Wehen einleiten - Wann, womit und was sind die Risiken?

Wehen einleiten

Einleitung

In gewissen Situationen kann es nötig sein, die Geburt des Kindes mit medizinischen Maßnahmen zu unterstützen. Auf diese Weise kann der Geburtsbeginn mittels der Einleitung von Wehen künstlich herbeigeführt beziehungsweise beschleunigt werden.

Damit der noch ausbleibende oder noch nicht ausreichende Geburtsprozess richtig in Gang kommt, werden wehenstimulierende Substanzen angewandt. Hierfür eignen sich abhängig von der Situation und dem Grund der Geburtseinleitung sowohl Medikamente als auch natürliche, homöopathische Mittel. Auch gewisse Verhaltensmaßnahmen können den Wehenbeginn sowie den Geburtsprozess positiv beeinflussen.

Wichtig ist stets eine individuelle Herangehensweise bezüglich der Wahl geeigneter wehenauslösender Maßnahmen sowie eine gründliche Indikationsprüfung. Daher ist eine ärztliche Aufsicht sowie Einbezug der Hebamme bei der Geburtseinleitung unabdingbar.

Unser nächster Artikel liefert Ihnen weitere Informationen zu diesem Thema: Geburt einleiten

WANN müssen die Wehen eingeleitet werden?

Es gibt zahlreiche Gründe für weheneinleitende Maßnahmen, wobei mütterliche von kindlichen Gründen unterschieden werden. Geburtsterminüberschreitungen (>41 SSW) oder sogenannte Übertragungen (>42 SSW) zählen zu den häufigsten Gründen für eine Geburtseinleitung.

Zu den mütterlicherseits begründeten Situationen gehören beispielsweise Leber- oder Nierenerkrankungen, Bluthochdruck in der Schwangerschaft sowie die damit einhergehenden möglichen Risiko-Situationen wie Präeklampsie und Eklampsie.
Auch bei Diabetes Mellitus in der Schwangerschaft kommt es häufig zur Weheneinleitung, nicht zuletzt wegen der häufig überdurchschnittlich großen Kinder sowie zur Senkung der Komplikationsrate während des Geburtsvorgangs.
Kam es zum vorzeitigen Blasensprung wird nach ausbleibendem natürlichen Geburtsbeginn die Weheneinleitung zur Vorbeugung möglicher von vaginal aufsteigenden Infektionen durchgeführt.

Kindliche Indikationen einer Geburtseinleitung können beispielsweise sowohl eine Wachstumsretardierung, also die unzureichende kindliche Größenentwicklung, als auch der begründete Verdacht eines zu großen, sogenannten makrosomen Kindes sein. Kontroverse Diskussionen bietet zudem die elektive Weheneinleitung nach vollendeter 39. SSW. Dabei wird dem Wunsch der Schwangeren die Geburt zu beschleunigen entsprochen, ohne dass gesundheitliche Risiken oder medizinische Gründe eine Weheneinleitung notwendig machen würden.

Haben Sie noch weiteres Interesse an diesem Thema? Lesen Sie mehr hierzu unter: Blasensprung - Beginnt jetzt die Geburt?

Dauer bis die Wehen kommen

Die Dauer, bis nach der Einnahme von wehenfördernden Mitteln die Geburt tatsächlich losgeht, ist unabhängig vom verwendeten Medikament bei jeder Gebärenden stets individuell. Es kann sich um nur wenige Stunden handeln, jedoch sind auch mehrere Tage des Wartens auf den Wirkbeginn nicht selten.

Handelt es sich um eine akute Notsituation, welche die sofortige Kindsentwicklung verlangt, stellen weheneinleitende oder -fördernde Maßnahmen keine Option mehr da. In solchen Fällen muss eine unmittelbare Schwangerschaftsbeendigung mittels eines Kaiserschnittes erfolgen.

Ausführliche Informationen zu diesem Thema lesen Sie unter: Wehenabstände

WOMIT werden die Wehen eingeleitet?

Womit die Wehen eingeleitet werden hängt von zahlreichen Einflussfaktoren ab. Dazu zählen zum Beispiel individuelle Risiken, ob bereits Voroperationen an der Gebärmutter stattgefunden haben, der Reifezustand des Muttermundes oder auch in welchem zeitlichen Rahmen die Geburt angestrebt wird.

MEDIKAMENTÖS

  • Prostaglandin: zur Muttermundreifung können Präparate mit dem Wirkstoff Prostaglandin verwendet werden. Als Reaktion des Körpers auf die zunehmende Verkürzung und Eröffnung des Muttermundes kann die Wehentätigkeit ansteigen.
     
  • Wehentropf: eine weitere medikamentöse Möglichkeit der Weheneinleitung stellt der sogenannte Wehentropf dar. Dieser enthält das Hormon Oxytocin und wirkt kontraktionsfördernd auf die Gebärmutter und unterstützt somit die Austreibung des Kindes.

MECHANISCH

  • Ballon- oder Doppelballonkatheter: zu den mechanischen Maßnahmen zählen der Ballon- oder Doppelballonkatheter. Diese werden über die Scheide eingeführt und bewirken eine Aufdehnung des Muttermundes mit damit verbundener Ausschüttung von Prostaglandinen.
  • Eipollösung: eine Eipollösung, auch unter dem Begriff Zervix-Stripping bekannt, kann durch die manuelle Lösung der Eihäute vom Muttermund und die dadurch ausgelöste Ausschüttung von Prostaglandinen die Geburtseinleitung unterstützen. Dabei erfolgt keine Eröffnung der Fruchtblase.
     
  • Blasensprengung: eine weitere, heutzutage eher selten angewandte Methode der Weheneinleitung, stellt die Blasensprengung dar. Hierbei wird mit dem Finger oder einem kleinen medizinischen Instrument die Fruchtblase eröffnet. Dieser Reiz kann wehenauslösend wirken, ist jedoch risikobehaftet.

ALTERNATIVE MAßNAHMEN

  • Wehencocktails: auch alternativmedizinische Maßnahmen wie zum Beispiel die Einnahme eines Wehencocktails können wehenanregend wirken. Es ist durchaus nicht selten, dass mehrere geburtseinleitende beziehungsweise -unterstützende Maßnahmen entweder kombiniert werden oder nacheinander zum Einsatz kommen.

Möchten Sie mehr zu diesem Thema wissen? Unser nächster Artkel bietet für Sie weitere Informationen hierzu: Wehen fördern

Wehen fördern mit Prostaglandin

Zu den wehenauslösenden Medikamenten zählt das Hormon Prostaglandin, welches in Form von Vaginalzäpchen, -tampons oder -tabletten in die Scheide eingeführt wird.

Es werden zwei häufig verwendete Isoformen unterschieden. Das E2-Prostaglandin Dinoproston ist in Deutschland zugelassen, wohingegen der Einsatz des E1-Prostaglandins Misoprostol dem “Off-Lable Use“ angehört. Das bedeutet, dass es keine offizielle Zulassung des Medikamentes zum Zwecke einer Weheninduktion gibt, dieses jedoch dennoch häufig verwendet wird.

Der Einsatz von Prostaglandinen zur Weheneinleitung ist insbesondere bei unreifer Zervix geeignet, da hierdurch der Muttermund weich und auf die Geburt vorbereitet wird. Aufgrund erhöhter Risiken wird die Einleitung mit Prostaglandinen bei Schwangeren, welche bereits einen Kaiserschnitt hatten, nicht durchgeführt.

Ausführliche Informationen zu diesem Thema erfahren Sie auf unserer Seite unter: Prostaglandine bei der Geburt

Wehen fördern mit Hausmittel

Durch verschiedene, nicht medikamentöse Hausmittel kann versucht werden, den Geburtsvorgang einzuleiten.

Zu den bekanntesten Hausmitteln gehört der sogenannte Wehencocktail. Hierbei handelt es sich um ein Getränk, welches in jedem Fall Rhizinusöl enthält und je nach Rezept verschiedene Säfte, oft Aprikosensaft in Kombination mit Mandelmuß, welche zur Geschmacksverbesserung sowie zur Anregung der Darmtätigkeit beitragen sollen. Der Wehencocktail wirkt in den meisten Fällen stark abführend und kann über den ständigen Stuhldrang wehenauslösend wirken.
Allerdings treten häufig zusätzlich Magenkrämpfe sowie Durchfall als unerwünschte Begleitreaktionen auf. Daher sollte die Einnahme eines Wehencocktails nicht auf eigne Faust eingenommen, sondern stets nach Rücksprache und Anraten des Frauenarztes oder der Hebamme erfolgen.

Spezielle Kräuteraufgüsse in Form von Tees können ebenfalls weheneinleitend wirken. Mit verdünntem Nelkenöl getränkte Tampons, welche vaginal eingeführt und etwa für eine Stunde in der Scheide belassen werden, sollen ebenfalls weheneinleitend wirken. Hierbei ist jedoch auf strenge Hygiene und richtige Handhabung zu achten, da andernfalls gesundheitliche Risiken in Form von bakteriellen Infektionen drohen.

Auch alternativmedizinische Maßnahmen zur Wehenförderung können Anwendung finden. Dazu zählen Akupunktur oder eine Fußreflexzonenmassage.

Wenn Sie mehr zu diesem Thema erfahren möchten, lesen Sie unsere nächsten Artikel unter:

Wehen fördern mit Tees

Verschiedenen Kräutern und Gewürzen werden weheneinleitende Wirkungen zugeschrieben. Dazu zählen:

  • Kampfer
  • Nelken
  • Zimt
  • Eisenkraut
  • Ingwer

Oft sind relativ große Mengen in Form von mehreren Tassen solcher Teemischungen von Nöten, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. Die Zubereitung kann nach unterschiedlichen Rezepten erfolgen, wobei stets Rücksprache mit dem Arzt oder der Hebamme bezüglich der richtigen Einnahme gehalten werden sollte. Einige Apotheken bieten bereits fertige wehenfördernde Teemischungen an, die jedoch dennoch nur auf medizinischen Rat hin getrunken werden sollten.

Ausführliche Informationen zu diesem Thema erfahren Sie unter: Wehen durch Tee fördern 

WIE kann man selbst die Wehen einleiten?

Durch verschiedene Verhaltensmaßnahmen kann die Weheneinleitung selbstständig gefördert und unterstützt werden.

  • Körperliche Betätigung: körperliche Betätigung mit moderater Anstrengung wie beispielsweise Treppensteigen oder schnelles Gehen kann wehenanstoßend wirken. Auch kreisende Bewegungen des Beckens können wehenfördernd wirken.
     
  • Entspannende Bäder: warme und entspannende Bäder sowie Aromatherapie können denselben Effekt haben.
     
  • Geschlechtsverkehr: ist die Fruchtblase noch intakt kann auch durch Geschlechtsverkehr auf die Wehenförderung positiv Einfluss genommen werden. Der weibliche Orgasmus kann durch das Hormon Oxytocin zu Kontraktionen der Gebärmutter führen und somit Wehen fördern. Das im Sperma des Mannes enthaltene Prostaglandin kann bei Ejakulation in der Scheide zusätzlich die Reifung des Muttermundes unterstützen, diesen weicher machen und verkürzen.
    Viele Frauen haben jedoch insbesondere in den Tagen vor der Geburt keine Lust auf Geschlechtsverkehr. Trotzdem können einfache körperliche Nähe und Zweisamkeit in Form von Streicheleinheiten, Küssen oder der gezielten Stimulation der Brustwarzen wehenfördernd wirken. Auch hierbei wird das kontraktionsfördernde Hormon Oxytocin ausgeschüttet. 
     
  • ​​​​​​​Massagen: Massagen, insbesondere die des Bauches, können in Kombination mit ätherischen Ölen wie beispielsweise Nelkenöl ebenfalls einen positiven Einfluss auf die Wehentätigkeit ausüben.
     
  • Entspannung & Stressvermeidung: wichtig ist es nicht nur durch gezielte Maßnahmen Wehen einleiten zu wollen, sondern die richtigen Rahmenbedingungen für die beginnende Wehentätigkeit und den sich anschließenden Geburtsprozess zu schaffen. Hierfür sind Entspannung für den Körper und die Seele und Stressvermeidung unabdingbar.

Weitere Informationen zu diesem Thema können Sie hier nachlesen: Wehen auslösen

Was sind die RISIKEN bei einer Weheneinleitung?

Wie jeder Einsatz von Medikamenten ist auch der Einsatz weheneinleitender Mittel nicht ganz ohne Risiken.

  • Überstimulation der Gebärmutter: mögliche Nebenwirkung weheninduzierter Wirkstoffe kann beispielsweise eine Überstimulation der Gebärmutter sein. Dabei reagiert diese zu stark auf den Wehenreiz und reagiert mit zu häufigen und zu starken Kontraktionen, einem regelrechten Wehensturm. Im Rahmen der zu schnellen Wehen kann es auch zu Fehleinstellungen des Kindes kommen, das heißt, dass das Ungeborene möglicherweise eine Haltung im Mutterleib einnimmt, welche mit einer vaginalen Entbindung nicht vereinbar ist. Mehrgebärende haben ein etwas höheres Risiko einer Überstimulation der Gebärmutter. 
  • Riss der Gebärmutter oder des Kaiserschnitts: in sehr schweren, wenn auch glücklicherweise seltenen Fällen kann es auch zum Riss der Gebärmutter kommen, medizinisch Uterusruptur genannt. Das Risiko hierbei ist beispielsweise nach Eingriffen an der Gebärmutter erhöht. Dazu zählen auch vorangegangene Kaiserschnitte. Da das Risiko besonders beim Einsatz wehenfördernder Prostaglandine erhöht ist, findet dies bei Patientinnen mit voroperiertem Uterus keine Verwendung. 
  • Veränderungen der kindlichen Herztöne: auch Veränderungen der kindlichen Herztöne, darstellbar mittels des sogenannten Cardiotokogramms (geläufiger unter der Abkürzung „CTG“), können durch weheneinleitenden Maßnahmen ausgelöst werden. Je nach Schweregrad dieser Veränderungen kann bei drohender Gefahr für das ungeborene Kind eine schnelle Kindsentwicklung nötig werden, welche in der Regel nur durch einen Kaiserschnitt zu erreichen ist.
     
  • Weitere Risiken: zu weiteren möglichen Nebenwirkungen beim Einsatz geburtseinleitender Medikamente zählen Übelkeit, Erbrechen sowie Störungen der Verdauung, häufig in Form von Durchfall. Auch eine Erhöhung der Körpertemperatur bis hin zum Fieber kann auftreten.

Im Anschluss an dieses Thema lesen Sie unseren nächsten Artikel unterKomplikationen unter der Geburt

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 14.06.2019 - Letzte Änderung: 18.09.2024