Der essentielle Tremor ist eine Bewegungsstörung, die teils zu massiver Beeinträchtigung im Alltag führen kann. Auch wenn bis heute nicht vollständig geklärt ist, wie er entsteht, gibt es viele Therapieansätze, insbesondere medikamentöse Therapie und die tiefe Hirnstimmulation.
Der Tremor an sich ist keine Krankheit sondern ein neurologisches Symptom, das sich am Besten als “Zittern” übersetzen lässt. Die Ursachen eines Tremors reichen von harmlosen Dingen wie Aufregung (sog. physiologischer Tremor) über Medikamente bis hin zu schweren Bewegungsstörungen wie beim Parkinson-Tremor. Ein besonderer Tremor ist der essentielle Tremor, eine Bewegungsstörung mit bisher ungeklärter Ursache. Hierbei handelt es sich um einen sogenannten Aktionstremor, der also vor allem bei alltäglichen Aktionen wie Wasser einschenken oder Essen auftritt und Betroffene je nach Ausprägung massiv beeinträchtigen kann. Auch wenn die zugrunde liegenden Mechanismen bisher nicht ausreichend verstanden sind gibt es vielversprechende Therapie-Ansätze.
Hier finden Sie einen generellen Überblick über das Thema Tremor
Bisher ist bekannt, dass der essentielle Tremor familiär gehäuft vorkommt und meistens bestimmte Mutationen zugrunde liegen. Die genauen Mechanismen, die zu der Krankheit führen sind allerdings nach wie vor nicht ausreichend geklärt, sodass eine zielgerichtete Therapie nicht möglich ist. Heilbar ist der essentielle Tremor also nicht. Es gibt jedoch einige Therapieansätze, die eine gute Linderung des Tremors bringen können.
Zunächst sollte festgestellt werden, ob wirklich ein essentieller Tremor vorliegt. Kennzeichen sind
ein Aktionstremor, also ein Tremor bei Tätigkeiten wie Wasser einschänken
meist Tremor der Hände und des Kopfes, gelegentlich auch ein sog. Stimmtremor
familiäre Häufung
Zunahme des Tremors bei Stress bzw. psychischer Belastung
oft wird eine Besserung unter Alkohol beobachtet (was natürlich keine Aufforderung zum Alkoholkonsum darstellt!)
Weiterhin müssen andere Ursachen, insbesondere ein Tremor durch Medikamente, ausgeschlossen werden. Hierzu gehören in erster Linie Thyroxin, Lithium, Cortison und Valproat. Auch Koffein kann einen Tremor auslösen, in diesem Fall sollten natürlich koffeinhaltige Getränke reduziert werden.
Ist der essentielle Tremor diagnostiziert kommt es auf den Grad der Beeinträchtigung an. Liegt keine oder nur eine mäßige Beeinträchtigung im Alltag vor ist oft keine Therapie nötig. ansonsten können Medikamente helfen, in schweren Fällen kann die operative Implantation eines “Hirnschrittmachers” nötig werden.
Informieren Sie sich genauer über Ursachen und Diagnose des essentiellen Tremor
Die OP beim essentiellen Tremor ist die Implantation des tiefen Hirnstimmulators (THS), eines oft als “Hirnschrittmacher” bezeichneten Gerätes, wie man es vielleicht aus der Therapie des Morbus Parkinson kennt. Es handelt sich hierbei um die Implantation einer Elektrode in eine Region des Gehirns - dem Nucleus ventralis intermedius thalami (Vim) - mittels einer aufwändigen neurochirurgischen Operation. Die genauen Mechanismen sind sehr komplex und auch noch nicht vollständig verstanden, letztlich kommt es zu einer Modulation des Vim, der eine wichtige Rolle in der Entstehung des essentiellen Tremors spielt und zum sog. Tremor-Netzwerk gehört.
Die Elektrode wird dann über Kabel unter der Haut mit einem kleinen Gerät verbunden, das unter dem Schlüsselbein implantiert wird, ähnlich wie beim Herzschrittmacher. Hierüber kann der THS auch später noch mit einem Magneten jederzeit neu eingestellt werden. Diese OP sollte natürlich nur von ausgewiesenen Fachzentren durchgeführt werden.
Die Implantation eines THS ist zwar eine vergleichsweise sichere OP, nichts desto trotz ist es eine Operation am Gehirn und bringt gewisse Risiken mit sich. Daher ist sie nur bei schwerer Symptomatik einzusetzen, wenn die medikamentöse Therapie trotz ausreichender Dosierung versagt hat.
In diesen Fällen ist die OP allerdings sehr erfolgreich, es wird über Besserung der Symptome um bis zu 80% berichtet, sodass sehr schwer betroffenen Patienten oft wieder ein “normales” Leben ermöglicht werden kann.
Natürlich hat die Implantation wie jede andere Operation auch Risiken. Hierzu gehören zunächst die allgemeinen Risiken einer OP wie Nachblutungen, Hirnblutungen, Schädigung von Nerven und Gefäßen, Verletzung von umliegenden Strukturen, hier vor allem Hirnschäden und natürlich Risiken der Narkose. Auch kann es zu Infektionen der Wunde kommen. Ein weiteres Risiko ist immer auch ein Versagen der Maßnahme.
Insgesamt sind die Risiken bei einer THS-Implantation jedoch als eher gering einzustufen, da von einem Team von Spezialisten jeder Schritt vorher sehr genau geplant wird. Wenn für Sie die Implantation eines Hirnstimmulators in Frage kommt werden Sie von Ihrem Neurochirurgen ausführlich über alle individuellen Risiken aufgeklärt.
Bei der Behandlung des essentiellen Tremors muss zunächst die Ausprägung der Symptome und die Beeinträchtigung im Alltag berücksichtigt werden. Manche Patienten haben nur ein leichtes Zittern unter Anspannung. Wenn hierdurch keine oder nur eine mäßige Beeinträchtigung vorliegt ist oft keine Therapie nötig. Ansonsten kann versucht werden mit Medikamenten behandelt zu werden. Hierzu nutzt man bei Patienten unter 60 Jahren in erster Linie Betablocker, insbesondere Propranolol hat sich bewährt. Auch weitere sog. nicht-herzspezifische (kardioselektive) Betablocker können eingesetzt werden. Die Aufgabe des Neurologen ist dabei, die Dosis so einzustellen, dass eine möglichst gute Wirkung bei möglichst wenigen Nebenwirkungen erreicht wird. Bei Therapieversagen oder Patienten über 60 Jahren wird in erster Linie das Antiepileptikum Primidon eingesetzt. 01
Bei Patienten über 60 Jahren nutzt man als Medikament der ersten Wahl eher Primidon, Betablocker sind hier in der Regel zweite Wahl. Primidon stammt ursprünglich aus der Therapie der Epilepsie, wird aber auch beim essentiellen Tremor eingesetzt. Bei Patienten unter 60 kann Primidon ebenfalls eingesetzt werden, wenn Betablocker wie Propranolol keine ausreichende Wirkung zeigen. Zeigen beide Medikamente keine ausreichende Wirkung können sie auch kombiniert werden.
Benzodiazepine sind sehr starke Beruhigungs- und Schlafmittel, die in Deutschland dem Betäubungsmittelgesetz unterliegen. Ihr Einsatz sollte prinzipiell gut abgewogen werden, da sie gefährliche Nebenwirkungen haben können und sehr schnell abhängig machen. Daher sollten sie nur bei wirklicher Notwendigkeit und dann auch nur kurzfristig eingesetzt werden.
Beim essentiellen Tremor zeigen Benzodiazepine keine Wirksamkeit und sollten hier nach Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie auch nicht eingesetzt werden!
Erfahren Sie mehr über die Verwendung und Nebenwirkungen der Benzodiazepine
Wenn bei entsprechend starken Symptomen weder Propranolol noch Primidon noch die Kombination aus beiden eine ausreichende Wirkung zeigen kann als nächstes versucht werden mit Gabapentin oder Topiramat zu behandeln. Beide Medikamente kommen ursprünglich auch aus der Therapie der Epilepsie, werden jedoch auch für andere Erkrankungen und Symptome eingesetzt, Gabapentin beispielsweise für neuropathische Schmerzen. Erst wenn auch hierdurch der gewünschte Effekt nicht erreicht wird, kann über den Einsatz eines tiefen Hirnstimmulators nachgedacht werden. Kann dieser aufgrund von Kontraindikationen nicht eingesetzt werden oder wird die OP vom Patienten abgelehnt, stehen noch stark wirksame Reservemedikamente zur Verfügung, über die Sie ihr Neurologe bei Bedarf informieren kann. Hierzu gehören beispielsweise das Neuroleptikum Clozapin oder das Beruhigungsmittel Phenobarbital.
Insbesondere wenn der essentielle Tremor den Kopf oder die Stimme betrifft sind Medikamente und auch die tiefe Hirnstimulation oft weniger wirksam. Kontrovers diskutiert wird, ob der Einsatz von Botolinumtoxin (“Botox”) sich zur Therapie eignet, befragen Sie hierzu am Besten Ihren behandelnden Neurologen.
Da der essentielle Tremor oft durch emotionale Belastung und Stress verschlimmert wird sollte man diesen möglichst vermeiden. Helfen können hierbei auch Entspannungsverfahren wie die Progressive Muskelentspannung oder autogenes Training.
Auch wenn der essentielle Tremor sich nach Alkoholkonsum oft bessert ist aufgrund der Nebenwirkungen von Alkohol wie Abhängigkeit, Organschäden uvm. natürlich davon abzuraten, regelmäßig Alkohol zu konsumieren!