Die Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD) ist eine Erkrankung des Kauapparats und ist meist durch eine Fehlstellung des Oberkiefers zum Unterkiefer bedingt. Durch die darauf folgende Fehlbelastung der Kaumuskulatur kann es zu Schwellungen bis hin zu Schmerzen im Kieferbereich kommen
Die Craniomandibuläre Dysfunktion (kurz: CMD) ist eine Erkrankung des Kausystems, bei der das Zusammenspiel der Kaumuskulatur, Kiefergelenke und Zähne gestört ist.
Vor allem beim Zubeißen treffen Oberkiefer und Unterkiefer nicht in der idealen Position aufeinander, daraus folgt eine starke Über- und Fehlbelastung der Kaumuskulatur, die zu Schmerzen und Schwellungen führen kann.
Im ideal ausgerichteten Gebiss treffen die Zähne des Ober-und des Unterkiefers wie Zahnräder aufeinander. Dadurch werden die Kiefergelenke, die Zähne und die gesamte Kaumuskulatur gleichmäßig beansprucht.
Bei Störungen dieses harmonischen Zusammenspiels kommt es zur Über- oder Fehlbelastung einer oder mehrerer dieser anatomischen Strukturen, Schmerzen und Reizungen sind oftmals die Folge.
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Ursache einer solchen Craniomandibulären Dysfunktion können
Eine Craniomandibuläre Dysfunktion kann Ursache vieler weiterer Erkrankungen sein.
Die Hauptzahl der betroffenen Patienten berichtet über
Auch das Aussehen der Zähne kann in vielen Fällen auf das Vorliegen einer Craniomandibulären Dysfunktion hinweisen.
Stark abgenutzte, eingekerbte Zähne sind ein deutliches Symptom und sollten umgehend mit dem Zahnarzt abgeklärt werden.
Da es im Zuge der Craniomandibuläre Dysfunktion zu einer Fehl- und Überbeanspruchung verschiedener Muskelgruppen kommt, können auch Schulter-, Nacken- und Rückenschmerzen ein Anzeichen für das Vorliegen dieser Erkrankung sein.
Die falsche Belastung des Kiefergelenkes hingegen führt meist zu starken Kopfschmerzen bis hin zu migräneartigen Symptomen.
Des Weiteren leiden viele betroffene Patienten auf Grund der Schmerzen und der psychischen Belastung, welche die Craniomandibuläre Dysfunktion mit sich bringt, an Stimmungsschwankungen und/ oder Depressionen.
Beim Tinnitus handelt es sich um ein Ohrgeräusch, welches durch viele verschiedene Ursachen ausgelöst sein kann. Im Rahmen der CMD tritt es bei knapp einem Viertel der Betroffenen auf. Der genaue Entstehungsmechanismus ist hier allerdings noch unbekannt. Zumeist verstärkt sich das Ohrgeräusch im Rahmen der CMD beim Zusammenpressen der Zähne oder dem Öffnen des Mundes.
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Die Diagnose einer craniomandibulären Dysfunktion erfolgt über eine manuelle und eine instrumentelle Funktionsanalyse. Bei der manuellen Funktionsanalyse werden zunächst im Rahmen einer allgemeinen Anamnese Schmerzen abgefragt, lokalisiert und eingeordnet, woraufhin dann das Kausystem genauer untersucht wird auf Druckschmerzen der Kiefergelenke, Geräusche und Abweichungen des Unterkiefers bei der Mundöffnung, Verhärtungen der Kaumuskulatur und Schmerzen beim Zusammenbeißen der Zähne. Bei der instrumentellen Analyse werden vom Zahnarzt/ der Zahnärztin technische Mittel zur genaueren Funktionsanalyse verwendet. So kann die genaue Lagebeziehung des Unter- und Oberkiefers zueinander bestimmt werden, es können aber auch genaue Daten über Kieferbewegungen aufgezeichnet werden. Des weiteren kommen bei der Diagnose auch bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomografie, Computertomografie und Röntgenaufnahmen zum Einsatz. So können beispielsweise entzündliche Veränderungen des Weichgewebes aber auch Veränderungen der Knochenstrukturen beurteilt werden.
Zur Behandlung der Craniomandibulären Dysfunktion ist ein ideales Zusammenspiel zwischen Zahnarzt, Kieferorthopäden, Orthopäden, Physiotherapeuten und Ostheopathen notwendig. Ein Facharzt alleine wird dem betroffenen Patienten nicht ideal weiterhelfen können.
Nachdem alle Risikofaktoren ausgeräumt wurden, kann dem betroffenen Patienten in vielen Fällen durch eine sogenannte Funktionsschiene bzw Aufbissschiene geholfen werden.
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Eine solche Schiene ist vom Patienten selbst aus dem Mund herausnehmbar, sie sollte möglichst nachts getragen werden. Es ist meist möglich schon durch das Tragen der Funktionsschiene den Auswirkungen der Craniomandibulären Dysfunktion entgegenzuwirken und die gleichmäßige Beanspruchung der Kaumuskulatur wieder herzustellen.
Die Schiene wird in der Regel für den Unterkiefer angefertigt und überdeckt die gesamte Zahnreihe. Da wie schon beschrieben ein Zusammenspiel der Muskeln verschiedener Körperregionen besteht, wirkt sich das Tragen einer Funktionsschiene bei Patienten, die eine Craniomandibuläre Dysfunktion haben, positiv auf die komplette Körperstatik aus.
Aus diesem Grund muss die Behandlung dringend mit einem Physiotherapeuten und/ oder Orthopäden koordiniert werden.
Zur Linderung der Schmerzen können Wärme- und Kältetherapien angewendet werden. Auch verschiedene manuelle Behandlungen, Akupunktur und das Erlernen von Entspannungstechniken wirkt sich bei den meisten Patienten schmerzlindernd aus.
Zu Beginn einer Therapie wird eine Aufbissschiene angefertigt. Diese wird zunächst für zwei bis drei Monate nachts getragen und wöchentlich vom Arzt kontrolliert und bei Bedarf geändert. Bei Besserung der Beschwerden kann über eine definitive Lösung nachgedacht werden. Diese besteht aus der Überkronung der Zähne um damit die gewünschte Position ohne Schiene zu erreichen.
Die manuelle Therapie wird vom Zahnarzt verordnet und vom Physiotherapeuten durchgeführt. Es gibt hierfür spezielle Therapeuten mit Zusatzausbildung, die den Kopf-, Halsbereich genaustens kennen. Ein Rezept wird meist für 10 Termine á 20 Minuten ausgestellt. Ziel der Therapie ist die Entspannung der Muskulatur sowie der Gewebe. Gleichzeitig sollen Übungen zur Entspannung erlernt werden, welche auch zu Hause angewendet werden können.
Der Physiotherapeut führt eine Anamnese durch, um die genauen Beschwerden in Erfahrung zu bringen. Erst dann weiß er genau, an welchen Muskelgruppen er mit der Behandlung beginnen muss. Betroffen sind (fast) immer die Kaumuskulatur und die Muskulatur der Halswirbelsäule. In manchen Fällen kann sich die Erkrankung auf den ganzen Organismus ausbreiten und Beschwerden im Rücken oder den Knien auslösen. Diese müssen durch andere (physio-)therapeutische Maßnahmen verbessert werden.
Im Mittelpunkt sollte jedoch die Beseitigung der Ursache stehen. Wird diese nicht behandelt, ist die manuelle Therapie nur die Behandlung eines Symptomes.
Da die Entstehung der Craniomandibulären Dysfunktion in vielen Fällen stressbedingt ist, können Ausgleichbeschäftigungen und das Erlernen bestimmter Entspannungstechniken hilfreich sein.
Patienten, die oft mit den Zähnen knirschen und/ oder die Kiefer zu fest aufeinander beißen, können sich damit Abhilfe schaffen, die Zunge gezielt an den Gaumen zu legen.
Dadurch entspannen sich die Kaumuskeln, der Unterkiefer rückt ein Stück vom Oberkiefer weg und relativ schnell stellt sich eine Schmerzlinderung ein.
Da die CMD ein komplexes Krankheitsbild darstellt, gibt es spezielle Übungen, die bei den verschiedenen Symptomen eingesetzt werden können. Wichtig ist hierbei, dass diese Übungen anfangs nur unter Anleitung durch einen entsprechenden Therapeuten durchgeführt werden sollen. Die richtige Technik muss eingehalten werden, da sich Beschwerden bei falsch ausgeführten Übungen nicht verbessern können. Manchmal werden sie dadurch sogar nur schlimmer. Die Übungen werden mehrmals täglich (morgens-mittags-abends) angewendet.
Zu Hause sollte man sich regelmäßig vor dem Spiegel überprüfen, um Fehler zu vermeiden. Nach einigen Wochen, manchmal auch schon nach ein paar Tagen, können schon Erfolge gesehen werden. Bei nächtlichem Knirschen sind vor allem Entspannungsübungen wichtig. Hilfreich ist hier ein Spaziergang vor dem Zubettgehen oder richtiges „Auspowern“ durch sportliche Aktivitäten. Auch die Massage der Kaumuskulatur kann helfen.
Dazu mit Zeige- und Mittelfinger kreisende Bewegungen über der beanspruchten Kiefermuskulatur ausführen. Weiterhin gibt es Dehn-, Stabilisierungs- und Kräftigungsübungen, welche der Muskulatur und auch dem Gelenk helfen. Auf eine nähere Beschreibung der Übungen wird aufgrund der oben aufgeführten Punkte verzichtet.
Eine Aufbissschiene gegen die CMD kann in vielen Fällen sinnvoll sein, wenn vom Zahnarzt die richtige Art Schiene gewählt worden ist. Man muss hier unterscheiden, ob die CMD durch Stress oder durch einen falschen Biss bedingt ist.
Ist Stress der Auslöser, kann eine JIG-Schiene, also eine Schiene mit einem Aufbiss in der Region der Frontzähne sinnvoll sein. Hier kann das nächtliche Knirschen verringert werden. Ist ein falscher Biss der Auslöser, muss eine spezielle Schiene angefertigt werden, die den Biss wieder richtig ausgleicht. In den meisten Fällen kann dann eine Minderung der Beschwerden erreicht werden, sofern die Schiene regelmäßig getragen wird. Im Durchschnitt wird eine Verbesserung der Symptome, v.a. der Schmerzen um ca. 60% erreicht.
Pflanzliche Mittel, welche gegen die CMD eingesetzt werden können, zielen vor allem darauf ab, das nächtliche Knirschen, auch Bruxismus genannt, zu verringern oder gar ganz zu beheben. Positiver Nebeneffekt kann sein, dass auch damit einhergehende Zahnschmerzen verschwinden. Empfohlen werden homöopathische Globuli wie Belladonna C9 oder Chamomilla C9, welche Nervosität abbauen. Gegen Schmerzen kann beispielsweise Stramonium oder Asa foetida helfen. Man sollte homöopathische Mittel jedoch nie leichtfertig einnehmen. Wenn man zu lange mit den Schmerzen kämpft und auf eine ursachenbezogene Therapie wartet, kann die ursprüngliche Krankheit immer weiter voranschreiten. Sollte also keine Besserung eintreten, muss der Arzt aufgesucht werden!
Die CMD kann theoretisch vom normalen Zahnarzt behandelt werden, da jeder Zahnarzt durch sein Studium eine Ausbildung in diesem Bereich besitzt. Es gibt jedoch spezielle Fortbildungen auf diesem Gebiet, welche die Zahnärzte im Sinne einer Weiterbildung absolvieren können. Hierbei handelt es sich aber nicht um einen Facharzt, wie beispielsweise ein Augenarzt.
Viel eher ist es ein normaler Allgemein-Zahnarzt mit einer Spezialisierung. Da es sich bei dem Krankheitsbild der CMD um ein sehr komplexes Krankheitsbild handelt, welches mit vielen unterschiedlichen Symptomen einhergehen kann und oftmals falsch behandelt wird, wird angeraten einen Zahnarzt mit spezieller Ausbildung aufzusuchen.
Die Kosten der Behandlung der CMD werden nur teilweise übernommen. Eine einheitliche Regelung hierzu gibt es nicht. Gesetzlich Versicherte tragen die Kosten jedoch häufig selbst. Für die CMD sind Diagnoseverfahren notwendig, welche nur vom Spezialisten durchgeführt werden können.
Auch die anschließende Therapie muss genau auf die Erkrankung abgestimmt sein und ist nur in enger Absprache zwischen Arztpraxis und den Dentallaboren möglich. Kosten sind daher abhängig vom Diagnoseaufwand und Art der Therapie, genaue Zahlen können hier nicht genannt werden. Eine Kostenübernahme sollte vorher bei der Krankenkasse jedoch beantragt und ggf. schriftlich zugesichert werden.
In manchen Fällen können auch Zahnschmerzen auftreten. Diese können durch eine Überbelastung einzelner Zähne oder Zahngruppen ausgelöst sein. Eine Überbelastung entsteht dann, wenn bestimmte Zähne vor allen anderen Zähnen mit ihrem Gegenspieler zusammentreffen und so alle Kraft zuerst abfangen müssen. Hauptsächlich nachts, wenn man unbewusst Knirscht oder die Zähne zusammenpresst, werden Zähne mit Vorkontakten extrem belastet. Nach einiger Zeit entstehen dann Schmerzen.
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Zum anderen kann eine Nervenreizung auftreten. Hier ist eine Nervenbahn, welche die Zähne versorgt, in ihrem Verlauf geschädigt oder gereizt. Der Zahn, welcher eigentlich schmerzt, ist in diesem Fall gar nicht der eigentliche Auslöser des Symptoms. Ähnlich verhält es sich beispielsweise bei der Trigeminusneuralgie. Hier ist der Nervus Trigeminus an irgendeiner Stelle geschädigt und löst dann spontane Schmerzattacken aus.
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Sehr oft klagen Patienten, die an einer CMD erkrankt sind, auch über Kopfschmerzen. Ursache hierfür ist die Muskulatur. Gerade im Kopf-Hals-Bereich ist die Muskulatur des Kiefers und des Halses sehr stark miteinander verknüpft. Eine anhaltende Fehlhaltung oder -bewegung des Kiefers kann sich dann auf das gesamte System ausweiten und Beschwerden verursachen. Da die Muskeln teilweise am Hinterkopf oder an der Schläfe angeheftet sind, kann so das Gefühl des Kopfschmerzes entstehen.
Bei Lymphknoten handelt es sich um eine sogenannte Filterstation für die Lymphe. Die Lymphe beschreibt eine Körperflüssigkeit, die sich in den Lymbahnen befindet. Sie enthält Elektrolyte, Proteine und weiße Blutkörperchen. Gerade im Kopf-/Halsbereich befinden sich viele dieser Knoten. Bei Entzündungen sind diese vergrößert, da sie versuchen die Krankheit abzuwehren. Die CMD muss nicht unbedingt mit einer Vergrößerung einhergehen.
Da in diesem Rahmen allerdings auch Zahnentzündungen, Halsschmerzen, Gelenkerkrankungen oder andere Beschwerden mit einhergehen, ist es nicht ungewöhnlich, dass die Lymphknoten anschwellen. Man sollte dieses Symptom daher vorsichtshalber beim Arzt abklären lassen, damit keine andere Erkrankung übersehen wird.
Die Osteopathie beschäftigt sich mit der Behandlung der Erkrankungsursache, eine ganzheitliche Betrachtung des Menschen wird hier durchgeführt. Es sollen Zusammenhänge der CMD-Beschwerden zu einzelnen Organen und zu anderen (Vor-)Erkrankungen gefunden werden, damit gezielt die Ursache der Beschwerden angegangen werden kann. Ein Osteopath kann gezielt Blockaden zwischen Knochen und anderen Geweben auflösen und so Beschwerden lindern. Da die osteopatische Ausbildung jedoch rechtlich nicht einheitlich geregelt ist, kann ein Arzt zur Zeit noch keine Rezepte dafür ausstellen. Es handelt sich dabei um eine reine Privatleistung.
Wenn konservative Methoden, also manuelle Therapie oder das Eingliedern einer Schiene, versagen, kann es sinnvoll sein über eine Operation nachzudenken. Als Akuttherapie ist hier die Lavage, auch Gelenkspülung genannt, anzuführen. Sie wird in Vollnarkose durchgeführt und soll bewirken, dass Entzündungszellen und Schmerzbotenstoffe aus dem Gelenk herausgespült werden. Falls nichts hilft und das Gelenk sogar mit der Schädelbasis verwächst, kann nur noch eine offene Kiefergelenksoperation helfen.
Hier wird über einen Schnitt vor dem Ohr das Gelenk dargestellt, etwaige Verbindungen getrennt und in manchen Fällen eine Knorpelscheibe oder ähnliches eingebracht. Dieses Material soll anschließend verhindern, dass Verwachsungen nochmals auftreten. Dieses Verfahren stellt die sogenannte „Ultima Ratio“ dar und sollte nur bei wirklich dringenden Fällen ohne Besserung angewendet werden.
Die Prognose von craniomandibulären Dysfunktionen ist stark abhängig davon, in welchem Stadium sich die Erkrankung befindet. Wird eine CMD frühzeitig diagnostiziert, ist eine Behandlung meist sehr hilfreich. Wichtig ist, dass die Betroffenen die Therapie konsequent fortführen und den Ursachen auf den Grund gehen, indem beispielsweise an Stressreduktion gearbeitet wird. Je länger eine CMD unbehandelt bleibt, desto größer wird die Gefahr, dass teilweise unumkehrbare Folgeschäden an den Gelenkstrukturen oder Zähnen entstehen.
Grundsätzlich gibt es keine offiziellen Maßnahmen, um sicher eine CMD vorzubeugen. Da allerdings Stress und viel psychische Belastung bekannterweise Auslöser sind, wird ein gutes Stressmanagement empfohlen. Symptome sollten außerdem frühzeitig mit Zahnärzten abgeklärt werden.
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