Das Tractussyndrom ist ein Überbelastungssyndrom der unteren Extremität, durch eine erhöhte Reibung der Muskel- und Sehnenplatte im Bereich des Knies, was zu starken Schmerzen führt. Behandelt wird dieses Schmerzsyndrom mit Entlastung, Kühlung und medikamentösen Schmerztherapien. In schweren Fällen muss eine Entlastungsoperation erfolgen.

Tractussyndrom

Synonyme

Läuferknie, runners-knee, ilio-tibiales-Bandsyndrom, Friktionssyndrom

Definition

Unter einem Tractussyndrom versteht man ein, vor allem durch Überbeanspruchung, entstandenes Schmerzsyndrom, das sich vor allem im Bereich der Außenseite des Knies ausbreiten und

  • Schmerzen und
  • Bewegungsbeeinträchtigungen auslösen kann.

 

 

Ursachen

Um die Bewegung der unteren Extremität zu gewährleisten, ziehen Muskeln und deren Sehnen von der Hüfte entspringend an der Außenseite des Oberschenkels Richtung Knie und sind kurz oberhalb des Unterschenkels mit einer Sehnenplatte befestigt.

Dieser auch als Tractus ilio-tibialis bezeichneter Teil des Bewegungsapparates ist dafür verantwortlich, dass bestimmte Bewegungen beim

  • Gehen und
  • Laufen durchgeführt werden können.

Die Muskelplatte setzt an einem kleinen Knochenvorsprung an und ist daran befestigt. Je nach Anatomie des Betroffenen kann es sein, dass dieser Knochenvorsprung mit dem Muskelansatz zu weit absteht und so bei einer Bewegung eine minimale Reibung auf Sehne und Muskel ausgeübt wird.

Werden nur geringgradige Bewegungen durchgeführt, nimmt der Betroffene meistens diese anatomische Gegebenheit nicht wahr. Es werden keine Beschwerden verursacht. Werden aber immer wiederholende Bewegungen bzw. eine

  • permanente Überbelastung durchgeführt,
    kommt es zur vermehrten Reibung, was zu den Symptomen führt. Weitere Gründe für das Entstehen eines Läuferknies können auch
  • chronische Fehlbelastungen beim Laufen und Gehen sein, die trotz normaler Anatomie im Knie zu entsprechenden Reibungen bei der Bewegung mit damit verbundenen Beschwerden führen kann.

Symptome

Bei großer Belastung kommt es beim Tractussyndrom zu ziehenden bbei der Bewegung. Die Schmerzen sind vor allem an der Außenseite des Knies lokalisiert und werden als

  • ziehend oder
  • schneidend beschrieben.

Der Schmerz ist

  • gut lokalisierbar,
  • kann aber auch ausstrahlen.

Je weiter das Tractussyndrom fortgeschritten ist, desto stärker sind die Schmerzen. In extremen Fällen kann es vorkommen, dass auch bereits Schmerzen in Ruhe eintreten. Auch sind bei schweren Verläufen auch manchmal Bewegungsbeeinträchtigungen vorhanden.

Diagnose

In den meisten Fällen reicht die Krankenbefragung und die körperliche Untersuchung aus, um ein Läuferknie zu diagnostizieren. Wenn Patienten die typische Schmerzlokalisation vor allem nach Laufen und nach Sport angeben, ist dies schon hinweisend auf ein Läuferknie.

Bei der körperlichen Untersuchung lässt der Arzt den liegenden Patienten das Bein anheben. Er selbst tastet das Vorangleiten der Sehnen- und Muskelplatte oberhalb des Knies. Wenn es bei der Bewegung zu entsprechenden Schmerzen kommt, ist ein Tractussyndrom so gut wie bewiesen.
Differentialdiagnostisch kann es sich noch um

Therapie

In den meisten Fällen reicht die konservative Therapie. Diese besteht aus zunächst körperlicher Schonung.
Der Patient sollte in den nächsten Tagen

  • keinen Sport machen und
  • anstrengende Bewegungen der Beine vermeiden.

Des Weiteren ist eine adäquate Schmerztherapie sinnvoll,

  • die medikamentös aber auch
  • physikalisch sein kann.

Zu den physikalischen Schmerzbehandlungen zählen u.a. Kälteanwendungen. Die Patienten sollten das Bein hochlegen und mittels Eisbeutel kühlen. Kommt des Tractussyndrom durch eine Fehlbelastung zustande, sollte darauf geachtet werden, diese Fehlstellungen mittels Einlagen auszugleichen. Mit sportlichen Übungen sollte im Verlauf langsam wieder gestartet werden. Eine Überbelastung sollte vermieden werden. In extremen Fällen reicht die konservative Therapie nicht aus. In diesem Fall muss die Engstelle am Knie operativ behoben werden, um dadurch die Muskelbewegungen ungehindert stattfinden zu lassen.

Dauer

Die Dauer variiert stark mit dem Fortschritt der Entzündung. Häufig betroffen sind unerfahrene Sportler, die erst kürzlich mit einer neuen und intensiv betriebenen Sportart begonnen haben. Nach wenigen, aber langen Trainingseinheiten kommt es zu Schmerzen. Wird unverzüglich Ruhe eingehalten und der Entzündung Zeit gegeben, kann der Schmerz innerhalb weniger Tage bis Wochen verschwinden. Je länger der Schmerz ignoriert wird, desto schwerer und häufiger wird er. Bei einer starken Entzündung, die bereits in Ruhe oder bei leichter Bewegung spürbar ist, benötigt die Heilung dementsprechend längere Zeit. In diesen Fällen können bis zu 8 Wochen Schonung nötig sein. Auch danach sollte erst langsam die Belastung wieder gesteigert werden.

Übungen gegen das Tractussyndrom

Bei dem Vorliegen eines Tractussyndroms eignen sich Dehnübungen sowohl als therapeutisches als auch als prophylaktisches Mittel. Sie dienen dazu, den Tractus iliotibialis zum einen direkt selbst zu dehnen und zum anderen dazu, die beckenstabilisierende Muskulatur zu kräftigen.

Folgende Dehnübungen eignen sich besonders gut zur Therapie:
Bei einer ersten Übung müssen die Beine überkreuzt werden. Wenn das rechte Bein vor dem Linken steht, muss der linke, gestreckte Arm inklusive des Oberkörpers nach rechts geneigt werden. Gleiches wiederholt man mit dem anderen Bein nach vorne und einer Körperneigung nach links und ausgestrecktem, rechten Arm. Die jeweilige Position sollte für etwa 15-20Sekunden eingehalten werden.

Eine zweite Übung sieht vor, dass man sich auf ein Bein stellt und das andere Bein hochhebt. Dabei umfasst man mit der einen Hand das Knie und mit der anderen das Sprunggelenk, sodass es wie eine Art Schneidersitz aussieht. In dieser Position soll der Unterschenkel nun vorsichtig nach oben gezogen werden, bis man eine Dehnung am Oberschenkel bis in das Gesäß verspürt. Diese Dehnungsposition sollte etwa 15 Sekunden lang eingehalten werden. Wichtig ist dabei, dass der Rücken immer gerade ist.
Weitere Übungen lassen sich Betroffene am besten von Physiotherapeuten zeigen oder schauen sich Videos mit detaillierten Beschreibungen zu korrekten Ausführung an.

Wenn der Grund für das Tractussyndrom eine Schwäche der Beckenmuskulatur ist, muss diese unbedingt trainiert und gekräftigt werden. Hierfür eignet sich eine einfache Übung, deren einziges Hilfsmittel eine Treppe ist. Man stellt sich so auf die Treppe, dass man mit einem Bein an der Treppenkante steht und dass das andere Bein frei schwingt. Nun muss das Becken auf der Seite des frei hängenden Beines herabgesenkt und anschließend wieder angehoben werden. Je nach Fitnesszustand kann die Übung 10-15mal pro Seite wiederholt werden.

Da das Tractussyndrom ein häufiges Beschwerdebild der Läufer ist, empfiehlt es sich, dem Ganzen vorzubeugen. Dies kann realisiert werden, indem das Training abwechslungsreich gestaltet wird und eben nicht nur aus Joggen besteht, sondern auch aus Strechting-Einheiten und Krafttraining. Dadurch umgeht man eine monotone und einseitige Belastung der Muskeln, was letztendlich das Risiko für das Auftreten eines Tractussyndrom reduzieren kann. Außerdem ist die Anwendung einer sogenannten „Blackroll“ hilfreich, um den Faszienstrang des Tractus iliotibialis zu lockern und geschmeidig zu machen, sodass Verkürzungen oder Verhärtungen weniger wahrscheinlich werden.
Lesen Sie mehr dazu auf unserer Seite Blackroll.

Abschließend ist es wichtig zu erwähnen, dass eine Überbelastung durch die erwähnten Übungen zu vermeiden ist. Um einen optimalen Heilungsprozess zu erzielen, sollten die Übungen kontrolliert und mit moderater Belastung ausgeführt werden.

Tapen beim Tractussyndrom

Das Tapen stellt eine konservative Behandlungsmöglichkeit des Tractussyndroms dar. Die Eigenschaften der Elastizität und selbstklebenden Funktion macht das Tape zu einem funktionellen Verband, welcher die Schmerzen lindern soll. Außerdem stabilisiert das Tape den Bereich des Tractus iliotibialis und wirkt stimulierend auf die Muskulatur und die Faszie des Tractus.
Das Tape kann in der Regel bis zu 5 Tage belassen werden. Auch das Duschen oder Schwimmen ist generell möglich, reduziert nur gegebenenfalls die Haftungsdauer. Generell kann dies auch durch Laien erfolgen, bei extremen Beschwerden und der Notwendigkeit, dass der Wirkeffekt auf jeden Fall eintreten soll, empfiehlt es sich jedoch, das Tapen in die Hände von Spezialisten zu legen.

Im Folgenden wird kurz erläutert, wie das Tape bei dem Tractussyndrom anzubringen ist. Betroffene sollten sich auf die Seite legen, sodass das die schmerzende Beinseite nach oben zeigt. Zudem sollte das Knie leicht angewinkelt sein, sodass der Fuß auf dem Unterschenkel des unteren Beines zum Liegen kommt. Ein langer Tape-Streifen wird nun entlang des Tractus iliotibialis aufgeklebt. Dabei wird der mittlere Teil unter leichtem Zug angebracht, die beiden Enden im Bereich der Hüfte und dem Knie jedoch ganz locker aufgeklebt.
Wenn Betroffenen den Schmerz unter einem Tractussyndrom genau lokalisieren können, ist es sinnvoll, zusätzlich zwei weitere kleine Tape-Streifen auf entsprechender Stelle zu fixieren. Dabei sollte der Schmerzpunkt die Stelle sein, in der sich die beiden Streifen kreuzen. Wichtig ist, dass keines der beiden Tapes in die Kniekehle zieht oder auf der Kniescheibe klebt, da dadurch beim Laufen Irritationen auftreten können. Viel eher sollten sie leicht versetzt zum ersten langen Tape, also leicht schräg zum Tractus iliotibialis verlaufen. Das Anreiben des Tapes verbessert die Haftung auf der Haut und steigert gleichzeitig die Durchblutung an entsprechender Stelle.

Blackroll

Die Blackroll ist eine Rolle aus Schaumstoff, die der Selbstmassage dient. Das Prinzip dahinter ist, Muskelfaszien im Oberkörper zu lockern und Verspannungen, Muskelkater, Blockaden und weitere orthopädische Probleme vorzubeugen und sie zu therapieren. Sie stellt eine Alternative zur professionellen Physiotherapie dar und lässt sich eigenständig durchführen.

Zunächst sollten die Übungen unter professioneller Anleitung durchgeführt werden, um nicht bestimmte Strukturen und Faszien falsch zu reizen und belasten. Anschließend lässt sich die Blackroll auch beim ITBS einsetzen und beugt weiteren Beschwerden vor. Bei akut bestehenden Schmerzen sollten sie jedoch nicht die alleinige Therapie darstellen.

Operation beim Tractussyndrom

Wenn jegliche konservative Therapieansätze nicht ausreichend oder ineffektiv waren, kann bei vorliegendem, ausgeprägtem Tractussyndrom eine Operation notwendig sein. Ziel der Operation ist es, den Auslöser für die Schmerzen zu beseitigen. Dies kann zum einen also die Engstelle am Knie im Ansatzbereich des Tractus iliotibialis sein.

Man kann von einer Art „Entlastungsoperation“ sprechen, da durch die intraoperative Entfernung des überstehenden Knochenanteils wieder mehr Platz ist und es zu keiner schmerzauslösenden Reibung zwischen Muskel- und Sehnengewebe und Knochen kommen kann.
Ist der Knochenanteil jedoch nicht vergrößert, sondern der Tractus iliotibialis verkürzt, so wird in einer Operation die Entlastung dadurch erzielt, dass man den Tractus selbst einschneidet. Daraufhin kann sich der Tractus verlängern und reibt nicht mehr über den Knochenvorsprung. Die Schnittführung erfolgt in der Regel z-förmig.

Des Weiteren kann das entzündete und Schmerzen hervorrufende Gewebe bei einer Arthroskopie des Kniegelenks, also einer Gelenkspiegelung, entfernt werden. Eine weitere Variante ist eine korrigierende Operation bei Fehlstellungen, wie den O-Beinen. Durch das Geradestellen der Beinachse können die Beschwerden des Tractussyndroms behoben werden.

Risikofaktoren

Risikofaktoren ein Tractussyndrom zu bekommen, sind

  • Überbeanspruchungen beim Sport sowie
  • einseitige Bewegungen,
  • fehlendes Aufwärmen vor dem Sport und
  • Fehlbelastungen sowie Fehlstellungen der Gelenke.

Tractussyndrom der Hüfte

Schmerzen bedingt durch ein Tractussyndrom treten vor allem im Kniebereich auf, daher auch das Synonym „Läuferknie“. Es kann allerdings auch zu Beschwerden im Oberschenkel umd vor allem auch in der Hüfte kommen. Grund dafür ist der Verlauf des Tractus iliotibialis. Er entspringt nämlich in der Nähe des Hüftgelenkes am Beckenknochen und zieht dann an der Außenseite des Oberschenkels entlang bis in die Nähe des Kniegelenks am Unterschenkel.
Das Tractussyndrom kann unter anderem durch eine Schwäche oder Instabilität der beckenstabilisierenden Muskeln bedingt sein. Unter Belastung sinkt bei einem mangelhaft ausgeprägten Muskelapparat die Hüfte zur nicht beanspruchten Seite ab. Daraus resultiert ein extremer Zug auf den Tractus iliotibialis, was letztendlich zu dem Beschwerdebild eines Tractussyndroms führt. Somit kann die Hüfte im Rahmen des Tractussyndrom zum einen der Ort der Schmerzäußerung sein, zum anderen aber auch der Bereich sein, in dem das Syndrom aufgrund von Muskelschwächen zustande kommt.

Zusammenfassung

Das Tractussyndrom ist ein Überbelastungssyndrom der unteren Extremität, das dadurch zustande kommt, dass eine erhöhte Reibung der Muskel- und Sehnenplatte im Bereich des Knies zu starken Schmerzen führt.

Zur Diagnose ist meistens keine Bildgebung notwendig und es reicht die körperliche Untersuchung. Behandelt wird dieses Schmerzsyndrom mit

  • Entlastung,
  • Kühlung und
  • medikamentösen Schmerztherapien.

In schweren Fällen muss eine Entlastungsoperation erfolgen.

Weiterführende Informationen

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Weiterführende Informationen finden Sie auch in der Rubrik Sportmedizin und Muskulatur.

Autor: Mario Habersack Veröffentlicht: 31.07.2012 - Letzte Änderung: 22.10.2021