Brüche bei Kindern verhalten sich ganz anders als bei Erwachsenen. Kindliche Knochen haben eine stärkere Heilungstendenz und sind insgesamt weicher, was dazu führt, dass sie auch meist anders brechen als bei Erwachsenen.
Der Arm wird ganz allgemein in Oberarm, Unterarm und Hand gegliedert. Diese sind durch das Ellenbogengelenk und Handgelenk miteinander verbunden.
Der Knochen des Oberarms nennt sich Humerus (großer Röhrenknochen), der Unterarm ist aus Elle (Ulna) und Speiche (Radius) aufgebaut. Die Hand wird von den acht Handwurzelknochen und den daran anschließenden Mittelhandknochen und Fingerknochen gebildet.
Vorweg sei gestellt, dass sich gebrochene Arme bei Kindern ganz anders als bei Erwachsenen verhalten.
Erstens ist durch den wesentlich flexibleren Knochen die Art der Brüche anders. Zweitens haben Kinder eine schnellere und bessere Selbstheilungstendenz.
Sind Wachstumsfugen betroffen, muss besonders Acht darauf gegeben werden. Denn hier besteht die Gefahr, dass bei unpassender Behandlung das Wachstum nachhaltig beeinträchtigt wird und Fehlstellungen folgen können.
Bei jedem zehnten Kind ist der Bruch nicht offensichtlich von den Eltern erkennbar.
Typische Zeichen einer Schwellung können fehlen und eine vorhandene Beweglichkeit sollte nicht automatisch dazu führen, dass ein Bruch ausgeschlossen wird.
Hat ein Kind nach einem Sturz oder Zusammenprall starke Schmerzen im Arm, sollte auf jeden Fall ein Arzt aufgesucht werden. Meist sind jedoch neben Schmerzen typische Zeichen aufzuzählen, wie Taubheits- oder Kältegefühl, Schwellungen, Bewegungseinschränkungen oder Fehlstellungen.
Die Schmerzen bei einem Knochenbruch sind oft sehr stark. Sie sind bedingt durch die Reizung der Knochenhaut. Bei Schmerzen durch Knochenbrüche helfen als Schmerzmittel bei Kindern Ibuprofen und Paracetamol. Hier muss auf die jeweilige Dosierung geachtet werden, die sich an dem Körpergewicht des Kindes orientiert.
Bei einer Verstauchung, auch Distorsion genannt, kommt es durch Krafteinwirkung von außen zu einer Überbeanspruchung des betroffenen Gelenkes. Die Verstauchung geht in der Regel mit Schmerzen und einer geringen Schwellung einher. Es gibt keinen Befund im Röntgenbild. Die Verstauchung kann durch lokale Kälteanwendung (Kühlpack) oder durch einen stützenden Verband mit Diclofenacsalbe, bekannt als Voltarengel®, für ein paar Tage behandelt werden.
Der Knochenbruch (Fraktur) entsteht durch das Einwirken von äußeren Kräften, denen der Knochen nicht standhalten kann. Die unsicheren Frakturzeichen sind Schwellung, Schmerz und Funktionseinschränkung der betroffenen Körperregion. Ist der Arm gebrochen, kann damit zum Beispiel nicht mehr gespielt werden. Sichere Frakturzeichen sind die unnormale Beweglichkeit der Extremität, Geräusche der aneinander reibenden Knochenfragmente bei Bewegung des Armes und im schlimmsten Falle herausragende Knochenteile aus der Haut (offener Bruch). Bei unsicheren Frakturzeichen gibt nur das Röntgenbild Aufschluss.
Wichtig ist es, dem Arzt den Verletzungsmechanismus möglichst genau zu schildern. Alleine dadurch kann oft auf die Lokalisation oder die Art des Bruches geschlossen werden.
Der Arzt wird darüber hinaus eine genaue körperliche Untersuchung durchführen, wodurch Bewegungseinschränkungen, Fehl- oder Schonhaltungen und die Durchblutung und Sensibilität überprüft werden.
Die Sicherung der Diagnose erfolgt durch eine Röntgenaufnahme. In Ausnahmefällen, zum Beispiel wenn die Verletzung durch ein scheinbar zu schwaches Trauma (ein sogenanntes Bagatelltrauma) hervorgerufen wurde und die Knochen– und Gewebestruktur genauer untersucht werden sollte, ist eine Kernspintomographie (MRT) oder ein Computertomographie (CT) bei einem gebrochenem Arm angezeigt.
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Bei Oberarmschaftbrüchen bietet sich bei Kindern, die jünger als zehn Jahre sind, oft die Möglichkeit einer konservativen Behandlung, soweit es die Schmerzen und eine nicht mehr als 20 Grad betragende Achsenabknickung erlauben. Hierfür wird oft ein Gips verwendet.
Die durchschnittliche konservative Therapiedauer eines Bruches am Arm beträgt 6 Wochen, Gips bzw. Schiene müssen also für vier bis sechs Wochen getragen werden. Dies kann je nach Art des Knochenbruches variieren. Der Gips dient dazu, den Arm ruhig zu stellen und zu gewährleisten, dass die beiden Knochenfragmente genau aufeinanderliegen. Nur so ist die komplikationslose Heilung des Bruches möglich. Bei leicht verschobenen Bruchstücken werden sie zunächst wieder in die ursprüngliche Stellung gebracht.
Brüche des unteren Oberarmendes sind bei Kindern öfter anzutreffen. Sind die Bruchstücke nicht verschoben, reicht auch hier ein konservatives Verfahren oftmals aus. Zur Ruhigstellung benutzt man einen Oberarmgips, einen Oberarmstützverband oder eine Schlinge.
Die Armschlinge dient der Ruhigstellung des Oberarmes und der Schulter. Da hier der gesamte Arm ruhig gestellt wird, kann es zu Problemen der Beweglichkeit in der Schulter führen. Daher ist eventuell frühzeitige Physiotherapie anzustreben, was aber individuell vom Arzt angeordnet werden sollte. Des Weiteren können durch die vermehrte Belastung des Nackens Nackenschmerzen auftreten. Ein Beispiel hierfür wäre die Blount-Schlinge, welche das Handgelenk in Position hält. Je kleiner das Kind ist, desto unangenehmer ist das Ruhighalten des gesamten Armes. Ein Grund für vermehrtes Weinen und Quengeln kann dann eben diese eingeschränkte Beweglichkeit sein.
Nach einer Ruhigstellung ist es nötig, am nächsten Tag die Durchblutung und die Sensibilität (Gefühl) des Armes und der Finger sowie die Beweglichkeit der Finger zu testen. Durch den Gips oder die Schiene können nämlich bei falscher Anlage die Nerven und Gefäße beschädigt werden. Wird dies übersehen, kann eine dauerhafte Schädigung die Folge sein. Während der Zeit, in der ein Gips getragen wird, sind auch im Verlauf regelmäßige Arztbesuche wichtig, um den richtigen Sitz des Gipses zu kontrollieren und den Heilungserfolg zu überprüfen. Während der Arm im Gips liegt, sollte dieser so wenig wie möglich belastet werden. Sollte das Kind über Druck durch den Gips oder kribbeln in den Fingern klagen, ist eine umgehende Wiedervorstellung bei dem behandelnden Arzt indiziert. Hierbei kann es sich um einen zu engen oder schlecht sitzenden Gips handeln, durch den Gefäße oder Nerven des Armes gequetscht werden.
Nach wenigen Tagen wird zudem eine Röntgenkontrolle durchgeführt, da sich die Bruchstücke nachträglich verschieben können. Nach 4 Wochen ist eine erneute Röntgenkontrolle empfohlen.
Auch bei einem Speichenbruch ist oft eine einfache Ruhigstellung durch Gips oder Schiene ausreichend.
Besteht bei Oberarmschaftsbrüchen, Brüchen des unteren Oberarmendes oder gebrochenen Unterarmem eine zu große Verschiebung oder Abknickung, muss eine OP zur Wiedereinrichtung und Stabilisierung des Bruches durchgeführt werden.
Auch Gefäß- und Nervenverletzungen können vorkommen und eine chirurgische Wiederherstellung nötig machen.
Je nach Bruch können elastische Marknägel zur Stabilisierung benutzt werden. Diese Nägel, die in den Markraum des Knochens eingebracht werden, schonen die Wachstumsfugen. Dieses Verfahren nennt sich auch Elastisch-stabile intramedulläre Nagelung (ESIN).
Eventuell sind Plattensteosyntheseverfahren vorzuziehen. Das heißt, dass unter anderem Metallplatten zur Stabilisierung eingesetzt werden. Dies geschieht aber nur in seltenen Fällen. Es können auch zwei gekreuzte Drähte (sogenanntes Bohrdraht-Osteosytheseverfahren) zur direkten Stabilisierung des gebrochenen Armes eingebracht werden.
Bei besonders komplizierten Brüchen kann ein Fixateur externe nötig werden. Dies ist ein außen angebrachter Halteapparat, der durch eingeführte Metallstäbe den Bruch ruhig hält. Nach drei bis vier Wochen erfolgt eine Röntgenkontrolle und bis zum Erreichen der vollständigen Funktion sind weitere Nachkontrollen wichtig.
Die Metallimplantate werden nach Ausheilung in Narkose entfernt. Die Bohrdrähte können nach etwa drei bis vier Wochen entnommen werden. Die elastischen Nägel (ESIN) können nach ca. sechs bis zwölf Wochen entfernt werden.
Wichtig ist zu wissen, dass gewisse Fehlstellungen hinterlassen werden können, da diese so auswachsen. Inwieweit die Fehlstellung toleriert werden kann, sollte in jedem Fall genau überprüft werden.
Bei einem gebrochenen Oberarm unterscheidet man verschiedene Arten von Brüchen.
Bei dem Oberarmschaftbruch (Humerusschaftfraktur) ist der mittlere Teil des Röhrenknochens beschädigt. Dies geschieht generell selten, aber wenn, dann häufig durch einen Sturz oder bei Verkehrsunfällen.
Ein Bruch des unteren Oberarmendes wird auch als distale Humerusfraktur, supra – oder epikondyläre Humerusfraktur (Kondylus nennt man das untere Ende des Humerus) bezeichnet und entsteht meist durch einen Sturz auf den gestreckten Arm. Dadurch ist das Ellenbogengelenk hier oft mit betroffen.
Bei einem gebrochenen Unterarm gehört besonders der Speichenbruch zu den häufigsten Brüchen in der Kindheit und geschehen in den meisten Fällen durch Stürze während Sportarten wie Handball, Skaten oder Snowboarden.
Die Prognose bei Brüchen in der Kindheit ist allgemein als gut zu betrachten, da kindliche Verletzungen eine gute Selbstheilungstendenz bzw. Tendenz zur Spontankorrektur zeigen.
Dies ist jedoch unter anderem vom Entwicklungsstadium und von Ort, Art und Ausmaß des Bruches abhängig. Besonderes Augenmerk sollte auf Frakturen, die die Gelenke oder die Wachstumsfugen betreffen, gerichtet sein.
Röntgenaufnahmen zur Kontrolle des gebrochenen Armes sind sehr wichtig, um etwaige Fehlstellungen früh zu entdecken und zu korrigieren, so dass ein normales Wachstum gewährleistet wird.
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