Tecfidera ist ein Medikament, welches zur Therapie der Multiplen Sklerose zugelassen ist. Es wirkt wahrscheinlich durch eine Modulierung des Immunsystems. Der genaue Wirkmechanismus ist jedoch noch nicht geklärt.
Tecfidera® ist ein Arzneimittel, welches hauptsächlich zur Behandlung der multiplen Sklerose eingesetzt wird. Multiple Sklerose ist eine Nervenerkrankung der chronisch entzündlichen Art. Im Verlauf dieser Krankheit werden die Myelinscheiden der Nerven im zentralen Nervensystem (ZNS) nach und nach zerstört. Als Myelinscheiden bezeichnet man die Schicht aus Lipiden (Fette, beziehungsweise fettähnliche Verbindungen), welche die einzelnen Nerven des ZNS spiralig umhüllt und damit die Geschwindigkeit der Signalweiterleitung signifikant erhöht.
Erkrankt man jedoch an Multipler Sklerose, so greift der Körper die Myelinscheiden durch Entzündungen an. Hierbei werden die Myelinscheiden immer weiter geschädigt, bis es zu schubartig auftretenden Lähmungserscheinungen und Schmerzen kommt. Bedingt werden solche Symptome durch die nicht mehr richtig funktionierende Signalweiterleitung im ZNS.
Multiple Sklerose ist nicht heilbar, man kann lediglich versuchen, den Patienten durch intensive Therapie ein wenig Lebensqualität zurück zu geben und dabei den Krankheitsverlauf durch verschiedene Medikamente zu verlangsamen. Tecfidera® ist ein solches Medikament. Die chemische Substanz, die sich hinter dem Namen Tecfidera® verbirgt, ist der Fumarsäuredimethylester, eine chemische Verbindung aus der Fumarsäure und Methanol, einem Alkohol. Als Arzneistoff werden dem Fumarsäuredimethylester unter anderem immunologisch regulierende Wirkungen nachgesagt.
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Der genaue Mechanismus hinter der Wirkung von Tecfidera® ist zum jetzigen Zeitpunkt noch unklar. Es wird vermutet, dass Tecfidera®, beziehungsweise sein Wirkstoff, der Fumarsäuredimethylester, immunmodulatorische und antioxidative Auswirkungen haben. Immunmodulatorisch bedeutet in diesem Zusammenhang, dass das Immunsystem in Schach gehalten wird und somit die entzündlichen „Angriffe“ auf die Myelinscheiden zumindest zu einem gewissen Grad reduziert werden.
Als antioxidativ bezeichnet man Stoffe, welche freie Radikale im Körper abfangen und somit Zellschäden verhindern. Beide Eigenschaften werden vermutlich durch einen intrazellulären (innerhalb der Zelle befindlichen) Signalweg begünstigt. Dieser Signalweg, bewirkt normalerweise die Bildung von Proteinen, die an antientzündlichen und antioxidativen Reaktionen beteiligt sind und Zellen vor oxidativem Stress schützen. Durch die abgemilderte Immunreaktion und den Aufbau von zellulären Schutzsystemen, wirkt sich Tecfidera® positiv auf das Voranschreiten einer multiplen Sklerose aus.
Tecfidera® hat zwei Hauptanwendungsbereiche. Zum einen wird es bei multipler Sklerose, zum anderen wird eine chemisch sehr ähnliche Fumarsäure unter dem Namen Fumaderm® bei der Schuppenflechte (Psoriasis) angewandt.
Bei der Therapie der multiplen Sklerose steht während der Anwendung von Tecfidera® vor allem die verminderte Anzahl an auftretenden Schüben im Vordergrund.
Psoriasis zählt wie die multiple Sklerose auch zu den chronisch entzündlichen Krankheiten. Im Zuge dieser Erkrankung kommt es zu einem krankhaft schnellen Wachstum der Oberhaut (Epidermis), was sich in großflächigen, schuppigen Hautarealen äußert. Diese Hautstellen sind sehr trocken und verursachen den Betroffenen durch einen anhaltenden Juckreiz einen großen Leidensdruck.
Fumaderm® kann auch hier durch seine drosselnde Wirkung auf das Immunsystem lindernd wirken. Allerdings ist der genaue Mechanismus, durch welchen das Medikament seine Wirkung entfaltet, ebenfalls noch nicht hinreichend bekannt. Zur Behandlung der Schuppenflechte ist Fumaderm® schon seit Jahren zugelassen, die Zulassung zur Therapie mit einer Fumarsäure der multiplen Sklerose wurde erst Jahre später erwirkt.
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Behandelt man die multiple Sklerose mit Tecfidera®, so steht als Darreichungsform die orale (mündliche) Aufnahme zur Verfügung. Tecfidera® wird als Hartkapsel in zwei verschiedenen Dosierungen verkauft. Die Hartkapsel schützt den Wirkstoff vor dem Magensaft, so dass der Fumarsäuredimethylester erst im Darm freigesetzt wird und über die Zellen der Darmwand ins Blut aufgenommen werden kann.
Zu Beginn der Behandlung werden in den ersten Tagen zwei Tabletten der niedrigeren Dosierung täglich eingenommen, anschließend wird die Dosis gesteigert. Die Anzahl der täglichen Einnahmen beträgt auch in der höheren Dosierung zwei Tabletten täglich. Tecfidera® ist bisher nur für Erwachsene ab achtzehn Jahren zugelasssen, für die Wirkungen von Tecfidera® bei ältere Menschen und Kindern unter zehn Jahren liegen keine Studien vor. Die Anwendung des Medikaments ist deshalb hier nicht zugelassen.
Nehmen Patienten ein Medikament, kann es prinzipiell immer passieren, dass Überempfindlichkeitsreaktionen, Allergien oder im schlimmsten Fall ein allergischer Schock auftreten. Diese Nebenwirkungen sind auch bei Tecfidera® möglich, da jeder Mensch anders auf verschieden Wirkstoffe in Medikamente reagiert.
Andere, häufige Nebenwirkungen während der Einnahme von Tecfidera® sind Hitzewallungen und der sogenannte Flush. Der Begriff Flush bezeichnet eine schlagartig auftretende Rötung im Gesicht, die mit starkem Hitzeempfinden einhergeht. Auch Beschwerden, die den Verdauungstrakt betreffen, kommen während einer Therapie mit Tecfidera® häufig vor. Übelkeit, Magenkrämpfe oder Durchfälle sind Beispiele für solche Beschwerden.
Seltener werden Nebenwirkungen wie Nierenschäden beschrieben.
Eine weitere, ebenfalls auftretende Nebenwirkung ist das Absinken verschiedener Blutzellzahlen. So wurden beispielsweise mehrfach Leukopenien und Lymphopenien festgestellt. Beide Begriffe bezeichnen eine verminderte Anzahl an Zellen. Die Leukopenie bezieht sich auf die Leukozyten (weiße Blutkörperchen), welche für die Immunabwehr zuständig sind. Patienten mit einer Leukopenie sind daher anfälliger für Infektionskrankheiten als gesunde Menschen. Sie bekommen beispielsweise leichter Erkältungen oder schwerere Erkrankungen wie Lungenentzündungen. Zu den weißen Blutkörperchen zählen als Untergruppe auch die Lymphozyten, welche für die Produktion von Antikörpern und die Vernichtung eingedrungener Krankheitserreger zuständig sind. Hat ein Patient also eine Lymphopenie, wirkt sich dies ähnlich aus wie eine Leukopenie, die Immunabwehr ist extrem geschwächt und Infektionskrankheiten haben leichtes Spiel. Patienten, die mit Tecfidera® therapiert werden, müssen aus den genannten Gründen regelmäßig durch Laborkontrollen ihrer Blutwerte überwacht werden.
Wechselwirkungen treten bei Tecfidera® vor allem dann auf, wenn das andere eingenommene Medikament nephrotoxisch (giftig für die Nieren) wirkt. Da auch Tecfidera® manchmal Nebenwirkungen an den Nieren verursacht, könnte es bei Kombination zweier nephrotoxischer Medikamente zu starken Nierenschäden und im schlimmsten Fall zum Nierenversagen kommen.
Medikamente, die die Nieren belasten, sind zum Beispiel die NSAIDS, zu denen auch das Aspirin® und das Ibuprofen zählen. Vorsicht ist auch bei der zeitgleichen Anwendung von Tecfidera® mit Substanzen geboten, die das Immunsystem unterdrücken, wie das Cortisol. Dadurch, dass Tecfidera® wahrscheinlich drosselnd auf das Immunsystem wirkt, kann es hier zu Wirkungsverstärkung kommen. Zur Einnahme der Anti-Baby-Pille mit Tecfidera® gibt es keine Studien, trotzdem existieren Empfehlungen, nach denen nichthormonelle Verhütungsmethoden, wie etwa Kondome, erwogen werden sollten, wenn man Tecfidera® nimmt.
Zur Einnahme von Tecfidera® während der Schwangerschaft und der Stillzeit gibt es keine klinischen Studien, allerdings wird aufgrund verschiedener Experimente vermutet, dass sich das Medikament negativ auf die Gesundheit des ungeborenen Kindes auswirken könnte.
Eine Behandlung mit Tecfidera® ist aufgrund des begrenzten aktuellen Kenntnisstandes nicht zu empfehlen. Ob der Wirkstoff von Tecfidera® in die Muttermilch übergeht ist ebenfalls nicht erwiesen, stillende Mütter sollten daher eine strenge Abwägung des Nutzens und der möglichen Risiken einer Einnahme von Tecfidera® abwägen.
Obwohl der Wirkstoff Fumarsäuredimethylester relativ billig ist, kostet das Medikament Tecfidera® sehr viel.
Die jährliche Kosten einer täglichen Behandlung mit Tecfidera® belaufen sich auf ungefähr 15.000 Euro.
Bei täglicher Einnahme von zwei Tabletten errechnet sich hieraus ein Preis von circa 46 Euro pro Tag, was einem Preis von 23 Euro pro Tablette entspricht.
Fumarderm® dagegen kostet nur ein Bruchteil, hat aber keine Zulassung zur MS-Therapie.
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