Unter dem Begriff Lähmungserscheinungen im Bein sind alle Krankheitsbilder zusammengefasst, bei denen das Bein nicht mehr in der Lage ist, die physiologisch möglichen Bewegungen willentlich oder mit adäquater Kraft auszuführen.
Unter die Sammelbezeichnung „Lähmungserscheinungen im Bein“ fallen alle Krankheitsbilder, bei denen das Bein nicht mehr in der Lage ist, die physiologisch möglichen Bewegungen willentlich oder mit adäquater Kraft auszuführen. Dies kann durch Erkrankungen der Muskeln selbst verursacht werden, aber auch durch Funktionsverlust oder Fehlfunktionen der die Muskulatur versorgenden Nerven.
Das Ausmaß der Lähmungserscheinungen im Bein variiert hierbei je nach Ursache, wobei man generell zwischen einer vollständigen Lähmung der Beinmuskulatur (Plegie) und einer Lähmung, bei der Bewegung abgeschwächt möglich ist (Parese), unterscheidet.
Als Monoparese beziehungsweise Monoplegie des Beins bezeichnet man die Situation, wenn nur ein Bein von der Lähmung betroffen ist, wohingegen die Paraparese oder auch die Paraplegie der Beine die Lähmung beider Beine beschreibt.
Lähmungserscheinungen im Bein können grundsätzlich auf drei Ebenen im Körper entstehen. So kann die Ursache im Nervensystem, im Muskel selbst oder auch am Übergang zwischen dem Nerv und dem Muskel lokalisiert sein.
Ist das Nervensystem für die Lähmungserscheinung verantwortlich, können wiederum mehrere Auslöser zu der Symptomatik führen. Zentral, also im Gehirn, ist häufig ein Schlaganfall die Ursache für die Lähmung. Ebenfalls kann eine Verletzung des Rückenmarks in Form einer Querschnittslähmung zu selbiger Störung führen.
Liegt die Schädigung des Nervensystems außerhalb von Gehirn und Rückenmark (zentrales Nervensystem), spricht man von einer peripheren Schädigung. Hierbei kann ein Nerv beispielsweise durch ein Trauma verletzt oder auch durch einen Bandscheibenvorfall (Prolaps) komprimiert werden, sodass er seine Funktion, nämlich den Muskel zur Kontraktion zu bringen, nicht mehr ausführen kann.
Liegt die Ursache für die Lähmungserscheinungen im Bein in der Muskulatur selbst, sind meist erblich bedingte Muskelerkrankungen dafür verantwortlich, bei denen Fehler im Aufbau der einzelnen Muskelzelle dazu führen, dass die Muskeln ihre Funktion nicht physiologisch ausüben können. Dies ist beispielsweise bei den Muskeldystrophien der Fall.
Ist die Signalübermittlung von den Nerven auf die Muskulatur gestört, spricht man von Störungen am neuromuskulären Übergang. Diese Krankheiten kommen eher selten vor und treten meist im Rahmen von Erberkrankungen auf.
Schließlich kann eine Lähmung im Bein noch psychisch verursacht werden und wurde zum Beispiel bei dem psychiatrischen Krankheitsbild der dissoziativen Störung beobachtet.
Im Rahmen eines Bandscheibenvorfalls in der LWS kann es mitunter zu Lähmungserscheinungen im Bein kommen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die für die Beine zuständigen Nerven im LWS-Bereich aus dem Rückenmark austreten und folglich durch eine in diesem Bereich vorgefallene Bandscheibe komprimiert werden können. Auf diese Weise kann es etwa zu Einschränkungen der Hebung des großen Zehs kommen oder bei einem ausgedehnteren Bandscheibenvorfall zur Lähmung ganzer Muskelgruppen. Lähmungserscheinungen werden in der Regel als bedrohlicher wahrgenommen als Gefühlsstörungen (Kribbeln, Taubheitsgefühle) und ziehen daher eher eine umgehenden Arztbesuch nach sich. Das ist auch gut so: Bei schneller (meist operativer) Behandlung kann häufig eine unmittelbare, erhebliche Besserung der Lähmungserscheinungen erzielt werden.
Am häufigsten ereignet sich ein Bandscheibenvorfall im Bereich der Lendenwirbelsäule zwischen dem vierten und fünften Wirbel. Werden die entsprechenden Nerven beeinträchtigt, spricht man vom L4- oder bei tiefergelegener Schädigungslokalisation vom L5-Syndrom.Beim L4-Syndrom ist neben den Schmerzen im Bereich der Beinvorderseite bei Schädigung der Nervenfasern, die für die Motorik zuständig sind, auch eine Einschränkung der Streckung des Knies und der Beugung der Hüfte zu erwarten.Bei dem L5-Syndrom ist motorisch die Fußhebung betroffen, wodurch der Fuß und die Großzehe nicht mehr angehoben werden können. Hieraus resultiert beim Gehen ein auffälliges Gangbild, da der Betroffene versucht, die fehlende Fußhebung durch eine stärkere Beugung im Knie und der Hüfte zu kompensieren.
Lesen Sie hierzu viele weitere Informationen unter unseren Themen
Bei der Multiplen Sklerose (MS) werden die Nervenscheiden, die die Nerven wie eine Schutz- und Isolationshülle umgeben, durch ein Entzündungsgeschehen geschädigt, was die Funktion des gesamten Nervs beeinträchtigt. Folglich zählen auch Lähmungserscheinungen zu den von MS ausgelösten Symptomen. Da die MS in den meisten Fällen schubartig verläuft, äußern sich die Lähmungserscheinungen bei vielen Betroffenen als über Nacht entstandene Gangunsicherheit. Eine umgehende ärztliche Untersuchung kann den Verdacht auf einen MS-Schub bestätigen. Eine cortisonhaltige Stoßtherapie kann dann Dauer und Intensität des Schubs verringern und auch die langfristige Prognose der MS verbessern.
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Beim Guillain-Barré-Syndrom (GBS) handelt es sich um eine Entzündung gleich mehrerer Nervenwurzeln. Die Entstehungsmechanismen der Erkrankung sind noch nicht gänzlich geklärt, es ist aber von einer Autoimmunkrankheit gegen die Membranen der Nervenzellen auszugehen. Häufig kann eine kürzlich zurückliegende bakterielle oder virale Infektion als Auslöser der Autoimmunreaktion angenommen werden.
Das GBS ist gekennzeichnet durch aufsteigende, also von den Beinen ausgehende und sich nach oben hin ausbreitende, Lähmungserscheinungen. Diese treten typischerweise symmetrisch, also beidseitig, auf.
Weitere Informationen finden Sie unter Guillain-Barré-Syndrom (GBS)
Naheliegenderweise treten Lähmungserscheinungen im Bein nicht nach Spritzen in die Schulter, sondern nur nach Spritzen in den Gesäßmuskel auf. Doch auch in letzterem Falle bilden derartige Symptome die absolute Ausnahme. Die Lähmungserscheinungen sind dann darauf zurückzuführen, dass die Spritze einen Nerv getroffen und geschädigt hat, der für die motorische Versorgung der Beinmuskeln zuständig ist. Häufig gesellt sich zu der Lähmungserscheinung auch eine Gefühlsstörung in Form von Taubheitsgefühlen. Wenn die Lähmungserscheinungen tatsächlich auf die Spritze zurückzuführen sind, treten sie direkt nach der Impfung auf. Ein späteres Auftreten von Lähmungserscheinungen lässt sich nicht durch die Spritze erklären und sollte auf andere mögliche Ursachen hin untersucht werden.
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Lähmungserscheinungen im Bein im Anschluss an eine OP sind in der Regel nicht als allzu bedenklich zu bewerten, wenn eine sog. Spinalanästhesie (Betäubung des Rückenmarks) durchgeführt wurde, da die Betäubung der Beine nicht schlagartig nach der OP verschwindet. Außerdem können auch Schwellungen infolge einer OP am Bein (z.B. Gelenk-OP) die Beweglichkeit des Beins erheblich einschränken und dadurch Lähmungserscheinungen vortäuschen. Besonderes Augenmerk auf das mögliche Auftreten von Lähmungserscheinungen im Bein sollte jedoch nach Rücken-Operationen, v.a. im LWS-Bereich, gelegt werden. In diesem Bereich treten nämlich die Nerven aus dem Rückenmark aus, die für die Versorgung der Beine zuständig sind. Folglich sind diese bei OPs im LWS-Bereich besonders gefährdet. Doch auch bei derartigen OPs treten Lähmungserscheinungen nur relativ selten auf und wenn doch, dann bessern sie sich meist innerhalb weniger Tage erheblich.
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Panikattacken umfassen häufig nicht nur das namensgebende plötzliche Angstgefühl, sondern auch körperliche Symptome wie Herzrasen, Schweißausbrüche, Schluckstörungen, Atemnot oder eben Lähmungserscheinungen. Letztere werden von den Betroffenen oft als besonders alarmierend wahrgenommen und können dadurch die Dauer der Panikattacke noch verlängern. Wichtig ist in diesem Fall die vorherige Aufklärung von Betroffenen, dass derartige Lähmungserscheinungen als Äußerung der Panikattacke zu interpretieren sind und in aller Regel innerhalb von Minuten wieder verschwinden.
Weitere Informationen finden Sie unter Panikattacke.
Lähmungserscheinungen im Bein sollten in erster Linie neurologisch abgeklärt werden. Mithilfe der körperlichen, neurologischen Untersuchung, die die Erhebung eines Reflexstatus beinhaltet, kann der Arzt auf die Ursache und den Ursprungsort der Lähmung schließen und weiterführende diagnostische Schritte einleiten. Hier kommen dann oft bildgebende Verfahren wie beispielsweise CT oder MRT zum Einsatz. Liegt der Verdacht nahe, dass die peripheren Nerven für die Lähmungserscheinungen verantwortlich sind, kann eine Untersuchung der Nervenleitgeschwindigkeit hilfreich sein. Außerdem ist bei begründetem Verdacht auch eine Muskelbiopsie (Probenentnahme) durchzuführen, um eine Erkrankung der Muskulatur auszuschließen.
Alle Ursachen verbindet das Hauptsymptom der Lähmungserscheinung im Bein, das zum Verlust der Fähigkeit führt, das Bein willentlich zu bewegen, wodurch es zu Kraftverlust bis hin zu Gangstörungen oder sogar vollständiger Lähmung des Beines kommen kann. Oft besteht begleitend ein Sensibilitätsverlust der Haut, was den Berührungssinn, das Temperaturempfinden und auch die Wahrnehmung von Vibration beeinflusst. Wird durch die Lähmung des Beins die entsprechende Muskulatur nicht mehr beansprucht, resultiert eine sogenannte Atrophie, also ein Abbau der Muskelmasse, wodurch das Bein im Verhältnis zur beanspruchten Muskulatur dünn erscheint und als Storchenbein bezeichnet wird.
Ist ein Schlaganfall für die Lähmung verantwortlich, betrifft diese meist nur eine Körperhälfte und geht oft zusätzlich mit einer Lähmung der gleichseitigen Arm- und die Gesichtsmuskulatur einher, was sich in einer Schwäche im Arm und einem hängenden Mundwinkel manifestiert.
Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter Was passiert bei einem Schlaganfall?
Ist eine komplette Querschnittslähmung vorhanden, so sind beide Beine von der Lähmung betroffen und je nach der Höhe der Rückenmarksverletzung auch andere Körperpartien, wie beispielsweise die Arme.
Außerdem beinhaltet die Querschnittssymptomatik, die die Beine betrifft, meist auch eine Inkontinenz und in der Akutphase auch einen Verlust der Muskeleigenreflexe. Begleitsymptome eines Bandscheibenvorfalls sind oft starke Rückenschmerzen, die in die Beine ausstrahlen können und je nach Schweregrad kann sogar die Blasen- und Mastdarmfunktion gestört sein. Zusätzlich können hier die Muskeleigenreflexe im Vergleich zur anderen nicht von der Lähmung betroffenen Seite, abgeschwächt sein, was ein Arzt in einer neurologischen Untersuchung feststellen kann.
Lesen Sie hier mehr zum Thema: Querschnittssyndrom.
Treten Lähmungserscheinungen im Bein nur einseitig auf, können die möglichen Ursachen ein Schlaganfall, aber auch eine Schädigung des Nerven sein, der das entsprechende Bein motorisch versorgt. Ob die Lähmung hierbei rechts oder links auftritt, ist für die genaue Lokalisation des Schadens von Bedeutung. Treten Lähmungen an beiden Beinen auf, spricht dies eher für Schädigungen im Bereich des Rückenmarks oder für einen pathophysiologischen Mechanismus, zum Beispiel eine Muskelerkrankung, der generalisiert abläuft und nicht nur einem bestimmten Ursprungsort zuzuordnen ist. Die Unterscheidung der Lähmung je nach betroffenem Bein spielt also vor allem diagnostisch eine wichtige Rolle.
Durch die Veränderungen des Körpers im Rahmen einer Schwangerschaft entstehen in seltenen Fällen ungünstige Konstellationen, die Lähmungserscheinungen im Bein hervorrufen. So kann es durch das Wachstum des Kindes und die damit einhergehende Umfangszunahme des Bauches in Kombination mit dem Tragen zu enger Hosen zur Einklemmung und somit zur Lähmung von Hautnerven kommen. Hierdurch können Gefühlsstörungen und Missempfindungen der Haut des Oberschenkels auftreten. Die Dehnung und Gefügelockerung des Beckens während einer Schwangerschaft kann ebenfalls eine Einklemmung von Nerven verursachen. Als mögliche Folge resultiert eine teilweise bis vollständige Lähmung des betroffenen Beins.
Nicht selten ist der Ischiasnerv, der aus der Lendenwirbelsäule entspringt, von der Kompression oder einer Reizung auf Grund der ungewohnten Belastung betroffen. Symptomatisch äußert sich eine Reizung dieses Nervs durch einen meist ziehenden Schmerz, der über das Gesäß bis hin ins Bein ausstrahlt. Die Muskulatur des Beins kann sich taub anfühlen oder auch eine Schwäche in Form einer Lähmung aufweisen. Da die Bänder durch hormonelle Prozesse während der Schwangerschaft dehnbarer als zuvor sind, resultieren häufiger Bandscheibenvorfälle, die in Beinlähmungen symptomatisch werden können und eine Abklärung erfordern. Ebenfalls durch die Änderung des Hormonhaushalts verursacht, kommt es in der Schwangerschaft vermehrt zu Wassereinlagerungen, die auch das Bindegewebe um Nerven herum betreffen. Durch das Anschwellen dieses Gewebes kann es zu einer Nerveneinklemmung und dadurch auch zu Lähmungserscheinungen im Bein kommen.
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Die Therapie von Lähmungserscheinungen im Bein hängt maßgeblich von der zugrunde liegenden Ursache ab und umfasst ein Spektrum von der operativen Versorgung, zum Beispiel zur Behandlung eines Bandscheibenvorfalls, über die medikamentöse Therapie im Falle von Erkrankungen der Muskulatur bis hin zu konservativen Maßnahmen. Dazu zählt man die Physiotherapie und die physikalische Therapie, die darauf abzielt, die Symptome zu lindern und die Muskulatur aufzubauen und zu kräftigen. Im Falle der Querschnittslähmung bestehen nach heutigem medizinischen Kenntnisstand noch keine Verfahren zur kurativen Behandlung. Hier ist in der Behandlung der Lähmung neben konservativen Maßnahmen wie der Physiotherapie vor allem eine gute psychologische und soziale Hilfe wichtig, damit sich der Patient den neuen Lebensumständen anpassen und mit Veränderungen im häuslichen Umfeld und am Arbeitsplatz ein möglichst unabhängiges Leben führen kann.
Die Folgen von Lähmungserscheinungen im Bein sind vielfältig und werden durch die Ursache und mögliche Therapieoptionen beeinflusst. So ist es möglich, dass die Lähmung im Bein vollständig verschwindet und der Betroffene keinerlei Einschränkung mehr hat. Ebenfalls bessern sich die Symptome häufig, sodass entweder die Lähmung weniger stark ausgeprägt ist oder auch, dass Begleitsymptome verschwinden, wodurch die Lebensqualität des Patienten steigt. Allerdings ist auch eine Persistenz der Beschwerden, also eine andauernde Lähmung, möglich, die dann oft schwerwiegende Lebensumstellungen, beispielsweise Berufsunfähigkeit, Einschränkungen im Alltag und Verlust der Selbstständigkeit, mit sich bringen.
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