Hirsutismus - Was kann man dagegen tun?

Hirsutismus bezeichnet einen Haarwuchs mit männlicher Ausprägung bei Frauen. Kommen weitere Zeichen der Vermännlichung hinzu wie männlicher Körperbau und ein Haarausfall nach männlichem Verteilungsmuster, so spricht man von einer Virilisierung.

Hirsutismus

Ursachen

Sowohl der Hirsutismus als auch die Virilisierung (Vermännlichkung) bilden sich unter Androgenüberschuss (Sexualhormon) bei der Frau aus. Die weibliche Androgenproduktion kann aus folgenden Gründen verstärkt sein:

  • ovarielle Ursachen: Die Ovarien (Eierstöcke) produzieren zu viele Androgene auf Grund eines Tumors, einer Hyperthekose (Veränderung des Aufbaus) oder durch das Syndrom der polyzystischen Ovarien:
    Mehr hierzu finden Sie auch unter unserem Thema: Polyzystisches Ovarialsyndrom.
  • adrenale Ursachen: Sowohl ein Tumor der Nebennieren als auch ein adrenogenitales Syndrom können zu Hormonüberschuss führen
  • Hirsutismus kann auch durch Adipositas, bestimmte Medikamente, nach den Wechseljahren oder familiär bedingt sein

Symptome

Hirsutismus bezeichnet eine männliche Ausprägung von Körperbehaarung bei Frauen. Dazu zählen Behaarung im Gesicht (Bartwuchs am Kinn oder oberhalb der Oberlippe), am Rücken, an der Brust oder am Po. Oft gehen mit dem Hirsutismus weitere Symptome einher, da meist eine hormonelle Störung zugrunde liegt. Weitere Symptome können sein: unreine Haut bis zu Akne, Menstruationsstörungen bis zur Amenorrhoe (Ausbleiben der Regelblutung), Haarausfall am Kopf (z.B. Geheimratsecken).

Diagnose

Ziel beim Hirsutismus ist es, mit Hilfe von Labordiagnostik den Überschuss des Sexualhormons nachzuweisen und herauszufinden, woher er kommt.

Der Hirsutismus Score

Bei dem Hirsutismus Score handelt es sich um ein Punktesystem, das von Ferriman und Gallwey im Jahre 1961 entwickelt wurde.
Daher wird der Score auch als Ferriman-Gallwey-Score bezeichnet. Er wird eingesetzt, um den Schweregrad des Hirsutismus objektiv zu bewerten. Der Körper wird dazu in neun einzelne Körperpartien unterteilt, welche dann einzeln betrachtet und je nach Behaarungsausmaß mit verschiedenen Punktwerten versehen werden.

Diese reichen von 0 Punkten (=keine Behaarung) bis zu 4 Punkten (=maximale Behaarung). Alle Punkte aus den verschiedenen Körperarealen werden zum Schluss zu einer finalen Summe addiert. Ab einem Wert von 7 Punkten liegt ein Hirsutismus vor.

Lokalisation: Oberlippe

  • Wenig Haare außen (Scorewert 1)
  • Kleiner Bart außen (Scorewert 2)
  • Oberlippenbart bis fast zur Mittellinie (Scorewert 3)
  • Bart bis zur Mittellinie (Scorewert 4)

Lokalisation: Kinn

  • Vereinzelt Haare (1)
  • Haaransammlung (2)
  • Komplette Haardecke (3)
  • Dichte komplette Haardecke (4)

Lokalisation: Brustbereich

  • Einige Haare um die Brustwarzen (1)
  • Haare in der Mittellinie (2)
  • 75 % bedeckt (3)
  • komplett bedeckt (4)

Lokalisation: Rücken

  • Einzelne Haare (1)
  • Mehrere Haare (2)
  • Komplette Haardecke (3)
  • komplette, dichte Haardecke (4)

Lokalisation: Lenden

  • Sakrales Haarpolster (1)
  • Polster mit seitlicher Ausdehnung (2)
  • 75% bedeckt (3)
  • komplette Haardecke (4)

Lokalisation: Oberbauch

  • Wenig Haare in der Mittellinie (1)
  • Vermehrt Haare in der Mittellinie (2)
  • halb bedeckt (3)
  • komplett bedeckt (4)

Lokalisation: Unterbauch

  • Wenig Haare in der Mittellinie (1)
  • Strich in der Mittellinie (2)
  • Band von Haaren (3)
  • umgedrehtes V (4)

Lokalisation: Oberarm

  • Diskrete Behaarung (1)
  • noch keine geschlossene Haardecke (2)
  • Halbe Haardecke (3)
  • Komplette Haardecke (4)

Lokalisation: Oberschenkel

  • Diskrete Behaarung (1)
  • noch keine geschlossene Haardecke (2)
  • Halbe Haardecke (3)
  • Komplette Haardecke (4)

Behandlung

Die Therapie des Hirsutismus richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache.
Handelt es dabei um eine hormonelle Störung, so kann diese mit speziellen Medikamenten bekämpft werden. So wird die adrenale Form mit dem Glucocorticoid "Dexamethason" behandelt, die ovarielle Form wird beispielsweise mit Ovulationshemmern therapiert (Medikamente, die den Eisprung unterdrücken). Auch Arzneimittel, die gegen männliche Hormone wirken, können hilfreich sein. Zu diesen sogenannten Antiandrogenen gehören unter anderem Cyproteronacetat, Chlormadinonacetat und Flutamid. Unterstützend kann eine Creme mit dem Wirkstoff Eflornithin angewendet werden. Diese wurde speziell gegen übermäßigen Haarwuchs im Gesicht entwickelt und verlangsamt durch die Hemmung eines Enzyms das Haarwachstum an unerwünschten Stellen.

Konnte keine organische Ursache für den Hirsutismus festgestellt werden, so können allgemeine kosmetische Behandlungen zur Anwendung kommen, da viele Frauen durch die störende Behaarung einem hohen Leidensdruck ausgesetzt sind. Mögliche Maßnahmen sind die Bleichung der Haare oder die Epilation mittels Laser.
Sind die Ursachen des Hirsutismus nicht behebbar, so versucht man die Sexualhormonproduktion mit Hilfe von Medikamenten zu unterdrücken.

Lesen Sie dazu auch unser Thema: Starker Haarwuchs bei Frauen

Prognose

Da der Hirsutismus keine Erkrankung im eigentlichen Sinne, sondern eher ein Symptom einer hormonellen Dysbalance ist, ist die Prognose ausgesprochen gut, wenn der Hormonhaushalt wieder im Gleichgewicht ist. Je nach Ursache kommen verschiedene Medikamente zum Einsatz, die die Hormone wieder regulieren können.
Außerdem gibt es kosmetische Behandlungsansätze, mit denen der Haarwuchs eliminiert werden kann. Wer sich also an der Behaarung stört, hat sehr gute Chancen diese loszuwerden.

Vorbeugung

Einen Hirsutismus kann man nicht grundsätzlich verhindert werden, wenn eine hormonelle Störung vorliegt.  Es kann sinnvoll sein, auf eine gesunde Lebensweise und Normalgewicht zu achten, da übermäßiges Fettgewebe Hormone produzieren kann. Definitiv sollte auf die Einnahme von Anabolika (Steroidhormone) verzichtet werden, sofern keine Indikation besteht, denn der Hirsutismus ist eine häufige und bekannte Nebenwirkung von deren Einnahme.

Verwandte Themen

Weitere Informationen zum Thema Hirsutismus finden Sie hier:

Eine Übersicht der bisherigen Themen der Inneren Medizin finden Sie unter Innere Medizin A-Z.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 07.11.2009 - Letzte Änderung: 21.06.2024