Behandlung des Morbus Osgood-Schlatters

Beim Morbus Osgood-Schlatter liegt eine Reizung des Kniescheibensehnen-Ansatzes am Schienbein vor. Je nach Schweregrad beinhaltet die Behandlung Schonung, Kühlung, Wärmetherapie, Schmerzmittelgabe, operative Eingriffe oder Extrakorporale Stoßwellentherapie.

Behandlung des Morbus Osgood-Schlatter

Allgemeines

Als Morbus Osgood-Schlatter bezeichnet man eine Reizung der Patellarsehne (auch Kniescheibensehne) an ihrem Ansatz am Schienbein. Dabei kann es neben einer Reizung auch zu einem Ausriss einzelner Knochenstücke am Schienbein kommen.

Die Patellarsehne verbindet einen der stärksten Muskeln am Körper mit dem Schienbein - den Musculus quadriceps femoris. Die Funktion dieses besser als „Oberschenkelmuskel“ bekannten Muskels ist am einfachsten anhand eines Fußballspielers erklärt: Will ein Fußballspieler den Ball schießen, so holt er zuerst mit dem ganzen Bein aus, und lässt dann den Unterschenkel peitschenartig vorschnellen – hier kommt der M. quadriceps femoris ins Spiel, der durch die massive Kontraktion seiner 4 Muskelköpfe die Patellarsehne nach oben zieht, und den Unterschenkel streckt. Bei zu starker Belastung und gleichzeitig nicht fertig ausgebildetem Knochengewebe im Schienbein, kann ein Teil der Sehne ausreißen. So geschieht es oft in der Pubertät.

Symptomatische Therapie

Zur Behandlung des Morbus Osgood-Schlatter gibt es mehrere Möglichkeiten. Initial kann man nach dem PECH-Schema vorgehen: Pause, Eis, Compression, Hochlagern. Der Fuß muss also gekühlt und hochgelagert werden. Die Kühlung beugt einer Schwellung vor, das Hochlagern verhindert, dass es zu einem Bluterguss kommt. Eine Pause ist bei Schmerzen ohnehin sinnvoll.

Zu starke Schmerzen werden in der Regel zusätzlich mit einem NSAR, also einem Schmerzmedikament wie Ibuprofen oder Paracetamol behandelt. Neben Schmerzmitteln wird auf gerne eine Wärmetherapie mit heißen Umschlägen oder eine Massage verordnet. Dies mag zwar widersprüchlich wirken, ist aber logisch zu erklären: Um einer anfänglichen Schwellung vorzubeugen wird die betroffene Stelle gekühlt, damit sich die Gefäße und das Gewebe zusammenziehen. So kann weniger Flüssigkeit ins Gewebe dringen, die Schwellung wird nicht so „dick“. Ist diese anfängliche Phase überwunden (meist nach 1-3 Tagen), ist eine Wärmetherapie sinnvoll, um die Durchblutung an der Stelle zu fördern, und den Abtransport der im Gewebe befindlichen Flüssigkeit zu fördern. Nebenbei lockert Wärme die Muskulatur, was auch das Ziel der Massagebehandlung ist.

Kausale Therapie

Während Kühlung und Schmerzbehandlung symptomatisch erfolgen, konzentriert sich die kausale Therapie des Morbus Osgood-Schlatter auf die Ursache der Erkrankung. Wie bereits erwähnt ist eines der Probleme hierbei ein nicht vollständig ausgebildetes, oder im Umbau befindliches Knochengewebe am Schienbein. Dadurch kann den extremen Kräften, die an dieser Stelle wirken, nicht standgehalten werden.

Die Therapie erfolgt insofern vorerst durch Schonung und Meidung der Sportart, bei dem die Verletzung aufgetreten ist. Sportarten wie Radfahren oder Schwimmen können beispielsweise Fußballspielen zumindest kurzzeitig ersetzen, da sie Gelenke und Muskel weniger stark beanspruchen. Sobald die Schmerzen abnehmen und eine Kontrolle im Röntgen vorgenommen wurde, kann mit der ursprünglichen Sportart wieder begonnen werden. Zudem ist es wichtig, die Oberschenkelmuskulatur zu stärken, was durch Krankengymnastik erzielt wird.

Bei übergewichtigen Kindern wird ein Morbus Osgood-Schlatter auch durch Erstellung eines Ernährungsplanes behandelt – schließlich beansprucht jedes überflüssige Kilo Körpergewicht Muskulatur und Knochen.

In schweren und rezidivierenden Fällen kann zusätzlich zur Schonung noch eine Gipsschiene oder auch Gipstutor verwendet werden. Dieser wird ringförmig um das Schienbein angelegt, und stabilisiert die ausgerissene Stelle: Bei jeder Beinbewegung stehen die Sehnen und Muskeln unter Zug und Druck und der Tutor vermindert die Kräftewirkung.

Operative Behandlung

In Extremfällen ist es mit einer konservativen Therapie des Osgood-Schlatter allerdings nicht getan, und eine Operation ist indiziert. Diese kann beispielsweise sinnvoll sein, wenn sich Knochenstücke aus dem Schienbeinknochen (lat., medizinisch: Tibia) lösen, und an der Muskelsehne hängen. Bei Bewegung schleifen diese unter Umständen am restlichen Schienbein entlang und verursachen starke Schmerzen, sowie einen Abrieb am Knochen. Auch können diese Knochenteile an „falschen“ Stellen wieder anwachsen, und so die Muskelfunktion dauerhaft schädigen.

Operativ werden beim Morbus Osgood-Schlatter die losgelösten Knochenteilchen (auch Ossikel) entfernt, und die Muskelsehne wieder mit dem stabilen Knochen verbunden. Wie nach jeder OP schließt sich danach eine mehrwöchige Schonungsphase an.

Eine OP sollte jedoch erst mit Abschluss der Wachstumsphase (nach der Pubertät) erfolgen, da ansonsten die Gefahr zu groß ist, den Knochen in seinem Längen- und Breitenwachstum zu beeinträchtigen.

Mehr über die Operation beim Morbus Osgood-Schlatter erfahren Sie hier.

Extrakorporale Stoßwellentherapie

Ein neuerer Therapieansatz ist die sogenannte ESWT, die Extrakorporale Stoßwellentherapie, die bisher hauptsächlich zur Zerstörung von Nierensteinen eingesetzt wurde. Aber auch Sehnenverkalkungen oder eben Knocheneinschlüsse und Ossikel können mittels der ESWT behandelt werden.

Während in frühen Tagen der ESWT der Patient noch in einer Art gefüllten Badewanne liegen musste, in welche Stoßimpulse abgegeben wurden, ist das Behandlungsgerät heutzutage auf Handgröße geschrumpft. Dabei wird das Gerät einfach auf der Haut platziert und kann punktgenau die darunterliegenden Knochenstücke zerstören. Nach durchschlagendem Erfolg bei der Zerstörung von Nierensteinen wird diese Methode nun auch vermehrt zur Behandlung des Morbus Osgood-Schlatter eingesetzt. Eine Behandlung dauert ca. 10 Minuten, es sind jedoch mehrere Behandlungszyklen notwendig (meist 3-5 Stück). Um etwaige Schmerzen zu vermeiden, wird vor der Behandlung ein Lokalanästhetikum, also eine örtliche Betäubung an der zu behandelnden Stelle vorgenommen.

Da es sich um ein relativ neues Verfahren handelt, gibt es Stand 2015 unter Experten noch geteilte Meinung zur Wirksamkeit dieser Therapie.
Hier müssen eventuell erst Langzeitstudien abgewartet werden, jedoch sprechen manche Ärzte von Behandlungserfolgen zwischen 70 und 80%. In jedem Fall kann die ESWT (vereinzelt auch RSWT, für „radiale Stosswellentherapie“) eine Alternative zur Operation bei der Behandlung des Morbus Osgood-Schlatter darstellen.

Weiter Informationen auch unter: Extrakorporale Stoßwellentherapie

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 13.07.2015 - Letzte Änderung: 30.03.2024