Nervus Pudendus - Verlauf und Ausfall

Der Nervus Pudendus stellt ein Nervengeflecht dar, das auf Höhe des Kreuzbeins entspringt. Er verläuft durch das Becken zur Genitalregion, die von ihm motorisch und sensibel innerviert wird. Eine Nervus Pudendus Schädigung zeigt sich vor allem an einer Inkontinenz und fehlenden sexuellen Erregung.

Nervus Pudendus - Verlauf und Ausfall

Definition

Der Nervus Pudendus ist ein Nerv, der im Becken- und Genitalbereich verläuft. Er wird auch als „Schamnerv“ bezeichnet. Er ist sowohl für die motorische Innervation von Muskeln als auch für sensible Innervation, also sämtliche Tast- & Druckempfindungen, im Bereich vom After bis hin zu den Genitalien zuständig.

Anatomie

Der Nervus Pudendus hat seinen Ursprung in einer Verflechtung mehrerer Nerven, die man in der medizinischen Fachsprache auch als Plexus bezeichnet. Dieses Nervengeflecht wiederum entspringt im untersten Bereich der Wirbelsäule, dem Kreuzbein, und dem letzten Wirbel der oben angrenzenden Lendenwirbelsäule.

Am Ende der Nervenverflechtung treten vier einzelne Nervenstränge hervor. Einer dieser Nerven ist der Nervus Pudendus. Im Folgenden zieht er durch das Becken, wandert dabei durch mehrere Öffnungen und umzieht Vorsprünge. Er wird dabei von einer Arterie und einer Vene begleitet. Anschließend zieht der Nerv in den Canalis Pudendalis, auch ‚Alcock’-Kanal genannt. In diesen Kanal legt sich eine kräftige Bindegewebsschicht um den Nervus Pudendus sowie seine begleitende Vene und Arterie. Dieser Kanal stellt eine Engstelle dar. Hat der Nervus Pudendus schließlich den ‚Alcock’ Kanal durchlaufen, teilt er sich nochmals in vier weitere Äste, seine Endäste, auf.

Dazu zählen die Nervi perineales, die Nervi rectales inferiores, der Nervus dorsalis penis sowie der Nervus dorsalis clitoridis. Diese verschiedenen Nervenstränge verlaufen in unterschiedliche Richtungen und versorgen dort Gebiete des Intim- und Genitalbereich. So verlaufen die Nervi perineales in Richtung des Dammes und Hodensacks beim Mann sowie zu den großen Schamlippen bei der Frau. Außerdem läuft er zu Anteilen der Muskulatur der HarnröhreDie Nervi rectales inferiores verlaufen hingegen in Richtung des Darmausganges. Nervus dorsalis penis und Nervus dorsalis clitoridis verlaufen jeweils zum Penis beim Mann oder zur Clitoridis bei der Frau.

Verlauf des Nervus Pudendus

Der Nervus Pudendus entspringt dem Rückenmark auf Höhe des Kreuzbeins. Die Nervenstränge, die aus den Sakralsegementen S1 bis S3, teilweise auch S4, kommen, lagern sich letztlich zum Nervus Pudendus zusammen. Der Nervus Pudendus wandert anschließend in das Becken, wo er eine große Öffnung, das Foramen infrapiriforme, durchläuft. Daraufhin wandert er um einen Vorsprung, die Spina ischiadica, herum, um anschließend durch eine weitere Öffnung, das Foramen ischiadicum minus, in den vorderen Teil des Beckens zu gelangen. Dort angekommen, durchläuft er in den sogenannten ‚Alcock’-Kanal, woraufhin er sich in seine Endäste auftrennt. Die Endäste wiederum enden größtenteils in Regionen des Afters, des Dammes oder der Genitalien.

Funktion

Als Nerv besteht die Aufgabe des Nervus Pudendus darin, Gewebe und Muskulatur mit dem Rückenmark und Gehirn zu verbinden und dadurch Empfindungen wahrnehmen, sowie Bewegungen oder Muskelanspannungen ausführen zu können. Der Nervus Pudendus erreicht über seine Endäste große Bereiche des Intim- und Genitalbereichs. Über seine sensiblen Äste, die jegliche Druck- und Tastempfindungen wahrnehmen, erreicht er die gesamte Region des Afters bis hin zu den Genitalien. Motorisch ist er ebenfalls für die dort gelegenen Bereiche zuständig.

So ist er beispielsweise für die Versorgung der Beckenbodenmuskulatur zuständig. Die Beckenbodenmuskulatur spielt eine wichtige Rolle bei der Sicherung der Kontinenz bei Frauen und Männern. Durch An- und Entspannen unterstützt sie die Regulation des Wasserlassens. Außerdem kann sie auf plötzliche Druckerhöhungen in der Bauchregion reagieren, die beispielsweise durch Niesen, Husten oder Lachen verursacht werden können, und verhindert damit eine ungewollte Urinausscheidung.

Ein weiterer Bereich, den der Nervus Pudendus versorgt, ist der äußere Schließmuskel des Afters. Wie auch bei der Beckenbodenmuskulatur kann er durch An- und Entspannen den Stuhlgang unterstützen und regulieren.

Durch einen weiteren Endast des Nervus Pudendus werden die Genitalorgane von Mann und Frau versorgt. Beim Mann führt einer der Äste direkt zum Penis, wo der Samenerguss (die Ejakulationgesteuert wird. Bei der Frau führt ein Ast zur Clitoris, wo die sexuelle Erregung der Frau reguliert wird. Der Nervus Pudendus trägt damit also auch zur Sexualfunktion bei.

Außerdem sorgt der Nervus Pudendus durch seine allgemein zentrale Lage im Beckenbereich für eine stabile Lage sämtliche Eingeweide innerhalb des Beckens.

Was sind Neuropathien?

Neuropathien sind eine Erkrankung des Nervensystems. Dabei handelt es sich jedoch generell nicht um das zentrale Nervensystem, zu dem das Gehirn und Rückenmark gezählt werden, sondern um die Nerven, die vom Rückenmark in die Körperperipherie ausgehen – das periphere Nervensystem. Bei einer Neuropathie kommt es zu Schädigungen jener, peripherer Nerven.

Durch die Schädigung können die Nerven die Informationen nur eingeschränkt oder sogar überhaupt nicht mehr an das Gehirn bzw. die Körperperipherie weiterleiten. Die Erkrankung kann sehr vielfältig sein und unterschiedliche Ursachen haben. Häufig wird sie durch andere Krankheiten ausgelöst, zum Beispiel durch äußerlich eingedrungene Erreger. Aber auch Krankheiten wie Diabetes Mellitus oder verschiedene Autoimmunerkrankungen können Auslöser für eine Neuropathie sein.

Nervus Pudendus Neuralgie

Unter einer Nervus Pudendus Neuralgie versteht man eine Schädigung des Nervus Pudendus und die damit einhergehenden Schmerzen. Die Schädigung tritt meist an der größten Engstelle während des Verlaufes des Nervus Pudendus auf, dem sogenannten Alcock-Kanal. Daher wird eine Nervus Pudendus Neuralgie auch gerne als ‚Alcock’-Syndrom bezeichnet. Bei Frauen tritt die Nervus Pudendus Neuralgie im Vergleich zu den Männern doppelt so häufig auf.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Pudendusneuralgie

Symptome einer Nervus Pudendus Neuralgie

Typische Symptome einer Nervus Pudendus Neuralgie sind die blitzartigen Schmerzen in der Dammregion – dem Bereich zwischen After und Genitalien. Die Schmerzen können unterschiedliche starke Ausstrahlung haben. In der Regel nehmen sie im Sitzen zu, da dann Druck auf die entsprechende Stelle ausgeübt wird. Im Stehen oder während des Sitzens auf der Toilette kommt es zu einer Druckentlastung und damit einer Schmerzlinderung.

Bei sehr starken Verletzungen des Nervus Pudendus, kann es sogar zu Muskellähmungen und Gefühlsstörungen kommen. Dies kann bis zu einer Harn- und Stuhlinkontinenz führen, da durch die Verletzung des Nervs die Schließmuskeln des Afters sowie die Beckenbodenmuskulatur nicht mehr versorgt werden können. Neben der Versorgung der Schließmuskeln und der Beckenbodenmuskulatur, ist der Nervus Pudendus außerdem für die Versorgung von Penis und Clitoris zuständig. Bei Schädigung des Nervs kann demnach also die Sexualfunktion und Zeugungsfähigkeit eingeschränkt sein.

Ursache einer Nervus Pudendus Neuralgie

Ursache für eine Schädigung des Nervus Pudendus kann mechanisch bedingt sein, also zum Beispiel durch Druck auf die Dammregion beim Fahrradfahren oder speziellen Lagerungen während Operationen. Eine Schädigung kann jedoch auch durch Beckenverletzungen, die Folgen einer Geburt oder Thrombosen in der Beckenregion hervorgerufen werden.

Eine Nervus Pudendus Neuralgie wird in der Regel durch Urologen oder Gynäkologen diagnostiziert, welcher schließlich an einen behandelten Neurologen überweist.

Was passiert, wenn der Nervus Pudendus eingeklemmt ist?

Wenn der Nervus Pudendus eingeklemmt ist, kann dies zu schweren Schmerzen führen. Die Schmerzen lassen sich dann meist in der Region zwischen After und Genitalien lokalisieren. Sie können sehr plötzlich und sehr stark auftreten. Patienten mit eingeklemmten Nervus Pudendus beschrieben das Gefühl teilweise sogar wie eine einschneidende Rasierklinge.

Ist der Nervus Pudendus eingeklemmt, wird er durch das Gewebe oder den Muskel, der auf ihn drückt, gereizt. Diese Reizung sendet Schmerzsignale an das Gehirn, wodurch es schließlich zu einer plötzlichen und teilweise sehr starken Schmerzempfindung kommen kann.

Die größte Engstelle, die der Nervus Pudendus durchtritt, ist der Canalis Pudendus, auch ‚Alcock’-Kanal genannt. Das höchste Risiko einer Einklemmung des Nervs liegt demnach dort vor. Ursache für die Einklemmung können ganz simple, alltägliche Bewegungen sein, wie beispielsweise Fahrradfahren.  

Reizung des Nervus Pudendus

Der Nervus Pudendus kann durch seine, ihn umgebenen Gewebeschichten, gereizt werden. Wird ein permanenter Druck zum Beispiel durch Fehlhaltung oder Überbelastung auf einen Nerv ausgeübt, kann dies zur lokalen Nervenreizungen führen, die sich gegebenenfalls weiter ausbreiten können.

Die Reizungen des Nervus Pudendus äußern sich in der Regel ganz ähnlich wie die Schädigung des Nervs. Es kann zu starken Schmerzen im Bereich zwischen After und Genitalien kommen, die unterschiedlich weit ausstrahlen können. Außerdem können Funktion wie beispielsweise das Wasserlassen oder der Stuhlgang eingeschränkt sein.

Eine Nervenreizung muss jedoch nicht plötzlich eintreten, sondern kann auch mit der Zeit immer stärker werden. Wird eine Nervenreizung nicht behandelt, kann es auch in eine Nervenentzündung übergehen.

Welche Rolle spielt der Nervus Pudendus bei der Inkontinenz?

Die Schädigung des Nervus Pudendus kann zu einer Beeinträchtigung der Kontinenz führen. Das hat die Ursache, dass ein Nerven-Endast des Nervus Pudendus, der Nervus rectales inferior, die Beckenbodenmuskulatur versorgt. Diese unterstützt durch An- und Entspannen die Regulation des Wasserlassens. Ist der Nervus Pudendus geschädigt, kann die Beckenbodenmuskulatur ihrer Funktion nicht nachkommen, was wiederum zu einer Inkontinenz führt.

Was ist ein Nervus Pudendus Syndrom?

Beim Nervus Pudendus Syndrom handelt es sich um ein Leiden, bei dem der Nervus Pudendus geschädigt oder dauerhaft gereizt wird. Damit einhergehend sind plötzlich auftretende, sehr starke Schmerzen im Genital- und Afterbereich.

Im Bereich des Beckens durchläuft der Nervus Pudendus mehrere Öffnung, bis er letztlich den sogenannten ‚Alcock’-Kanal durchwandert. Dieser stellt eine Engstelle dar, an der es schnell zu Einklemmungen und damit Schädigung bzw. Reizung des Nervus Pudendus kommen kann.

Kommt es zu Schädigung des Nervs kann dies zu Einschränkungen der Kontinenz, der Sexualfunktion und der allgemeinen Bewegung kommen.

Nervus Pudendus Blockade

Die Nervus Pudendus Blockade, auch Pudendusblock genannt, kommt bei starken Geburtsschmerzen zum Einsatz. Dabei wird mit Hilfe einer langen Kanüle der Nervus Pudendus durch ein Lokalanästhetikum betäubt, wodurch die Schmerzen im Bereich rund um die Vagina der schwangeren Frau gelindert werden sollen. Bei der Geburt einer Frau kann es zu Einrissen in die Dammregion, sogenannten Dammschnitten oder Dammrissen, kommen. Um den gebärenden Frauen diese Schmerzen, neben den natürlichen Geburtsschmerzen, so erträglich wie möglich zu gestalten, wird der Pudendusblock durchgeführt. Die lokale Betäubung des Nervus Pudendus hat den Vorteil, dass die Gebärmuttermuskulatur davon nicht beeinflusst werden kann und damit der Pressdrang und die Wehen stets bestehen bleiben.

Der Eingriff wird in aller Regel erst nach vollständig eröffnetem Muttermund in der Austreibungsphase durchgeführt. Das Lokalanästhetikum hat für gewöhnlich eine Wirkungsdauer von etwa einer Stunde. Dies bietet gegebenenfalls sogar noch Zeit um einen möglichen Dammriss zu nähen.

Ziel der Nervus Pudendus Blockade ist eine Schmerzlinderung, keine vollkommende Schmerzstillung. Teilweise zeigt die Blockade überhaupt keine Wirkung, weshalb sie inzwischen meist durch die Peridualanästhesie ersetzt wird.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 02.11.2017 - Letzte Änderung: 25.07.2023