Wo Schulmediziner oft nicht weiter wissen, arbeiten Ärzte, die die traditionelle chinesische Medizin (TCM) und Akupunktur praktizieren, sehr erfolgreich. In mehreren großen Studien ist die Wirksamkeit der Akupunktur gerade bei Kopfschmerzen nachgewiesen worden. Die Behandlung ist schonend und zeigt meist schnelle Erfolge. Die Nebenwirkungen und Komplikationen halten sich in überschaubaren Grenzen.
Als erstes kann damit begonnen werden, die Risikofaktoren für einen Migräneanfall zu verhindern. Sind der Genuss von Käse oder Weinsorten ausschlaggebend für immer wiederkehrende Anfälle, so sollte darauf unbedingt verzichtet werden. Auch sollte der Behandler generell klären, wo die Kopfschmerzen ihren eventuellen Ursprung haben. Bei Beschwerden, die von der Halswirbelsäule oder der Schultermuskulatur kommen, empfehlen sich physiotherapeutische Maßnahmen, z.B. Massagen. Bei Stress-induzierten Kopfschmerzen zeigten sich regelmäßige Yoga-Übungen, Bewegung und autogenes Training als hilfreich.
Medikamente gegen Migräne oder Spannungskopfschmerz haben oft Nebenwirkungen und sind manchmal auch selbst Quelle anhaltender Beschwerden. Was viele nicht wissen: Die regelmäßige Einnahme von Schmerzmitteln verursacht Kopfschmerzen! Wer an mehr als zehn Tagen im Monat oder immer wieder an mehr als drei Tagen hintereinander Tabletten einnimmt, kann den so genannten medikamenten-induzierten Kopfschmerz bekommen. Das ist meist ein dumpf-drückender Dauerschmerz, der bereits beim Aufwachen am Morgen vorhanden ist und den ganzen Tag anhält. Ursache ist eine Veränderung in der Schmerzwahrnehmung. Die Rezeptoren an den Nervenzellen, auf die ständig Medikamente einwirken, reagieren nach einer Weile weniger sensibel, so dass die körpereigenen Schmerzfilter nicht mehr richtig gesteuert werden und ständig "Schmerz" an das Bewusstsein melden. Alle Schmerzmittel können zu dieser Kopfschmerzform führen. Patienten, die darunter leiden, brauchen unbedingt einen Facharzt, der die passende Behandlungsmöglichkeit empfiehlt. Deshalb dürfen Schmerzmedikamente nicht ständig eingenommen werden - einer der Gründe, um es auch mal mit nicht-medikamentösen Therapien zu versuchen.
So soll etwa das Setzen von Akupunkturnadeln helfen, die Zeit zwischen den Kopfschmerz-Anfällen zu verlängern und die Schmerzen erträglicher zu machen. Studien zeigen, dass das auch tatsächlich funktioniert. Dabei ist es offenbar egal, wo und wie die Nadeln gesetzt werden: Scheinakupunktur hilft gegen Migräne und Spannungskopfschmerzen genauso gut wie echte Akupunktur.
Kopfschmerzen und Migräne zählen zu den Hauptindikationen der therapeutischen Akupunktur. Etwa ein Drittel der im Westen mit Akupunktur behandelten Patienten leidet an Migräne oder Kopfschmerzen.
Der Akupunktur - Arzt setzt die Nadeln auf die entsprechenden Punkte der Meridiane. Er behandelt aber nicht nur die oberflächliche Schicht, also die Blockaden der Meridiane, sondern berücksichtigt auch die tiefe Ebene des Störungsmusters in den Organen. Meist wird zweimal in der Woche therapiert. Im Durchschnitt sind etwa 15 Behandlungen erforderlich. In extremen Einzelfällen kann es erst nach 30 bis 40 Behandlungen zu einer dauerhaften Besserung kommen. Im therapiefreien
Intervall von 10-14 Tagen nach der ersten Behandlungsserie wird geprüft, ob die Kopfschmerzen sich gebessert haben und ob eine zweite Behandlungsserie sinnvoll ist. Drei Monate nach Beendigung der Therapie sollte eine Auffrischungsbehandlung
mit drei bis vier Akupunktursitzungen erfolgen, um den Langzeiterfolg zu sichern.
In Deutschland, England und den USA wurden mehrere groß angelegte Studien durchgeführt, welche die Wirkung der Akupunktur bei Spannungskopfschmerzen und Migräne untersuchten. Für eine kontrollierte Studie zur Migräne wählten die Organisatoren knapp 800 Patienten aus. Sie erhielten entweder normale Migränemedikamente, eine Nadel-Akupunktur oder eine "Sham-Akupunktur" - eine Scheinakupunktur, bei der die Nadeln nicht auf den korrekten Punkten und nur oberflächlich ohne Stimulation gesetzt wurden. Nach zehn bis 15 Sitzungen und einem halben Jahr litten die Akupunktur-Patienten nur mehr an 3,7 statt vorher an sechs Tagen pro Monat an Kopfschmerzen. Das entspricht einem Rückgang von 38 Prozent. In der persönlichen Einschätzung über die Stärke der Kopfschmerzen lag die Nadelakupunktur mit rund 22 Prozent weniger Schmerzen vor den übrigen beiden Behandlungsarten. Aber auch die Scheinakupunktur zeigte Wirkung: Hier ging die Zahl der Migränetage um 28 Prozent zurück. Die Behandlung mit Medikamenten, meist Betablockern, lag mit 33 Prozent weniger Migränetagen zwischen echter und Scheinakupunktur. Bezogen auf das Geschlecht scheint die vorgetäuschte Akupunktur besonders bei Frauen erfolgreich zu sein: Bei ihnen ging die Zahl der Migränetage um 30 Prozent zurück, bei Männern nur um 14 Prozent.
Warum die Scheinakupunktur so gut wirkt, dafür haben die Wissenschaftler noch keine schlüssige Erklärung. Möglicherweise, so meinen die Autoren der Münchener Studie, liege es an den Faktoren "Berührung" und "Gespräch", die mit dem Setzen der Nadeln verbunden sind. Auch die positive Erwartung der Patienten scheint eine Rolle zu spielen. In einer Übersicht über vier Akupunkturstudien fand man heraus, dass der Effekt umso größer war, je optimistischer die Patienten waren.
Auch wenn die Nadel-Therapie nicht ganz billig ist (eine Sitzung kostet nach Angaben der Deutschen Ärztegesellschaft für Akupunktur etwa 30 bis 70 Euro), sollte es dem Patienten schon nach etwa acht Behandlungen besser gehen. Ist die Akupunktur erfolgreich, lassen die Kopfschmerzen nach zehn bis 15 Behandlungen spürbar nach. Die individualspezifische Auswahl der Akupunkturpunkte, eine klassische Stichtechnik mit manueller Stimulation der Nadeln und die Anzahl der Sitzungen sind für eine langanhaltende Beschwerdefreiheit von erheblicher Bedeutung.
Daneben bleibt zu bemerken, dass die Nebenwirkungen sehr niedrig sind und eine große Patientengruppe bei der Therapie erreicht wird.
Die Auswertung der Studien mache nun den Weg frei für eine Erstattung der Akupunktur-Kosten durch die Kassen.
Etwas besser schnitt Akupunktur im Vergleich zur medikamentösen Prophylaxe, etwa mit Betablockern, ab. Die Ansprechrate war in vier Studien mit Akupunktur um etwa 20 bis 35 Prozent höher, die Rate unerwünschter Wirkungen zugleich um die Hälfte niedriger als mit Arzneien.
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