Die Thalassämie ist eine erblich bedingte (autosomal-rezessiv vererbte) Erkrankung der roten Blutkörperchen. Dabei ist der Blutfarbstoff Hämoglobin defekt. Dadurch kommt es u.a. zu Blutarmut, Müdigkeit, Herzrasen und Kopfschmerzen.
Die Thalassämie ist eine erbliche bedingte Erkrankung der roten Blutkörperchen. Dabei ist das Hämoglobin, ein eisenhaltiger Proteinkomplex, der für die Sauerstoffbindungsfähigkeit der roten Blutkörperchen verantwortlich ist, defekt. Es wird nicht in ausreichender Menge gebildet, beziehungsweise vermehrt abgebaut, sodass ein Hämoglobinmangel resultiert.
Je nach Ausprägung der Thalassämie handelt es sich um ein schwerwiegendes Krankheitsbild, das unbehandelt bereits im frühen Kindesalter tödlich enden kann. Verbreitet ist die Thalassämie vor allem im Mittelmeerraum. Daher kommt auch ihr Name, denn Thalassämie bedeutet übersetzt so viel wie „Mittelmeeranämie“. Dabei sind vor allem Menschen in ehemaligen Malariagebieten betroffen, beispielsweise auf Malta, Zypern, in Griechenland und Sardinien. Dies liegt daran, dass die leichte Form der Thalassämie einen evolutionären Vorteil bei Malariaerkrankungen birgt. Durch die Gendefekte in den roten Blutkörperchen werden die Malariaerreger an ihrer Vermehrung in den roten Blutkörperchen gehindert. Dadurch hatten die Menschen einen Überlebensvorteil und die Thalassämie konnte sich im Laufe der Evolution weiter etablieren.
Die Symptome der Thalassämie unterscheiden sich, je nachdem, welche Form der Thalassämie vorliegt.
Patienten mit einer Alpha-Thalassämie bilden meist insgesamt weniger Symptome aus. Allerdings kann die Alpha-Thalassämie auch in unterschiedlichen Schweregraden vorliegen. Bei der schwersten Form kann es bereits im Mutterleib zum Tod des ungeborenen Kindes kommen.
Allgemeine Symptome der Thalassämie kommen durch die Blutarmut (Anämie) zustande.
Dazu gehören Abgeschlagenheit, Müdigkeit, Schwindel, Leistungsknick, Herzrasen, Kopfschmerzen und Atemnot bei körperlicher Anstrengung. Schwere Verlaufsformen können sich durch eine Gelbsucht (Ikterus) durch Abbau der roten Blutkörperchen und eine stark vergrößerte Milz äußern.
Die Beta-Thalassämie in ihrer minor-Form äußert sich meist nicht durch klinische Symptome, da das gesunde Gen in seiner Funktion dem kranken Gen überwiegt. In manchen Fällen ist die Milz dieser Patienten etwas vergrößert. Ansonsten bestehen in der Regel keine Beschwerden.
Die major-Form der Beta-Thalassämie (auch: Cooley-Anämie) verhält sich dagegen deutlich anders.
Diese Patienten haben das Gen nur in seiner erkrankten Form und bilden dadurch schwere Allgemeinsymptome aus. Kinder, die mit dieser Erkrankung auf die Welt kommen, fallen bereits kurz nach der Geburt durch eine massive Vergrößerung von Leber und Milz auf. Sie leiden unter einer Wachstumsverzögerung, schweren Organschäden und Fehlbildungen des Knochens.
Da das Knochenmark das Blut bildet, dieses aber aufgrund der Erkrankung nicht ausreichend funktionsfähig ist, wird das Knochenmark zu einer Überproduktion roter Blutkörperchen angeregt. Dies äußert sich schließlich durch eine Verdickung besonders der Wangen- und Schädelknochen mit einem resultierenden verbreiterten Augenabstand und vergrößerten Wangenknochen.
Wie auch bei der Alpha-Thalassämie kommen die Symptome durch die Blutarmut hinzu (Abgeschlagenheit, Müdigkeit, Schwindel, Leistungsknick, Herzrasen, Kopfschmerzen und Atemnot bei körperlicher Anstrengung). Auch eine Gelbsucht (Ikterus) durch den erhöhten Abbau der roten Blutkörperchen besteht häufig.
Der Verdacht auf eine Thalassämie bei einem erkrankten Kind kann häufig durch die Familiengeschichte aufkommen. Hat das Kind erkrankte Verwandte, so ist es wahrscheinlich, dass es ebenfalls das defekte Gen geerbt hat.
Durch eine Untersuchung des Blutes im Labor und unter dem Mikroskop kann der Verdacht bestätigt werden. Typisch ist, dass der Eisenwert im Blut bei der Thalassämie normal ist. Damit kann man die Erkrankung von der klinisch ähnlich imponierenden Eisenmangelanämie abgrenzen, bei der der Eisenwert zu niedrig ist. Die roten Blutkörperchen bei der Thalassämie sind im Mikroskop häufig als sogenannte Target-Zellen zu sehen (schießscheibenartige Färbung der roten Blutkörperchen).
Weitere klinische Symptome des Patienten, wie beispielsweise eine vergrößerte Milz und Symptome der Blutarmut können die Diagnose zusätzlich bestätigen. Nicht zuletzt kann auch eine molekulargenetische Untersuchung vorgenommen werden, um gezielt nach dem Gendefekt zu suchen. Dies kann für Paare mit Kinderwunsch relevant sein, wenn sie das Risiko ermitteln wollen, ein erkranktes Kind zu bekommen.
Die minor-Form der Beta-Thalassämie, sowie die milden Formen der Alpha-Thalassämie benötigen meist gar keiner medizinischen Therapie.
Die schwere major-Thalassämie muss jedoch zwingend behandelt werden, da sie ansonsten binnen kurzer Zeit zum Tod des Patienten führt. In der Regel wird die schwere Form der Beta-Thalassämie durch die regelmäßige Gabe von Bluttransfusionen therapiert. Die Patienten erhalten in einem Abstand von 2-4 Wochen mehrere Blutkonserven. Dadurch wird dem Patienten gesundes und funktionsfähiges Blut zugeführt und die krankhafte Blutbildung des eigenen Körpers unterdrückt. Begleiterscheinungen der Thalassämie, wie Wachstumsverzögerung und fehlende Skelettreife, können dadurch weitgehend verhindert werden.
Das Problem, das mit der dauerhaften Gabe von Bluttransfusionen einhergeht, ist die Überladung des Körpers mit Eisen. Durch die Blutkonserven wird mehr Eisen in den Körper eingeschleust, als ausgeschieden werden kann. Das überschüssige Eisen lagert sich in den inneren Organen ab und kann dort auf Dauer zu schwerwiegenden Organfehlfunktionen führen. Daher muss therapeutisch eine vermehrte Eisenausscheidung erreicht werden. Dies gelingt mittels sogenannten Chelatbildnern (Substanzen, die Komplexe mit dem überschüssigen Eisen bilden und zu dessen Ausscheidung führen). Diese Arzneimittel können entweder als Infusion über die Vene oder als Tablette verabreicht werden. Die Therapie mit Bluttransfusionen und Chelatbildnern muss lebenslang erfolgen.
Die Milz wird heutzutage nur noch ungern entfernt, da sie wichtig für die Immunabwehr ist.
Die einzige Möglichkeit, die Erkrankung zu heilen, besteht momentan in der Stammzelltransplantation. Dabei wird das Knochenmark des Patienten durch eine Chemotherapie zerstört und anschließend durch gesunde Stammzellen eines Spenders wieder aufgebaut. Da die Stammzelltransplantation jedoch auch mit vielen Risiken einhergeht, muss dieses Verfahren für jeden Patienten individuell abgewogen und auf seine Sinnhaftigkeit hin überprüft werden.
Die Thalassämie kann weiter in eine Alpha-Form und eine Beta-Form unterteilt werden. Beiden Erkrankungsformen liegen bestimmte Gendefekte zugrunde.
Bei der Alpha-Thalassämie liegt die Genmutation auf Chromosom 16, bei der weitaus häufigeren Beta-Thalassämie liegt der Defekt auf Chromosom 11.
Die Alpha-Thalassämie ist insgesamt durch einen milderen Verlauf gekennzeichnet.
Die Beta-Thalassämie kann weiter in eine minor- und eine major-Untervariante unterteilt werden.
Welche Form vorliegt, hängt von dem jeweiligen Erbgang der Erkrankung ab. Die Erkrankung wird autosomal-rezessiv vererbt, das bedeutet, dass nur Patienten, die zwei erkrankte Merkmale (Allele) von ihren Eltern erben, an der schweren Form der Thalassämie – der Thalassaemia major – erkranken. Diese Form wird auch als homozygote Variante bezeichnet. Erbt der Patient lediglich ein krankes Allel und hat darüber hinaus ein gesundes Allel, so spricht man auch von einer heterozygoten Variante, der Thalassaemia minor.
Die Thalassämie kann nicht prophylaktisch verhindert werden, da es sich um eine erbliche Genmutation handelt. Menschen aus betroffenen Familien können sich bei Kinderwunsch jedoch genetisch beraten und das eigene Risiko, ein erkranktes Kind zu bekommen, ermitteln lassen.
Die Prognose der Thalassämie ist stark vom Ausprägungsgrad der Erkrankung abhängig.
Patienten mit milden Formen können in der Regel in normales Leben ohne größere Einschränkungen führen.
Bei der schweren Verlaufsform kommt es auf die Effektivität der Therapie und auf auftretende Komplikationen an. Im Gespräch mit dem behandelnden Arzt kann über die prognostischen Aussichten der Erkrankung bei dem individuellen Patienten gesprochen werden.