Eine mögliche fehlerhafte Entwicklung des Sehapparates bzw. der weiteren kognitiven Verarbeitung der Sehbahnen sollte möglichst frühzeitig erkannt und therapiert werden, so dass die möglichen Langzeitfolgen verhindert bzw. abgeschwächt werden können.
In Deutschland kann schätzungsweise jedes zehnte Kind nicht richtig sehen. Dabei ist es für das richtige Sehen lernen und die Entwicklung wichtig, dass beide Augen des Kindes richtig funktionieren. Eine unkorrigierte Sehschwäche kann schwerwiegende Auswirkungen auf die Augen- und Gehirnentwicklung haben. Aber auch für das soziale Leben und das spätere Schul- und Berufsleben ist es wichtig, richtig sehen zu können. Dabei kann es unter Umständen sehr schwierig sein, eine Sehschwäche beim eigenen Kind zu entdecken.
Häufigste Ursachen für eine Sehschwäche bei Kindern sind Baufehler des Auges. Hierbei werden die Bilder aus der Umgebung nicht richtig aufgenommen und/oder im Gehirn nicht richtig zusammengesetzt. Zu diesen Baufehlern gehören Weitsichtigkeit (Hyperopie), Kurzsichtigkeit (Myopie), Hornhautverkrümmungen (Astigmatismus) und Schielen (Strabismus). Hierbei können ein Auge oder beide Augen betroffen sein und auch verschiedene Fehler zusammen auftreten.
Seltener sind Farbsehstörungen, wie zum Beispiel die Rot-Grün-Sehschwäche, vermindertes Dämmerungssehen und Nachtblindheit. Bei diesen Störungen sind bestimmte Zellen der Netzhaut defekt. Auch eine Linsentrübung wie der Graue Star kann bereits bei Kindern auftreten.
Bei Frühgeborenen, insbesondere vor der 32. SSW, steigt das Risiko einer Frühgeborenen-Retinopathie.
Hierbei wachsen und wuchern die Gefäße in der Netzhaut überdurchschnittlich stark und können zu Schielen, Kurzsichtigkeit und Einblutungen führen. Selten kann sich auch die Netzhaut ablösen und zu Erblindung führen.
Weitere Ursachen der Kurzsichtigkeit können Sie in unserem Artikel nachlesen:
Das sind die Ursachen der Kurzsichtigkeit
Eine Rot-Grün-Sehschwäche oder -Blindheit ist immer angeboren. Da sie über das X-Chromosom vererbt wird, sind zehn Mal so viele Männer wie Frauen betroffen. Folge ist, dass das Gen für die Farben grün oder rot nicht richtig oder gar nicht vorhanden ist, sodass diese Farben von den Zäpfchen in der Netzhaut nicht erkannt werden können. Im Alltag ist diese Fehlsichtigkeit häufig nicht hinderlich. Im späteren Leben dürfen lediglich bestimmte Berufe, wie Polizist oder Pilot gar nicht oder nur nach besonderer augenärztlicher Prüfung ausgeübt werden. Eine Rot-Grün-Sehschwäche ist nicht behandelbar und verändert sich im Laufe des Lebens nicht.
Bei kleinen Kindern können folgende Dinge Anzeichen für eine Sehschwäche sein: Schielen, Augenzittern, auffallend große oder tränende Augen, Reiben in den Augen, Grimassenziehen, ständige Schiefhaltung des Kopfes, Pupillenstarre bei Lichteinfall, weißliche Pupillen oder gelbliche Pupillen bei direktem Lichteinfall, Lichtscheue oder eine getrübte Hornhaut. Auch Verdrehen der Augen, ohne etwas anzuschauen, Vorbeigreifen an Gegenständen oder kein Fixieren der Augen von Gegenständen oder Personen können auf eine Sehschwäche hindeuten.
Bei älteren Kindern sind die Anzeichen etwas diffuser. So können schon Konzentrationsprobleme, Kopfschmerzen, Ungeschicklichkeit, Balancestörungen und Schwierigkeiten beim Lesen oder Rechnen eine Sehschwäche als Ursache haben.
Symptome, die zusammen mit Sehstörungen auftreten, sind häufig dadurch bedingt, dass das Kind die Fehlsichtigkeit kompensieren will. So können Verspannungen durch Schiefhalten des Kopfes auftreten oder Kopfschmerzen durch eine erhöhte Anstrengung beim Sehen.
Bei älteren Kindern im Kindergarten- und Grundschulalter fallen häufig zusätzlich noch Konzentrationsstörungen, Lese-Rechtschreibschwäche, Rechenprobleme und Ungeschicklichkeit auf. Diese begleitenden Symptome sind ursächlich auf die Sehschwäche zurückzuführen. Leidet das Kind unter grauem Star fällt dieser meist als heller Fleck in der dunklen Pupille auf.
Früherkennung von Sehstörungen kann bereits bei den U-Untersuchungen stattfinden. Hierbei sucht der Kinderarzt nach Auffälligkeiten, die dann gegebenenfalls vom Augenarzt weiter überprüft werden. Bei den verschiedenen U-Untersuchungen stehen bestimmte Schwerpunkte im Vordergrund. So werden bei der U2 Auffälligkeiten der Augäpfel, Augenlider und Pupillen geprüft.
Bei den weiteren U-Untersuchungen wird darauf geachtet, ob das Kind einem Gegenstand folgt und wie die Pupillen auf Licht reagieren. Außerdem erfolgt ab der U3 eine Untersuchung mit dem sogenannten Ophthalmoskop, bei der dem Kind von Weitem und von Nahem in die Augen geleuchtet wird und welche vor allem seitenungleiche Fehlsichtigkeit, starke Kurz- oder Weitsichtigkeit, Schielen und Trübungen darstellen kann. Sollte bei den Untersuchungen eine Fehlsichtigkeit auffällig werden, können beim Augenarzt weiterführende Tests durchgeführt werden. So kann mithilfe von Mustern die Sehschärfe gemessen werden, das räumliche Sehen und das Farbsehen überprüft werden. Für die einzelnen Fehlsichtigkeiten sind vielfältige und spezielle Tests vorhanden.
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Sehschwächen von Kindern sollten vor dem vierten Lebensjahr behandelt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt lernt das Kind Sehen und das Gehirn entwickelt die nötigen Bereiche und Verknüpfungen für die Sehschärfe und räumliches Sehen. Viele Kinder sind in den ersten Jahren weitsichtig. Das liegt daran, dass das Auge noch zu kurz gebaut ist, was sich in den meisten Fällen aber mit der Zeit von alleine korrigiert. Liegt der Wert jedoch über +2,5 Dioptrien, ist eine Brille nötig. Auch wenn das Kind über Beschwerden, wie zum Beispiel Kopfschmerzen, klagt, sollte eine Brille auch bei geringeren Werten getragen werden. Auch ständiges Schielen muss mithilfe einer Brille oder Abkleben eines Auges behandelt werden, um eine Bevorzugung eines Auges und Erblindung des anderen zu verhindern.
Bei Hornhautverkrümmungen und Kurzsichtigkeit ist immer eine Brille notwendig. Auch bei unterschiedlich sehenden Augen, also zum Beispiel einem kurzsichtigen und einem normalsichtigen Auge, sollte so früh wie möglich mit einer Brille behandelt werden.
Wichtig ist es, frühzeitig die Augen kontrollieren zu lassen, wenn der Verdacht auf eine Sehschwäche besteht. Hinweise darauf sind, wenn das Kind häufig stolpert, an Gegenständen vorbeigreift oder das Bilderbuch sehr nah vors Gesicht hält. Bereits Kleinigkeiten, die die Eltern stutzig machen, sollten beim Augenarzt kontrolliert werden. Daher ist es wichtig, sein Kind gut zu beobachten. Auch Augenzittern, getrübte Hornhaut oder verfärbte Pupillen sollten dringend zu einem Arztbesuch führen. Hat das Kind Risikofaktoren wie eine Frühgeburt oder bestehen erbliche Augenkrankheiten in der Familie, ist auch ohne Auffälligkeiten der Arztbesuch ab dem Alter von sechs Monaten sinnvoll.
Wird eine Sehschwäche nicht frühzeitig erkannt, kann es bereits ab dem Grundschulalter zu schwer oder nicht korrigierbaren Schäden kommen. Dabei kann es bei einer einseitigen Fehlsichtigkeit dazu kommen, dass das bessere Auge die Sehfunktion übernimmt und das schlechtere Auge immer schlechter wird. Die zugehörigen Bereiche im Gehirn entwickeln sich schlechter und der Sehfehler ist nicht mehr korrigierbar. Auch das räumliche 3D-Sehen ist dann eingeschränkt. Aber auch eine beidseitige Sehschwäche kann zu Überanstrengung und damit zu Kopfschmerzen und Konzentrationsproblemen führen. Je früher eine Sehschwäche also behandelt wird, desto besser ist die Prognose, dass sich die Augen richtig entwickeln können.