Unter einer Metastase versteht man das Abspalten von Krebszellen von ihrem Ursprungstumor und einer Streuung in andere Gewebe
Unter einer Metastase im medizinischen Sinne versteht man zwei unterschiedliche Krankheitsbilder mit ähnlichem Hintergrund:
Dem Abspalten von Tumorzellen vom Primärtumor und Besiedeln von tumorfernen Geweben und die Absiedlung von Bakterien vom ursprünglichen Entzündungsherd.
Im Folgenden wird hier ersteres behandelt.
Eine Metastase ist eine von einem Primärtumor abstammende Tochtergeschwulst, welche sich durch Verschleppung durch Blut- und Lymphbahnen räumlich von diesem getrennt hat, jedoch in Zellart und Zellfunktion noch ähnlich bis identisch ist.
Die Entstehung von Metastasen ist ein sehr komplexer Prozess, der noch nicht bis ins Detail geklärt ist, aber im Rahmen der Krebsbehandlung aktuell stark im Fokus der medizinischen Forschung steht.
Eine der Haupteigenschaften von Tumorzellen ist neben der „Entartung“, also dem vom Ursprungsgewebe unterschiedlichen Funktionsprofil die massiv erhöhte Teilungsrate. Tumore wachsen demnach schneller und haben eine andere Funktion als das umliegende Gewebe. Des Weiteren besitzen die meisten Tumorzellen weniger sogenannte Adhäsionsmoleküle („Haftproteine“, die Zellen fest in ihrer natürlichen Umgebung verankern) als ihre Ursprungszellen, bilden also weniger stabile Zellkomplexe.
Dehnt sich ein Primärtumor nun aus und erlangt Kontakt zu Blut- bzw. Lymphbahnen, kann es nun hierüber zur Verschleppung der Tumorzellen in fremde Gewebeabschnitte und zur dortigen Ansiedlung und Entstehung eines Sekundärtumors, einer Metastase, führen. Dieser Prozess nennt sich Metastasierung. Gelangen Tumorzellen durch das Blut in andere Gewebe, spricht man von der „hämatogenen“ Streuung, das Äquivalent für das Lymphsystem ist die lymphogene Streuung. Bei der Verschleppung durch das Blut- und Lymphsystem kommt den Tumorzellen zugute, dass sie ja im Prinzip „körpereigenen“ Ursprungs sind und so nicht vom Immunsystem als fremd und krankmachend erkannt werden. Natürlich benötigen die verschleppten Tumorzellen noch andere Eigenschaften zur Ansiedlung im neuen Gewebe, wie z.B. die Fähigkeit, sich in den neuen Gewebeabschnitten einzugliedern, anzuhaften und sich hier den vorherrschenden Bedingungen anzupassen.
Besitzt eine verschleppte Tumorzelle diese Eigenschaften, gelangt in ein neues Körper-Kompartiment und kann dort ansiedeln, vermehrt sie sich auch hier wieder schneller als das Wirtsgewebe, regt zudem eine vermehrte Entstehung von kleinen Blutgefäßen (Kapillaren) im Einflussgebiet an (vermehrte Angiogenese) und verdrängt mit der Zeit das eigentliche Funktionsgewebe.
Man unterscheidet lokale Metastasen, regionäre Metastasen und Fernmetastasen.
Lokale Metastasen entstehen in direkter Nachbarschaft zum Primärtumor. Sie gelangen durch kleine Lücken im Zellverband in das benachbarte Organ und siedeln dort an.
Regionäre Metastasen bezeichnen durch das Lymphsystem verschleppte Tumorzellen, die sich in den folgenden Lymphknoten und deren umgebenden Geweben ablagern. Je nach Ursprungsorgan des Primärtumors gibt es den Lymphbahnen folgend typische Ablagerungsorte für Regionärmetastasen.
Gelangen Tumorzellen in die Blutbahn und werden so verschleppt, bezeichnet man dies als Fernmetastasierung. Auch hier gibt es für verschiedene Primärtumore spezifische Orte der Fernmetastasen.
Nicht jeder Primärtumor hat das gleiche Potenzial, Metastasen zu bilden. Dies hängt zum einen von der Art des Tumors und den Eigenschaften der Tumorzellen ab, auf der anderen Seite aber auch vom Körper des betroffenen Patienten, im Besonderen von dessen Immunsystem.
Voraussetzung für eine Metastasierung ist immer die sogenannte „Invasivität“ des Primärtumors, also die Fähigkeit umliegende Blut- und Lymphbahnen zu infiltrieren.
Tumore, denen die Eigenschaft der Invasierung fehlt sind per Definition gutartig (benigne), besitzen sie diese nennt man sie bösartig (maligne).
Zusätzlich zur Invasierung von Gefäßbahnen müssen Tumorzellen sich aus dem ursprünglichen Primärtumor lösen können, dies bewirken sie über eine verringerte Anzahl von Adhäsionsmolekülen an ihren Zellmembranen, sie müssen die Angriffe des Immunsystems im Blut überstehen oder für dieses als nicht pathogen (krankmachend) gelten und sie müssen sich im neuen Gewebe anheften können, dies passiert über bestimmte Haftproteine, „Integrine“ und letztendlich in der Lage sein, sich den dortigen Verhältnissen anzupassen.
Dem entgegen steht die natürliche Abwehr des Körpers. Je nach Art der streuenden Tumorzellen werden diese vom Immunsystem erkannt oder nicht. Besitzt eine Tumorzelle oben genannte Eigenschaften und gelangt in Gefäßbahnen, ist es für unsere eigene Abwehr schwer diese Zellen von guten körpereigenen Zellen zu unterscheiden, da die Tumorzellen ja von diesen abstammen. Des Weiteren tragen Tumorzellen, die sich schnell teilen ein besonderes Oberflächenprotein (CD 44) welches dem Körper signalisiert, dass es sich hierbei um eine Zelle handelt, die legitim ihren Platz tauscht und sich nicht fälschlicherweise so schnell vermehrt.
Nichtdestotrotz erkennt unser Immunsystem auch metastasierende Tumorzellen und beseitigt diese. Ist unser Immunsystem nun geschwächt und hat weniger Kapazitäten, sich mit diesen Zellen zu beschäftigen, ist es für diese natürlich einfach, durch Blut- und Lymphbahnen zu neuen Wirtsorten zu gelangen.
Wie bereits erwähnt, gibt es für bestimmte Primärtumore je nach Abfluss der Lymph- und Blutbahnen typische Orte für entstehende Metastasen. Auch die Oberflächeneigenschaften der Krebszellen bestimmen den Metastasierungsort, so metastasieren z.B. Lungenkrebs- oder Darmkrebszellen auch gelegentlich in die Nebenniere, da sie dort ähnliche Gewebebedingungen vorfinden.
Bei Brustkrebspatienten finden sich erste Metastasen in den regionalen Lymphknoten der Achseln, im weiteren Verlauf kann auch eine Streuung in Knochen, Leber, Lunge, Gehirn und Haut beobachtet werden.
Das Prostatakarzinom streut typischerweise in Knochen, Lunge, Leber und die Hirnhäute. Bei Darmkrebs beginnt die Metastasierung in Leber, Lunge und Bauchfell, schreitet dann fort zu den Knochen und gegebenenfalls Eierstöcken, und beim Lungenkrebs entstehen Metastasen zuerst im Hirn, anschließend in Knochen, Leber und Nebennieren.
Die Therapie der Metastasen ist ähnlich der des Primärtumors, und zielt immer darauf ab, den Tumor zu entfernen oder zu zerstören. Dies wird je nach Lokalisation, Größe und Differenzierung der Metastase durch chirurgische Ausräumung des betroffenen Gewebes, Chemotherapie oder Strahlentherapie getan.
Sind ausschließlich benachbarte Lymphknoten befallen, kann hier eine gezielte Entfernung dieser und/oder Bestrahlung zum Therapieerfolg führen.
Knochenmetastasen werden gezielt durch Bestrahlung angegriffen, zudem können sie durch Medikamente, die das Knochenwachstum verlangsamen, am Wachsen gehindert werden. Sind bei einem Patienten Metastasen in verschiedenen Organen/Körperkompartimenten bekannt, wird mit einer sogenannten systemischen, also einer großflächigeren Therapie behandelt.
Hierzu wird in den meisten Fällen ein sogenanntes Zytostatikum verwendet, also eine Chemotherapie, die an spezifische Tumorzellen angepasst werden kann.
Bei Krebsarten, die hormonabhängig wachsen, wie z.B. Brust- und Hodentumoren, kann eine zusätzliche Unterdrückung des jeweiligen Hormons Therapieerfolge bringen.
Die Prognose für Krebspatienten, bei denen bereits eine Metastasierung vorliegt, ist nicht einfach zu treffen. Sie hängt sowohl davon ab, welcher Art der Primärtumor ist und wo er sich befindet, als auch von Größe, Anzahl und Lokalisation der Metastasen. Ein kompletter Heilungsverlauf ist nur zu beobachten, solange sich die Metastasen und der Primärtumor rückstandslos chirurgisch entfernen oder durch Chemo- und/oder Strahlentherapie zerstören lassen.
Allerdings ist das leider in vielen Fällen nicht möglich, da sogenannte Mikrometastasen (beginnende Metastasen kleinster räumlicher Ausdehnung) diagnostisch nicht erkannt werden und so nicht gezielt therapiert werden können.
In diesen Fällen wird eine Verlangsamung des Krankheitsfortschrittes und eine Reduzierung der Symptome angestrebt, eine sogenannte palliative Therapie.
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