Die Lunatummalazie bezeichnet das Absterben des Os lunatum oder auch Mondbein genannt. Besonders gefährdet für diese Krankheit sind Menschen, die häufig mit Presslufthammern arbeiten.
Unter dem Begriff Lunatummalazie (zusammengesetzt aus Lunatum-Malazie) kann man sich als Laie wenig bis gar nichts vorstellen. Hat man selbst die Diagnose erhalten, weiß man immerhin schon, dass es sich um eine Erkrankung der Hand handeln muss, denn da tut es weh. Aber wobei handelt es sich nun eigentlich genau bei dieser Erkrankung, was an der Hand ist betroffen und geht das auch wieder vorüber?
Die Lunatummalazie ist eine Erkrankung eines Handwurzelknochens, dem sogenannten „Mondbein“ wobei die Krankheit unbehandelt zu einem Absterben des Knochens führen kann. Mehrere Ursachen sind für die Entstehung der Lunatummalazie verantwortlich, wobei der genaue Mechanismus der Krankheitsentstehung teilweise noch immer unklar ist. Andere Bezeichnungen für die Lunatummalazie sind „Morbus Kienböck“ und aseptische Knochennekrose des Os Lunatum.
Das Os lunatum ist einer der acht kleinen Handwurzelknochen des Handskeletts und heißt zu Deutsch Mondbein. Es befindet sich mittig in der oberen Reihe der Handwurzelknochen und bildet unter anderem eine Gelenkfläche mit der Speiche des Unterarms (Radius).
Die Malazie eines Knochens oder Organs bedeutet Erweichung oder auch Auflösung. Im medizinischen Fachjargon wird die Lunatummalazie auch idiopathische vaskuläre Osteonekrose des Mondbeins genannt. In diesem Begriff stecken alle wichtigen Informationen zu dieser Erkrankung. Idiopathisch heißt so viel wie ungeklärten Ursprungs und weist darauf hin, dass hier eine bakterielle Entzündung des Knochens keine Rolle spielt (aseptisch= ohne Bakterien-/ Virenbeteiligung). Vaskulär hat etwas mit der Gefäßversorgung des Knochens zu tun. Osteonekrose ist der Fachbegriff für das Absterben (Nekrose) eines Knochens (Osteo-). Die Lunatummalazie ist also ein von alleine entstehendes, gefäßbedingtes Absterben des Handwurzelknochens Os lunatum.
Die acht Handwurzelknochen
Obere (proximale) Reihe - blau
Untere (distale) Reihe - rot
Eine Übersicht aller Abbildungen von Dr-Gumpert finden Sie unter: medizinische Abbildungen
Die Lunatummalazie entsteht durch eine verringerte Durchblutung des Mondbeins, einem kleinen Knochen der Hand. Diese verringerte Blutversorgung führt dann zu einer langsamen Schädigung des Knochen, der im Laufe der Zeit immer instabiler wird, bis er schließlich bricht. Man kann sich den Mechanismus ähnlich wie einen Herzinfarkt, nur im Knochen vorstellen, der sehr langsam abläuft, weil Knochen einen sehr viel langsameren Stoffwechsel als das Herz haben. Aber im Endeffekt stirbt auch das nicht durchblutete Knochengewebe ab.
Woher kommt nun diese verringerte Durchblutung und warum tritt sie vor allem an diesem Knochen auf?
Da sehr oft Menschen betroffen sind, die lange mit Presslufthämmern arbeiten, geht man davon aus, dass entweder wie Vibration oder die direkte Schädigung durch die Erschütterungen krankheitsverursachend sind. Die Vibrationen stehen im Verdacht, durch einen unbekannten Mechanismus, die Gefäße, die die Handwurzelknochen versorgen, zum Zusammenziehen anzuregen. Dadurch wird die Blutversorgung verringert und der Knochen wird beschädigt. Ein weiterer Faktor scheint zu sein, dass beim Arbeiten mit dem Presslufthammer die Hand in der Regel überstreckt ist und so kein ausreichender Abfluss des Blutes möglich ist. Eine andere Theorie ist dass das Mondbein direkt geschädigt wird, indem die wiederholten Erschütterungen mikroskopische Risse im Knochen verursachen. Warum wird aber genau das Mondbein, also das „Os Lunatum“ geschädigt? Immerhin gibt es acht Handwurzelknochen! Das Os Lunatum liegt in der Mitte der körperstammnahen Reihe der Handwurzelknochen und ist somit einer besonders hohen Belastung ausgesetzt und ist daher bei Vibration besonders betroffen. Auch bei einer verkürzten Elle, also einem der Unterarmknochen, besteht die erhöhte Gefahr einer Lunatummalazie. Eine Verkürzung der Elle ist eigentlich nicht krankhaft und verursacht an sich keine Beschwerden, jedoch sind die Scherkräfte auf das Handgelenk durch die veränderte Stellung des Gelenkes erheblich höher, so dass 70% aller Patienten mit einer Lunatummalazie auch eine Verkürzung der Elle haben.
Betroffen sind eher männliche Patienten (vier Mal häufiger als Frauen), der Altersgipfel liegt zwischen 20-40 Jahren.
Da die Lunatummalazie ein langsamer Prozess ist, der nicht von einem Tag auf den anderen entsteht, ist es häufig schwer einen Beginn der Beschwerden auszumachen. Typischerweise jedoch treten Schmerzen im Handgelenk auf, in der Regel auf der Seite des Handrückens und mittig. Der Schmerz wird durch Druck und Bewegung in der Regel verstärkt. Im Verlauf der Krankheit breiten sich die Schmerzen immer breiter über das Handgelenk aus und es entstehen auch Schmerzen beim Aufstützen auf die betroffene Hand. Im späteren Krankheitsverlauf kommen auch Einschränkungen in der Bewegung dazu.
Schwierig ist gelegentlich, die Lunatummalazie von einer Sehnenscheidenentzündung zu unterscheiden, insbesondere deshalb, weil eine Sehnenscheidenentzündung deutlich häufiger vorkommt als die Lunatummalazie. Wie kann man hier sicher gehen? Im Unterschied zur Sehnenscheidenentzündung, wo die Schmerzen meist mehrere Punkte betreffen und auch auf der Handinnenseite auftreten, schmerzt die Hand bei der Lunatummalazie dagegen besonders zu Beginn der Erkrankung streng umschrieben auf dem Mondbein, also zentral auf der Seite des Handrückens. Ein weitere Faktor ist natürlich auch, ob sie Tätigkeiten ausüben, die mit einer Gefährdung des Mondbeins einhergehen. Wenn sie beispielsweise keine Tätigkeiten mit starken Vibrationen an den Händen ausführen, macht das eine Lunatummalazie viel unwahrscheinlicher Um sicher eine Lunatummalazie auszuschließen, muss aber weitere Diagnostik durchgeführt werden.
Die Diagnose wird häufig anhand einer Kombination aus manuellen Tests und einer Bildgebung des Handgelenks gestellt.
Beim sogenannten Ballottement Test des Handgelenks wird das Mondbein vom Untersucher gegen seinen Nachbarn, das Kahnbein, hin und her verschoben. Ist die Stabilität zwischen diesen beiden Handwurzelknochen vermindert, spricht man von einem positiven Ballottement Test. Häufig ist diese Scherbewegung auch schmerzhaft für den Patienten ebenso wie manueller Druck direkt auf das Mondbein.
Wenn bei Ihnen der Verdacht auf eine Lunatummalazie besteht, sollte zuerst ein Röntgenbild der Hand aufgenommen werden. Das Röntgenbild ist relativ günstig und in den meisten Praxen ist ein Röntgengerät vorhanden, sodass der Weg und die Wartezeiten meist kurz bleiben. Der Nachteil ist jedoch, dass im Röntgenbild nur recht weit fortgeschrittene Stadien der Lunatummalazie zu erkennen sind, die den Knochen bereits erheblich geschädigt haben. Eine Lunatummalazie kann also mit dem Röntgenbild nur bestätigt, jedoch niemals ausgeschlossen werden.
Im Folgenden werden die Stadien aufgeführt, die man in einem Röntgenbild unterscheiden kann:
Stadium 1: Teilweise sind hier noch keine Veränderungen sichtbar. Gegebenenfalls lässt sich eine leichte Verdichtung des Mondbeins erkennen. Die äußere Kontur ist nicht unterbrochen.
Stadium 2: Es sind kreisförmige helle Stellen im Röntgenbild zu erkennen und der äußere Rand wird unförmig.
Stadium 3: In diesem Stadium ist das Mondbein bereits zerfallen, die Handgelenksstruktur wird instabil.
Stadium 4: Zusätzlich zum zerfallenen Mondbein und instabilem Handgelenk tritt nun eine Arthrose des Handgelenks auf.
Wenn im Röntgenbild noch keine Veränderungen zu sehen sein sollten, jedoch die klinischen Zeichen zur Lunatummalazie passen und weiterhin der dringenden Verdacht besteht, so wird auch eine Kernspintomographie (MRT) des Handgelenks gemacht. Hier ist bereits im Stadium 1 der Knochenzerfall sichtbar.
Wie vieles in der Medizin ist auch die Lunatummalazie in verschiedene Stadien eingeteilt, wobei mit zunehmendem Krankheitsverlauf auch das Stadium zunimmt. Am gebräuchlichsten ist die Einteilung nach Decoulx in vier Stadien. Im Stadium 1 sind nur im MRT Veränderungen der Knochendichte nachweisbar. Im Stadium 2 zeigen sich erste Schäden des Knochens, die zum Teil schon im Röntgen nachweisbar sind. Im Stadium 3 ist der Knochen schon beginnend „zerbröselt“ und in Stadium 4 ist das Mondbein vollständig zerstört, das Handgelenk ist mit befallen und teilweise sind auch benachbarte Knochen beschädigt.
Wenn Sie an einer Lunatummalazie leiden, ist es wichtig zu wissen, welche Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Je nachdem in welchem Stadium die Krankheit ist, stehen andere Verfahren offen. In einem sehr frühen Stadium kann eventuell eine Operation umgangen werden, die Wahrscheinlichkeit dafür ist aber eher gering. Im Stadium 1 und 2 kann man versuchen das Handgelenk über relativ lange Zeit ruhigzustellen und so zu entlasten. Dafür wird für drei Monate entweder eine Gipsschiene oder aber eine Bandage getragen. Danach wird überprüft, ob sich die Durchblutung des Mondbeins verbessert hat. Wenn dies der Fall ist, kann unter Umständen eine Operation vermieden werden. In der Regel ist aber eine Operation nötig, wobei sich die Art der Operation unterscheidet, je nachdem, welche Ausgangssituation vorliegt. Ist die Elle, also ein Unterarmknochen verkürzt, belastet dies wie schon erwähnt das Mondbein erheblich. Daher wird in diesem Fall der andere Unterarmknochen, die Speiche, ebenfalls um einige Millimenter in einer Operation verkürzt, um so die Belastung vom Mondbein zu nehmen. Sind Elle und Speiche aber schon gleich lang und es entsteht trotzdem eine Lunatummalazie, so besteht die Möglichkeit, das geschädigte Mondbein zu entfernen und durch das normalerweise nicht so wichtige Erbsenbein (ein anderer Handwurzelknochen) zu ersetzen. Diese Operation wird als Saffar-Operation bezeichnet. Wenn im Laufe der Erkrankung auch schon benachbarte Knochen verschoben sind, müssen recht oft die Handwurzelknochen teilweise vereinigt werden, um so eine Fehlstellung zu verhindern. Im schlimmsten Fall, wenn schon erhebliche Teile des Handgelenks befallen sind und das Mondbein schon erheblich in Auflösung begriffen ist, bleibt als letzter Ausweg noch eine operative Versteifung des Handgelenks, um die Schmerzen zu verhindern. Wie der Name schon sagt ist das Handgelenk danach jedoch steif. Die Finger können aber immer noch frei bewegt werden, wodurch die Hand weitgehend genutzt werden kann. Auch die Drehung der Hand ist nicht beeinträchtigt, da diese nicht im Handgelenk stattfindet. Ein Ersatz durch ein künstliches Material wurde in der Vergangenheit erprobt, jedoch konnte kein Material den Knochen ausreichend ersetzen. Zumeist verschoben sich die Implantate oder zerbrachen bei Belastung, weshalb heutzutage keine Implantate für das Mondbein eingesetzt werden
Für bestimmte Berufsgruppen, die mit Werkzeugen mit „vorrangig niedrigen Frequenzanteilen“, wie Presslufthämmer oder Bodenverdichter, arbeiten und mindestens zwei Jahre in dem Bereich tätig sind, ist die Lunatummalazie als Berufskrankheit anerkannt. Für normale, handgeführte Meißel dagegen gilt diese Berufskrankheit nicht. Im Zweifel sollen sie Ihren Arzt fragen, ob eine Anerkennung als Berufskrankheit denkbar ist und auch im Zweifelsfall oder im Verdacht auf eine Berufskrankheit sollte ein Antrag durch den Arzt ausgefüllt werden.
Diese Erkrankung zu vermeiden ist schwierig, vor allem wenn man in einem Risikoberuf tätig ist. Da die Erkrankung bei rechtzeitiger Diagnose jedoch wieder vollständig ausheilen kann, verbessert man seine Prognose deutlich, je früher man bei Handgelenksschmerzen einen Arzt aufsucht. Ruhigstellen und abwarten ist dann die Devise.
Weitere Informationen, die Sie interessieren könnten:
Eine Übersicht aller orthopädischen Themen finden Sie hier: Orthopädie Online.