Vorzeitige Plazentaablösung

Unter einer vorzeitigen Plazentaablösung versteht man die gänzliche, oder Teile der Plazenta betreffende, Lösung des Mutterkuchens von der Gebärmutter, welche noch während dem Verbleib des Kindes im Bauch der Mutter stattfindet. Die vorzeitige Plazentaablösung kann vollkommen symptomfrei und bei nur geringer Lösung ungefährlich sein.

Vorzeitige Plazentaablösung

Was ist eine vorzeitige Plazentaablösung?

Unter einer vorzeitigen Plazentaablösung versteht man die gänzliche, oder Teile der Plazenta betreffende, Lösung des Mutterkuchens von der Gebärmutter, welche noch während dem Verbleib des Kindes im Bauch der Mutter stattfindet. Normalerweise löst sich die Plazenta erst nach der Geburt des Kindes. Die vorzeitige Plazentaablösung kann vollkommen symptomfrei und bei nur geringer Lösung ungefährlich sein. Hat sich der Mutterkuchen jedoch zum Großteil oder ganz von der Gebärmutter gelöst führt dies zu einer Unterbrechung der kindlichen Blut- und Sauerstoffversorgung, da die Plazenta nicht mehr an die mütterlichen Blutgefäße angeschlossen ist. Des Weiteren bluten die vom Mutterkuchen getrennten mütterlichen Gefäße in die Gebärmutter hinein und es kommt zu einem Blutverlust der Mutter. Je nach Ausmaß der Ablösung kann der Zustand für Mutter und Kind lebensbedrohlich werden.

Gründe für eine vorzeitige Plazentaablösung

Es kann mehrere Ursachen und begünstigende Faktoren für eine vorzeitige Plazentaablösung geben. So kann ein Trauma der Gebärmutter, wie es durch Krafteinwirkung auf den Bauchraum bei einem Sturz, Kampf oder Unfall entstehen kann, durch das Reißen mütterlicher Gefäße zu einem Hämatom des Uterus führen. Hierbei kommt es durch einen Bluterguss zu einer Blutansammlung zwischen der Plazenta und der Gebärmutter, man spricht von einem retroplazentären Hämatom. Bei stärkerer Blutung und immer größer werdendem Bluterguss wird mehr Platz benötigt, sodass sich der Spalt zwischen Mutterkuchen und Gebärmutter ausweitet und mit Blut füllt. Dieser Blutstau kann zur teilweisen oder vollständigen Plazentaablösung führen.
Rauchen und erhöhtes mütterliches Alter und eine bereits erfolgte vorzeitige Plazentaablösung in einer Vorschwangerschaft zählen zu möglichen Risikofaktoren. Auch kann es bei einer Mehrlingsschwangerschaft durch die Geburt des ersten Zwillings zu einem Ablösen der Plazenta und damit zu einer Gefährdung des zweiten Zwillings kommen. Eine vorzeitige Plazentalösung kann auch durch ärztliche Manöver entstehen, wenn versucht wird bei unsachgemäßer Lage des Ungeborenen eine geburtsmögliche Position des Kindes einzustellen.

Ein hoher Blutdruck in der Schwangerschaft stellt ebenfalls ein erhöhtes Risiko für eine vorzeitige Plazentaablösung und eine Früh- bzw. Fehlgeburt dar. Ein erhöhter Blutdruck kann in der Schangerschaft zu einer Präeklampsie bzw. einer Gestose führen, die weiterer schwere Folgen für Mutter und Kind haben kann.

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Welche Rolle spielt das Rauchen?

Rauchen zählt zu den Risikofaktoren einer vorzeitigen Plazentaablösung. Nikotin beeinflusst die Durchblutung der Mutter und somit auch die Blutversorgung der Plazenta, welche über mütterliche Gefäße gewährleistet wird. Die Plazenta wiederum hat die Aufgabe das ungeborene Kind mit Blut, Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen. Daher kann Rauchen die kindliche Blutversorgung beeinträchtigen. Durch den Konsum von Nikotin steigt also die Wahrscheinlichkeit der frühzeitigen Lösung des Mutterkuchens von der Gebärmutter. Damit kann es zu einer Gefährdung von Mutter und Kind kommen. Um das Risiko einer vorzeitigen Plazentaablösung zu reduzieren, sollte daher für den Zeitraum der Schwangerschaft und idealerweise auch während der Stillzeit auf das Rauchen verzichtet werden.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter: Wie gefährlich ist Rauchen in der Schwangerschaft?

Diagnose der vorzeitigen Plazentaablösung

Eine schnelle Diagnose der vorzeitigen Plazentaablösung ist besonders bei schweren Verläufen lebensentscheidend. Daher sind ein kontinuierliches Monitoring der Vitalparameter und über das CTG (Kardiotokographie) eine Darstellung der kindlichen Herztöne nötig.  Ein Abtasten von Bauch und Gebärmutter dient der Beurteilung der Höhe der Gebärmutter und deren Tonus.
Über den Ultraschall kann der Sitz der Plazenta kontrolliert und zudem die Aktivität des Kindes über dessen Bewegungen dargestellt werden. Auch kann so ein möglicher Bluterguss und der Auslöser einer vorzeitigen Plazentaablösung erkannt werden. Zusätzlich erfolgt eine Blutabnahme um insbesondere die Gerinnungsparameter zu beurteilen, die bei einer vorzeitigen Plazentaablösung stark ansteigen können. Auch wird der Hämoglobinwert bestimmt, um das Ausmaß einer möglichen Blutung abzuschätzen.

Was sieht man im Ultraschall?

Der Ultraschall stell bei Verdacht auf eine vorzeitige Plazentaablösung ein unerlässliches diagnostisches Verfahren dar. Im Ultraschall können der Sitz und die Lage der Plazenta bestimmt werden. Darüber hinaus kann nach einem Hämatom, also einem Bluterguss, zwischen Mutterkuchen und Gebärmutter gesucht werden, da dieses zu den möglichen Ursachen einer vorzeitigen Plazentaablösung gehört. Auch kann die Aktivität des Feten durch Darstellung seiner Bewegungen mittels Ultraschall erfasst werden. Die Kindsaktivität ist neben der Überwachung der kindlichen Herzaktivität mittels CTG-Gerät ein wichtiges Mittel zur Einschätzung des gesundheitlichen Zustands des Feten.

Ebenfalls können mittels des Ultraschallverfahrens auf Erkrankungen der Plazenta geschlossen werden. Eine häufige Erkrankung ist die Verkalkung der Plazenta. Lesen Sie mehr zum Thema unter: Verkalkte Plazenta 

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter: Ultraschall in der Schwangerschaft

Symptome einer vorzeitige Plazentaablösung

Nicht immer ist eine vorzeitige Plazentaablösung mit Symptomen verbunden. In 20-30% der Fälle bleibt die Lösung des Mutterkuchens gänzlich symptomfrei und kann lediglich mit dem Ultraschallgerät erkannt werden.

Die möglichen begleitenden Symptome korrelieren mit dem Grad der Ablösung. Beim Grad 1 der vorzeitigen Plazentaablösung handelt es sich um eine sehr geringe Ablösung, die in den meisten Fällen keinerlei Beschwerden verursacht. Spricht man vom Grad 2, so handelt es sich um eine etwas stärkere Ablösung, die mit leichten vaginalen Blutungen einhergehen kann. Die Gebärmutter bleibt in ihrer Konsistenz weich. Auch der Zustand des Feten ist meist unauffällig.
Grad 3 beschreibt eine sehr ausgeprägte Plazentaablösung, welche mit starken Blutungen und teilweise mit hetigen Schmerzen mütterlicherseits verbunden ist. Bei massivem Blutverlust der Mutter kann ein Schockzustand eintreten. Diese Blutungen müssen nicht immer vaginal austreten, in manchen Fällen sickert das Blut hinter die Plazenta und wird zunächst nicht bemerkt. Der Uterus ist bei der Untersuchung hart und gespannt, auch kann die Wehentätigkeit massiv zunehmen und ein sogenannter ‚Wehensturm‘ tritt auf. Die Herzaktivität des Kindes ist krankhaft verändert und es leidet unter Sauerstoffmangel. Der intrauterine Fruchttod, also das Versterben des Feten im Mutterleib, kann eintreten. Bei besonders schweren Verläufen kann es zu Gerinnungsstörungen der Mutter und einer disseminierten intravasalen Gerinnung (DIC) kommen, wobei durch Verbrauch von für den Gerinnungsprozess wichtigen Faktoren eine verstärkte Blutungsneigung auftritt.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter: Blutung in der Schwangerschaft

Schmerzen bei einer vorzeitigen Plazentaablösung

Nicht immer ist eine Plazentaablösung mit Symptomen verbunden. Daher ist ein Ausbleiben von Beschwerden keine Garantie dafür, dass die Schwangerschaft regelhaft verläuft und der Sitz und die Funktion des Mutterkuchens in Ordnung sind. In vielen Fällen jedoch äußert sich eine vorzeitige Plazentaablösung durch starke Schmerzen und zunehmende Druckempfindlichkeit des Bauches der Schwangeren. Häufig baut sich der Schmerz nicht allmählich auf, sondern beginnt sehr plötzlich und in hoher Intensität im Unterbauch lokalisiert. Eine schnelle Arztkonsultation ist dringend zu empfehlen.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter: Schmerzen im Unterleib während der Schwangerschaft

Anzeichen einer vorzeitigen Plazentaablösung

Es muss nicht immer Anzeichen für eine vorzeitige Plazentaablösung geben da etwa ein Drittel der Fälle völlig symptomfrei bleiben. Daher sollte die Schwangere stets die empfohlenen ärztlichen Kontrolluntersuchungen während der Schwangerschaft wahrnehmen, wo unter anderem auch der Plazentasitz und deren Funktionsfähigkeit beurteilt werden. Dadurch können Veränderungen erfasst und bei Bedarf gehandelt werden. Bei plötzlich auftretenden vaginalen Blutungen während der Schwangerschaft kann es mehrere mögliche Ursachen geben, wobei stets an die vorzeitige Plazentaablösung gedacht werden muss. Daher sollte die schwangere Patientin bei Blutungen und unklaren Schmerzen stets möglichst rasch einen Arzt konsultieren.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter: Anzeichen einer Fehlgeburt

Therapie einer vorzeitigen Plazentaablösung

Die Therapie einer vorzeitigen Plazentaablösung richtet sich nach dem Grad der Lösung, dem Zustand der Mutter und dem Befinden des Kindes. Sind die vaginalen Blutungen gering und der Zustand der Mutter und des Feten unauffällig, so werden unter stationären Bedingungen zunächst Bettruhe und Kontrolluntersuchungen erfolgen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Schwangerschaft in einem noch frühen Stadium ist. Bis zur 34. Schwangerschaftswoche kann auch eine Einleitung der Lungenreife des Feten mittels Cortikosteroiden erfolgen. Kommt die Blutung zum Stillstand und bleibt der Zustand von Mutter und Fetus stabil, kann auch eine Entlassung aus dem Krankenhaus erfolgen.
Bei schweren Verläufen stellt das vorrangige Ziel die Kreislaufstabilisierung der Mutter dar. Engmaschige Kontrollen sind hierbei erforderlich, wobei auch ein besonderes Augenmerk auf die Gerinnung der Patientin gelegt wird um bei Auffälligkeiten in den Gerinnungsprozess der Patientin eingreifen zu können. Bei Bedarf erfolgt die Gabe von Sauerstoff und Blutkonserven. 

Ist der Zustand von Mutter und Kind gefährdet wird eine sofortige Entbindung mittels Kaiserschnitt in die Wege geleitet, unabhängig vom Zeitpunkt der Schwangerschaft und selbst bei eventuell noch fehlender Lebensfähigkeit des Feten. Eine Entbindung wir auch bei fortgeschrittener Schwangerschaft ab der 37. Woche angestrebt. Ist hierbei der Zustand der Patientin und des Feten stabil, kann der Versuch einer vaginalen Geburt unternommen werden, sonst erfolgt ebenfalls ein Kaiserschnitt.

Prognose einer vorzeitigen Plazentaablösung

Eine höhergradige vorzeitige Plazentaablösung stellt eine Gefährdung des Lebens von Mutter und Kind dar. Bei schweren Verläufen liegt die Muttersterblichkeit bei circa einem Prozent, wohingegen die Kindssterblichkeit stark von der Schwangerschaftswoche und dem Geburtsgewicht abhängt und zwischen 10–50% variiert. Auch können in Abhängigkeit davon, wie schnell medizinisch interveniert wird, bleibende oder temporäre gesundheitliche Schäden auftreten. Dazu zählen beispielsweise kindliche Hirn- und Entwicklungsschäden, welche durch den Sauerstoffmangel bedingt sind.
Eine erlebte vorzeitige Plazentaablösung erhöht außerdem das Risiko einer Wiederholung in einer Folgeschwangerschaft.

Wie häufig ist eine vorzeitige Plazentaablösung?

Die vorzeitige Plazentaablösung ist glücklicherweise eine sehr seltene Schwangerschafts- beziehungsweise Geburtskomplikation. Sie tritt in circa 0,5–1% der Schwangerschaften auf. Bei bestimmten Patientinnen, welche mehrere Risikofaktoren aufweisen, kann sich die Wahrscheinlichkeit erhöhen. Allgemein lässt sich die vorzeitige Plazentaablösung bei circa 30% der vaginalen Blutungen im letzten Drittel der Schwangerschaft als Ursache der Blutabgänge feststellen.

Kann es durch Husten zu einer vorzeitigen Plazentaablösung kommen?

Eine vorzeitige Plazentaablösung durch Husten ist äußerst unwahrscheinlich und in medizinischer Fachliteratur nicht zu finden. Beim Husten herrschen zwar veränderte Druckverhältnisse im Bauch, jedoch ist die Plazenta im Regelfall stark genug eingenistet um solche Druckveränderungen durch Husten auszuhalten. Um eine vorzeitige Plazentaablösung auszulösen sind weitaus stärkere Krafteinwirkungen nötig. Dies schließt Stürze, Unfälle oder Schläge auf den Bauch ein, wobei auch die genannten Beispiele nicht zwangsläufig und nicht immer zu Komplikationen führen müssen.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 24.10.2017 - Letzte Änderung: 18.09.2024