Unter dem Begriff „Jetlag“ versteht man eine Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus, die vor allem nach Langstreckenflügen über mehrere Zeitzonen auftritt.
Zeitzonenkater, circadiane Dysrhythmie
Unter dem Begriff „Jetlag“ versteht man eine Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus, die vor allem nach Langstreckenflügen über mehrere Zeitzonen auftritt.
Personen, die von einen auf einen anderen Kontinent fliegen, zwingen ihrem Körper eine neue Zeitzone auf. Dadurch auftretende Beschwerden werden unter dem Begriff „Jetlag“ zusammengefasst. Der Jetlag stellt ein weit verbreitetes Problem dar. Vor allem nach schnellen Reisen, die sich über mehrere Zeitzonen erstrecken, kann sich die innere Uhr nicht zügig genug an die neue Ortszeit anpassen. Für den Organismus treten Licht und Dunkelheit demnach zu vollkommen ungewohnten Zeiten auf. Auf diese Weise werden die gewohnten Essens- und Schlafenszeiten aus dem Rhythmus gebracht. In Folge dessen kommen auch die Hormonproduktion und Regulation der Körpertemperatur aus dem Takt. Da sich die sogenannte „innere Uhr“ nur sehr langsam an eine neue Ortszeit anpassen kann, leiden betroffene Personen unter unterschiedlichen Beschwerden. Der Jetlag kann sich sowohl körperlich als auch psychisch bemerkbar machen. Beim Auftreten eines Jetlags scheint die Flugrichtung jedoch eine entscheidende Rolle zu spielen. Personen, die beispielsweise von Europa nach Asien reisen und auf diesem Wege gleich mehrere Zeitzonen überqueren, sind deutlich häufiger von einem Jetlag betroffen. Grund dafür ist die Tatsache, dass sich der Tag bei Reisen gen Osten verkürzt.
Dies scheint für den Organismus besonders schwierig zu sein. Mit der Zeit kann sich der Körper jedoch auch auf die neue Ortszeit einstellen. Dabei scheint sich der Schlaf dem neuen Tag-Nacht-Rhythmus besonders schnell anpassen zu können. Andere Körperfunktionen hingegen brauchen etwas länger um diese Umstellung zu vollziehen. Vor allem der Magen-Darm-Trakt und die Regulationszentren der Körpertemperatur arbeiten vergleichsweise lange nach dem ursprünglichen Takt. Bis alle Abläufe wieder einwandfrei funktionieren, können mehrere Tage oder gar Wochen vergehen. Aus diesem Grund kann der Jetlag bei regelmäßigen Reisen langfristig krank machen. Darüber hinaus scheint das Ausmaß des Jetlags mit dem individuellen Schlaftyp eines Menschen zusammenzuhängen. Frühaufsteher scheinen mit Reisen nach Fernost wesentlich besser klarzukommen als Langschläfer. Grund dafür ist die Tatsache, dass sich die innere Uhr der Frühaufsteher scheinbar besser an die Zeitumstellung anpassen kann.
Die Ursachen für die Entstehung eines Jetlags wurden bislang anhand von Tierexperimenten ermittelt. Direkte Ursache für das Jetlag-Phänomen ist der sogenannte „circadiane Rhythmus“. Dieser Hell-Dunkel-Rhythmus gilt als der wichtigste Zeitgeber beim Menschen. Die verschiedenen Mechanismen, die diesem Zeitgeber zugrunde liegen, scheinen sich auch im Laufe der Evolution nicht verändert zu haben. Der circadiane Rhythmus scheint demnach bemerkenswert stabil zu sein. Bei Säugetieren scheint der Tag-Nacht-Rhythmus weitestgehend von der inneren Uhr bestimmt zu werden. Diese Funktion wird einem Teil des Hypothalamus (einem Teil des Zwischenhirns), dem Nucleus suprachiasmaticus, der unmittelbar oberhalb der Sehbahn sitzt, zugerechnet. Der Tag-Nacht-Rhythmus beeinflusst zahlreiche wichtige Körperfunktionen. Vor allem die Regulation der Körpertemperatur, der Blutdruck und die Hormonsekretion werden durch die innere Uhr gesteuert. Darüber hinaus scheint der Nucleus suprachiasmaticus einen Einfluss auf die Urinproduktion zu haben. Die innere Uhr ist jedoch kein vollkommen unabhängiges System, das exakt im 24-Stunden-Takt arbeitet. Sie wird durch äußere Umstände, beispielsweise Lebensumstände und Lichtverhältnisse, maßgeblich beeinflusst. Aus diesem Grund kann die innere Uhr unter normalen, gleichbleibenden Bedingungen synchron bleiben.
Eben dieser innere Zeitgeber wird durch Flugreisen über mehrere Zeitzonen hinweg stark beeinflusst und an der Entstehung des Jetlags beteiligt. In diesem Zusammenhang spielt die rhythmische Ausschüttung des vor allem bei Dunkelheit ausgeschütteten Botenstoffs Melatonin eine entscheidende Rolle. Darüber hinaus kann die Fluggeschwindigkeit einen Einfluss auf die mögliche Entstehung von einem Jetlag nehmen. Werden während der Flugreise nicht mehr als 15 bis 22.5 Meridiane pro Tag überschritten, so resultiert eine Zeitdifferenz von ungefähr 60 bis 90 Minuten. Dieser Zeitunterschied kann durch die Anpassungsfähigkeit der inneren Uhr problemlos ausgeglichen werden. Aus eben diesem Grund tritt ein Jetlag-Phänomen bei Schiffs-, Bahn- oder Autoreisen nicht auf. Erst bei einer Überschreitung dieser Reisegeschwindigkeit, kommt es zur Entstehung des Jetlags.
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Die bei einem Jetlag auftretenden Symptome können sich sowohl in ihrer Art, als auch in ihrer Ausprägung von Mensch zu Mensch deutlich unterscheiden. Darüber hinaus spielen auch die Zeitunterschiede zwischen Start- und Ankunftsort eine entscheidende Rolle. Ausgeprägte Müdigkeit, die auch nach Tagen nur bedingt nachlässt, gehört zu den bekanntesten Symptomen eines Jetlags. In der Regel berichten betroffene Personen über eine ausgeprägte Müdigkeit, die bis zu fünf Tagen nach der Landung anhalten kann. Auch kurze Schlafeinheiten während des Tages vermögen es in der Regel nicht, die für einen Jetlag typische Müdigkeit zu vertreiben. Darüber hinaus wird diese Müdigkeit paradoxerweise häufig von schweren Schlafstörungen begleitet. Dies bedeutet, dass betroffene Personen trotz anhaltender Müdigkeit nachts nicht einschlafen können. Zudem kommt es bei einem Jetlag nachts häufig zum außerplanmäßigen Erwachen der Betroffenen. Grund für dieses Phänomen ist die Tatsache, dass der Organismus während der Nacht noch auf Tag eingestellt ist.
Erst nach mehreren Nächten gelingt es wieder einigermaßen durchschlafen zu können. Ab diesem Zeitpunkt lässt typischerweise auch die Jetlag-bedingte Müdigkeit deutlich nach. Ein weiteres häufiges Symptom eines Jetlags ist ausgeprägter Schwindel. Auch dieses Symptom lässt in der Regel erst mehrere Tage nach der Landung vollständig nach. Da durch die Zeitumstellung auch der Magen-Darm-Trakt beeinträchtigt wird kann es zusätzlich zu Appetitlosigkeit, Verstopfungen (Obstipation) oder Durchfällen kommen. Mitunter leiden die betroffenen Personen auch unter ausgeprägten Stimmungsschwankungen. Ob die typischen depressiven Verstimmungen direkt durch die Zeitumstellung oder vielmehr durch die übrigen Jetlag-Symptome hervorgerufen werden, ist bislang unklar.
Wie lange ein Jetlag anhält, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Zum einen scheint es abhängig vom Alter zu sein. Oftmals ist es für ältere Menschen schwieriger, sich an eine Zeitumstellung anzupassen, als für junge Erwachsene. Außerdem spielt die Flugrichtung eine entscheidende Rolle. Eine Reise Richtung Westen und eine damit verbundene scheinbare Tagesverlängerung kann der Körper in der Regel besser kompensieren, als anders herum. Dies liegt wohl daran, dass der natürliche Biorhythmus des Menschen etwas länger ist, als 24 Stunden.
Man sagt, dass der Körper etwa einen Tag pro Zeitzone braucht, um sich umzustellen. Weitere Flüge haben also einen längeren Jetlag zur Folge, als kurze Flüge mit nur zwei Stunden Zeitverschiebung. Die einzelnen Organsysteme können zudem unterschiedlich lang für die Umstellung brauchen. So kann es sein, dass sich das Essverhalten bereits an die neue Zeit gewöhnt hat, Schlafstörungen jedoch noch einige Tage länger bestehen.
Säuglinge haben bis zum 6. Lebensmonat noch keine entwickelte „innere Uhr“ und können deshalb auch nicht an einem Jetlag leiden. Erst danach entwickeln Säuglinge und Kleinkinder ihren tageszeitabhängigen Rhythmus und es wird zunehmend schwieriger für die Eltern mit ihrem Kind zu verreisen.
Bei älteren Babys wird deshalb empfohlen bereits einige Tage vor dem Abflug den Tagesrhythmus täglich um einige Zeit zu verändern, damit die Umgewöhnung leichter fällt. Außerdem sollte darauf geachtet werden, dass das Baby nach der Ankunft und vor dem Schlafen ausreichend gefüttert wird. Dabei sollte auf kohlenhydratreiche Nahrung gesetzt werden, die lange satt hält und bestenfalls verhindert, dass das Kind nachts vor Heißhunger wach wird.
Die Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines Jetlags hängt vor allem von der Flugzeit und der während der Flugreise passierten Entfernung ab. Darüber hinaus spielen verschiedene individuelle Gegebenheiten eine entscheidende Rolle. Aus diesem Grund kann einem Jetlag, wenn überhaupt, nur bedingt vorgebeugt werden. Zu den wichtigsten Präventionsmaßnahmen gehören:
kein Konsum von Alkohol oder Koffein vor und während des Fluges
schon während des Fluges Uhren auf Ortszeit des Zielortes umstellen
viel Flüssigkeit zu sich nehmen
nach der Flugreise viel an die frische Luft gehen
nach der Ankunft lieber keinen Mittagsschlaf einlegen
am Tagesrhythmus des Zielortes teilnehmen
auf ausreichend Schlaf in der ersten Nacht nach der Ankunft achten
während der ersten zwei Tage anstrengende Aktivitäten vermeiden
keine Schlafmittel einnehmen
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Personen, die beruflich häufig in andere Zeitzonen reisen müssen, sollten zudem überlegen, ob sich die Anpassung des Organismus an den neuen Rhythmus Überhaupt lohnt. Da diese Umstellung mehrere Tage in Anspruch nehmen kann, sollte bei kurzen Reisen von weniger als drei bis vier Tagen nicht der Versuch einer Umstellung unternommen werden. Für den Körper des Reisenden ist es in diesen Fällen besser beim alten Rhythmus zu bleiben.
Bei längeren Aufenthalten in einer anderen Zeitzone können die Reisenden bereits vor der Abreise versuchen den kommenden Jetlag etwas abzumildern. Personen, die in den Westen reisen, sollten ungefähr drei bis vier Tage vor dem Abflug damit beginnen, jede Nacht ein bis zwei Stunden später einzuschlafen. Auf diese Weise kann der Organismus bereits vor der Abreise an die Zeitumstellung gewöhnt werden. Personen, die in Richtung Osten fliegen, sollten hingegen drei bis vier Tage vor dem Abflug damit beginnen einige Stunden früher zu Bett zu gehen. Auch während der Flugreise können einfache Maßnahmen dabei helfen, dem Organismus die Zeitumstellung etwas leichter zu machen.
Reisende sollten sich deshalb an Bord ausreichend bewegen und reichlich Flüssigkeit zu sich nehmen. Vor allem bei Flugreisen in Richtung Westen kann ausreichend Bewegung dabei helfen, die Umstellung einfacher zu machen. Darüber hinaus kann eine Anpassung der Ernährung hilfreich sein. Bei Flugreisen in den Westen sollten vor allem Eiweiß (beispielsweise Fisch), Fleisch und Milchprodukte verzehrt werden. Auf diese Weise werden wichtige Energiereserven im Körper eingelagert und die für einen Jetlag typische Müdigkeit kann effektiv abgemildert werden. Lebensmittel, die viele Kohlenhydrate enthalten (beispielsweise Kartoffeln, Nudeln oder Reis), müssen hingegen vor Reisen in den Westen dringend gemieden werden. Darüber hinaus dürfen Personen, die Flugreisen in Richtung Westen unternehmen, nicht den Fehler machen und sich gleich nach der Landung Schlafen legen. Auf diese Weise wird die Ausprägung des Jetlags zumeist sogar verschlimmert. Personen, die an einem Jetlag leiden, müssen grundsätzlich beachten, dass sie in den ersten Tagen nach der Ankunft so lange wach bleiben müssen, wie es hell ist. Nur während der Abendstunden und nachts sollte geschlafen werden. Bei sehr langen Flugreisen gilt diese Regel bereits während des Fluges. Aus diesem Grund sollten sich Reisende bequeme Kleidung anziehen und eine geeignete Schlafbrille mitführen. Kann die Nacht bereits während des Fluges zum Schlafen genutzt werden, so verringert sich oftmals die Wahrscheinlichkeit der Ausbildung eines Jetlags. Kann dem Jetlag auch durch diese Maßnahmen nicht gänzlich vorgebeugt werden, so verringert sich dessen Ausprägung jedoch nachweislich.
Grundsätzlich muss beachtet werden, dass ein Jetlag nur bedingt behandelt werden kann. Ein Jetlag ist für den Organismus immer eine besondere Herausforderung und kann sowohl die Psyche, als auch das Herzkreislaufsystem und den Magen-Darm-Trakt in Mitleidenschaft ziehen. Aus diesem Grund sollten sehr kurze Flugreisen, die gleich über mehrere Zeitzonen hinweg gehen, nach Möglichkeit vermieden werden. Längere Aufenthalte in fremden Zeitzonen können hingegen nach drei bis vier Tagen vom Organismus bewerkstelligt werden. In seltenen Fällen kann ein Jetlag jedoch auch über Wochen anhalten. Darüber hinaus sollte vor jeder Flugreise, die die Gefahr der Entstehung eines Jetlags birgt, vorbeugende Maßnahmen ergriffen werden. Auch wenn sich das Auftreten von einem Jetlag durch diese Maßnahmen nicht zuverlässig vermieden werden kann, lassen sich die typischen Symptome deutlich abschwächen. Die Ausprägung von Schlafstörungen und Beeinträchtigungen des Magen-Darm-Traktes lassen sich mit einigen Mitteln deutlich verringern. Personen, die an einem Jetlag leiden, sollten sich aus diesem Grund unmittelbar nach der Landung auf die neuen Gegebenheiten einlassen. Das natürliche Sonnenlicht der ungewohnten Umgebung kann als Taktgeber genutzt und die innere Uhr somit einfacher umgestellt werden. In diesem Zusammenhang ist keine direkte Sonneneinstrahlung notwendig.
Betroffene Personen sollten sich während der Tagesstunden lediglich häufig an der frischen Luft aufhalten und sich nicht im Hotelzimmer verkriechen. Darüber hinaus sollten Betroffene versuchen, am Ankunftsort direkt nach dem neuen Tag-Nacht-Rhythmus zu leben. Aus diesem Grund sollten kurze Schlafeinheiten während des Tages unbedingt vermieden werden. Der Jetlag lässt in der Regel deutlich schneller nach, wenn die Betroffenen in den ersten Tagen nur bei Dunkelheit schlafen und am Morgen möglichst früh aufstehen. Auf den übermäßigen Konsum von Koffein sollte zudem verzichtet werden. Ein bis zwei Tassen Kaffee am Tag sind erlaubt. Bei einem zu hohen Koffeinkonsum hingegen kann die Produktion und Freisetzung des Schlafhormons Melatonin gedrosselt werden. Der Jetlag hält aus diesem Grund deutlich länger an. Innerhalb der ersten Tage nach der Ankunft ist es zudem sinnvoll, sich nach Möglichkeit zu schonen und dem ohnehin stark beeinträchtigten Organismus viel Ruhe zu gönnen. Auf Grund der bei einem Jetlag sehr ausgeprägten Müdigkeit und der auffallenden Konzentrationsstörungen sollten vor allem riskante Tätigkeiten gemieden werden.
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