Unter einer Alkoholvergiftung versteht man im Allgemeinen eine Überdosis von Alkohol, wobei kein genauer Promillewert festgelegt ist, ab dem die Bezeichnung verwendet wird. Viel mehr wird die Klassifizierung in verschiedene Stadien anhand der individuellen Symptome eines Betrunkenen vorgenommen. Diese können von Gleichgewichtsstörungen bis zum lebensbedrohlichen Atemstillstand reichen.
Jährlich werden laut statistischem Bundesamt über 100.000 Menschen auf Grund einer Alkoholvergiftung in Krankenhäusern in Deutschland behandelt. Besonders stark betroffen, ist damit die Altersgruppe zwischen 15 und 20 Jahren. Sie macht mit rund 20.000 Fällen (2007) den größten Anteil an Alkoholvergiftungen aus. Aber auch die Altersgruppe zwischen 10 und 15 Jahren ist mit knapp 3000 Fällen jährlich gut vertreten, was zeigt, dass Alkohol auch bei Kindern relativ beliebt ist. Während die Alkoholvergiftungen bei Kindern zwischen 10 und 15 Jahren in den letzten 10 Jahren allerdings relativ konstant blieben, nahmen die Fallzahlen in der Altersgruppe 15-20 Jahren von 13.000 auf 20.000 um knapp 50% zu.
Eine Alkoholvergiftung ist nicht klar definiert, da unterschiedlich hohe Blutalkoholwerte bei Patienten individuell unterschiedliche Auswirkungen haben können. Man unterteilt viel mehr in vier Stadien, die sich nach den Symptomen richten. Das erste Stadium beschreibt eine Exzitation, also eine Erregung, und äußert sich durch Symptome wie gesteigerte Redseligkeit, Enthemmung, und Gleichgewichtsstörungen (ab circa 0,8 Promille). In diesem Stadium befand sich beinahe jeder schon mal, es ist definiert durch eine Blutalkoholkonzentration zwischen 0,2 und 2,0 Promille. Der Körper an sich ist in der Lage pro Stunde etwa 0,1 bis 0,2 Promille abzubauen.
Daran schließt sich von 2,0 bis 2,5 das zweite Stadium, oder auch Hypnosestadium an. Anzeichen hierfür sind Erbrechen, Gedächtnisverlust, Seh- und Bewegungsstörungen, so wie gegebenenfalls Aggressivität. Im dritten Stadium, dem Narkosestadium kommt es zu Bewusstlosigkeit und Schock – ersten Anzeichen für eine ernsthafte, lebensbedrohliche Situation. Das Stadium der Narkose ist definiert ab einer Blutalkoholkonzentration von 2,5 bis 4,0 Promille.
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Alkoholvergiftungen mit Werte über 4,0 Promille enden meist tödlich. Der Tod tritt dabei meist auf Grund eines Kreislaufversagens und eines Atemstillstandes ein. Der Alkohol wirkt lähmend auf die Muskulatur, so dass die wichtigen Herz- und Atemmuskeln nicht mehr arbeiten. Nicht umsonst nennt man das Stadium 4 auch Asphyxiestadium, oder „Stadium der Pulslosigkeit“. In Einzelfällen können auch Blutalkoholwerte über 4 Promille nicht tödlich enden, allerdings ist dies meist bei langjährigen Alkoholikern, oder bei Gewohnheitstrinkern der Fall. Vereinzelt werden auch Fälle von Patienten mit 10 und mehr Promille bekannt. Dabei handelt es sich allerdings um absolute Ausnahmen – Blutalkoholkonzentrationen im zweistelligen Bereich enden auch für „trinkfeste“ Menschen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit tödlich.
Synonyme für eine Alkoholvergiftung sind „Alkoholintoxikation“ – kurz „Alkintox“ , oder auch C2-Abusus, was sich von der Strukturformel des Ethanols – C2H5OH ableitet. Im Rettungswesen wird daher auch – ein wenig verschlüsselt – von einem „C2-ler“ gesprochen.
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Nachdem der Alkohol oral aufgenommen wurde, werden gut 20% davon im Magen resorbiert, die restlichen 80% erst im darauffolgendem Dünndarm. Alkohol ist die umgangssprachliche Bezeichnung für Ethanol.
Zwar gibt es viele verschiedene Alkohole, welche stets an der Verbindung –OH in der Summenformel erkennbar sind. Allerdings handelt es sich nur beim Ethanol um den klassischen „Trinkalkohol“. Methanol ist beispielsweise ebenso ein Alkohol, allerdings kommt es bei übermäßigem Konsum zur Erblindung. Der Trinkalkohol „Ethanol“ wird über die Magen- und Dünndarmschleimhaut aufgenommen, und gelangt so in die Blutbahn. Fettreiches Essen vor dem Alkoholkonsum erschwert zwar die Aufnahme, verhindert sie aber nicht. Es kommt also nur zu einer zeitlich verzögerten, langsameren Aufnahme.
Dahingegen beschleunigen Wärme wie in Feuerzangenbowle und Kohlensäure wie in Prosecco die Alkoholaufnahme, da die Durchblutung des Verdauungstraktes angeregt und beschleunigt wird. Ist der Alkohol in die Blutbahn gelangt, so wird er in der Leber verstoffwechselt. Die Leber ist – anatomisch gesehen - dem Herzen innerhalb des Blutkreislaufes vorgeschaltet und filtert Fremdstoff aus dem Blut. Dazu bedient sie sich verschiedener Enzyme: Alkohol wird zuerst durch die Alkoholdehydrogenase zu Ehtanal abgebaut. Ethanal durch ein weiteres Enzym zu Essigsäure. Essigsäure wird dann im gesamten Körper zur Energiegewinnung verteilt.
Die Ursache für die typischen „Katersymptome“ wie Übelkeit und Erbrechen, ist das Ethanal, welches erst langsam abgebaut werden muss. Der Abbau wird übrigens durch Zucker gehemmt, so dass zuckerhaltige Getränke wie Glühwein oder Cocktails einen besonders starken Kater verursachen.
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Ethanol verursacht eine große Reihe schädlicher, körperlicher Auswirkungen. Davon sind nahezu alle Organe und Kompartimente des Körpers betroffen. Die Ursache für einen tödlichen Ausgang einer Alkoholvergiftung ist meist eine Kombination aus Lähmung der Atemmuskulatur und des Atemzentrums im Hirn, so wie eine Lähmung der Herzmuskulatur. Da Alkohol die Blutgefäße erweitert, kommt es in fortgeschrittenen Stadien zu einem Wärmeempfinden. Auch periphere Blutgefäße werden erweitert, so dass die Körperkerntemperatur fällt. Ab unter 32 Grad Körpertemperatur kommt es dann zu einer sogenannten Kälteidiotie, bei der sich der Patient auf Grund subjektiven Wärmeempfindens weiter entkleidet. Mitunter die größte Gefahr bei einer Alkoholvergiftung ist daher auch eine Unterkühlung des Patienten, kurz „Hypothermie“.
Ferner kann es im Stadium der Bewusstlosigkeit zum Ersticken durch Erbrochenes kommen. Wenn die Schluckmuskulatur erschlafft, kann Erbrochenes aus der Speiseröhre über den Rachen in die Luftröhre fließen. Dort verlegt es die Atemwege, der Patient erstickt. Daher ist es wichtig, Bewusstlose in die stabile Seitenlage zu legen. Ziel ist prinzipiell, den Magen, von der Lage her, höher als den Mund zu bringen. Extrem ausgedrückt: Man könnte einen Bewusstlosen auch an seinen Füßen kopfüber an einem Baum aufhängen, die Aspirationsgefahr wäre gleich Null. Allerdings würde dies wohl nicht zur Mitarbeit des Patienten beitragen, wenn dieser wieder erwacht.
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Es gibt keine klare Definition, ab welchem Promillewert von einer Alkoholvergiftung gesprochen werden kann. Viel mehr richtet man sich nach Symptomen wie Bewusstlosigkeit oder Atemstillstand. Prinzipiell spricht man bei jedem Patient, der auf Grund seines Alkoholkonsums in das Krankenhaus eingeliefert wurde, von einer Alkoholvergiftung. Dies ist meist der Fall, wenn sich Angehörige oder Freunde Sorgen machen, da der Betroffene bewusstlos ist und den Rettungsdienst rufen. Neben Bewusstlosigkeit können Unterkühlung (Hypothermie) und –bei sehr hohen Promillewerten– Atem- und Pulsunregelmäßigkeiten hinzukommen. Dies ist eine absolute Indikation für eine stationäre Betreuung im Krankenhaus, da es sich dabei um Anzeichen für eine potentiell tödliche Bewusstseinslage handelt.
Symptome, die vor einer Alkoholvergiftung auftreten können, aber alleine nicht tödlich sind, sind Erbrechen, Kopfschmerzen, Herzrasen, Gangunsicherheit, Sprachunsicherheit, Gedächtnisverlust („Filmriss“), Aggressivität und Enthemmung. Am nächsten Tag kommt es dann zu Erbrechen, Kopfweh, Schwindel, Lärm- und Lichtempfindlichkeit so wie unscharfem Sehen und Durchfall. Den Kopfschmerzen liegt eine Erweiterung der Blutgefäße im Hirn zu Grunde, die dann auf umliegende Strukturen drücken. Das Herzrasen nach Alkohol kann verschiedene Ursachen haben. Magenschmerzen und Sodbrennen sind Folge einer gesteigerten Säureproduktion im Magen. Zudem ist der Körper dehydriert, da Alkohol eine erhöhte Urinausscheidung bewirkt, da er im Gehirn die Ausscheidung eines für die Harnkonzentrierung wichtigen Hormons ("antidiuretisches Hormon") hemmt.
Da im Rausch gegen den Durst in der Regel kein Wasser, sondern weiterer Alkohol konsumiert wird, entsteht ein Teufelskreis. Der Alkohol hemmt zudem die Wasseraufnahme im Dünndarm, was neben der Dehydration auch Durchfall zur Folge hat. Gegen den Durchfall kann in sehr schlimmen Fällen Imodium eingenommen werden, da es sich allerdings um eine kurzzeitige Erscheinung handelt, die nach einem Tag in der Regel wieder ausgestanden ist, sollte eine Einnahme gut abgewogen werden. Um die Symptome zu lindern empfiehlt es sich natürlich in erster Linie, sein Limit zu kennen und ab einem gewissen Punkt mit dem Trinken aufzuhören. Ist dies nicht mehr möglich, muss versucht werden, den Alkohol wenn möglich aus dem Körper zu entfernen, oder zu verdünnen.
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Akute Alkoholvergiftungen werden im Krankenhaus meist auf einer Intensivstation überwacht. Da sie potentiell tödlich enden können, ist eine besonders intensive Betreuung notwendig. Liegt der letzte Alkoholkonsum nur wenige Minuten zurück, kann in erster Instanz der Magen ausgepumpt werden, um eine weitere Alkoholaufnahme zu verhindern. Sind bereits hohe Blutalkoholwerte von über 4 Promille erreicht, kann eine notfallmäßige Dialyse –also Blutwäsche– eingeleitet werden.
Dabei wird das Blut aus dem Patienten gepumpt, außerhalb des Körpers in einer Zentrifuge gereinigt, und dann wieder in den Patienten zurückgeführt. Solche Verfahren sind normalerweise Patienten mit terminalem Nierenversagen vorbehalten. Um die Auswirkungen am nächsten Tag zu lindern, kann eine Kochsalzlösung angehängt werden, um den Körper zu rehydrieren, und den Alkoholgehalt im Blut zu verdünnen. Bei tiefer Bewusstlosigkeit müssen Patienten zudem in der stabilen Seitenlage gelagert werden, um eine Aspiration mit Erbrochenem zu verhindern. Letztere endet im günstigsten Fall mit einer Lungenentzündung, im ungünstigsten Fall mit dem Tod. Zur Eigentherapie eignen sich selbst induziertes Erbrechen, frische Luft, und viel Wasser. Ziel ist es, den Alkohol möglichst schnell wieder aus dem Körper zu entfernen, bzw. zu verdünnen.
Findet man abends beim Feiern eine „Alkoholleiche“ vor, fragen sich viele, was sie nun tun können: Zuerst einmal sollte der Alkoholisierte laut angesprochen werden und gegebenenfalls ein Schmerzreiz gesetzt werden. Dieser kann zum Beispiel durch Reiben des Brustbeines erfolgen. Bei ausbleibender Reaktion sollte eine Beförderung in die stabile Seitenlage sowie die Verständigung des Rettungsdienstes unternommen werden. Bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes sollte der Alkoholisierte beobachtet werden.
Erbrechen äußert sich bei einer Alkoholvergiftung mit Bewusstlosigkeit „leider“ nicht wie sonst mit lauten Würgegeräuschen: Viel mehr fließt das Erbrochene langsam aus dem Mund heraus und wird erst bemerkt, wenn der Patient reflektorisch nach Luft schnappt, da die Atemwege verlegt sind. Für Laien und Ersthelfer gilt in diesem Moment: Der einzige Fehler, der gemacht werden kann, ist gar nichts zu machen, dann stirbt der Betroffene nämlich mit hoher Sicherheit. Ziel ist es, das Erbrochene aus der Luft- und Speiseröhre aus dem Mund fließen zu lassen. Dazu wird der Körper mit dem Kopf möglichst tief gelagert, um ein natürliches Gefälle zu erzeugen. Ein Klopfen auf den Rücken kann den Fluss beschleunigen. Es sollte allerdings aus Grund der Eigengefährdung davon abgesehen werden, Hand oder Finger in den Mund des Betroffenen zu stecken.
Wichtig ist zudem der Wärmeerhalt des Patienten, da dieser dazu selbst nicht mehr in der Lage ist. Dabei sollte bedacht werden, dass selbst Außentemperaturen von 30 Grad immer noch 7 Grad unter der physiologischen Körpertemperatur liegen, und somit eine starke Unterkühlung hervorrufen können.
Alkohol hat bei Kindern eine viel stärkere Wirkung als bei Erwachsenen. Das liegt zum einen daran, dass Kinder weniger stark an Alkohol gewöhnt sind, zum anderen, dass Sie viel weniger wiegen und ein viel kleineres Blutvolumen haben und der Alkoholabbau unter anderem vom Körpergewicht abhängt. Was ein Erwachsener noch nicht mal spürt, kann bei Kindern also bereits eine Alkoholvergiftung auslösen. Da eine Alkoholvergiftung bei Kindern noch viel schneller tödlich enden kann, ist eine sofortige Vorstellung im Krankenhaus notwendig – auch bei kleinen Mengen Alkohol, die Erwachsene als nichtig betrachten würden. Alkohol kann bei Kindern auch zu dauerhaften Hirnschäden führen.
Alkohol ist zudem teratogen, das heißt er schädigt den Embryo, wenn er während der Schwangerschaft eingenommen wird. Spätfolgen bei übermäßigem Alkoholkonsum während der Schwangerschaft sind typischerweise Mikrocephalie (kleiner Kopf), Intelligenzminderung, Minderwuchs, Sprach- und Hörstörungen, Skelettfehlbildungen wie Trichterbrust und Wirbelsäulenverkrümmung. Ferner Konzentrationsschwäche, Hyperaktivität, Aggressivität, Verlangsamung, niedrige Frustrationstoleranz und schnelle Ablenkbarkeit, um nur einige wenige zu nennen. Zusammenfassend spricht man von einem fetalen Alkoholsyndrom. Die genauen Anzeichen hängen vom Schwangerschaftsmonat, in dem am meisten Alkohol konsumiert wurde, ab. Alkoholkonsum im zweiten Trimenon (4.-6. Monat) führt am ehesten zu einer Fehlgeburt. Kinder tragen lebenslange Folgeschäden mit sich, gegen die postnatal nichts unternommen werden kann. Umso wichtiger ist eine strikte Alkohol- und Nikotinabstinenz während der Schwangerschaft.
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