deren weitere Ausführung eine Verschlechterung der Symptome zu erwarten ist.
Die Krankschreibung sollte jedoch unbedingt dazu genutzt werden, durch körperliche Aktivität gezielt zu einer Bekämpfung der Ursachen des HWS-Syndroms beizutragen.
Keinesfalls sollte man sich in einem solchen Fall lediglich körperlich schonen. Häufige und lange andauernde Krankschreibungen bei einem HWS-Syndrom sollten generell vermieden werden, da dies eher zu einer Chronifizierung der Beschwerden beiträgt.
Mehr zu Krankschreibung lesen Sie unter: HWS-Syndrom - Auswirkungen und Folgen
Ein chronisches HWS-Syndrom sowie andere Erkrankungen der Wirbelsäule gehören zu den häufigsten Krankheitsursachen für eine Frühberentung.
Dabei werden jedoch die meisten Anträge auf Erwerbsminderung wegen Rückenleiden von der Deutschen Rentenversicherung jedoch zunächst abgelehnt.
Oftmals müssen zunächst mehrere Rehamaßnahmen durchlaufen werden und langwierige medizinische Begutachtungen erfolgen. Es ist auch bei einem HWS-Syndrom unbedingt zu empfehlen, frühzeitig aktiv Maßnahmen zu ergreifen, um einer langfristigen Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen.
Ein wichtiger Aspekt ist dabei die regelmäßige Durchführung eines beruflich ausgleichenden und individuell passenden Bewegungsprogramms.
Nur wenn trotz aller Bemühungen sowie bestmöglicher sozialer und psychischer Unterstützung keine Aussicht auf den Erhalt der Arbeitsfähigkeit besteht, solle ein Antrag auf Frühberentung in Erwägung gezogen werden.
Unterstützung erfährt man dabei in der Regel durch den Hausarzt.
Als pseudoradikuläre Symptome bei einem chronischen HWS-Syndrom bezeichnet man ausstrahlende Schmerzen oder Missempfindungen wie Kribbeln oder Taubheitsgefühle in Schultern oder Armen, welche sich in ihrem Verteilungsmuster nicht eindeutig dem Versorgungsgebiet einzelner Nerven oder Segmente zuordnen lassen.
Pseudoradikuläre Symptome entstehen im Gegensatz zu den radikulären nicht durch die lokalisierte Beeinträchtigung eines einzelnen Nerven oder einer Nervenfaser sondern durch eine unspezifische Reizung von Nerven zum Beispiel durch eine Muskelverspannung am Hals.
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