Spinalanästhesie beim Kaiserschnitt

Bei Not-Kaiserschnitten oder auch bei Wunsch der Mutter kann der Kaiserschnitt statt in Vollnarkose mit einer Spinalanästhesie durchgeführt werden. Die hat den Vorteil, dass das Narkosemittel nicht in den Kreislauf des Kindes gelangt und es auch weniger Risiken für die Mutter gibt.

Spinalanästhesie beim Kaiserschnitt

Einleitung

Ein Drittel der Kinder in Deutschland kommt durch einen Kaiserschnitt zur Welt. Dies ist eine besondere Situation, da bei der Wahl der Narkosemethode sowohl die Auswirkungen auf die Mutter, als auch die Auswirkungen auf das Kind berücksichtigt werden müssen.

Ein Kaiserschnitt kann neben einer Vollnarkose auch in einer rückenmarksnahen Regionalananästhesie durchgeführt werden. Hierzu gehören die Periduralanästhesie und die Spinalanästhesie. Beide gelten als sichere Narkoseverfahren, die eine optimale Schmerzausschaltung während des Kaiserschnitts gewährleisten. Bei einer Spinalanästhesie wird die untere Körperhälfte durch eine Injektion von Betäubungsmittel in den Rückenmarkskanal (Spinalkanal) betäubt. So ist die Mutter während des Kaiserschnitts bei Bewusstsein, verspürt aber keine Schmerzen und kann sich im Bereich der unteren Körperhälfte nicht bewegen. Manchmal bleibt das Druckempfinden teilweise erhalten, so dass gefühlt wird, dass etwas gemacht wird, jedoch keine Schmerzen empfunden werden. Um das Bewusstsein etwas zu dämpfen, kann ein Beruhigungsmittel eingenommen werden. Viele Kliniken bieten den Müttern an, während des Eingriffs über Kopfhörer Musik zu hören, um sich so vor den Geräuschen im Operationssaal abzuschirmen.

Ablauf einer Spinalanästhesie

Im Kanal, der innerhalb der Wirbelsäule verläuft, dem Spinalkanal, befinden sich Nervenwasser, das Rückenmark, sowie die vom Rückenmark ausgehenden Nervenfasern. Das Rückenmark endet etwa auf Höhe des ersten Lendenwirbelkörpers, darunter verlaufen nur noch Nervenfasern. Um das Rückenmark nicht zu verletzen, wird eine Spinalanästhesie zwischen 3. und 4. Lendenwirbelkörper oder zwischen 4. und 5. Lendenwirbelkörper durchgeführt.
Am besten sollte die Mutter sitzen und einen Rundrücken („Katzenbuckel“) machen, alternativ kann die Spinalanästhesie auch in Seitenlage erfolgen. Dabei erfolgt zunächst eine örtliche Betäubung. Anschließend wird eine dünne Nadel in den Raum zwischen zwei Wirbelkörpern durch die Rückenmarkshaut (Dura) eingeführt. Trifft die Nadel auf Nervenfasern, sind diese in der Lage der Nadel auszuweichen, so dass es im Normalfall nicht zu Verletzungen kommt. Als zusätzliche Vorsichtsmaßnahme sind die Spitzen der Spezialnadeln abgerundet. In den mit Nervenwasser gefüllten Raum wird nun das Betäubungsmittel gespritzt. Aufgrund spezieller Eigenschaften des verwendeten Betäubungsmittels, der Körperposition und der Einstichhöhe verteilt sich dieses vorwiegend im unteren Bereich des Rückenmarkskanals, so dass nur die untere Körperhälfte von der Betäubung betroffen ist. Bei der Injektion kann es sofort zu Kribbeln oder Schwerwerden der Beine kommen. Direkt danach wird die Nadel wieder herausgezogen. Man kann sich vorstellen, dass die Nerven, die den Schmerz leiten, von Schmerzmittel umspült werden und so die Schmerzweiterleitung blockiert wird. Die Wirkung der Spinalanästhesie setzt rasch ein und hält etwa 3-4 Stunden.

Wann kommt eine Spinalanästhesie zum Einsatz?

Die Wahl der Narkoseart beim hängt vorwiegend von der Dringlichkeit und dem Grund des Kaiserschnitts, sowie dem Wunsch der Mutter ab. In Spinalanästhesie werden meistens geplante und eilige Kaiserschnitte, bei denen das Kind in einem Zeitraum von einer halben Stunde entbunden werden soll, durchgeführt. Beim Notfall-Kaiserschnitt liegt eine Gefahr für Mutter oder Kind vor. Da hier der Kaiserschnitt schnellstmöglich erfolgen soll, wird aufgrund des sofortigen Wirkungseintritts regelhaft eine Vollnarkose gewählt.
Gegen eine Spinalanästhesie bei einem Kaiserschnitt sprechen bestimmte Erkrankungen der Mutter, wie Erkrankungen der Blutgerinnung, die mit einer Blutungsneigung einhergehen. Infektionen, Schock und erhöhter Hirndruck gelten ebenfalls als Kontraindikationen für die Durchführung eines Kaiserschnittes in Spinalanästhesie. Nicht durchgeführt werden darf eine Spinalanästhesie im Fall bestimmter Fehlbildungen oder Verletzungen der Wirbelsäule der Mutter. Auch bei bestimmten Herzkreislauferkrankungen und Erkrankungen des zentralen Nervensystems wird von einer Spinalanästhesie abgeraten.

Die Wahl des Narkoseverfahrens sollte generell nach ausführlicher Beratung durch den Anästhesisten und Abwägung von Nutzen und Risiken für jeden Fall einzeln entschieden werden. Die Grundvoraussetzung für die Durchführung einer Spinalanästhesie ist die Kooperation der Mutter, da ihre aktive Mitarbeit notwendig ist. Kommt es während der Spinalanästhesie zu starker Übelkeit oder Schwindel oder zu extremer Angst und Aufregung, kann ein Wechsel zur Vollnarkose notwendig werden. Auch beim Auftreten von Atembeschwerden, operativen Problemen oder unerwarteten Schmerzen kann eine Vollnarkose im Lauf des Eingriffs nötig werden. Daher ist der Anästhesist stets darauf vorbereitet im Falle des Auftretens von Problemen eine Vollnarkose durchzuführen.

Vorteile

Die Spinalanästhesie gilt als einfache und sehr zuverlässige Technik generell und auch beim Kaiserschnitt. Sie ist schnell durchführbar, die Wirkung setzt nach kurzer Zeit ein und schaltet für 3-4 Stunden das Schmerzempfinden im Unterkörper aus. Die Wahl einer Spinalanästhesie beim Kaiserschnitt erlaubt der Mutter die Geburt ihres Kindes bewusst mitzuerleben. Sie ist wach, atmet selbst und verspürt keine Schmerzen. Die Muskeln der unteren Körperhälfte werden durch das Betäubungsmittel gelähmt. Bei einem in Spinalanästhesie durchgeführten Kaiserschnitt darf der Vater meistens ebenfalls dabei sein, so dass die Mutter eine Unterstützung an ihrer Seite hat. Dadurch, dass sich die Mutter während des Eingriffs nicht in einem medikamentös herbeigeführten Tiefschlaf befindet, können viele Risiken der Vollnarkose umgangen werden. Das Kind wird nicht, wie bei der Vollnarkose, mit Narkosemedikamenten belastet. Insgesamt ist die Spinalanästhesie eine für Mutter und Kind komplikationsarme Narkosemethode. Einige Studien sprechen dafür, dass rückenmarksnahe Anästhesieverfahren, wie die Spinalanästhesie, beim Kaiserschnitt eine höhere Sicherheit für Mutter und Kind bedeuten. Daher sollte die Spinalanästhesie, sofern nichts dagegen spricht, bei einem Kaiserschnitt der Vollnarkose vorgezogen werden.

Risiken einer Spinalanästhesie

Wie bei jedem körperlichen Eingriff sind auch bei der Spinalanästhesie Infektionen an der Einstichstelle, Blutungen und Nervenverletzungen mögliche Risiken. Typische Nebenwirkungen sind ein Abfall des Blutdrucks, da das Betäubungsmittel die Gefäße im Unterkörper erweitert, so dass vorübergehend zu viel Blut in die Beine abfällt. Dies wird jedoch vom Narkosearzt überwacht und im Falle eines Blutdruckabfalls rasch durch Spritzen eines Medikaments behandelt.
Weitere Nebenwirkungen, zu denen es nach einer Spinalanästhesie kommen kann, sind Übelkeit und Erbrechen. Auch Rückenschmerzen und Kopfschmerzen können auftreten. Die Kopfschmerzen sind üblicherweise im Stehen am stärksten und verschwinden im Liegen. Nach dem Abklingen der Spinalanästhesie kann es kurzzeitig zu Funktionsstörungen der Harnblase kommen. Sobald die Spinalanästhesie aber komplett abgeklungen ist, kommt es automatisch wieder zur Normalisierung. Die gefürchtete Komplikation der Spinalanästhesie ist eine Querschnittslähmung durch Verletzung des Rückenmarks. Dies ist heutzutage extrem selten, da die Injektion unterhalb des Rückenmarks in einem Bereich, in welchem nur noch einzelne Nervenfasern verlaufen, erfolgt. Diese Nervenfasern besitzen die Fähigkeit der Nadel ausweichen zu können. Dazu ist die Spitze der Spezialnadeln abgerundet, so dass das Verletzungsrisiko minimal ist.

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Nebenwirkungen

Obwohl die Spinalanästhesie bedeutet, dass die Betroffene während des Eingriffs bei Bewusstsein ist, sind dennoch einige Nebenwirkungen möglich. Zunächst besteht die Möglichkeit einer Unverträglichkeit gegenüber den genutzten Medikamenten.

Zudem haben die Medikamente oft eine dämpfende Wirkung auf den Kreislauf und sind auch von Übelkeit und Schwindel begleitet. Diese Nebenwirkungen können jedoch direkt mit weiteren Medikamenten gesteuert und abgemildert werden.

Schwere Komplikationen können vorkommen, wenn die Medikamente in Blutgefäße gelangen, da hierfür die Konzentration zu hoch ist und eine zentrale Wirkung auf den Kreislauf ausgelöst wird.

Nach einer Spinalanästhesie kann es zu Kopfschmerzen kommen. Dies geschieht, da während des Einstichs geringe Mengen Hirnwasser austreten und so einen Zug auf das Gehirn entsteht. Diese Kopfschmerzen sind meist schnell rückläufig und sonst gut behandelbar. An der Einstichstelle kann sich zudem ein Bluterguss bilden, welcher einige Tage druckempfindlich ist.

Viele Frauen benötigen nach einem Kaiserschnitt mit Spinalanästhesie kurzzeitig einen Urinkatheter, da die Kontrolle über die Blasenfunktion nicht direkt normal funktioniert. In seltenen Fällen bildet sich zudem ein eitriger Abszess an der Einstichstelle.

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Was sind die Alternativen

Neben einer Spinalanästhesie gibt es als Alternative eine Vollnarkose oder eine Periduralanästhesie. Die Periduralanästhesie ist der Spinalanästhesie sehr ähnlich. Das betäubte Gebiet ist hierbei jedoch geringer und es handelt sich nicht um eine einmalige Gabe des Medikaments, sondern um eine kontinuierliche Gabe über einen Schlauch in den Lendenwirbelkanal. Die Vollnarkose ist meist eine Möglichkeit bei Notgeburten. Diese Narkose ist jedoch mit größeren Risiken verbunden und erreicht auch das Kind, welches nach der Geburt etwas schläfrig sein kann.  

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Peridural Anästhesie (PDA)

PDA ist die Abkürzung für eine Periduralanästhesie. Hierbei handelt es sich um eine regionale Betäubung ähnlich einer Spinalanästhesie. Die Dura ist eine der Rückenmarkshäute und das Narkosemittel wird um diese Rückenmarkshaut herum im Lendenwirbelbereich gespritzt. In dieser Region verlaufen die Nerven, welche die Gebährmutter und den Bauch versorgen. Diese werden durch das Narkosemittel betäubt.

Während der Periduralanästhesie bleibt durchgehend ein kleiner Schlauch in diesem Epiduralraum liegen. Das Narkosemittel kann so individueller angepasst werden, als bei der einmaligen Gabe bei der Spinalanästhesie.

Dieser Schlauch hat jedoch nicht nur Vorteile. Wie alle Fremdkörper, welche in den Körper eingebracht werden, bildet dieser Zugang eine Eintrittspforte für Bakterien. Infektionen sind in diesem Bereich gefährlich, da eine direkte Verbindung der Rückenmarkshäute zu den Hirnhäuten und dem Gehirn besteht. Für das Kind bietet die PDA keine relevanten Risiken, da es nicht in Kontakt mit dem Narkosemittel kommt. Die PDA wird auch zur Schmerzstillung bei natürlichen Geburten und nicht nur beim Kaiserschnitt verwendet.

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Vollnarkose

Eine Vollnarkose ist ein erheblicher Eingriff in den Körper und daher nicht die erste Wahl bei einem geplanten Kaiserschnitt. Bei Notgeburten wird jedoch oft auch einen Kaiserschnitt zurückgegriffen, da dies die schnellste Möglichkeit darstellt. Das Bewusstsein und das Schmerzempfinden der werdenden Mutter werden vollständig ausgeschaltet und die Geburt wird nicht bewusst wahrgenommen.

Hierbei werden Medikamente gegeben, welche zentral und auf den gesamten Körper wirken. Da auch die Muskulatur ausgeschaltet wird, ist eine Beatmung über einen Beatmungsschlauch notwendig. Der Blutdruck, die Herzfrequenz und die Atmung werden vom Anästhesisten kontrolliert und gesteuert. Die Mutter ist nach der Narkose noch einige Zeit geschwächt und kann nicht direkt die Versorgung ihres Neugeborenen übernehmen.

Insgesamt ist eine Vollnarkose mit einem größeren Risiko für Komplikationen verbunden. Auch für das Kind ist diese Methode ein stärkerer Eingriff in den Körper, da es die Medikamente zum Teil über die Nabelschnur aufnimmt und nach der Geburt etwas schläfrig wirkt. In den meisten Krankenhäusern kann der Partner hierbei nicht mit in den Operationssaal.

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Wie gehe ich mit der Angst vor einer Spinalanästhesie um

Angst vor einem medizinischen Eingriff und auch vor der Geburt selbst sind völlig normal und vor Allem eine Angst vor dem Unbekannten. Vielen Frauen hilft es sich mit anderen Frauen und ihrer Hebamme und den behandelnden Ärzten zu unterhalten und alle Fragen zu klären. Bei einer Spinalanästhesie kann zudem meistens der Partner mit in den OP und kann daher die Frau unterstützen. Ängste sollten offen angesprochen werden. Sollte die Angst vor der Spinalanästhesie zu groß sein, können Alternativen erwogen werden.

Weitere Informationen

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 26.09.2014 - Letzte Änderung: 22.10.2021