Harnwegsinfekt beim Mann

Harnwegsinfekt beim Mann

Eine Harnwegsinfektion, umgangssprachlich auch Blasenentzündung genannt, bezeichnet einen (meist) bakteriellen Infekt der ableitenden Harnwege.
Prinzipiell tritt ein Harnwegsinfekt bei Männern deutlich seltener auf als bei Frauen. Der Grund hierfür liegt in der anatomischen Nähe der Genital- und Analregion bei Frauen sowie deren deutlich kürzerer Harnröhre, wodurch Bakterien leichter in das ableitende Harnsystem aufsteigen können. Harnwegsinfektionen bei Männern sollten als komplizierte Infektionen eingestuft werden, da die Prostata als parenchymatöses Organ mit betroffen sein kann. Eine differenzierte Abklärung der Ursache ist erforderlich.

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Einteilung der Harnwegsinfekte

Man unterscheidet verschiedene Subgruppen.
Von einer unteren Harnwegsinfektion spricht man bei Beteiligung der Harnröhre und/ oder Blase, von einer oberen, wenn Harnleiter und/ oder Nierenbecken betroffen sind.
Eine klinisch symptomatische Harnwegsinfektion wird von einer asymptomatischen Bakteriurie unterschieden.
Einer unkomplizierten Infektion der Harnwege liegen keine relevanten funktionellen oder anatomischen Anomalien, Nierenfunktionsstörungen oder Begleiterkrankungen zugrunde, die eine Harnwegsinfektion bzw. Komplikationen begünstigen. Alle Harnwegsinfektionen, die die Kriterien einer unkomplizierten Harnwegsinfektion nicht erfüllen, gelten als komplizierte Infektion.

Was sind die Ursachen für einen Harnwegsinfekt beim Mann?

Im Folgenden werden die drei ursächlichen Hauptgruppen einer Harnwegsinfektion beim Mann genauer beleuchtet. Hierzu zählen Harnabflussbehinderungen, bakterielle Rückzugsgebiete und Stoffwechselerkrankungen bzw. Schwächen des Immunsystems.

Harnabflussbehinderungen

Harnabflussbehinderungen sorgen - wie der Name sagt - dafür, dass der Urin nicht ungehindert abfließen kann. Ursächlich hierfür können Harnsteine, Fehlbildungen der Harnwege (z.B, ein Blasendivertikel), Tumore oder narbige Gewebsveränderungen sein.
Darüber hinaus können Blasenentleerungsstörungen zu einer Harnabflussbehinderung führen. Beim Mann entsteht diese häufig im höheren Lebensalter (zwischen 60 und 70 Jahren) aufgrund einer gutartigen Vergrößerung der Prostata.  Wegen der schlechteren und zunehmend unvollständigen Blasenentleerung bildet sich Restharn. Bakterien werden aus dem Harntrakt schlechter ausgewaschen und die Häufigkeit der Harnwegsinfektionen steigt.

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Bakterielle Rückzugsgebiete

Bakterielle Rückzugsgebiete in Harnblase oder Nieren werden z.B. durch Katheter, Harnleiterschienen, Harnsteine oder Tumoren gebildet. Diese Rückzugsgebiete sind Siedlungsflächen für Bakterien, so dass der Urin diese nicht fortspülen kann und auch Antibiotika die Bakterien nicht ausreichend bekämpfen können.

Stoffwechselerkrankungen und Schwächen des Immunsystems

Stoffwechselerkrankungen sowie ein geschwächtes Immunsystem sorgen für eine generelle Abwehrschwäche und eine gehäufte Infektanfälligkeit. Die Immunzellen des Körpers sind bereits beschäftigt oder so geschwächt, dass sie Erreger, die einem gesunden Organismus nichts anhaben können, nicht mehr bekämpfen können. Zu diesen Erkrankungen zählen beispielsweise:

Erregerspektrum bei Harnwegsinfektionen

Am häufigsten werden Harnwegsinfektionen durch Bakterien der Darmflora verursacht. Hierzu zählen vor allem Escherichia coli (ca. 80% der Erreger), Proteus mirabilis und Klebsiellen. Weitere Erreger sind Enterokokken, Staphylokokken (z.B. Staphylococcus saprophyticus) oder Ureaplasma urealyticum.
Bei einer komplizierten Harnwegsinfektion kommen darüber hinaus auch andere Erreger in Frage, die häufig nicht auf eine Antibiotikatherapie ansprechen. Als Beispiel sind hier Tuberkulose, Parasiten oder Pilze zu nennen.

Wie wird die Diagnose gestellt?

Zu jeder Diagnostik gehört neben dem Gespräch zwischen Arzt und Patient (Anamnese) eine körperliche Untersuchung. Bei jedem Verdacht einer Harnwegsinfektion sollte man eine Untersuchung des Urins anschließen. Diese kann in Form von Urin-Teststreifen, einer Urin-Mikroskopie oder einer Urinkultur erfolgen.
Bei einem komplizierten Harnwegsinfekt kann man darüber hinaus einen Ultraschall der Blase sowie eine Blasenspiegelung (Zystoskopie) durchführen.

Begleitende Symptome einer Harnwegsinfektion

Ein Harnwegsinfekt kennzeichnet sich oftmals durch folgende Symptome. Diese können einzeln oder zusammen auftreten. Unter Umständen kann ein Harnwegsinfekt auch völlig unbemerkt ablaufen. In diesem Fall spricht man von einer asymptomatischen Bakteriurie. Die Intensität der Symptome unterscheidet sich ebenfalls von Patient zu Patient.

Besonders bei einer komplizierten oberen Harnwegsinfektion (Nierenbeckenentzündung) treten darüber hinaus weitere Symptome auf. So zum Beispiel ein allgemeines Krankheitsgefühl, Fieber (>38°C), Schüttelfrost, Übelkeit, Erbrechen und/ oder Appetitlosigkeit.
Schmerzen kommen häufig im Bereich des Unterbauches und der Flanken, aber auch im Bereich des Damms und der Genitalien vor. Ist bei Männern die Vorsteherdrüse (Prostata) entzündet, können zusätzlich Blutbeimengungen im Samenerguss und Schmerzen im Enddarmbereich auftreten.

Lesen Sie mehr über die Ursachen von Unterleibsschmerzen beim Mann.

Behandlung des Harnwegsinfekts

Die Therapie eines Harnwegsinfekts richtet sich nach der Schwere der Erkrankung.
Bei einer unkomplizierten, auf die Harnblase begrenzten Infektion, ist selbst bei wiederkehrenden Phasen nicht mit schwerwiegenden Komplikationen zu rechnen. Bei der Therapie des unkomplizierten Harnwegsinfekts steht daher vor allem die Besserung der klinischen Symptome im Vordergrund. Eine antibiotische Therapie sollte empfohlen werden, allerdings kann auch die alleinige symptomatische  Behandlung als Alternative zur antibiotischen Therapie in Erwägung gezogen werden. Diese besteht vor allem im Trinken ausreichend großer Mengen Flüssigkeit zum Ausspülen der Erreger sowie gegebenenfalls einer medikamentösen Schmerztherapie. Welche Therapie durchgeführt wird, sollte gemeinsam mit dem Patienten entschieden werden.
Bei schwereren Infektionen ist eine antibiotische Therapie indiziert, mehr dazu lesen Sie weiter unten.
Auch der Einsatz von sogenannten Hausmitteln ist möglich, eignet sich jedoch häufig eher zur Vorbeugung einer Infektion. Genaueres hierzu erfahren Sie im nächsten Abschnitt.

Informieren Sie sich umfassend zu verschiedenen Therapiemöglichkeiten einer Harnwegsinfekion.

Hausmittel

Das wichtigste bei - sowie zur Vorbeugung eines Harnwegsinfekt ist Flüssigkeit. Ein Patient, der keine bekannte Herz- oder Nierenerkrankung hat, sollte circa 2 Liter Flüssigkeit am Tag trinken. Empfehlenswert sind neben Wasser Kräuter- und Früchtetees, vermieden werden sollten dagegen Kaffee, schwarzer Tee und Alkohol. Bakterien haben im verdünnten Harn eine schlechtere Vermehrungsmöglichkeit und eine häufigere Entleerung der Blase sorgt für die Ausspülung von in die Harnblase eingedrungenen Erregern. Bei Harndrang sollte man nicht zu lange einhalten, sondern zügig die Toilette aufsuchen.
Cranberries sind ein weiteres beliebtes Hausmittel. Sie versorgen den Körper mit Vitamin C und Eisen und können bei der Heilung einer Blasenentzündung helfen.
Männern wie Frauen wird empfohlen, sich vor einer Unterkühlung zu schützen. Nasse Kleidung, wie Badehosen, sollten so schnell wie möglich gewechselt werden.
Darüber hinaus spielt die Intimhygiene eine wichtige Rolle. Wie bei Frauen gilt es, eine übertriebene Hygiene zu vermeiden. Männer sollten täglich die Vorhaut, bzw. die Eichel bis zur Kranzfurche reinigen, vor allem vor dem Geschlechtsverkehr ist die Reinigung wichtig.

Lernen Sie weitere Hausmittel, die bei einer Harnwegsinfektion helfen, kennen.

Wann braucht man Antibiotika?

Die Gabe von Antibiotika sollte niemals leichtfertig erfolgen, um unnötige Therapien zu vermeiden und einer Resistenzentwicklung entgegenzuwirken.
Bei einer akuten Infektion des oberen Harntrakts (Nierenbeckenentzündung) soll eine wirksame Antibiotikatherapie so früh wie möglich erfolgen.

Lesen Sie mehr über die Symptome und Therapie einer Nierenbeckenentzündung.

Bei jüngeren Männern ohne sonstige Begleiterkrankungen sollte weder ein Screening auf eine asymptomatische  Bakteriurie noch eine antibiotische Behandlung durchgeführt werden. Einzige Ausnahme bildet hier eine Intervention, die erwartungsgemäß Schleimhaut-verletzend ist. Bei einer solchen Intervention im Harntrakt steigert eine asymptomatische Bakteriurie das Infektionsrisiko, weshalb vorher gezielt nach einer asymptomatischen Bakteriurie gesucht und diese bei Nachweis behandelt werden sollte.

Welche Antibiotika werden eingesetzt?

Bei der unkomplizierten Harnwegsinfektion sollen Fluorchinolone und Cephalosporin nicht als Antibiotika der ersten Wahl eingesetzt werden. Stattdessen empfiehlt man für die orale Therapie der akuten unkomplizierten Harnwegsinfektion bei jüngeren Männern Pivmecillinam und Nitrofurantoin. Die Voraussetzung dafür ist, dass die Prostata nicht von der Entzündung betroffen ist.
Bei einer milden oder mittelschweren akuten unkomplizierten Nierenbeckenentzündung bei jüngeren  Männern werden in erster Linie Fluorchinolone verwendet, falls die lokale Resistenzrate von Escherichia coli noch unter 10% liegt.
Die Therapiedauer beträgt in der Regel 5 bis 10 Tage, wird jedoch individuell vom Arzt festgelegt.

Welche Medikamente sind noch sinnvoll?

Neben Hausmitteln und Antibiotika kann bei starken Schmerzen eine zusätzliche Gabe von Schmerzmitteln über einige Tage sinnvoll sein. Dies kann beispielsweise mit Ibuprofen oder Paracetamol erfolgen.

Wie ansteckend ist eine Harnwegsinfektion beim Mann?

Harnwegsinfekte sind per se nicht ansteckend bzw. zwischenmenschlich übertragbar. Allerdings steigt das Risiko, wenn der Körper in Kontakt mit neuen Bakterien kommt. Bei Frauen ist dies häufig der Fall, wenn sie einen neuen Sexualpartner haben.
Eine tatsächliche Ansteckung zwischen zwei Menschen ist eigentlich nur dann möglich, wenn es sich beim Erreger des Harnwegsinfekts um einen Pilz oder Parasiten handelt.

Informieren Sie sich noch ausführlicher über die Ansteckungsfähigkeit einer Harnwegsinfektion.

Dauer einer Harnwegsinfektion

Wie lange ein Harnwegsinfekt dauert, hängt von der Schwere der Erkrankung und der Therapie ab. Darüber hinaus ist entscheidend, wie schnell eine Therapie eingeleitet wurde.
In der Regel klingen die Symptome ein bis drei Tage nach Beginn der Therapie ab. Wird die Infektion nicht behandelt, kann sie entsprechend länger dauern oder sich zu einer komplizierten bzw. chronischen Infektion entwickeln.

Bleiben die Symptome trotz Antibiotikaeinnahme bestehen, sollte der Patient erneut eine Urinprobe abgeben, um eine sogenanntes Antibiogramm zu erstellen. Hierbei wird der Erreger auf mögliche Resistenzen gegen Antibiotika untersucht. So kann man die Infektion mit einem Antibiotikum therapieren, das gezielt auf den verursachenden Erreger wirkt.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 25.11.2020 - Letzte Änderung: 22.10.2021