Schultergelenksinstabilität

Eine Instabilität des Schultergelenks kann diverse Ursachen haben. Zum einen kann sie angeboren sein oder auch durch traumatische Verletzung bei einem Unfall verursacht werden. Durch ein Missverhältnis der anatomischen Strukturen neigt das Schultergelenk mit am häufigsten zu Ausrenkungen.

Schultergelenksinstabilität

Einleitung

Instabilitäten treten bevorzugt im Schultergelenk auf, was sich durch die Anatomie des Schultergelenkes erklären lässt. Der relativ große Oberarmkopf steht einer viel kleineren Schultergelenkpfanne (Glenoid) gegenüber, deren Gelenkfläche nur etwa einem Drittel des Oberarmkopfes entspricht. Dieser anatomische Aufbau des Schultergelenks ermöglicht eine sehr ausgedehnte Beweglichkeit der Schulter und des Armes. Diese etwas ungünstigen Größenverhältnisse der beiden Gelenkpartner wird durch diverse anatomisch wichtige Strukturen ausgeglichen, die dafür sorgen, dass das Schultergelenk trotzdem stabil bleibt und nicht auskugelt (luxiert).

Beispielsweise wird die Fläche der Gelenkpfanne durch die sogenannte Gelenklippe (Labrum glenoidale) elastisch vergrößert und das gesamte Schultergelenk wird von einer Gelenkkapsel umfasst, die den Oberarmkopf stabilisiert und zentriert. Die optimale Bewegungsfreiheit in sämtliche Raumrichtungen der Schulter ist nur auf Kosten der Stabilität des Gelenks möglich. Dadurch lässt sich erklären, warum die Schulter von allen Gelenken des menschlichen Körpers am häufigsten auskugelt.

Ursachen einer Schultergelenksinstabilität

Eine Schultergelenksinstabiltät kann angeboren sein oder nach einem Unfallereignis auftreten. Bei einer Schultergelenkinstabilität kommt es häufig in Folge einer traumatischen Schultergelenkluxation (Ausrenkung) zu einem plötzlichen Zerreißen der Gelenklippe oder der Gelenkkapsel.

Die häufigste Verletzung im Rahmen einer Schultergelenkinstabilität ist die sogenannte "Bankart-Läsion". Diese wird meist durch eine Ausrenkung der Schulter nach vorne bei einem Unfall verursacht, wobei die Gelenklippe im unteren Bereich des vorderen Pfannenrandes teilweise oder vollständig abreißt. Durch die Bankart-Läsion kann in diesem Bereich die Gelenklippe das Schultergelenk nicht mehr richtig stabilisieren und es kann leicht zu einer (weiteren) Ausrenkung der Schulter kommen.

Symptome einer Schultergelenksinstabiltät

Die Instabilität des Schultergelenks kann sich durch starke Schmerzen äußern. Eine Instabilität und damit einhergehende Schwäche im Schulterbereich und die Unfähigkeit, die Schulter zu verschieben, werden ebenfalls beschrieben. Es kann eine Schwellung im Schultergelenk auftreten sowie Taubheitsgefühle und Kribbeln (Parästhesien) rund um die Schulter oder in den Fingern.

Eine Schultergelenkinstabilität tritt am häufigsten nach einem Unfallereignis auf, meistens bei einer sportlichen Aktivität wie Fußball oder Skiabfahrt. Nicht selten führt der Unfall zunächst zu einer Schultergelenksluxation (Ausrenkung des Oberarmkopfes), die wieder eingerenkt (reponiert) werden muss. Das Risiko für später folgende, weitere Luxationen wird von

  • den anatomischen Voraussetzungen
  • dem Alter des Betroffenen und
  • der entsprechenden sportlichen Aktivität

bestimmt.

In manchen Fällen geht einer Schultergelenkinstabilität auch kein Unfallereignis voraus. Hier sollte eine ausführliche Diagnostik erfolgen, um zu prüfen, ob ein operatives Vorgehen erforderlich ist oder zunächst eine konservative (nicht-operative) Behandlung der Instabilität versucht werden kann.

Diagnose einer Schultergelenksinstabilität

Zunächst erfolgen eine eingehende Befragung des Betroffenen (Anamnese) bezüglich der Beschwerden durch die Schultergelenkinstabilität. Um die Diagnose zu sichern, sind zusätzlich die klinische Untersuchung des Schultergelenks sowie bildgebende Darstellungsverfahren notwendig. So können wertvolle Informationen über pathologische Veränderungen am Schultergelenk und an den zugehörigen Weichteilstrukturen gesammelt werden.

Standard dabei ist eine Röntgenaufnahme des Schultergelenks, manchmal kann auch eine Magnetresonanztomographie der Schulter (MRT, Kernspinvom Schultergelenk) aufschlussreich sein. Wenn eine Operation zur Therapie der Schultergelenkinstabilität durchgeführt werden soll, müssen in der Regel vorher einige Laboruntersuchungen, selten auch ein EKG (Elektorkardiogramm) und ein Röntgenbild des Brustkorbes durchgeführt werden.

Das Krankheitsbild der Schultergelenkinstabilität kann je nach

  • Ausmaß
  • Häufigkeit
  • Schweregrad und
  • Richtung

in verschiedene Kategorien eingeteilt werden.

Zunächst kann eine Luxation von einer Subluxation unterschieden werden, da bei einer vollständigen Ausrenkung (Luxation) kein Kontakt zwischen den Gelenkflächen mehr nachweisbar ist. Weiterhin unterscheidet man ursachenabhängig eine traumatische (mit Unfallereignis) von einer atraumatischen (ohne Unfallereignis) Schultergelenksinstabilität. Die meisten akuten Luxationen erfolgen nach vorne (anterior) oder vorne-unten (anterior-inferior), nur sehr selten ist die Luxationsrichtung nach hinten (dorsal).

Therapie einer Schultergelenksinstabilität

Die Behandlung einer Schultergelenksinstabilität kann im wesentlichen auf zwei verschiedene Arten erfolgen:

1. Konservative Therapie

Eine ausgerenkte Schulter sollte so bald wie möglich wieder eingerenkt (reponiert) werden. Vorher sollte eine Röntgenkontrolle durchgeführt werden, um knöcherne Verletzungen auszuschließen. Die Einrenkung kann gegebenenfalls in einer Kurznarkose durchgeführt werden. Wenn die Schulter schon früher einmal augekugelt war, kann die Einrenkung unter Umständen auch ohne eine Betäubung erfolgen.

In einigen Fällen kann unter Berücksichtigung der individuellen anatomischen Ursachen der Schulterinstabilität auch eine konservative (nicht-operative) Behandlung möglich. Dabei werden Schmerzen durch geeignete Schmerzmittel gelindert und nach der Einrenkung wird die Schulter kurzfristig ruhig gestellt (z.B. in einem Gilchrist-Verband). Im Anschluss ist ein intensives Training der Muskeln (besonders der Rückenmuskeln) unter krankengymnastischer Anleitung sinnvoll.

2. Operative Therapie

Die operative Therapie der Schulterinstabilität verfolgt das Ziel, die vorliegende Verletzung zu korrigieren, um möglichst exakt die normale Anatomie wieder herzustellen. Die Operation der Schulterinstabilität wird in den meisten Fällen arthroskopisch durchgeführt, das heißt im Rahmen einer Gelenkspiegelung. Diese Operationstechnik ist minimal-invasiv, da in der Regel nur zwei bis drei kleine Hautschnitte von etwa einem Zentimeter Länge erforderlich sind.

Nur in sehr seltenen Fällen kann ein offenes Operationsverfahren erforderlich sein, beispielsweise wenn knöcherne Absprengungen durch eine Schultergelenksluxation entstanden sind und frei im Gelenkspalt "umherschwimmen". Bei einem arthroskopischen Verfahren wird eine Optik mit einem Kamerasystem und entsprechende Spezialinstrumente durch die kleinen Öffnungen in das Schultergelenk eingeführt. So kann der vorhandene Schaden am Schultergelenk behoben werden, häufig werden die abgerissene Kapsel beziehungsweise die abgerissene Gelenklippe mithilfe eines Fadenankers wieder am Knochen angeheftet. Diese Fäden sind bioresorbierbare Implantate, was bedeutet, dass sie sich nach einer gewissen Zeit auflösen und nicht gezogen werden müssen. Nach dieser Zeit ist die anatomische Struktur wieder verheilt.

Nachbehandlung nach der Operation

Direkt im Anschluss an die Operation wird dem Betroffenen eine Schulterschiene (Orthese) angelegt, die nur eine sehr eingeschränkte Beweglichkeit des Schultergelenks ermöglicht. Durch die Schonung kann ein Stabilisierungs- und Vernarbungsprozess einsetzen, der in aller Regel wieder zu einer stabilen Schulter führt. Temporär besteht eine Limitierung der Beweglichkeit in der Schulter, insbesondere unter Vermeidung von Abspreiz- und Außenrotationsbewegungen (dadurch könnte die Schulter wieder ausrenken). Die Erfolgsaussichten mit einer operativen Behandlung der Schultergelenkinstabilität sind sehr gut, in über 95 Prozent kann wieder eine Stabilität des Schultergelenks erreicht werden. Voraussetzung dafür ist eine optimale Nachbehandlung entsprechend den Empfehlungen des behandelnden Arztes oder Therapeuten.

Weitere Informationen

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 20.06.2014 - Letzte Änderung: 30.03.2024