Therapie der Schulterluxation

Die Diagnose der Schulterluxation hat Konsequenzen hinsichtlich der Therapie der Schulterluxation, die im Anschluss an die Diagnose eingeschlagen wird. Je nach Form der Schulterluxation unterscheidet man zwischen der konservativen Therapie und der Operation. An dieser Stelle sei allerdings erwähnt, dass bei einer ausgewiesenen Schulterluxation in jedem Fall das Gelenk schnellstmöglich wieder reponiert werden sollte.

Therapie der Schulterluxation

Wie wird die Schulterluxation therapiert?

Die Diagnoseerhebung der Schulterluxation hat wichtige Konsequenzen hinsichtlich der Therapieform, die im Anschluss an die Diagnoserhebung eingeschlagen wird.

Je nach Form und Schwere der Schulterluxation unterscheidet man zwischen der konservativen Therapie und der Operation der Schulterluxation. An dieser Stelle sei allerdings erwähnt, dass bei einer ausgewiesenen Schulterluxation in jedem Fall das Gelenk schnellstmöglich wieder reponiert (= wieder eingerenkt) werden sollte. Andernfalls können schwerwiegende Schäden an Knorpel und Weichteilen (insbesondere der Rotatorenmanschette) entstehen.

Da das Reponieren starke Schmerzen verursacht, wird der Arzt dem Patienten zunächst ein Schmerzmittel verabreichen. Dadurch wird auch die notwendige Muskelentspannung erreicht, die Schulterbewegungen generell erst wieder zulässt.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, ein Schultergelenk zu reponieren.

Man unterscheidet:

  • Die Reposition nach Arlt:
    Der Ellenbogen wird um 90° gebeugt, der Arm wird im Sitzen hängend über die Stuhllehne gelegt. Der Arzt übt einen Längszug aus.
  • Die Reposition nach Kocher:
    Sie findet im Liegen statt, wobei der Oberkörper des Patienten leicht aufgerichtet wird. Auch hier ist der Ellenbogen um 90° angewinkelt. Der Arzt führt die Reponierung in drei Schritten durch.
  • Die Reposition nach Manes:
    Diese Repositionsmöglichkeit wird besonders bei Patienten ab dem 60. Lebensjahr angewendet. Der Arzt zieht am Arm des Patienten und bewegt gleichzeitig den Humeruskopf in die ursprüngliche Lage. Auch hier ist der Ellenbogen um 90° angewinkelt.
  • Die Reposition nach Hippokrates:
    Auch diese Repositionsmöglichkeit wird besonders bei Patienten ab dem 60. Lebensjahr angewendet. Der Patient liegt, der Arzt zieht am gestreckten Arm. Die Ferse des Arztes dient dabei als Dreh- (Unterstützungs-) Punkt des Hebels.

Das Reponieren sollte ausschließlich von einem erfahrenen Arzt durchgeführt werden. Unsachgemäße Handhabungen können zu schwer wiegenden Schäden führen. Die oben beschriebenen Maßnahmen sollen nur beschreiben, wie eine Reposition durchgeführt wird. Sie sind in keinem Fall Beschreibungen für die selbst durchgeführte Reposition.

An der Reposition nach Hippokrates erkennt man, das Schultergelenksluxationen in ihrem Auftreten schon recht lange vorkommen. In der Tat wurden Repositionierungen beispielsweise durch Hippokrates schon vor mehr als 2000 Jahren durchgeführt.

Dies bedeutet allerdings nicht, dass Repositionierungen immer gelingen. Sollte eine Repositionierung der Schulterluxation manuell nicht durchgeführt werden können, geschieht das Reponieren im Rahmen einer Operation.

Nach einer Repositionierung sollte stets mittels erneuter Röntgenaufnahme in zwei Ebenen das Schultergelenk kontrolliert werden. Darüber hinaus sind die Motorik, die Durchblutung und die Sensibilität zu prüfen. Je nach Ausmaß der Verletzung erfolgt eine Therapie durch Ruhigstellung mittels Schulterbandage von unterschiedlicher Dauer. Bei der Abschätzung der Länge der Ruhigstellung ist der Schweregrad, aber auch das Alter des Patienten entscheidend.

Eine einfache Luxation eines älteren Patienten impliziert eine Ruhigstellung von etwa einer Woche, während bei anderen Umständen auch Ruhigstellungen von bis zu 6 Wochen denkbar sein können.

Wichtige Fragen, die gestellt werden sollten sind:

  • Klassifizierung der Schulterluxation
  • Einschätzen der Schmerzen
  • Falls eine Reposition bereits stattfand: Wie wurde sie durchgeführt? (spontan, selbsttätig, Fremdreposition)
  • Inwieweit ist eine Funktionseinschränkung vorhanden (Auswirkungen auf: Beweglichkeit, Kraft (dead arm sign))
  • Besteht ein Instablitätsgefühl?
  • Lassen sich neurologische Ausfälle, Durchblutungsstörungen nachweisen?
  • Welche sportliche Aktivitäten werden ausgeübt? (Diese Frage ist besonders im Hinblick auf die therapeutischen Maßnahmen wichtig; siehe unten)
  • Rechts- / Linkshänder?
  • Alter?
  • Welche Schulter belastenden Tätigkeiten werden (beruflich / privat) durchgeführt?
  • Bestehen Vorschäden? Bisherige Therapie?

Die Therapieform der Schulterluxation ist stets individuell zu entscheiden und muss sich demzufolge an den unterschiedlichen Begebenheiten und natürlich auch an den Ansprüchen des Patienten orientieren. Ein junger, sportlich ambitionierter Patient stellt an sein Schultergelenk andere Anforderungen als beispielsweise ein älterer Patient ohne sportliche Ambitionen, der auch ohne Operation glücklich werden kann.

Unterschiede im Bereich der Therapie müssen natürlich auch hinsichtlich der Klassifikationen (siehe oben) stattfinden. Eine traumatische Schulterluxation wird dabei anders behandelt, als eine habituelle Schulterluxation, in deren Auswirkung das Schultergelenk beispielsweise schon bei normalen Bewegungen luxiert.

Erklärtes Ziel einer Therapie ist in erster Linie die Reponierung (siehe oben) und darüber hinaus das Erreichen einer Stabilisierung des Schultergelenkes, sodass Belastungen wieder möglich werden.

In welcher Form dieses Ziel erreicht werden kann, ist dabei individuell unterschiedlich.

Wie bereits erwähnt spielt die Klassifizierung für die Behandlung eine große Rolle. Die Therapiemaßnahmen erfolgen unter Berücksichtigung gewisser Prinzipien, den so genannten Behandlungsprinzipien. Zwar kann im individuellen Fall der Arzt unter Umständen in seiner Behandlungsform davon abweichen, für den Regelfall gelten allerdings die nachfolgend aufgelisteten Prinzipien.

Behandlungsprinzipien

1. Traumatische Schulterluxation:

  • operativ therapiert wird in der Regel:
    bei vorderer – unterer Erstluxation
  • konservativ therapiert wird in der Regel mit zunehmendem Alter und reduzierter sportlicher, sowie körperlicher Aktivität.

2. Posttraumatisch rezidivierende Schulterluxation

  • operativ therapiert wird in der Regel:
    • bei vorderer – unterer Erstluxation
    • bei unidirektionaler, vorderer Instabilität
    • bei jüngeren, körperlich aktiven Patienten (aufgrund der hohen Reluxationsrate)
  • konservativ therapiert wird in der Regel mit zunehmendem Alter und reduzierter sportlicher, sowie körperlicher Aktivität.

3. habituelle Schulterluxation:

  • bei seltener Luxation und in Fällen, in denen keine wesentlichen Funktionseinschränkungen vorliegen, sowie bei älteren Patienten wird in der Regel konservativ therapiert.
  • Sportlich aktive Patienten, bei denen es zu häufigen rezidivierenden Luxationen kommt, werden in der Regel operativ therapiert.
  • Alles in allem hängt die Therapiemaßnahme somit von der Zahl der Reluxationen, der sportlichen Aktivität und dem Ausmaß der subjektiven und objektiven Beeinträchtigung ab.

Konservative Therapie der Schulterluxation

Auf die Behandlungsformen im Rahmen der unterschiedlichen Formen der Schulterluxation wurde im letzten Abschnitt bereits hingewiesen. Im nachfolgenden Abschnitt werden verschiedene therapeutische Maßnahmen vorgestellt. Wenn Ihnen Ihr behandelnder Arzt zu einer konservativen Therapie der Schulterluxation rät, wird er Ihnen in der Regel auch spezielle Verhaltensweisen für den Alltag, aber auch – sofern notwendig für Beruf und Sport mitteilen. Sie sollten wissen, dass kontinuierlich durchgeführte Eigenübungen zur Muskelkräftigung und Gelenkstabilisierung besonders wichtig sind und nur durch Sie über die konservative Therapie hinaus durchgeführt werden können. Sie selbst sind also maßgeblich in die Therapie mit einbezogen und sollten diese Tatsache ernst nehmen.

1. Medikamentöse Therapie:

Mittels medikamentöser Therapie können Schmerzen gelindert und Schwellungen reduziert werden. Zur Repositionierung der Schulter können bereits anfänglich Schmerzen gelindert und angespannte Muskeln gelockert werden, so dass das Reponieren leichter fällt (= symptomatische Schmerzmittelgabe). Oral können auch die so genannten NSAR (= nicht steroidale Antirheumatika) gegeben werden. Beispielartig seien hier Diclofenac, Celebrex, Ibuprofen etc. genannt.

2. Orthopädietechnik:

Weiter oben wurde bereits auf die Schweregrade eingegangen. Diese Schweregrade unterscheiden sich natürlich auch in ihrer therapeutischen Vorgehensweise. Auch die Anwendung der Orthopädietechnik ist in den drei Schweregraden unterschiedlich. Nachfolgend soll aufgezeigt werden, wann beispielsweise die unterschiedlcihen Orthopädietechniken zum Einsatz kommen:

  • Gilchristverband
  • Thorax-Abduktionsschiene oder -kissen
  • Antiluxationsorthesen

3. Physikalische Therapie:

Nachdem die Ruhigstellung im Anschluss an die Repositionierung überwunden wurde, sollte versucht werden im Rahmen einer physikalischen Therapie die Kräftigung der Schultergürtelmuskulatur zu bewirken. Besonders jene Muskelgruppen, die der Luxationsrichtung entgegenwirken sind dabei von großer Bedeutung. Muskel kräftigende Übungen müssen – wie bereits weiter oben beschrieben – stets auch eigenständig weitergeführt werden. Die Eigeninitiative stellt hierbei folglich einen wesentlichen Aspekt dar. Ihr Physiotherapeut wird ihnen gelenkzentrierte Übungen zur Muskelstärkung zeigen. Weitere Maßnahmen der physikalischen Therapie sind je nach Zeitpunkt und erreichter Stabilität beispielsweise auch:

  • Lokale Kühlungen (im akuten Stadium)
  • Bewegungsübungen u. a. zur Stärkung der Muskulatur
  • Bewegungsbad
  • Spezielle krankengymnastische Techniken (z.B. PNF)

--> Weiter zum Thema Operation der Schulterluxation

Physiotherapie

Die Physiotherapie muss im richtigen Moment der Behandlung erfolgen. Als erste Maßnahme wird das Schultergelenk ruhiggestellt, damit es sich erholen kann, Verletzungen ausheilen können und die Schmerzen weitestgehend nachlassen. Erst dann sollte die Physiotherapie zum Einsatz kommen, um die Bewegungsfreiheit im Gelenk zu erhalten, die Heilung zu beschleunigen und den Schultergürtel so zu stärken, dass weitere Schulterluxationen verhindert werden.

Zunächst muss die Muskulatur gelockert und gedehnt werden. Dazu beugt man sich vornüber und lässt die Arme hängen. Anschließend können die Muskeln über kleine kreisende Bewegungen gelockert werden. In der Physiotherapie wird anschließend vermittelt, mit bestimmten Verfahren die Muskulatur nicht nur zu stärken, sondern eigene Bewegungen besser wahrzunehmen und zu beeinflussen. Ein Bewusstwerden für bestimmte Bewegungen, zum Beispiel die aufrechte Haltung ohne Buckel, sind ein wichtiger Schritt in der Bekämpfung fehlerhafter, schädlicher Bewegungen. Ein solches Verfahren stellt in der Physiotherapie die PNF, die propriozeptive neuromuskuläre Faszilitation, dar. Auch hier geht es hauptsächlich um das Analysieren bisheriger Bewegungen und die Korrektur und das Üben möglichst exakter motorischer Abläufe.

Bandage

Eine Bandage ist ein elastisches Stück Stoff, das die betroffene Gelenkregion vollständig umgeben soll und an die Körperform angepasst ist. Zur Therapie der Schulterluxation kommen dabei verschiedene Modelle in Betracht. Eine straffe Bandage kann den Oberarm mit dem Rumpf verbinden, um in der akuten Anfangsphase das Gelenk ruhigzustellen und zu schonen. Moderne elastische Bandagen umschließen das Schultergelenk und werden quer über die Brust unter dem gegenüberliegendem Arm fixiert. Das Prinzip dieser Bandagen besteht darin, das Gewicht des Armes vollständig auf die Brust umzulagern und somit die betroffene Schulter zu entlasten. Diese Bandagen schränken die Bewegungsfreiheit nur leicht ein, stabilisieren, führen und schienen aber das Schultergelenk. Im Gegensatz zum Tapeverband oder dem Kinesio-Tape umschließen sie die Schulter vollständig und können eine adäquate Stabilisierung garantieren.

Kinesio-Tape

Bei den Kinesio-Tapes handelt es sich um elastische Klebeverbände. Die Kinesio-Tapes stellen eine alternativmedizinische Behandlungsmethode dar, die vor allem in der Sportmedizin und Orthopädie, aber auch in der Behandlung internistischer Erkrankungen Anwendung findet.

Das Kinesio-Tape wird dabei von außen auf die Haut über der betroffenen Stelle aufgeklebt. Dies muss durch einen Physiotherapeuten oder Arzt erfolgen oder selbst nach langer Übung und unter professioneller Anleitung. Das Tape soll dabei gleich mehrere Funktionen besitzen. Es bietet bei muskulären Verletzungen durch eine äußere Zugspannung Stabilität im Gelenk. Gleichzeitig ist es elastisch genug, um nicht die Bewegungsfreiheit des Gelenks einzuschränken. So festigt es die Gelenkfunktion gegenüber Druck- und Zugspannung und schient die normale Bewegung in der Schulter. Ob es eine ausreichende Stabilität liefert, um Schulterluxationen in der Schulter zu verhindern, ist umstritten. In dieser Hinsicht ist das Kinesio-Tape dem normalen unelastischen Tapeverband unterlegen.

Gleichzeitig soll das Kinesio-Tape jedoch weitere Funktionen besitzen. Es soll die beklebte Stelle gleichzeitig wärmen und die Durchblutung anregen, wodurch Verletzungen und Entzündungen in ihrer Heilung beschleunigt werden sollen. Dazu soll die körpereigene Schmerzabwehr anregt werden, wodurch die Schulterluxation erträglicher wird.

Das Kinesio-Tape kann sowohl zur Therapie, als auch zur Prävention einer Schulterluxation angewandt werden. Insbesondere in der Physiotherapie nach einer erfolgten Luxation kann das Kinesio-Tape die Muskelwahrnehmung beeinflussen und den Muskelaufbau fördern.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema: Kinesio-Tape

Übungen zur Prävention erneuter Schulterluxationen

Eines der großen Probleme bei der Luxation des Schultergelenks ist die Prävention weiterer Luxationen und die anhaltende Therapie. Schon eine einmalige Luxation reicht aus, um die Muskeln und den Knorpel des Gelenks so zu verändern, mitunter sogar zu schädigen, dass der Knochen in Zukunft sehr leicht immer wieder aus der Gelenkpfanne herausspringen kann. In der gesamten physiotherapeutischen Behandlung wird auf die Vermeidung ruckartiger, provozierender Bewegungen Wert gelegt. Eine wichtige Behandlungsmethode ist jedoch die Stärkung der Schultergürtelmuskulatur. Kräftigere, breitere Muskelbäuche fixieren den Knochen in seinem Gelenk und blockieren den Weg bei einer Luxation.

In einer ersten Übung werden die äußeren Armheber gestärkt. Dazu stellt man sich aufrecht hin und hebt seitlich die gestreckten Arme hoch und über die Kopfhöhe, bis sie sich über dem Kopf berühren. Zusätzlich kann die Übung mit Gewichten in den beiden Händen erschwert werden. Sind keine Hanteln verfügbar, kann die Übung auch mit vollen Wasserflaschen durchgeführt werden.

Die Übung mit den Wasserflaschen kann weiterhin variiert werden, um andere Muskeln im Schultergürtel zu erreichen. Anstatt die Arme über dem Kopf zusammenzuführen, können sie sich auch auf Kopfhöhe vor dem Körper berühren, um anschließend so weit zurückgeführt zu werden, wie es die Bewegung der Schulterblätter erlaubt.

Ebenfalls im Stehen können in einer weiteren Übung die Arme auf Kopfhöhe angehoben werden. Anschließend lässt man die Arme in einem kleinen Radius kreisen, etwa 10cm nach vorne, unten, hinten und oben. Um das Gleichgewicht zu halten, werden alle Übungen gleichzeitig auf beiden Seiten durchgeführt.

Da es sich bei diesen Übungen um einen wichtigen Therapiepfeiler handelt, sollten diese von einem Arzt oder Physiotherapeuten zunächst angeleitet werden. Zur besseren Ausübung empfiehlt es sich, Fitnessbänder, Gewichtsmanschetten oder Hanteln anzuschaffen, damit das Muskeltraining individuell angepasst durchgeführt werden kann.

Operative Therapie der Schulterluxation

Wann brauche ich eine OP?

Nach einer Schulterluxation ist das oberste Ziel eine schnellstmögliche Reposition. Anderenfalls kann es durch die Fehlstellung zu Weichteilschäden und einer Durchblutungsstörung kommen. Ist ein solcher Repositionsversuch auf eine konservative Art und Weise nicht erfolgreich, brauchen Betroffene unbedingt eine operative Versorgung. Neben dieser Hauptindikation gibt es weitere Konstellationen, die eine Operation zur Therapie der Schulterluxation erfordern. Trotz erfolgreichem konservativen Repositionsversuch kann im speziellen Fall bei einer weiterhin bestehenden Instabilität trotzdem eine Operation notwendig sein. Außerdem können traumatisch bedingte Luxationen operiert werden, unabhängig davon, ob es sich um eine erstmalige oder wiederauftretende Luxation handelt. 

Sind Betroffene jung und sportlich aktiv, wird ebenfalls die operative Versorgung bevorzugt. Grund dafür ist, dass nachher ein erhöhtes Risiko einer erneuten Schulterluxation besteht, wenn man rein konservativ behandelt. Eine Operation reduziert diese Rezidivwahrscheinlichkeit. Generell gilt, dass eine Operation dann notwendig ist, wenn Betroffene die Schultern nach Genesung wieder voll belasten wollen und das Ziel eine komplette Wiederherstellung der Funktionalität ist. Die Entscheidung für eine Operation sollte im Allgemeinen immer individuell unter Berücksichtigung verschiedener Aspekte erfolgen. Neben den bereits erwähnten Faktoren wie Alter und Aktivitätsgrad sind daher Gesichtspunkte wie beispielsweise vorbestehende Schäden der Schulter, die Ausprägung einer Instabilität oder neurologische Ausfallerscheinungen von Bedeutung. Auch zusätzliche Verletzungen an Knochen, Knorpel oder Nervengewebe durch die Luxation stellen eine Operationsindikation dar.

Ablauf der OP

Der Ablauf einer Operation bei vorliegender Schulterluxation kann in Hinblick auf Art des Zugangsweges und Art der Rekonstruktion unterschieden werden. Heutzutage wird die arthroskopische Variante der offenen Operation vorgezogen. Für den offenen Zugangsweg wird an der Vorderseite ein etwa 10 cm langer Schnitt gesetzt. Bei einer Arthroskopie erfolgt die Operation nach dem Schlüsselloch-Prinzip. Über drei kleine Schnitte werden sowohl die Instrumente als auch eine Minikamera eingeführt, um verletzte Strukturen zu behandeln. Dies können die Gelenkkapsel, Bänder oder die Gelenklippe, das sogenannte „Labrum glenoidale“, sein. Bei schwerwiegenderen Luxationen können auch knöcherne Strukturen in Mitleidenschaft gezogen worden sein, die intraoperativ ebenfalls versorgt werden können.

Das genaue Operationsverfahren richtet sich danach, welche Strukturen verletzt wurden. Schädigungen des Labrums und der Kapsel können sowohl offen als auch arthroskopisch operiert werden, wobei das Labrum häufiger arthroskopisch versorgt wird. Bei einer Kapselverletzung können eine Kapselraffung oder ein Kapsel-Shift, welcher ein kapselverkleinernder Eingriff ist, durchgeführt werden. Bei einer Schulterluxation kann es zu einem Riss der Rotatorenmanschette kommen, der ebenfalls arthroskopisch rekonstruiert werden kann. Eine knöcherne Beteiligung manifestiert sich manchmal als Abriss-Bruch des Tuberculum majus des Oberarmknochens. In einem solchen Fall kann die Befestigung des Fragmentes mithilfe einer Schraubenfixierung oder einer Nahtanker-Fixierung erfolgen. Welches Verfahren letztendlich angewendet wird, ist meistens eine Einzelfallentscheidung. Insgesamt wird die Schulterarthroskopie der offenen Operation vorgezogen, da sie risikoärmer ist.

Risiken der OP

Generell gibt es bei Operationen immer allgemeine und spezielle Risiken. So also auch bei einem operativen Eingriff zur Behandlung einer Schulterluxation. Als allgemeine Risiken einer Schulterluxations-OP gelten Blutungen mit Hämatombildung, Verletzung von umliegenden Nerven –und Weichteilgewebe, Infektionen, Thrombosen und Lungenembolien. Im späteren Verlauf spielen zudem Wundheilungsstörungen der Narben eine Rolle. Je nachdem ob offen oder arthroskopisch operiert wurde, kann die Ausprägung der Risiken variieren. Wundheilungsstörungen sind im Falle eines arthroskopischen Zugangs  unwahrscheinlicher als bei einer offenen Operation mit einem großen Hautschnitt. Es gilt generell als erwiesen, dass eine Arthroskopie bei vorliegender Schulterluxation risikoärmer ist, als wenn man den offenen Zugangsweg zur Operation wählt.

Zu den speziellen Risiken der OP gehört beispielsweise eine anhaltende Bewegungseinschränkung bis hin zur Versteifung des Schultergelenkes. Als Spätfolge kann es bei einer operativen Versorgung der Schulter zudem zu einer Arthrose kommen, also zu einer nicht entzündlichen, degenerativen Knorpelschädigung .Die Arthrose im Schultergelenk wird medizinisch als Omartrhose bezeichnet. Es besteht des Weiteren die Möglichkeit, dass intraoperativ eingebrachtes Metall oder Fremdgewebe zu Komplikationen führt. Dazu gehören beispielsweise eine Lockerung  oder Infektion des Materials.

Wie lange soll ich nach der OP keinen Sport machen?

Nach einer Schulterluxation sollten sich Betroffene an speziellen Richtlinien orientieren, welche vorgeben, wie lange man nach einer OP kein Sport machen sollte bzw. wie stark die Belastung ausfallen darf. Die ersten 6 Wochen gilt es die Schulter so gut es geht zu schonen und nicht zu viel zu beanspruchen. Eine reine Gewichtsbelastung ist für die ersten 3 Monate untersagt. Wie lange man einer bestimmten Sportart nicht nachgehen darf, variiert individuell. Sogenannte „zyklische“ Sportarten wie Joggen oder Radfahren dürfen bereits nach 3 Monaten wieder ausgeübt werden. Eine 6-monatige Pause gilt für Sportarten wie Schwimmen oder Tennis spielen, da die Schulter hier stärker belastet wird. Sportarten mit hohem Gefährdungspotential für die Schulter, wie Handball oder Kampfsportarten, sollten man mindestens 9 Monate pausieren. Als Orientierung gilt generell, dass Betroffene schmerzfrei sind und eine volle Belastbarkeit durch therapeutische Maßnahmen rückerlangt sein sollte. Letztendlich kann der individuelle Heilungsprozess auf die Dauer der Sportkarenz haben.

Dauer der Heilung

Der Heilungsprozess kann unterschiedlich lang ausfallen. Faktoren wie die Schwere der Luxation, mögliche vorbestehende Schäden der betroffenen Schulter sowie die persönliche Konstitution beeinflussen die Genesungsdauer. In jedem Fall ist es wichtig, dass Betroffene individuelle Nachbehandlungspläne einhalten um einen optimalen Heilungsverlauf zu ermöglichen. Nach der Operation oder einem konservativen Repositionsversuch gilt es den Arm und die Schulter vorerst mehrere Tage bis wenige Wochen lang mithilfe eines speziellen Verbandes, dem sogenannten Gilchristverband, ruhig zu stellen.

Die Dauer variiert je nachdem ob operativ oder nur konservativ therapiert wurde. Im Anschluss folgt dann meistens für mehrere Wochen eine physiotherapeutische Behandlung. Bestimmte Bewegungen des Schultergelenkes wie eine Außenrotation oder ein Rückführen des Armes sollten in den ersten Wochen vermiedenen werden. Generell gilt, dass sich die Schulter umso schneller wieder erholen und vollständig ausheilen kann, je besser Betroffene bei der Physiotherapie mitarbeiten bzw. Einschränkungen in der Bewegung einhalten. Betroffene sollten zudem die regelmäßig vorgeschriebenen Nachsorgetermine wahrnehmen. Der letzte Kontrolltermine ist bei einer operativen Versorgung beispielsweise etwa ein halbes Jahr nach dem OP-Tag.

Wie lange habe ich Schmerzen nach der Luxation?

Wie lange die Schmerzen nach einer Schulterluxation andauern, kann individuell variieren. Wie so oft spielen Faktoren wie die Schwere und Art der Luxation und die therapeutisch ergriffenen Maßnahmen eine Rolle. In der Akutsituation verspüren Betroffene starke Schmerzen. Diese Schmerzen können durch Gabe von Schmerzmitteln gut gelindert werden. Eine konservative Reposition kann nochmal als besonders schmerzhaft empfunden werden. Nach erfolgreicher Behandlung können die Schmerzen bei einer unkomplizierten Schulterluxation ohne Begleitverletzungen noch etwa 2-3 Wochen anhalten. Betroffene erhalten in der Regel eine adäquate Schmerztherapie. Die Dauer der Schmerzen kann bei komplizierten Schulterluxationen oder nicht einhalten von Bewegungs- oder Belastungseinschränkungen verlängert sein. Sollte nach 3 Wochen die Schmerzsymptomatik unverändert bestehen, ist eine erneute ärztliche Abklärung notwendig, die meistens im Rahmen der regelmäßigen Kontrolluntersuchungen erfolgen kann.

Wie lange werde ich krank geschrieben?

Die Länge der Krankschreibung richtet sich maßgeblich nach der Schwere der Luxation, der Art der Versorgung und welchen Job Betroffene ausüben, für den die Krankschreibung ausgestellt werden soll. Nach der Operation bleiben Betroffene in der Regel ein paar Tage im Krankenhaus. Für diesen Zeitraum wird von der Klinik eine Aufenthaltsbescheinigung ausgestellt. Allgemein gilt, dass eine Bewegungseinschränkung für etwa 6 Wochen vorgesehen ist. Währenddessen erfolgt bereits eine physiotherapeutische Behandlung angedacht. Danach können Betroffene mit Bürotätigkeiten wieder in den Job einsteigen. Betroffene mit körperlichen anspruchsvollen und aktiven Berufen können in der Regel länger krankgeschrieben werden. Die Krankschreibung kann bis zu 3 Monate betragen.

Weiterführende Informationen

Lesen Sie auch:

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 19.01.2012 - Letzte Änderung: 30.03.2024