Lernprobleme

Der Begriff "Lernen" umfasst Prozesse, die zur einer Verhaltensänderung durch Erfahrung führen. Einige Lernprozesse können konditioniert werden, laufen dann quasi automatisiert ab, andere entstehen durch Imitationslernen (Lernen durch Nachahmung) oder durch Verinnerlichung, womit es bewusst und einsichtig vollzogen wird. Lernsschwierigkeiten oder Lernstörungen machen sich fast ausnahmslos im Verhalten der Kinder, bzw. in deren Persönlichkeitsentwicklung bemerkbar.

Lernprobleme

Synonyme im weiteren Sinne

Probleme beim Lernen, Schwierigkeiten beim Lernen, Lernschwierigkeiten, Lernschwächen, Lernangst, Lernängste, Versagensangst, Versagensängste, Dyskalkulie, Rechenschwäche, Legasthenie, Lese- Rechtschreibschwäche, Lese - Rechtschreib - Schwäche, LRS.

Definition

Lernen stellt die allgemeine Bezeichnung dar für Prozesse, die zur einer Verhaltensänderung durch Erfahrung führen.
Während einige Lernprozesse konditioniert werden können, spielt das Imitationslernen (Lernen durch Nachahmung) eine wesentliche Rolle. Lernen ist vor allem aber auch ein kognitiver Prozess, der bewusst und einsichtig vollzogen wird.
Unter Lernproblemen verstehen wir primär jene Probleme, die im Rahmen des kognitiven Prozesses auftreten. Im Bereich der Schule treten häufig folgende Probleme auf:

Diese Probleme können vielschichtig sein und vor allen Dingen unterschiedlichste Ursachen haben.

Durch die sekundäre Symptomatik, die Lernprobleme mit sich ziehen können (geringe Frustrationstoleranz, mangelndes Selbstbewusstsein bis hin zu Depressionen und Verhaltensauffälligkeiten...), treten wiederum Schwierigkeiten auf, die die Psyche des Kindes und die Gesamtsituation (Familie, Schule,...) stark belasten.

Im Internationalen Klassifikationskonzept der Weltgesundheitsorganisation WHO, der ICD - 10 wird versucht, Entwicklungs- und Lernstörungen zu untergliedern. Anzumerken ist an dieser Stelle, dass eine Unterteilung wie sie dort erfolgte zur Abgrenzung sehr sinnvoll sein kann, allerdings muss man immer berücksichtigen, dass Ursachen für auftretende Probleme nie isoliert gesehen werden dürfen. Dies bedeutet, dass man - nach einer erfolgten Abgrenzung beispielsweise gemäß ICD - 10 - immer auch die auf das Kind einwirkenden Begleitfaktoren (familiäres Umfeld - Kindergarten / Schule) berücksichtigen sollte.

Internationales Klassifizierungskonzept der WHO

Das Konzept der WHO wurde in den 90er Jahren entwickelt und unterscheidet zwei wesentliche Entwicklungsstörungen voneinander.

  • Tiefgreifende Entwicklungsstörungen:
    Unter tiefgreifenden Entwicklungsstörungen versteht man beispielsweise:
    • Das Kanner - Syndrom (frühkindlicher Autismus), das sich meist vor dem 3. Lebensjahr in Form von Entwicklungsrückständen (verzögerte Sprachentwicklung), Kontaktstörungen oder Stereotypien (= sich oft und / oder einen längeren Zeitraum hinweg wiederholende Verhaltensweisen) in Form verbaler Äußerungen oder Handlungen bemerkbar macht.#
    • Das Asperger-Syndrom, bei dem es sich um eine schwere Form von Kontaktstörung handelt, die sich in der Regel im Schulalter besonders bei Jungen bemerkbar mach. Hierbei handelt es sich um eine besondere Form des Autismus.
    • Das Rett - Syndrom. Hierbei handelt es sich um eine erbliche Erkrankung, die sich zwischen dem 6. Lebensmonat und dem vierten Lebensjahr durch eine Abnahme des Schädelwachstums bemerkbar macht. Infolge der Abnahme werden bereits erlernte Fähigkeiten verlernt, schwerwiegende Verhaltensänderungen stellen sich ein. Im Gegensatz zum Asperger - Syndrom sind bisher fast ausschließlich Mädchen mit diesem Syndrom erfasst worden.
  • Umschriebene Entwicklungsstörungen:
    Hierunter fallen Leistungsdefizite in Bezug auf einzelne Entwicklungsbereiche.
    Anders als bei den tiefgreifenden Entwicklungsstörungen liegt eine allgemein gute Intelligenz genauso vor wie eine gesunde körperliche und geistige Entwicklung.
    Diese Entwicklungsstörungen können sich in verschiedenen Bereichen manifestieren
    • Im Bereich der Sprache
    • Im Bereich der schulischen Fertigkeiten
    • Im Bereich der motorischen Funktionen
    • In Form einer Kombination der verschiedenen Bereiche

Häufigkeit

Schenkt man den gängigen Studien Glauben, so liegt der prozentuale Anteil der Kinder, die aufgrund großer schulischer Lerndefizite ein Schuljahr wiederholen müssen oder deren Antrag auf sonderpädagogische Überprüfung gestellt wurde zwischen 18 und 20 %. Da Defizite insbesondere in den ersten beiden Schuljahren auffallen, liegt unter anderem daran, dass das Lesen und Rechnen hier grundgelegt wird, die Kinder aber nicht immer dazu in der Lage sind, diesem Lernschritt zu folgen.
Dies kann diverse Ursachen haben. Es stellt sich allerdings die Frage - egal welche Ursache zugrunde liegt - ob man diese Problemfelder nicht frühzeitig erkennen und deren Beseitigung gegebenenfalls nicht vor Schulbeginn in Angriff nehmen kann.
Da diese “Auffälligkeiten” unter Umständen spezifisch für die einzelnen Lernprobleme gesehen werden müssen, lesen Sie bitte an entsprechender Stelle weiter.

Historie

Da es das menschliche Lernen gibt seitdem Menschen die Erde bevölkern, ist davon auszugehen, dass es wahrscheinlich seit diesem Zeitpunkt auch Lernprobleme gibt.

Ursachen

Die Ursachen für die Entstehung von Lernproblemen sind vielschichtig und in der Regel gibt es nicht DIE Ursache. Meist liegt die Entstehung einer Lernschwäche in der Verknüpfung ungünstiger Umstände, weshalb häufig von einem multikausalen Ursachenkatalog ausgegangen wird.

Je nach Problematik gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, die als Ursache in Frage kommen.
Um genauere Informationen zu erhalten, clicken Sie bitte auf:

Auch Mobbing kann oft zu Problemen beim Lernen führen. Daher sollte eine solche Lernblockade auch als mögliche Folge von Mobbing abgeklärt werden.

Lesen Sie mehr zum Thema: Mobbing in der Grundschule und Lernschwäche bei Kindern

Können Lernprobleme an einem Vitaminmangel liegen?

Bei Vitaminen handelt es sich um lebenswichtige organische Verbindungen, die der menschliche Körper nicht selber ausreichend produzieren kann und deshalb zum Beispiel durch die Nahrung aufgenommen werden müssen.

Es können eine Fehl- oder Mangelernährung oder eine Aufnahmestörung von Vitaminen zu einem Vitaminmangel führen.
Dieser Vitaminmangel kann sich bei jedem unterschiedlich stark auf die Hirn- und Nervenfunktionen auswirken und so zum Beispiel Konzentrationsprobleme hervorrufen, die wiederum zu Lernproblemen führen können.

Für ein effektives Lernen werden gesunde und leistungsfähige Hirn- und Nervenstrukturen benötigt, entsprechend kann ein Vitaminmangel sich negativ auf das Lernverhalten auswirken und zu Lernproblemen führen.

An dieser Stelle ist es auch von Bedeutung, welche Rolle eine Pause für die Konzentration des Kindes spielt. Lesen Sie mehr dazu unter: Die Schulpause

Symptome

Lernsschwierigkeiten oder Lernstörungen manifestieren sich in der Regel im Verhalten der Kinder. Fast immer ist davon das Verhalten, das Erleben und / oder die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes betroffen.
Inwiefern die oben genannten Bereiche symptomatisch beeinflusst werden ist abhängig davon ob Lernschwierigkeiten zeitlich begrenzt sind und somit irgendwann vorübergehen oder ob sie sich manifestieren.

Hinzu kommt die Unterscheidung, ob ein Kind im Bereich des Lernens generelle Schwächen aufweist, sich die Lernprobleme somit auf verschiedene Bereiche beziehen (z.B. Lese- Rechtschreibschwäche, Rechenschwäche) oder ob es sich um eine Teilleistungsstörung (Teilleistungsschwäche) wie beispielsweise Legasthenie oder Dyskalkulie handelt.

Da an dieser Stelle nicht auf alle Symptome eingegangen werden kann, die durch eine Lernproblematik hervorgerufen werden kann, möchte ich Sie auf folgende Seiten verweisen:

Besonderheiten bei Lernproblemen beim Erwachsenen

Im Erwachsenenalter lernt der Mensch anders als in jungen Jahren.
Dies muss nicht zwingend bedeuten, dass Erwachsene schlechter lernen, aber es können ganz andere Lernprobleme entstehen.

Erwachsene haben keine spielerische Aneignung von Fertigkeiten und Wissen durch das Ausprobieren und Ausüben einer Tätigkeit.
Erwachsene sind deutlich verkopfter und können nicht unbefangen einer neuen Tätigkeit getreu dem Motto „Versuch und Irrtum“ nach gehen.
Lernprobleme können in diesem Rahmen auch durch negative Lernerfolge oder hemmende Lernerfahrungen, aus früheren Jahren, die emotional verankert sind und tief sitzen, entstehen.

Des Weiteren kann durch Unverständnisse des Lernmaterials ein Lernstopp oder auch ein Lernproblem auftreten.
Dies und das Überspringen von Lernschritten, hat zur Folge, dass kein lineares Lernen stattfindet, wie bei einem kleinen Kind.

Darüber hinaus ist die Belastung des normalen Alltages, wie zum Beispiel die Familienversorgung, Arbeit etc. bei manchen Erwachsenen ursächlich für Lernschwierigkeiten.
Die Alltagsbelastung und so entsprechend Sorgen oder Ängste erschweren den Lernprozess neuer Dinge, denn die Aufnahmebereitschaft ist durch das normale Leben, welches parallel abläuft, gemindert.

Dies hat zur Folge, dass nicht nur die altersbedingte abnehmende Fähigkeit des Gehirns sich Inhalte neu einzuprägen, für Lernprobleme verantwortlich sein kann, sondern auch mangelnde Lernstrategien, die sich an das Alter und die Lebenssituation anpassen.

Diagnose

Diagnostisch zu ergreifende Maßnahmen sind immer individuell, d.h. je nach zugrunde liegender Lernproblematik zu beurteilen.

Folgende diagnostische Maßnahmen können ergriffen werden:

  • genaue Beobachtungen
  • Befragung aller an der Erziehung beteiligten Erwachsenen
  • Feststellung der Intelligenz
  • Erhebung der Rechtschreibfähigkeit
  • Erhebung der Lesefähigkeit
  • Erhebung der Konzentrationsfähigkeit
  • Feststellung der visuellen Wahrnehmung
  • Feststellung der Sprachwahrnehmungsleistung
  • Beobachtung des Verhaltens in Stresssituationen
  • qualitative Fehleranalysen
  • klinische (ärztliche) Diagnostik

Differentialdiagnose

Differentialdiagnostische Erhebungen werden notwendig, um beispielsweise eine tiefgreifende Entwicklungsstörung von einer umschriebenen Entwicklungsstörung abzugrenzen.
Eine Differentialdiagnose muss immer in Bezug auf die individuelle Lernproblematik erhoben werden. Eine möglicherweise notwendige Diagnostik kann in jeder Kategorie nachgelesen werden. Hier finden Sie weitere Informationen:

Therapie

Therapeutische Maßnahmen sind spezifisch auf die zugrunde liegende Lernproblematik zu sehen. Aus dem Angebot der möglichen Therapieformen muss dann individuell vom Kind aus entschieden werden, welche Maßnahmen ergriffen werden sollten. Dies ist nur dann möglich, wenn die Symptome treffend gedeutet und diagnostisch gut abgegrenzt wurde.

Um näheres bezüglich der verschiedenen therapeutischen Möglichkeiten der einzelnen Lernprobleme zu erfahren, klicken Sie einfach das jeweilige Interessensgebiet an.

Lesen Sie auch mehr zu diesem Thema: Lernstil

Kann Homöopathie bei Lernproblemen helfen?

Zur Bekämpfung von Lernproblemen und auch Aufmerksamkeitsproblemen existiert sehr viel Verschiedenes auf dem Markt, so auch die Homöopathie.
Die Homöopathie wird nicht nur von Heilpraktikern, sondern auch von alternativen Ärzten zur mentalen Unterstützung empfohlen, da sie sehr verträglich ist und quasi keine Nebenwirkungen besitzt.

Bei jeder Person wirkt die Homöopathie unterschiedlich stark, sodass manche Menschen mit ihr ihre Lernprobleme lindern können, andere hingegen greifen lieber zu anderen Mitteln.
Es gilt, dass jeder die Homöopathie für sich ausprobieren sollte und nur individuell feststellen kann, ob sie hilft oder nicht.
Es stehen unterschiedliche Globuli zur Dämpfung von Lernproblemen zur Verfügung, es wird immer individuell entschieden welche eingenommen werden sollen.

Kann Osteopathie bei Lernproblemen helfen?

Osteopathie kann prinzipiell bei Lernproblemen helfen, wenn diese durch einen Einschränkung des Bewegungsapparates entstanden sind.
Es wird in der Osteopathie auf die Beweglichkeit des Körpers in seiner Gesamtheit geachtet und auf die Eigenbewegung einzelner Körperteile und Organsysteme sowie deren Interaktion.

Wenn keine physiologische Bewegungsfreiheit vorliegt, erfolgen Funktionsstörungen, wie zum Beispiel Kopfschmerzen oder Konzentrationsprobleme, die sich wiederum auf das Lernverhalten auswirken können.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bei einem osteoplastischen Problem eine Lernstörung als Folgeerscheinung auftreten kann, aber nicht muss bzw. können Lernprobleme einen ganz anderen Hintergrund besitzen, sodass auch keine Osteopathie hilft.

Autor: Dr. N. Gumpert Veröffentlicht: 21.05.2007 - Letzte Änderung: 22.10.2021