Das Kurzdarmsyndrom entwickelt sich nach Entfernung größerer Anteile des Dünndarms. Hierdurch entstehen erhebliche Verdauungsprobleme.

Ernährung bei Kurzdarmsyndrom

Einleitung

Die ernährungstherapeutischen Möglichkeiten nach Darmoperationen hängen sowohl vom zeitlichen Abstand zur Operation als auch von Ausmaß und Ort des Eingriffes ab.
Bis zu einer Entfernung des Dünndarmes von 50% kann meistens der Restdarm nach einiger Zeit der Anpassung die Verdauung der Nährstoffe gewährleisten. Umso mehr Dünndarmgewebe entfernt wird umso eher kommt es zu einer Mangelversorgung mit Nährstoffen, Energie und Wasser.

Fehlen 75% des Dünndarms ist dieser Mangel gravierend. Bei einer Restlänge von 30 bis 50 cm muss auf Dauer parenteral (mit Hilfe einer Infusion) ernährt werden.

Ausschlaggebend ist aber auch welcher Teil des Dünndarmes entfernt wurde. So werden zum Beispiel im Endstück des Dünndarmes (terminales Ileum) die Gallensalze rückresorbiert. Fehlt ein Teil treten Gallensalze in den Dickdarm über, sie hemmen dort die Rücknahme vn Wasser durch die Darmwand und es kommt zu Durchfällen (chologene Diarrhö).
Außerdem werden Gallensalze vermehrt ausgeschieden und der daraus resultierende Mangel stört die Fettverdauung und es kommt zu Fettstühlen und mangelnder Versorgung mit Energie. Dazu bleiben vermehrt Fettsäuren im Darmlumen und können sich mit Calcium zu unlöslichen Kalkseifen verbinden. Calcium verbindet sich auch mit der, aus der Nahrung stammenden Oxalsäure zu wasserunlöslichem Calciumoxalat. Steht weniger Calcium zur Verfügung wird mehr Oxalsäure von der Darmwand aufgenommen und es besteht die Gefahr der Steinbildung (Oxalatsteine) in den ableitenden Harnwegen. Zusätzlich steigert wohl eine vermehrte Gallensalzkonzentration die Aufnahme von Oxalsäure. Oxalsäurereiche Lebensmittel sind deshalb zu meiden (Mangold, Rhabarber, Spinat, Kakao, Rote Rüben, Petersilie). Vorbeugend gegen Nierensteine wirkt außerdem eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr von 1,5 bis 2 Litern täglich.

Bei Bedarf werden die üblichen Fette bis zu 75% durch MCT-Fette ersetzt. Dies kann zu einer wesentlichen Verbesserung des Ernährungszustandes beitragen. Wurde der untere Teil des Dünndarmes entfernt muss Vitamin B12 über Medikamente zugeführt werden. Da oft die Fettverdauung gestört ist gilt es auch auf die ausreichende Versorgung mit fettlöslichen Vitaminen zu achten. Eine Flüssigkeitsaufnahme während der Mahlzeit beschleunigt die Passage des Speisebreies durch Magen und Dünndarmrest und verschlechtert damit die Aufnahme von Nährstoffen. Um das zu vermeiden wird empfohlen 1 Stunde nach Nahrungsaufnahme zu trinken.

Ernährungsempfehlungen

Ab einer Restlänge des Dünndarmes von 30 bis 50 cm dauerhafte künstliche Ernährung über Infusion. Ab einer Restlänge des Dünndarmes von 60 bis 80 cm nach der Operation so schnell wie möglich mit Nahrungsaufnahme in Form der leichten Vollkost beginnen. Auch so genannte Formuladiäten können in der ersten Zeit alleine oder in Kombination mit normaler Ernährung zur Anwendung kommen. Es sind dies Nährstoffkonzentrate in flüssiger Form die im Verdauungstrakt leicht aufgenommen werden.

  • Häufige kleine Mahlzeiten, gut kauen.
  • Direkt nach der Operation zunächst Milchzucker meiden, später allmählich Verträglichkeit testen.
  • Leicht aufschließbare, kohlenhydratreiche Lebensmittel mit geringem Ballaststoffanteil bevorzugen.
  • Erst 1 Stunde nach jeder Mahlzeit etwas trinken.
  • Bei Fettstühlen die tägliche Fettzufuhr reduzieren und falls nötig 50 bis 75 % des Nahrungsfettes durch MCT-Fette ersetzen.
  • Nach Entfernen des Endteiles des Dünndarms Vitamin B 12 geben.
  • Je nach Bedarf fettlösliche Vitamine zum Beispiel in Tablettenform zuführen.

Tagesbeispiel für einen Speiseplan bei Kurzdarmsyndrom

  • Fettreduziert, Einsatz von MCT-Fetten, ohne Milchprodukte

1. Frühstück

  • 60 g Toastbrot, 15 g MCT Margarine, 20 g Konfitüre, 20 g Honig

1. Zwischenmahlzeit

  • 45 g Brötchen, 3 g MCT-Margarine, 30 g Putenbrust

2 . Zwischenmahlzeit

  • Karottenmixgetränk: 250 ml Karottensaft, 30 g Schmelzflocken

Mittagessen

  • Gedünsteter Schellfisch, Gemüse, Petersilienkartoffeln, Birnenkompott
  • 100 g Schellfisch, 10 g Zitronensaft, Salz, 5g MCT-Speiseöl
  • 100 g Zucchini, 100 g Möhren, 5 g MCT-Speiseöl
  • 150 g Salzkartoffeln, gehackte Petersilie
  • 150 g Birnenkompott, 3 Butterkekse

Zwischenmahlzeit

  • 45 g Roggenmischbrot, 5 g MCT-Margarine, 40 g Corned beef, 50 g Senfgurke

Abendessen

  • 80 g Weizenmischbrot, 15 g MCT-Margarine
  • Fleischsalat: 80 g kalter Braten, je 50 g Spargel und Ananas aus der Dose, Gewürze, etwas Essig und 5 g Rapsöl ( zur Verbesserung der Linolsäurezufuhr)

Spätmahlzeit

  • 45 g Toastbrot, 30 g Geflügelwurst
  • Zwischen den Mahlzeiten trinken.

MCT-Fette und deren Verwendung sind im Kapitel „ Zustand nach Magenoperation“ ausführlich beschrieben.

Bei dieser Kostform ist der Bedarf an ungesättigten und mehrfach ungesättigten Fettsäuren nicht gesichert. Außerdem wird durch das Fehlen der Milchprodukte der Calciumbedarf nicht gedeckt. Calciumreiche Mineralwässer einplanen! Meist wird einige Zeit nach der Operation Milchzucker wieder vertragen. Lebensnotwendige Fettsäuren können auch in Kapselform gegeben werden. Angestrebt wird ein möglichst schneller Übergang zur leichten Vollkost um eine Mangelernährung zu vermeiden.

Dieser Kostplan enthält durchschnittlich: 90 g Eiweiß, 60 g Fett (davon 32 g MCT-Fett), 350 g Kohlenhydrate und 2500 kcal.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 19.04.2009 - Letzte Änderung: 22.10.2021