Lebertransplantation

Lebertransplantation

Die Leber ist eines von vielen lebenswichtigen Organen des Menschen. Zu ihren Aufgaben gehört neben vielen wichtigen Stoffwechselleistungen auch die Entgiftung des Körpers.

Wenn diese unheilbar erkrankt, ist häufig die Transplantation einer gesunden Leber der einzige Weg das Leben des Erkrankten zu retten.

Bei der Lebertransplantation wird die erkrankte Leber entfernt und eine gesunde Leber eines verstorbenen Organspenders oder Teile einer Leber von einem Organspender eingesetzt. Ziel der Lebertransplantation ist, dass die neu eingesetzte Leber alle Funktionen übernehmen kann.

In Deutschland werden zur Zeit ca. 900 Lebertransplantationen im Jahr vorgenommen.

Was sind die Voraussetzungen für eine Lebertransplantation?

Es gibt Voraussetzungen, die erfüllt werden müssen, damit man für eine Lebertransplantation infrage kommt.
Zunächst muss die Leber so erkrankt sein, dass die Leber nicht rückbildungsfähig ist.
Die Lebererkrankung kann angeboren oder erworben sein.
Die Erkrankung der Leber muss eine Lebertransplantation erforderlich machen.

Ist in der Vorgeschichte bereits eine Lebertransplantation erfolgt, muss im Langzeitverlauf ein chronisches Transplantatversagen vorliegen, damit man erneut auf die Warteliste für eine Transplantation kommt.
Die Lebererkrankungen, die eine Lebertransplantation notwendig machen, sind häufig fortgeschrittene Lebererkrankungen, die

  • eine Leberzirrhose verursachen (primäre biliäre Zirrhose, primär sklerosierende Cholangitis, alkoholtoxische Lebererkrankung, chronisch aktive Virushepatitis usw.),
  • bösartige Lebertumoren,
  • angeborene Fehlbildungen der Leber (extrahepatische Gallengangsatreisie),
  • Stoffwechselstörungen (Wilson’sche Erkrankung)
  • oder ein akuter Ausfall der Leber aufgrund einer Virushepatitis, einer Vergiftung oder durch Medikamente (z.B. Paracetamolvergiftung) .

Wie kommt man auf die Warteliste?

Um auf die Warteliste für eine Lebertransplantation zu kommen, müssen die oben genannten Voraussetzungen erfüllt sein.
Der Betroffene muss an einer nicht rückbildungsfähigen Erkrankung der Leber leiden, welche eine Lebertransplantation notwendig macht.

Die Entscheidung zur Aufnahme auf die Warteliste trifft der behandelnde Hepatologe. Ein Hepatologe ist ein Facharzt der Inneren Medizin, genauer gesagt der Gastroenterologie, der auf die Leber und Gallenwege spezialisiert ist.
Der Hepatologe bespricht die Lebertransplantation in der Regel mit dem durchführenden Leberchirurgen und dem Patienten.
Das bedeutet, dass ein Facharzt aus einem Transplantationszentrum sich um die Aufnahme des Betroffenen auf die Warteliste kümmert.
Transplantationszentren sind in verschiedenen Krankenhäusern deutschlandweit zu finden und sehr gut auf verschiedene Organtransplantationen spezialisiert.

Der Arzt gibt die nötigen Patientendaten an die Vermittlungsstelle Eurotransplant (ET).
Eurotransplant wertet die Daten aus und entscheidet, ob eine Transplantation als notwendig erachtet wird.
Die Evaluation zur Transplantation basiert auf einer Reihe verschiedener Kriterien, die europaweit gleichermaßen gelten.

Was kostet eine Lebertransplantation?

Die Kosten einer Lebertransplantation werden von der Krankenkasse des Organempfängers bezahlt.
Dazu gehören die Kosten für den operativen Eingriff, sowie die Vor- und Nachbehandlung.
Die Kosten einer Transplantation können bis zu 200.000 Euro betragen.

Indikation – Faktoren die eine Lebertransplantation nötig machen können

Häufigster Grund für eine Lebertransplantation in Deutschland ist eine voragegangene chronische Erkrankung der Leber, die Leberzirrhose. Ausgelöst wird diese vor Allem durch :

Auch bei Kindern kann die Notwendigkeit zur Lebertransplantation bestehen z.B. bei:

  • Angeborener Gallengangsverschluss (häufigster Grund bei Kindern)
  • Kongenitale Leberfibrose (Vernarbung des Lebergewebes)
  • Erblich bedingte Stoffwechselerkrankungen

Kontraindikationen - Faktoren, die gegen eine Transplantation sprechen

  • Blutvergiftung
  • Schwere Herz-Lungen Begleiterkrankungen
  • Anhaltender Alkoholkonsum (wenn ein Patient aufgrund von Alkoholmissbrauchs eine neue Leber benötigt, muss dieser erst für mind. 6 Monate trocken sein, bevor er in Frage kommt für die Operation)
  • Tumore in anderen Organen

Kann man bei Metastasen einer Lebertransplantation durchführen?

Es gibt Tumore, die Metastasen in der Leber verursachen.
Darmkrebs führt zum Beispiel häufiger zu der Entstehung inoperabler Tochtergeschwülste in der Leber.
Eine Lebertransplantation bringt jedoch Risiken mit sich.

Es ist eine große Operation, die mit einer Unterdrückung der Immunabwehr (Immunsuppression) einhergeht, um eine Abstoßung des Organs zu verhindern.
Ob eine Lebertransplantation bei Metastasen sinnvoll ist, muss individuell mit dem behandelnden Arzt besprochen werden.

Lesen Sie, wann und wo Immunsuppressiva noch eingesetzt werden und welche Nebenwirkungen sie besitzen: Immunsuppressiva - Einsatzorte & Nebenwirkungen

Gibt es einer Altersgrenze für eine Lebertransplantation?

Es gibt keine Altersgrenze für eine Lebertransplantation.
Das bedeutet, dass im Grunde auch ältere Menschen und Kinder für eine Lebertransplantation infrage kommen.

Dennoch gelten für ältere Menschen die gleichen Bedingungen wie für jüngere Patienten.
Das deutsche Transplantationsgesetz besagt jedoch, dass für die Aufnahme auf die Warteliste die Erfolgsaussicht berücksichtigt werden muss.
Damit sind zum unter anderem das Überleben des Organempfängers, die langfristige Leberfunktion und die Veränderung/Verbesserung der Lebensqualität gemeint.
Das Überleben wird von Begleiterkrankungen beeinflusst.

Liegt eine ausgeprägte Herzschwäche vor, kann sich das negativ auf die Lebenserwartung auswirken.
Ältere Menschen sind verhältnismäßig häufiger von Begleiterkrankungen betroffen als jüngere Patienten.

Kann man bei einem Baby eine Lebertransplantation durchführen?

Es gibt Babys, die mit einer angeborenen Fehlbildung der Leber und Gallengänge zur Welt kommen.
Man kann bei Babys eine Lebertransplantation durchführen.
Es gibt die Möglichkeit einer Lebendspende und einer Fremdspende.

Bei einer Lebendspende wird dem kranken Baby ein Stück Lebergewebe eines Verwandten operativ eingesetzt.
Bei einer Fremdspende wird dem Kind eine Spenderleber eines Verstorbenen transplantiert.

Für eine Leberspende müssen Blutgruppe und anatomische Gegebenheiten passen.
Heutzutage sind die Erfolgsaussichten beim Neugeborenen und Säugling für eine Lebertransplantation gut.

Es gibt pädiatrische Transplantationszentren, die fähig sind, den kleinsten Neugeborenen nötige Organe zu transplantieren.

Ablauf

Wenn die Indikation zur Organtransplantation gestellt wurde, wird der Patient auf eine Warteliste für ein Spenderorgan gesetzt. Die Wartezeit kann stark variieren, häufig dauert es Monate bis Jahre, bis ein passendes Spenderorgan zur Verfügung steht.

Ist ein Spenderorgan gefunden, ist es wichtig, dass die Operation zur Transplantation schnellstmöglich stattfindet, da sich die Funktionsfähigkeit des entnommenen Organs schnell verschlechtert. Innerhalb von 16-24 Stunden muss die Leber nach Entnahme beim Spender dem Empfänger eingepflanzt sein.

Auswahl der Spender

In Deutschland ist eine Organspende nur nach dokumentiertem Hirntod und Zustimmung des Spenders (z.B. durch einen Organspenderausweis) erlaubt (Transplantationsgesetz 1997). In Europa übernimmt die Eurotransplant-Zentrale in den Niederlanden die Transplantat-Zuweisung. Die Spenderorgane werden nach Dringlichkeit an die Patienten verteilt, entscheidend ist hierbei, wie hoch die noch verbliebene Funktionsfähigkeit der erkrankten Leber ist. Dementsprechend erhalten Patienten mit fulminantem Leberversagen oder Intensivtherapie die höchste Dringlichkeitsstufe.

Die Operation

Anders als bei z.B. Nieren- oder Pankreastransplantationen handelt es sich bei der Lebertransplantation um eine sogenannte orthotope Transplantation, was bedeutet, dass das neue Organ genau an die Stelle des alten erkrankten Organs eingesetzt wird.

Zunächst wird ein großer Bauchschnitt gemacht und somit der Bauchraum für die Operateure eröffnet. Als erstes muss die alte Leber entnommen werden. Dazu wird die Leber vorsichtig aus dem umliegenden Gewebe gelöst und die zu- und abführenden Gefäße werden freigelegt. Als nächstes wird der Gallengang möglichst nah an der Leber durchgetrennt.

Im nächsten Schritt werden die Blutgefäße der Leber abgeklemmt. Die Leber ist stark durchblutet und erhält ihr Blut durch die Pfortader (ein großes Blutgefäß, welches das gesamte Blut aus den Verdauungsorganen der Leber zufließen lässt). Das Blut wird durch die Leber geleitet und verlässt diese wieder über die untere Hohlvene, welche das Blut zum Herzen transportiert. Außerdem hat die Leber noch eine eigene Blutversorgung über die Leberarterie. Diese 3 Gefäße (Pfortader, untere Hohlvene und Leberarterie) müssen abgeklemmt werden, um die alte Leber zu entnehmen und dabei möglichst kein Blut zu verlieren.

Sind die 3 Blutgefäße abgeklemmt, ist die Leber vom Blutkreislauf abgetrennt und kann entnommen werden. Dazu durchtrennt der Operateur die abgeklemmten Gefäße auf Höhe der Leber. Nun liegt die Leber frei und kann dem Körper entnommen werden.

Danach wird begonnen das Spenderorgan an die Stelle der alten Leber eingesetzt. Hierfür wird die Spenderleber an die Gefäße des Patienten angeschlossen (Pfortader, Hohlvene und Leberarterie). Als erstes wird die Hohlvene der neuen Leber mit der abgeklemmten Hohlvene des Patienten verbunden, danach ebenso die Pfortader und Leberarterie.

Sind alle Gefäße gut aneinander adaptiert, können die die vormals abgeklemmten Gefäße wieder freigegeben werden, wodurch die Leber wieder durchblutet wird. Jetzt wo wieder Blut durch die Leber fließt, ist es wichtig drauf zu achten, ob es irgendwo zu kleinen Blutungen kommt, gerade an den neu verbundenen Gefäßen.

Wenn alle Blutungen gestillt sind, wird als letztes noch der Gallengang des Spenderorgans mit dem des Empfängers verbunden.

Zum Schluss der Operation, bevor der Bauch wieder verschlossen wird, werden Drainagen im Bereich der frisch operierten Gefäßverbindungen eingesetzt. Diese dienen dazu Blut, Eiter oder Wundsekret aus der Bauchhöhle heraus in einen Behälter außerhalb des Körpers abzuleiten, um die Wundheilung zu fördern.

Dauer der Operation

Bei einer Lebertransplantation wird der Bauch geöffnet, die kranke Leber entfernt und die neue Leber eingepflanzt.
Die Dauer der Operation beträgt zwischen vier und acht Stunden.
Die Operationsdauer kann unterschiedlich sein, da bestimmte Umstände und Komplikationen den Eingriff erschweren beziehungsweise verlängern können.

Bei einer Leberzirrhose können Pfortaderhochdruck (portale Hypertension) und Gerinnungsstörungen den Eingriff verlängern.
Wenn es bei den transplantierten Gallengängen Größenmissverständnis zwischen Spender und Empfänger gibt, können Operationstechniken nötig sein, die zeitaufwendiger sind.
Mit vier bis 8 Stunden Operationsdauer dauert eine Lebertransplantation durchschnittlich länger als eine Herz- oder Nierentransplantation.

Prognose

Nach erfolgreicher Operation muss abgewartet werden, ob der Körper das Spenderorgan annimmt oder als fremd erkennt und dieses daraufhin abstößt. Die durchschnittliche Verweildauer in den Akuteinrichtungen beträgt nach einer Lebertransplantation ca. 1 Monat. Um eine Abstoßung der neu transplantierten Leber zu verhindern, ist eine Immunsupprimierende Therapie (Immunsuppressiva) notwendig, was bedeutet, dass man medikamentös das körpereigene Immunsystem unterdrückt, um dem Körper Zeit zu geben sich an die neue Leber zu gewöhnen. Auch nach erfolgreicher Transplantation ist eine lebenslange Immunsupprimierende Therapie notwendig.

Die Überlebenszeiten nach Lebertransplantationen steigen stetig an. Haben etwa in den frühen 1980er-Jahren etwa 70% der Lebertransplantierten noch gelebt, sind es heute über 90%. Und auch nach 5 Jahren liegt die Überlebensrate noch bei ca. 75%, diese ist allerdings stark abhängig von anderen Erkrankungen des Patienten neben der Lebererkrankung und der Mitarbeit und Einhaltung des strengen Therapieschemas.

Wie lange dauert die gesamte Heilung?

Der Patient verbringt die ersten Tage nach dem Eingriff auf der Intensivstation.
Häufig kann der Patient nach 3 bis 5 Tagen wieder aufstehen.
Eine frühe Mobilisation ist gut für den Betroffenen.

Nach der Beobachtung auf der Intensivstation bleibt der Patient ein bis zwei Wochen auf der Normalstation.
Daran schließt sich meistens ein Aufenthalt in einer Rehabilitationsklinik an.
Damit das Immunsystem das neue Organ nicht angreift, werden Immunsuppressiva eingenommen.
In den ersten Wochen und Monaten nach dem Eingriff wird die Leber engmaschig überprüft.
Schließlich sollte die neue Leber in den ersten Monaten nach der Transplantation seine Aufgaben und Funktionen aufnehmen.

Die Dauer der gesamten Heilung beträgt mehrere Monate und ist von dem Zustand des Patienten und Begleiterkrankungen abhängig.

Wie ist die Lebenserwartung mit einer Lebertransplantation?

Die Lebenserwartung wird für Lebertransplantierte immer besser.
Die meisten Menschen, die einer Lebertransplantation benötigen, haben zum Zeitpunkt der Transplantation eine lang andauernde Erkrankung hinter sich.
Die meisten Betroffenen sind vor der Transplantation schwer leberinsuffizient und deshalb auf häufige Arztbesuche und Klinikaufenthalte angewiesen.
Eine Lebertransplantation bedeutet gewisse Vorsichtsmaßnahmen und weiterhin ärztliche Betreuung.


Die Lebenserwartung ist deutlich besser, wenn die Patienten die neue Leber als ihre eigene akzeptieren.
Die Technik und Forschung in der Immuntherapie verbessern sich ständig.
Das bedeutet, dass auch die Lebenserwartung immer besser wird.

Heutzutage liegt die Einjahres-Überlebensrate von Lebertransplantationen bei mehr als 90%, die 5-Jahres-Überlebensrate bei mehr als 80% und die 10-Jahres-Überlebensrate bei über 70%.
Das heißt, dass eine Lebertransplantation allgemein mit einer sehr guten Lebenserwartung einhergeht.
Die Überlebensquoten sind dennoch stark abhängig von der Grunderkrankung und dem Gesamtzustand des Patienten.
Begleit- und Folgeerkrankungen können sich negativ auf die Lebenserwartung auswirken.

Lebensqualität nach der Lebertransplantation

Die meisten Patienten, die die Operation und die Monate darauf gut überstehen, ohne Abstoßungsreaktion oder unbeherrschbare Infektionen, erreichen eine vollständige Rehabilitation.

Untersuchungen haben gezeigt, dass ca. 85% der Überlebenden einer Lebertransplantation sich wieder gut in den Arbeitsalltag eingliedern lassen. Außerdem sind bereits zahlreiche Fälle dokumentiert, in denen Frauen nach erfolgreicher Lebertransplantation schwanger geworden sind und termingerecht ein gesundes Kind zur Welt gebracht haben.

Weiterführende Informationen

Weitere Informationen zum Thema Lebertransplantation finden Sie unter:

  • Erkrankungen der Leber (Chirurgie)
  • Erkrankungen der Leber (Innere Medizin)
  • <link html funktion_leber.html _top>Leber Funktion
  • <link html leberkrebs.html _top>Leberkrebs
  • <link html leberzirrhose.html _top>Leberzirrhose
  • <link html leberzirrhose_symptome.html _top>Leberzirrhose Symptome
  • <link html leberzirrhose_therapie.html _top>Leberzirrhose Therapie
  • <link html morbus_wilson.html _top>Morbus Wilson
  • <link html pfortaderhochdruck.html _top>Pfortaderhochdruck
  • <link html primaer_biliaere_zirrhose.html _top>Primär biliäre Zirrhose
  • <link html hepatitis.html _top>Hepatitis

Eine Übersicht aller Themen aus dem Gebiet der Chirurgie finden Sie unter:

  • Chirurgie A-Z
Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 17.11.2014 - Letzte Änderung: 18.09.2024