Inkontinenz nach einem Bandscheibenvorfall der LWS

Dieser Artikel handelt von der Komplikation der Inkontinenz, die nach einem Bandscheibenvorfall der Lendenwirbelsäule auftreten kann und deren Ursache.

Inkontinenz nach einem Bandscheibenvorfall

Einleitung

Inkontinenz nach einem Bandscheibenvorfall ist ein typisches, jedoch nicht unbedingt häufiges Phänomen. Eine Irritation beziehungsweise Schädigung von Nervenfasern durch den Bandscheibenvorfall sind der Grund dafür.
Dabei kann auch der Grad der Inkontinenz unterschiedlich stark ausgeprägt sein und muss nicht immer gleich bedeuten, dass man das Wasser gar nicht mehr halten kann. Oftmals sind es nur wenige Tropfen.

Warum kann es bei einem Bandscheibenvorfall der LWS zu einer Inkontinenz kommen?

Die Kontinenz der menschlichen Harnblase beruht auf einem komplexen Zusammenspiel von willkürlicher und autonomer Muskulatur. Weiterhin spielen auch der Füllungszustand der Blase das Aktivitätslevel von Sympathikus und Parasympathikus eine große Rolle beim Einhalten des Urins.
Alle diese Bestandteile werden über Nerven angesteuert bzw. versorgt, die ihren Weg zur Harnblase bzw. von der Harnblase zum Gehirn über das Rückenmark machen. Der Bandscheibenvorfall im Lendenbereich sorgt nun dafür, dass gewisse dieser Faserverbindungen zwischen Harnblase und Gehirn gestört oder im schlimmsten Fall sogar zerstört werden. Die Übertragung kann also nicht mehr problemlos funktionieren.
In aller Regel ist die Inkontinenz eine Kombination des Ausfalls der willkürlich steuerbaren Muskulatur – nämlich der des Beckenbodens- und der Harnblasenmuskulatur, welche über Sympathikus und Parasympathikus, das sogenannte vegetative Nervensystem, gesteuert wird.

Die Beckenbodenmuskulatur, welche bewusst angespannt werden kann, dient dem bewussten Verschluss der Harnröhre. Jeder, der seinen Urin schon einmal dringend einhalten musste, kennt wohl das Gefühl, dass der Körper eigentlich alle Signale auf „Laufenlassen“ setzt, man es sich aber noch verkneifen kann, indem man die Beckenbodenmuskulatur stark anspannt. Sind also die Nervenverbindungen zur Beckenbodenmuskulatur gestört so kann ein Einhalten in diesen brenzeligen Situationen nicht mehr möglich sein. Damit man aber nicht dauerhaft seinen Beckenboden anspannen muss, übernimmt dies im Normalfall das vegetative Nervensystem – Sympathikus und Parasympathikus. Sie steuern einen Verschlussmuskel der Harnröhre, der sich etwas oberhalb des Beckenbodens befindet. Im Normalfall ist dieser Muskel – völlig unbewusst für den Menschen- zusammengezogen und versperrt so den Weg zur Harnröhre. Die Muskulatur der Harnblase ist dabei entspannt. Erreicht die Harnblase nun aber einen individuell begrenzten Füllstand, senden Drucksensoren aus der Harnblase Signale an das Gehirn. Der Mensch empfindet dies als Harndrang.
Entschließt man sich nun dazu, dem Harndrang nachzugeben, oder wenn die Blase zu extrem gefüllt ist, beginnt das vegetative Nervensystem erneut zu arbeiten.
Der Verschlussmuskel der Harnröhre weitet sich und gibt den Weg durch die Harnröhre bis zum Beckenboden frei. Außerdem beginnt sich die Muskulatur um die Harnblase herum zusammenzuziehen – sie wird quasi ausgewrungen.
Wird nun auch noch die willkürliche Entscheidung getroffen, den Beckenboden zu entspannen, kann der Urin die gesamte Harnröhre passieren du wird ausgeschieden. Es ist also offensichtlich, dass es eine Reihe von Möglichkeiten gibt, welche bei einer Störung eine Inkontinenz zur Folge haben können. Abhängig davon, an welcher Stelle das Rückenmark bzw. die austretenden Nerven geschädigt wurden und wie stark der Schaden war.
 

Wann kommt es zu einer Inkontinenz?

Wann genau bzw. bei wem genau es zu einer Inkontinenz kommen kann, kann man leider nicht pauschal sagen. Nicht jeder Bandscheibenvorfall der Lendenwirbelsäule ist gleich. Je nachdem, wohin die heraustretende Zwischenwirbelscheibe der Wirbelsäule gerade drückt, sind vollkommen unterschiedliche Bereiche des Handelns oder Wahrnehmens betroffen.

Dauer der Inkontinenz

Eine Aussage zur Dauer der Inkontinenz ist genauso schwierig wie eine Aussage zur Frage, wer davon betroffen ist. Es hängt zum einen davon ab, ob der Schaden reversibel ist und zum anderen, welche Therapie des Bandscheibenvorfalls angewandt wird. Ist die Nervenbahn zur Kontrolle der Blasenfunktion irreversibel geschädigt, wird der Betroffene – zumindest vom heutigen Stand der Medizin aus- sein restliches Leben mit diesem Problem zubringen müssen. Ist die Nervenbahn nicht irreversibel geschädigt, kann eine Versteifung der Wirbel die Problematik entweder manifestieren oder sie gegebenenfalls auch wieder beheben. Eine pauschale Aussage ist auch diesbezüglich leider nicht möglich.

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Was kann man gegen die Inkontinenz tun?

Die Inkontinenz an sich kann man leider nicht prompt mit einem Medikament oder ähnlichem behandeln. In aller Regel muss man sich mit der Prävention vor zu großen „Unglücken“ beschäftigen. Das Tragen von Windelhosen oder das Vorlegen von Binden sind dabei die häufigsten Methoden, um einem unkontrollierten Urinabgang vorzubeugen, der sich im schlimmsten Fall durch die Hose abzeichnen könnte.
Im weiteren Verlauf kann die Operation des Bandscheibenvorfalls eine Besserung der Problematik bringen. Dies ist jedoch nicht in jedem Falle gleich, sondern individuell stark unterschiedlich. Je nach Ausmaß und Dauer der Schädigung der entsprechenden Nerven. Zu guter Letzt kann auch einfach Abwarten nach der Operation eine Besserung bringen. War die Schädigung der Nerven nicht zu gravierend, besteht ein gewisses Regenerationspotential, welches dafür sorgen kann, dass die Nervenfasern größtenteils wieder ihre alten Funktionen aufnehmen können.
 

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 09.11.2018 - Letzte Änderung: 30.03.2024