Heilpädagogische Therapieformen kommen immer dann zum Einsatz, wenn Probleme im Bereich der Erziehung auftreten, Erziehung in gewisser Weise durch unterschiedliche Ursachen erschwert wird.
Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom, Zappel - Philipp - Syndrom, Zappelphilipp, Psychoorganisches Syndrom (POS), Hyperkinetisches Syndrom (HKS), ADHS, Fidgety Phil, ADHD.
Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom, Psychoorganisches Syndrom (POS), ADD, Attention - Deficit - Disorder, minimal brain syndrome, Verhaltensstörung mit Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörung, Aufmerksamkeitsdefizit-Störung, ADS, Aufmerksamkeitsdefizitstörung, Träumer, “Hans-guck-in-die-Luft”, Träumerle.
Wie der Name “Heilpädagogik” vermuten lässt, handelt es sich hierbei um eine bestimmte Form der allgemeinen Pädagogik, die Immer dann zum Einsatz kommen kann, wenn die Erziehung als solche durch gewisse Umstände und Ursachen negativ beeinflusst und somit erschwert wird. Somit nehmen heilpädagogische Therapieformen im Bereich der Lernprobleme allgemein einen wichtigen Stellenwert ein.
Da im Falle eines ADHS die Erziehung durch die spezifischen Symptome durchaus erschwert wird, ist eine Therapie auf Basis heilpädagogischer Maßnahmen nachvollziehbar und angeraten. Ziel ist es dabei, Symptome zu lindern und in besonderer Weise auch die Konzentrations- und Aufmerksamkeitsfähikgeit zu steigern. Negative Verhaltensweisen sollen dabei erkannt, aufgearbeitet und verändert werden, sodass der Alltag einfacher und problemfreier bewältigt werden kann. Insbesondere bei ADHS - Kindern steht dabei auch die Reduktion der Konflikte mit anderen Kindern im Vordergrund.
Insbesondere im Bereich der Lernprobleme, die stets individuell verlaufen, lässt sich DIE heilpädagogische Therapieform nicht benennen. Es gibt vielmehr eine Vielzahl möglicher Therapieformen, die zur Auswahl stehen. Einige Therapieformen werden Ihnen nachfolgend dargestellt.
Das ADHS ist eine komplexe Erkrankung, die bis heute nicht in allen Bereichen verstanden ist. Daher sind die Behandlungsansätze vielfältig, in einigen Teilen sogar grundsätzlich gegensätzlich.
Dr. Nicolas Gumpert hat sich bemüht in seinem Buch verständlich für die Eltern alles Aspekte des ADHS verständlich zu erklären und die verschiedenen Therapieoptionen aufzuzeigen.
Die Bewegungstherapie, die auf psychomotorischer Ebene agiert, findet in der Regel in Kleingruppen unter therapeutischer Betreuung statt. Sie stellt eine Methode dar, den eigenen Körper durch ein großes Angebot an Bewegungsmöglichkeiten (neu und anders) zu erfahren und zu schulen.
Gerade Kinder mit einem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom haben Probleme mit der Wahrnehmung des eigenen Körpers, oftmals auch im grob- und feinmotorischen Bereich. Mittels verschiedener Bewegungsangebote (balancieren, hüpfen, laufen , schwingen, rutschen, ...) lernen sie den eigenen Körper und die eigenen Fähigkeiten immer besser kennen. Mit der Zeit werden Übungen, die anfänglich sehr schwer fielen sicherer, wodurch das Kind letztlich auch eine Selbstbestätigung erhält. Die Bewegungstherapie ist sowohl für hyper- als auch für hypoaktive Kinder geeignet.
Je nach individueller Ausgangslage, kann eine etwas softere Form der Bewegungstherapie angeraten sein. Beispielartig sei an dieser Stelle die sogenannte sensomotorische Integrationstherapie, die als Form der Ergotherapie weiter unten beschrieben wird.
Im Rahmen einer Ergotherapie sollen Störungen der Sinnesorgane, motorische Störungen und Störungen der geistigen und psychischen Fähigkeiten eines Patienten soweit geheilt werden, dass eine Selbstständigkeit im alltäglichen Leben (wieder) möglich ist.
Anders als man meint, sind Ergotherapien nicht nur für Kinder, sondern durchaus für Menschen aller Altersschichten vorgesehen und umfassen nicht nur pädagogische, sondern beispielsweise auch neurologische und / oder orthopädische Aufgabenfelder.
Somit stellt eine ergotherapeutische Behandlung im Hinblick auf das ADHS nur eine von vielen Behandlungsmöglichkeiten dar. Die ergotherapeutische Behandlung setzt in der Regel mit einem sogenannten Erstgespräch an, indem alle grundlegenden Informationen ausgetauscht und erste Informationen über die therapeutische Behandlung (Testverfahren, Ablauf, Einbeziehen der Eltern, ...) vermittelt werden.
Im Rahmen einer Ergotherapie empfiehlt es sich, mit allen an der Erziehung im wesentlichen beteiligten Personen Kontakt aufzunehmen und diesen auch über die Therapie hinweg immer wieder zu aktivieren. Nur so kann die Therapie an den Alltagsproblemen arbeiten, nur so lassen sich Erfolge und Misserfolge in die Planung miteinbeziehen. Neben dem Kontakt zu den Eltern sollte daher auch die Zusammenarbeit mit Erziehern und Erzieherinnen, Lehrern und Lehrerinnen gesucht werden. Es empfiehlt sich ferner ein regelmäßiger Austausch mit den behandelnden Ärzten, Psychologen und / oder anderen Therapeuten.
Eine ADHS - spezifische Ergotherapie setzt sowohl an den ADHS - typischen Begleitsymptomatiken, als auch an den sekundären Begleiterscheinungen an, wodurch in erster Linie auch das Sozialverhalten des Kindes mitbetrachtet und die körperliche Ebene durch motorische Übungen angesprochen wird.
Die kindliche Ergotherapie greift auf namhafte Therapieformen, wie beispielsweise die Bobath - Therapie oder die Therapie nach Ayre, bzw. Konzepte nach Frostig, Affolter usw. zurück.
Sensorische Integrationstherapie, sensomotorische perzeptive Therapie:
Neurophysiologische Therapieform (Selbstinstruktionstraining):
Da immer von den individuellen Voraussetzungen und Problemen des Kindes ausgegangen wird, hängt die Entscheidung welcher Ansatz therapeutisch verfolgt wird, vom Kind selbst ab. Eine gute und gezielt ausgerichtete Therapie beginnt genau dort, wo es für das Kind angebracht ist. Das Kind wird therapeutisch gesehen dort abgeholt, wo es steht. Mängel werden erkannt und therapeutisch aufgegriffen.
Nicht nur aufgrund der zunehmenden Professionalisierung des Berufes des Ergotherapeuten sind Erfolge im Hinblick auf die ergotherapeutische Behandlung im Bereich des ADHS nicht wegzudiskutieren. Inwiefern im Einzelfall Erfolge erzielt werden können, lässt sich pauschal nicht beurteilen. Erfolge werden immer von den individuellen Begleiterscheinungen und insbesondere auch durch die häusliche Unterstützung mitbedingt.
Ausgegangen wird hierbei von der Tatsache, dass auch die auffälligsten ADS - Kinder sich - bezogen auf Tiere - sehr fürsorglich zeigen und überdurchschnittliche lange Konzentrationsphasen erbringen. Sie bauen mit der Zeit eine innere und tiefe Verbindung mit dem Tier auf und stärkt somit sein Selbstbewusstsein.
Dabei sind die Möglichkeiten im Hinblick auf eine Therapie mit Tieren unterschiedlich. Eines darf hier allerdings nicht verwechselt werden: Therapie mit Tieren ist nicht gleichzusetzen mit “Kind bekommt Haustier”.
Therapie mit Tieren bedeutet vielmehr, dass an entsprechender Stelle das Kind mit einem speziell ausgebildeten Tier (z.B. Hund, ...) in Verbindung gebracht wird. Zunächst verbringt das Kind, beispielsweise durch eine Videocamera überwacht - einige Zeit mit dem Tier.
In der Regel wirkt sich eine solche Therapie in mehreren Bereichen positiv auf das Kind aus:
Therapeutisches Reiten / Hippotherapie
Das therapeutische Reiten stellt eine Spezialform der Therapie mit Tieren dar und findet auch im Bereich der ADHS - Therapie seine Anwendung.
Das therapeutische Reiten zielt neben der Verbesserung der Körperbeweg- lichkeit, der Motorik und des Muskelaufbaus auf den Aufbau einer intensiven Beziehung zu den Pferden ab um daraus letztlich eine Steigerung des Selbstbewusstseins und der Eigenständigkeit zu provozieren. Über das positive Gefühl soll eine seelische Ausgeglichenheit erreicht werden und das Kind somit indirekt zu längeren Konzentrationsphasen, zum Abbau von Aggressionen usw. bewegt werden.
Gerade im Bereich der ADHS - Therapie findet die Einbeziehung des Sports immer häufiger Berücksichtigung.
Zum einen kann das Sportangebot dazu dienen, überschüssige Energien zu verbrauchen und sich auszupowern, auf der anderen Seite erfordert Sport - je nach Sportart - ein gewisses Maß an Teamfähigkeit, die es unter anderem erst allmählich auszubilden gilt. Nicht zuletzt deshalb sollte bei ADHS - Kindern - mehr noch als bei “normalen” Kindern - auf ideale Passung der Sportart zu achten. Nicht immer ist es ratsam, ein ADHS - Kind einfach im Sportverein anzumelden. Je nach Schwere der Symptome kann ein einzelner Trainer, der über die Symptome und das Krankheitsbild des ADHS nicht ausreichend informiert ist / wurde, mit der Situation (unter Umständen: Konfliktsituation) hemmungslos überfordert sein. Es empfiehlt sich somit nicht nur, den Interessen des Kindes entsprechend zu agieren, sondern auch mit dem Therapeuten den konkreten Wunsch des Kindes zu besprechen. Darüber hinaus gibt es vielerorts bestimmte therapeutische Maßnahmen, die auf sportlicher Ebene ausgerichtet sind und von erfahrenen Übungsleitern / Therapeuten betreut werden.
Erziehungsberatungsstellen können und sollten immer dann in Anspruch genommen werden, wenn Probleme im Bereich der Erziehung von Kindern und Jugendlichen auftreten und Eltern diese Problematik alleine nicht mehr lösen können.
Erziehungsberatungsstellen decken ein großes Feld erzieherischer Problemlösehilfen ab, können aber in besonderer Weise eines sehr differenzierte Beratung und / oder Hilfestellungen anbieten.
Damit Eltern sich hilfesuchend an Erziehungsberatungsstellen wenden können, müssen sie sich zuvor eingestehen, dass sie alleine die aufgetretenen Probleme nicht mehr bewältigen können. Diese Einsicht fällt häufig nicht leicht und ist sicherlich auch schmerzhaft, allerdings ist dieses Eingeständnis dann auch gleichzeitig der erste Weg heraus aus dem Problemfeld.
Erziehungsberater sind prinzipiell zu Verschwiegenheit verpflichtet, sofern Eltern / Erziehungsberechtigte sie nicht von der Schweigepflicht entbinden. Bei Problemen, die sich in besonderer Weise auf den schulischen Bereich ausdehnen, sollte man dem Kind zuliebe die Erziehungsberatung von der Schweigepflicht entbinden. Ferner sollte man von Anfang an offen und ehrlich über die bestehenden Probleme berichten. Nur so kann gewährleistet werden, dass die Hilfestellung Aussicht auf Erfolg haben kann.
Sobald im Rahmen des so genannten Erstgespräches erste Fakten besprochen und unter Umständen auch bereits einige Ursachen erkannt wurden, sollte sich im Anschluss an das Erstgespräch die diagnostische Erhebung anschließen. Ist die Diagnose gestellt, werden individuelle Aspekte sichtbar, sodass im Anschluss an die diagnostische Erhebung auch ein individueller Förderplan erstellt werden kann, der auf die unterschiedlichen therapeutischen Teilbereiche zurückgreift.
Erziehungsberatungsstellen werden von unterschiedlichen Organisationen angeboten, so beispielsweise durch die Arbeiterwohlfahrt, das Jugendamt, das diakonische Werk oder den Caritasverband. Aufgrund des Rechtsanspruches der Eltern auf Erziehungsberatung sind die Erziehungsberatungsstellen nicht nur flächendeckend angelegt, sondern auch kostenlos.
Weitere Informationen zu therapeutischen Bereichen des ADHS finden Sie nachfolgend genannt. Beachten Sie bitte, dass verschiedene Therapieformen den individuellen Symptomen eines Kindes entsprechend sinnvoll miteinander verknüpft werden sollten, um dem Syndrom ADHS entgegenwirken zu können.
Die genannten Therapiemöglichkeiten ergänzen sich in vielerlei Hinsicht gegenseitig. Welche Formen im Einzelfall miteinander kombiniert werden können, kann der behandelnde Arzt, bzw. der behandelnde Therapeut gemeinsam mit Ihnen entscheiden. Wichtig ist dabei, dass von der individuellen Symptomatik ausgegangen und entschieden wird.