Die Patellasehnenruptur ist eine Erkrankung, welche selten auftritt. Meistens sind jüngere Menschen betroffen. Der Unfallmechanismus bei dem die Patellasehne reisst, tritt häufig bei Tennisspielern oder Skifahren auf. Damit es nicht zu dauerhaften Schädigungen kommt, muss eine Patellasehnenruptur ärztlich versorgt werden.
Ein Riss (Ruptur) der Sehne zwischen dem unteren Pol der Kniescheibe (Patella) und dem Schienbeinhöcker (Tuberositas tibiae) wird als Patellasehnenruptur bezeichnet. Durch verschiedene Krafteinwirkungen kann die Sehne reißen.
Die Patellasehnenruptur ist eine seltene Verletzung, deren fehlerhafte oder inkorrekte Versorgung jedoch zu dauerhaften Schädigungen oder weiteren Rissen führen könnte.
Am häufigsten sind jüngere Menschen von einer Patellasehnenruptur betroffen, die im Alltag ein hohes Maß an Mobilität und Aktivität erwarten, weshalb die Ruptur in jedem Fall ärztlich behandelt werden muss. Bei einer sachgemäßen Behandlung ist die Prognose bei einer Patellasehnenruptur im allgemeinen sehr gut.
Der vierköpfige Oberschenkelmuskel (Musculus quadriceps femoris) auf der Vorderseite des Oberschenkels streckt das Bein im Kniegelenk. Die vier Muskeln enden an , in die die Kniescheibe eingelagert ist und die bis zum Schienbein zieht. Unterhalb der Kniescheibe wird diese Sehne auch als Kniescheibenband (Ligamentum patellae) bezeichnet.
Die Sehne fixiert die Kniescheibe und dient als zentraler Drehpunkt (Hypomochlion) bei der Beugung im Kniegelenk. Die Mehrzahl der Sehnenfasern stammt aus der Endsehne des Musculus rectus femoris, einem der vier Oberschenkelmuskeln. Diese Fasern strahlen auch in die Kniescheibe ein und überkreuzen sie teilweise.
Seitlich der Patella liegen Fasern der anderen drei Muskeln (Musculus vastus medialis, Musculus vastus lateralis, Musculus vastus intermedius), die eher an der Kniescheibe vorbeiziehen. Die Patellasehne ist für eine kraftvolle Streckung im Kniegelenk unbedingt notwendig.
Die Ruptur der Patellasehne kann durch indirekt oder direkt einwirkende Kräfte verursacht werden. Die Patellasehnenruptur entsteht meist durch ein Überspannungstrauma gegen Widerstand oder eine starke Anspannung in Beugestellung des Kniegelenks zustande.
Besonders häufig ist so ein Unfallmechanismus in Sportarten wie Tennis oder Skilauf. Durch den relativ kleinen Hebel zwischen dem Drehpunkt des Kniegelenks und der Kniescheibe, hat die Patellasehne eine sehr große Querschnittsbelastung, bei schwergewichtigen Menschen bis zu über 1000 kg/cm².
In seltenen Fällen kann es durch Kortisoninjekionen in das Kniegelenk zu einer Patellasehnenruptur kommen.
Man geht davon aus, dass eine Sehne, die noch nicht vorgeschädigt ist, nur im seltensten Falle reißt. Die Wahrscheinlichkeit einer Patellasehnenruptur steigt bei bestehenden Vorschädigungen.
Degenerative Vorschädigungen findet man zum Beispiel bei Menschen mit Ehlers-Danlos-Syndrom, Schmetterlingsflechte (Lupus erythematodes), Chronische Niereninsuffizienz, Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus), arterieller Verschlusskrankheit oder nach operativen Maßnahmen.
Im Erwachsenenalter finden sich Patellasehnenrupturen am häufigsten am Übergang vom unteren Pol der Kniescheibe zur Sehne, da hier ein anatomischer Schwachpunkt zu sein scheint.
Häufig ist die Patellasehnenruptur zusätzlich mit einem knöchernen Sehnenausriss kombiniert, das bedeutet, dass ein Knochenfragment der Kniescheibe durch zu starken Zug an der Sehne abbricht.
Bei Kindern und Jugendlichen tritt eine Patellasehnenruptur meist weiter unten nahe am Ansatzpunkt der Sehne am Schienbein (nahe der Tuberositas tibiae) auf.
Durch direkte Gewalteinwirkungen, beispielsweise Schnitt- oder Rissverletzungen, kann es auch mittig der Patellasehne zu einer Ruptur kommen.
Auch kann es aufgrund einer Patellasehnenreizung gelegentlich zu einem Riss kommen.
Drei Symptome sind sehr typisch für eine Patellasehnenruptur. Zum einen ist die aktive Kniestreckung eingeschränkt und die Kniescheibe steht ein wenig nach oben ab (Patellahochstand).
Zum Anderen kann man eine Delle an der Rupturstelle fühlen (palpieren), die meistens gut tastbar ist, trotz des sich bildenden Blutergusses.
Häufig kann auch ein "Hochwandern" der Kniescheibe bei der Kniebeugung oder beim Anspannen der Oberschenkelmuskulatur beobachtet werden, da die Patella nicht mehr durch die gerissene Patellasehne am Schienbeinknochen fixiert ist.
Da das Bein nicht mehr aktiv und kraftvoll gestreckt werden kann, kommt es zu einer Belastungsunfähigkeit der betroffenen Extremität. Anders als beispielsweise bei einer Achillessehnenruptur klagen Betroffene bei einer Patellasehnenruptur häufig über starke Schmerzen, da oft auch ein knöcherner Sehnenausriss vorliegt.
Eine Röntgenaufnahme bietet eine gute Einschätzungsmöglichkeit für das Ausmaß der Patellasehnenruptur, auch einen knöchernen Ausriss kann man auf einem Röntgenbild gut sehen.
Durch eine Ultraschalluntersuchung der Sehne wird die Diagnose gesichert.
In manchen Fällen kann eine weitere bildgebende Diagnostik (MRT, Kernspin vom Knie) hilfreich sein, beispielsweise wenn ein Verdacht auf begleitende Schäden im Kniegelenk besteht oder nur ein Teil der Patellasehne angerissen ist (Partialruptur).
Die Symptomatik einer (seltenen) Patellasehnenruptur kann den Symptomen einer viel häufigeren Patellafraktur (Bruch der Kniescheibe) ähneln, bei der ebenfalls ein Verlust der Streckfähigkeit im Kniegelenk vorliegt.
Außerdem kann bei einem Bruch die Kniescheibe ebenfalls hochgestellt tastbar sein.
Die sichere Unterscheidung der beiden Diagnosen ermöglicht eine seitliche Röntgenaufnahme des Kniegelenks. Dadurch kann auch eine Quadricepssehnenruptur ausgeschlossen werden, die sich meist durch einen Tiefstand der Kniescheibe bei akutem Streckdefizit im Kniegelenk äußert.
In der Klassifikation nach ICD-10 erhält die Patellasehnenruptur den Code S76.1.
Die Schmerzen und die Schwellung bei der akuten Patellasehnenruptur sollten mit Eis behandelt werden und das Bein hochgelegt werden.
Ein vollständiger Riss der Patellasehne sollte immer operativ behandelt werden, außer bei ausgedehnten Begleitverletzungen oder akuter Lebensgefahr des Betroffenen. In diesen Fällen wird nach entsprechender Stabilisierung des Betroffenen ebenfalls eine Operation der Patellasehnenruptur empfohlen, um langfristig wieder eine gute Kniegelenksfunktion herzustellen.
Ohne Operation können nur Zerrungen der Patellasehne oder kleine Einrisse behandelt werden, die zu keiner relevanten Schwächung der Patellasehne führen. Die Ruptur kann zentral im Sehnenbereich sowie an der Spitze der Kniescheibe oder am Ansatz zum Schienbeinhöcker lokalisiert sein.
Je nach Lokalisation, wird eine Sehnennaht durchgeführt, in der Nähe des Knochens wird diese mit einem Nahtanker im Knochen fixiert.
Zusätzlich zu der direkten Naht der beiden Sehnenenden wird ein verdrallter Draht (Drahtcerclage) zwischen der Kniescheibe und dem Schienbeinhöcker angelegt, die sogenannte McLaughlin-Cerclage.
Durch diesen Draht wird die Naht der Patellasehne vollständig entlastet, wodurch eine frühzeitige funktionelle Behandlung des Kniegelenks nach der Operation ermöglicht wird. In der Regel kann die Drahtcerclage nach drei bis sechs Monaten wieder operativ entfernt werden.
Sehr häufig reißt die Drahtcerlcage jedoch schon im Rahmen der funktionellen Nachbehandlung, dann sollte das Material frühzeitig entfernt werden.
Die Operation der Patellasehnenruptur wird meist in Vollnarkose durchgeführt und dauert ca. 30 bis 45 Minuten.
Durch die Operation können Komplikationen wie Blutergüsse (Hämatome) und oberflächliche Infektionen auftreten.
Bei der Operation einer Patellasehnenruptur besteht das Ziel in der kompletten Wiederherstellung der Streckung des Beins und der Belastungsfähigkeit.
Die Patellasehne besteht aus der Endsehne des Oberschenkelmuskels (Quadriceps femoris), welches die Patella mit dem Schienbein verbindet. Die Sehne setzt dabei an der Tuberositas tibiae an.
Bei der Operation werden die gerissenen Sehnenanteile wieder verbunden. Dabei erfolgt ein Schnitt unterhalb des Knies um die Sehne darstellen zu können. Für eine optimale Stabilität wird jeweils ein Loch in die Kniescheibe und in das Schienbein gebohrt. Diese Löcher werden mittels unterschiedlicher Drähte (Cerclage oder Labitzke) oder einer transossären Naht verbunden und somit die Patella an ihrer richtigen anatomischen Stelle fixiert. Anschließend werden die Endglieder der Sehne wieder zusammengenäht. Ist für eine optimale Stabilität und Funktionalität gesorgt erfolgt die Schließung der Wunde. Gegebenenfalls wird eine Drainage eingelegt, um Nachblutungen zu behandeln.
Nach der Operation wird eine Schiene angelegt und ein wöchentliches Aufbautraining empfohlen.
Nach jeder operativen Behandlung einer Patellasehnenruptur ist es notwendig, das Kniegelenk ruhig zu stellen. Sehnengewebe ist nicht gut durchblutet, was eine lange Heilungsphase erforderlich macht.
Die Ruhigstellung gelingt zum Beispiel mithilfe einer Streckorthese oder einer Oberschenkeltutorschiene. Eine Streckorthese ist eine meist gepolsterte Schiene aus Aluminium, die das Knie stabil hält und in einem voreingestellten Kniebeugewinkel fixiert.
Eine Oberschenkeltutorschiene dient ebenfalls der Ruhigstellung des Kniegelenks bei der ein Gipsverband vom Knöchel bis zur Leiste in einem bestimmten Kniebeugewinkel angelegt wird.
Mit der angelegten Streckorthese kann das Bein sofort nach der Operation wieder voll belastet werden, in den ersten zwei Wochen nach der Operation ist jedoch nur eine Kniebeugung von bis zu 30 Grad empfohlen.
Im Anschluss wird der Winkel für jeweils zwei Wochen auf 60 und 90 Grad erhöht. Etwa ab der siebten postoperativen Woche kann das Knietraining auch ohne Schienung erfolgen.
Eine frühe Nachbehandlung, bei der die Funktion des Kniegelenks wieder hergestellt werden kann, wird durch die Ruhigstellung erschwert.
Dennoch sollten bereits frühzeitig Mobilisierungs- und Kraftübungen durchgeführt werden, um Komplikationen zu vermeiden.
Die Ruhigstellung erhöht außerdem das Risiko für Thrombosen oder Embolien sowie kann im weiteren Verlauf unter Umständen ein Muskelschwund (Atrophie) des vierköpfigen Oberschenkelmuskels und Weichteilschädigungen durch die Schiene beobachtet werden.
Hier dient vor allem intensive Krankengymnastik der Vorbeugung des Oberschenkelmuskelschwundes und der Erhaltung der Beweglichkeit des Kniegelenkes.
Häufig kommt es zu einer Einschränkung der Kniestreckung, was durch aktive krankengymnastische Übungen meist behoben werden kann.
Für eine günstige Prognose ist eine konsequente Therapie und Nachbehandlung der Patellasehnenruptur notwendig. Meistens kann jedoch die Funktion des Streckapparates wieder vollständig hergestellt werden. Ungünstig auf den Heilungsprozess kann sich eine zu frühe Vollbelastung des Knies auswirken, wodurch der Cerclagedraht abreißen kann. Auch eine Wundinfektion nach der Operation kann den Heilungsprozess verlängern. Besonders bei degenerativ vorgeschädigten Patellasehnen kann es zu erneuten Rupturen der Sehne kommen. Bei einer komplikationslosen Heilung der Patellasehnenruptur kann später ohne Probleme aktiv Sport getrieben werden.
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