O-Beine bei Babys sind eine normale Entwicklungsstufe und kein Grund zur Sorge. Nur in seltenen Fällen liegt eine krankheitsbedingte Ursache zugrunde.
Der Begriff O-Beine erklärt sich durch das Aussehen der Beine in der Frontalebene, also wenn man von vorne oder von hinten auf das Stehende oder liegende Kind schaut. O-Beine bei Babys sind generell nichts Schlimmes. Sie gehören zum physiologischen (natürlichen) Entwicklungsverlauf dazu. Bei manchen Babys sind die O-Beine stärker ausgeprägt als bei Anderen – trotzdem kann es auch bei Diesen zu einem kompletten „Auswachsen“ kommen.
Da es natürlich auch immer einen krankheitsbedingten Hintergrund bei O-Beinen geben kann, ist es wichtig, dass im Zuge der U-Untersuchungen darauf geachtet wird. Die Aufgabe des Orthopäden bzw. des Kinderarztes ist in diesem Fall zu erkennen, ob es sich um einen normalen oder krankhaften Verlauf handelt. Bei O-Beinen bei Babys, die sich nicht von selber verwachsen, kann mit konservativen (nicht-operativ) und operativen Maßnahmen geholfen werden. Die Prognose ist sehr gut.
Die medizinische Bezeichnung für O-Beine lautet Genu varum. Es beschreibt eine Achsabweichung des Knies von der normalen (physiologischen) Beinachse. Im Normalfall liegt der Mittelpunkt des Kniegelenkes genau auf einer Linie zwischen dem Mittelpunkt des Hüftgelenkes und dem Mittelpunkt des Sprunggelenkes. Bei einem Baby mit O-Beinen liegt der Mittelpunkt des Kniegelenkes nicht mehr auf dieser Linie, sondern weiter außen (lateral). Wenn man alle drei Mittelpunkte mit einander verbinden würde, dann würde man einen Winkel bekommen, der nach Innen (zum anderen Knie zeigend) kleiner als 180° wäre – zusammen mit dem anderen Knie würde ein „O“ entstehen.
Häufig fallen Eltern die O-Beine ihres Babys erstmals auf, wenn das Kind beginnt zu stehen. Das liegt vor allem daran, dass O-Beine besonders dann ins Auge springen, wenn die Füße zusammengehalten werden. Dies ist im Stehen eher der Fall als im Liegen. Es besteht aber kein Grund zur Sorge. Die O-Beine bei Babys sind in der Entwicklung ganz normal und verwachsen sich in den meisten Fällen bis zum 3. Lebensjahr.
Viele Eltern befürchten, dass zu frühes Aufstehen oder Hinstellen ihres Babys die Gelenke belasten und zu O-Beinen führen könnte. Hier gilt generell, dass der Körper des Babys selbst am besten weiß, wann er bereit ist. Wenn das Kind sich also von selbst beginnt sich hochzuziehen und zu stehen, sollte dies kein Problem für die Knie darstellen. Allerdings sollten Eltern ihre Babys nicht zu oft und zu lange auf ihre Füße stellen, wenn sie noch keine eigenen Stehversuche gewagt haben.
Beim Laufen verhält es sich mit den O-Beinen genauso wie beim Stehen. Wenn das Kind beginnt zu laufen sind O-Beine ganz normal und haben in den meisten Fällen keinen Krankheitswert. Sie helfen sogar bei den ersten Laufversuchen, da sie dem Gang mehr Stabilität und somit mehr Sicherheit verleihen.
Im Zuge der Entwicklung gehen die O-Beine im Normalfall immer weiter zurück und werden sogar zu X-Beinen im Kleinkindalter, bis sie ungefähr ab Schulalter wieder gerade werden sollten.
Die häufigste Ursache für O-Beine bei Kleinkindern ist der normale Wachstumsprozess. Bei den Babys bestehen die Knochen zu Teilen noch aus Knorpel und sind noch nicht vollständig verknöchert. Im Zuge des Wachstums und des Verknöcherns werden die Beine auf das Laufen und Stehen vorbereitet. Dabei verändern sich die Winkel von Oberschenkel (Femur) und Schienenbein (Tibia) zueinander.
Vor allem bei sehr stark ausgeprägten Formen ist jedoch auch an eine pathologische (krankheitsbedingte) Ursache zu denken.
Ein Vitamin-D-Mangel kann zur Demineralisierung, also Aufweichung der Knochenstruktur führen. Dabei spielt ein daraus resultierender Calcium-Mangel eine zentrale Rolle. Durch eine Laboruntersuchung kann dies schnell erkannt und durch Calcium-Gabe behoben werden. In der Kinderheilkunde wird dieser Erkrankung, die als Rachitis bezeichnet wird, durch generelle Vitamin-D-Gabe ab der 2. Lebenswoche vorgebeugt.
Weiterhin ist als seltene Ursache an das Blount-Syndrom zu denken. Dabei handelt es sich um eine Deformation des Schienenbeins aufgrund eines vorzeitigen Verschlusses der inneren Wachstumsfuge.
Auszuschließen sind außerdem die Glasknochenkrankheit (Osteogenesis imperfecta) und auch Osteochondrome (gutartige knorplige Tumoren).
Die Symptome sind äußerlich zuerkennen. Aufgrund des veränderten Winkels zwischen Ober- und Unterschenkel sehen die beiden Beine des Kindes aus als würden sie ein „O“ formen. Dies kann zum Teil sehr prägnant aussehen und die Eltern verständlicherweise beunruhigen. Da dies aber Teil des natürlichen Entwicklungsprozesses ist, muss mit keinen bleibenden Schäden gerechnet werden.
Sollten die O-Beine jedoch über die physiologische Phase hinaus bestehen, können sich weitere Symptome im Bewegungsapparat abzeichnen.
Zum Einen kommt es durch die O-Stellung zu einer vermehrten Belastung des Innen-Meniskus (dem knorpeligen Überzug der Kniegelenksfläche auf der Innenseite). Langfristig kann das zu (vorzeitiger) Arthrose im Kniegelenk führen.
Außerdem kann es zu sogenannten Knick-Senk-Füßen kommen. Dabei senken sich die Fußinnenseiten nach Innen-Unten ab. Dadurch versuchen die Kinder das auf den Außenseitenlaufen, was durch die O-Beine entsteht, auszugleichen.
Lesen Sie hier mehr über Knickfüße bei Kindern
Weiterhin kann es zu Haltungsschäden im Oberkörper kommen. Dies tritt vor allem auf, wenn es nur einseitig zu einer Persistenz (Bestehenbleiben) der O-Beine kommt.
Dabei entsteht ein Beckenschiefstand mit einem Tiefstand auf der Seite mit dem O-Bein (da hier das Bein durch die Krümmung kürzer ist). Dies kann eine skoliotische Fehlhaltung der Wirbelsäule bedingen. Damit ist gemeint, dass die Wirbelsäule eine Krümmung, wie bei einer Skoliose einnimmt, die aber durch Behebung des Beckenschiefstandes behoben werden kann – im Gegensatz zu einer echten Skoliose.
Die Diagnose findet anhand von körperlicher Untersuchung und Bildgebung (z.B. Röntgenbild) statt. Der Kinderarzt erkennt häufig schon am liegenden oder stehenden Kind, wie stark die Ausprägung der O-Beine ist.
Eine interessante Möglichkeit, die es auch den Eltern erlaubt das Fortschreiten zu erkennen, ist das Aufzeichnen der Konturen der Beine des Babys auf eine Unterlage oder eine Fotodokumentation im Verlauf. Daran können die Eltern erkennen, ob die Ausprägung der O-Beine stärker oder schwächer wird oder gleichbleibt.
Desweiteren kann der Arzt die Innenknöchel des Babys zusammendrücken und den Abstand der Knie messen. Anhand von Tabellen kann daraus Ausmaß der O-Beine bestimmt werden.
Als weitere diagnostische Maßnahme kann ein Röntgenbild der Beine angefertigt werden. Hier kann dann nochmals der Winkel von Oberschenkel zu Tibia bestimmt werden. Außerdem kann hier auch der Reifegrad der Knochen beurteilt werden.
Eine Therapie ist in den meisten der Fälle aufgrund des normalen Entwicklungsprozesses nicht nötig. Sollte die O-Bein Stellung jedoch sehr stark ausgeprägt sein, und sich nicht wie gedacht bis zum 3. Lebensjahr zurückentwickeln, dann kann auf die Verwendung von Schuheinlagen zurückgegriffen werden. Dabei handelt es sich um Einlagen, die wie ein Keil geformt sind. Dieser Keil wird unter den Fußaußenrand geschoben. Dadurch hebt sich dieser an, und das Knie wird Richtung Innenseite in eine möglichst physiologische (normale) Achse gekippt. Die Höhe des Keils ist abhängig davon, wie stark die O-Beine ausgeprägt sind.
Zusätzlich kann mit Physiotherapie entsprechende Muskulatur gestärkt werden.
In sehr ausgeprägten Fällen kann ein operativer Eingriff erfolgen. Dieser ist dann indiziert, wenn absehbar ist, dass sich keine natürliche Aufrichtung des Kniegelenkes einstellen wird und auch Einlagen keine ausreichenden Erfolge erzielen werden.
Genutzte Maßnahme ist in diesem Fall die Umstellungsosteotomie. Dabei wird auf der Außenseite des Schienbeinkopfes ein Knochenkeil herausgetrennt. Dadurch wird das Bein auf der Außenseite kürzer und das Knie kippt nach außen weg, sodass das Knie in eine waagerechtere Position kommt.
Alternativ könnte der Knochen auf der Innenseite auch aufgespreizt werden – auch hier kippt die Knieaußenseite nach unten (kaudal).
Lesen Sie mehr dazu unter:
Wie bereits oben beschrieben ist die Prognose im Großteil der Fälle bei Babys sehr gut, da es sich um einen natürlichen Reifungsprozess des Bewegungsapparates handelt. Noch im 2. Lebensjahr sind die O-Beine ohne Krankheitswert. Im 3. Lebensjahr findet normalerweise die Begradigung der O-Beine statt.
Im weiteren Verlauf kommt außerdem häufig zu einer Ausbildung von X-Beinen (Genu valgum). Im Verlauf wächst sich auch dieser Status aus und die meisten Kinder haben bis zum 10.Lebensjahr eine gerade Beinachse.
Prophylaktisch können Eltern und Ärzte bei den physiologischen (normalen) O-Beinen nichts machen. Einziger Ansatzpunkt ist auch hier den Verlauf zu beobachten und bei Auffälligkeiten beim Arzt vorstellig zu werden um mögliche krankheitsbedingte Veränderungen zu erkennen.
Weitere Informationen zum Thema O-Beine beim Baby finden Sie hier:
Eine Übersicht aller Themen aus der Orthopädie finden Sie unter Orthopädie A-Z.