Um den Unterschied eines Muskelfaserrisses zu einer Muskelzerrung zu verstehen muss man sich mit der Anatomie des Muskels auseinandersetzen. Des weiteren zeigt sich eine unterschiedliche Symtomatik bei den beiden Verletzungsformen. Auch die Dauer der Genesung unterscheidet sich bei der Zerrung und Riss. Ein Laie kann gegeben falls zwischen den beiden Arten unterscheiden, zur Sicherheit sollte aber immer ein Sportmediziner oder Orthopäde zur Rate gezogen werden.
Verletzungen von Muskeln treten vor allem bei Sportarten mit schnellen Bewegungs- und Geschwindigkeitswechseln auf. Dabei sind Muskelzerrungen und Muskelfaserrisse häufig vorkommende Verletzungen bei Menschen die sportlich aktiv sind.
Der Unterscheid zwischen den beiden Verletzungen liegt vor allem im zeitlichen Auftreten der Symptomatik und in der Dauer der Genesung.
Wo genau liegt der Unterschied zwischen einer Muskelzerrung, einem Muskelfaserriss, einem Muskelbündelriss und einem Muskelriss?
Bei allen handelt es sich um typische und häufige Sportverletzungen.
Um die Unterscheidung zwischen den einzelnen Verletzungen zu verstehen, muss man sich zunächst mit dem grundsätzlichen Aufbau eines Muskels beschäftigen.
Jeder Muskel besteht aus einer Vielzahl kleinster Funktionseinheiten, den sogenannten Sarkomeren. Jedes Sarkomer kann sich zusammenziehen, also kontrahieren, und wieder entspannen.
Da die Kraft, die ein einzelnes Sarkomer dabei aufbauen kann, allerdings nicht sonderlich groß ist, kontrahieren sich im Normalfall mehrere Sarkomere gemeinsam. Viele Sarkomere bilden gemeinsam eine Muskelfibrille. Mehrere Muskelfibrillen finden sich zu einer Muskelfaser zusammen und viele Muskelfasern werden zum Muskelfaserbündel. Letztlich ergibt sich ein jeder Muskel aus vielen einzelnen solcher Muskelfaserbündeln.
Der Aufbau jedes Muskels ist also nach strengen Regeln geordnet. Der Unterschied der verschiedenen Verletzungen liegt im Ausmaß der Schädigung, was sich mit dem Hintergrundwissen zum Aufbau eines Muskels auch gut verstehen lässt. Werden ein oder mehrere Sarkomere überbeansprucht beziehungsweise überdehnt und kommen so zu Schaden, resultiert daraus eine Muskelzerrung. Die eigentliche Muskelstruktur ist noch intakt und es sind auch keine Strukturen gerissen, nichtsdestotrotz ist der Muskel verletzt und schmerzt.
Bei größerer Überlastung kann es zu einem Riss mehrerer benachbarter Fibrillen, also einem Muskelfaserriss, kommen.
Ist die einwirkende Schädigung noch stärker, reißen unter Umständen alle Fasern eines Muskelfaserbündels; man spricht abgekürzt von einem Muskelbündelriss.
Im schlimmsten Fall werden alle Muskelfaserbündel eines Muskels gleichzeitig überlastet und verletzt. Reißen alle Muskelfaserbündel ergibt sich daraus ein kompletter Muskelriss. Sämtliche Fibrillen und Fasern und Bündel und sind dann geschädigt.
Die Unterscheidung zwischen einer Muskelzerrung und den unterschiedlichen Rissen ist also aus ärztlicher Sicht unvermeidbar, wenn eine Muskelverletzung korrekt klassifiziert und diagnostiziert werden soll. Bereits die richtige Benennung der Verletzung erlaubt einen groben Überblick über die Schwere derselben.
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Muskelzerrungen und kleinere Risse von Muskeln verursachen in aller Regel ein sehr ähnliches Beschwerdebild bei dem Betroffenen, so dass sich die genaue Unterscheidung schwierig gestalten kann. Dennoch gibt es Hinweise und Zeichen, die auch nicht-medizinisch Tätigen als Faustregel dienen können.
Da bei einer Muskelzerrung kleinste Einheiten geschädigt werden, aber die grundsätzliche Struktur des Muskels erhalten bleibt, bessern sich die wahrgenommenen Beschwerden, vor allem die Schmerzen, häufig bei sanfter Dehnung ein wenig. Hat das Dehnen einen lindernden Effekt auf die Beschwerden, kann der Betroffene in aller Regel von einer Muskelzerrung ausgehen.
Belastung und Anspannung des verletzten Muskels schmerzt dagegen sowohl bei Zerrungen als auch bei sämtlichen Muskelrissen.
Während ein Muskelfaserriss oder gar vollständiger Muskelriss in den meisten Fällen sehr plötzlich stärkste Schmerzen auslöst, kann der Schmerz einer Zerrung zunächst erträglich erscheinen, um sich im Folgenden noch weiter zu verstärken. Immer stärker werdende Schmerzen sprechen also eher gegen einen Riss im Muskelgewebe.
Sichtbare Beulen oder Dellen am betroffenen Muskel sprechen dagegen in fast jedem Fall für eine Verletzung, die über eine reine Zerrung hinausgeht. Auch ein vollständiger Funktionsausfall – das heißt der Muskel kann gar nicht, auch nicht unter Schmerzen,angespannt werden – ist sehr verdächtig und sollte von einem Arzt überprüft werden.
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Nicht zuletzt liefert auch die Erholungszeit einen Hinweis auf die Art der vorrausgegangenen Verletzung. Während man nach Muskelzerrungen den betroffenen Muskel in den meisten Fällen nach 2 – 3 Tagen Schonung wieder langsam und leicht belasten kann und nach etwa einer Woche keine Symptome mehr bemerkt, benötigt ein Muskelfaserriss deutlich mehr Zeit zur Heilung beziehungsweise Besserung. Sind Schmerzen und Schwellung auch noch einigen Tagen Schonung und Kühlung der entsprechenden Stelle noch nicht verschwunden, kann man von einem Muskel(faser)riss ausgehen (Dauer eines Muskelfaserrisses) und sollte sicherheitshalber einen Arzt zu Rate ziehen.
Die genaue Feststellung, um welche Art der Muskelverletzung es sich handelt, sollte selbst bei eindeutigen Anzeichen durch einen Arzt getroffen werden. Auch wenn der Verletzte bereits einen Verdacht hat, sieht ein erfahrener Arzt manche Dinge eventuell noch einmal ein wenig genauer. Die Diagnose wird nach einer ausführlichen Anamnese, das heißt nach einem genauen Gespräch mit dem Patienten und einigen Untersuchungen gestellt.
Im Gespräch ist der Unfallhergang, also auch der Verletzungsmechanismus, die Art und Stärke des Schmerzes, aber auch das Trainingspensum des Patienten und sein Fitnesslevel von Bedeutung. Besonderes Augenmerk wird zudem auf vergangene Verletzungen der Muskeln, Sehnen und Knochen gelegt.
Zur körperlichen Untersuchung gehört neben einer genauen Betrachtung des verletzen Körperteils (auch im Seitenvergleich zur gesunden Seite!) und dem vorsichtigen Abtasten auch eine grobe Überprüfung der Reflexe des potentiell geschädigten Muskels. Auch die objektive Überprüfung der noch vorhandenen Kraft des Muskels durch den Arzt und eine Stand- und Gangbegutachtung schließen sich an. Unter Umständen zeigt eine spezifische Schonhaltung während des Laufens schon die genaue Lokalisation der Verletzung.
Nach Abschluss der körperlichen Untersuchung kann der behandelnde Arzt zur Sicherung seinen Verdachtes auch auf die Sonographie, also die Ultraschalluntersuchung, zurückgreifen. Gerade bei größeren Rissen im Muskelgewebe sind diese im Ultraschallbild deutlich zu erkennen.
Kann auch nach Abschluss aller dieser Untersuchungen keine eindeutige Diagnose gestellt werden, kommt eventuell noch eine Magnetresonanztomographie (MRT) in Frage, mit der man Muskel- und Weichteilverletzungen sehr gut darstellen kann. Grundsätzlich ist diese Methode aber komplexeren, uneindeutigen Fällen sowie Profisportlern vorbehalten und wird im Normalfall nicht benötigt.
Die zwei elementaren Unterschiede in der Therapie von Muskelzerrungen und Muskel(faser)rissen ergeben sich aus bereits genannten Charakteristika der unterschiedlichen Verletzungen.
Da bei einer reinen Muskelzerrung die grundsätzliche Struktur des Muskels noch intakt ist, kann eine leichte Dehnung des betroffenen Muskels angenehm und schmerzlindernd wahrgenommen werden.
Muskelrisse stehen ganz im Gegenteil dazu. Dehnen lindert in aller Regel den Schmerz nicht, sondern verstärkt ihn noch zusätzlich. Auch die eigentliche Verletzung wird mit jeder Belastung und unter jeder Dehnung noch verschlimmert. Muskelrisse – ganz gleich welchen Ausmaßes- sollte man unter keinen Umständen noch zusätzlich weiter dehnen.
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Grundpfeiler der Therapie sollte aber nichtsdestotrotz weiterhin Schonung, Hochlagerung und Kühlung sein.
Unter dieser Form der Therapie ergibt sich der zweite wichtige Unterschied in der Therapie von Zerrungen und Muskel(faser)rissen. Da die Verletzungen mit einem unterschiedlich großen Ausmaß an Schädigung einhergehen, benötigen sie schlichtweg eine unterschiedlich lange Zeitspanne zur vollständigen Heilung.
Während bei einer Zerrung bereits nach einigen Tagen eine Besserung zu spüren ist und nach etwa einer Woche keine weiteren Therapiemaßnahmen mehr benötigt werden, kann sich eine Therapie bei größeren Muskelrissen über Monate hinziehen.
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