Bei der Reithosenanästhesie handelt es sich um ein Krankheitsbild, bei dem an den Innenseiten der Oberschenkel sowie in der Anal- und Genitalregion ein Taubheitsgefühl vorliegt, dass auch von Inkontinenz begleitet werden kann.
Bei einer Reithosenanästhesie ist die Sensibilität im Bereich der Genital- und Anusregion, sowie der Oberschenkelinnenseite vermindert oder aufgehoben. Da das beschriebene Verteilungsmuster einer Reithose ähnelt, bzw. deren gepolsterten Bereich entspricht, spricht man in diesem Zusammenhang von einer „Reithosenanästhesie“.
Verantwortlich ist eine Schädigung der Rückenmarksnerven in der Kreuzbeinregion (S3-S5). Da die Rückenmarksnerven sowohl für unsere sensiblen Empfindungen (Berührung, Temperaturempfinden, Schmerz etc.) als auch Motorik (Bewegung) verantwortlich sind, kann eine Verletzung dieser Strukturen umfangreiche Einschränkungen mit sich bringen, u.a. die Reithosenanästhesie.
Ursache für eine akute auftretende Reithosenanästhesie können Bandscheibenvorfälle, Tumore, Metastasen, Blutungen oder ein Trauma sein. Alle Mechanismen führen zu einer Verletzung bzw. Komprimierung der Rückenmarksnerven, auch Spinalnerven genannt.
Große Bandscheibenvorfälle unterhalb des 2. Lendenwirbelkörpers schädigen z.B. den unteren Anteil des Spinalnervengeflechtes (Cauda equina) und können so einen „Cauda-Syndrom“ mit Reithosenanästhesie auslösen. Auch beim „Konus-Syndrom“, einer Schädigung der gleichnamigen Struktur auf Höhe des ersten Lendenwirbelkörpers, kann die verminderte Sensibilität im Bereich der Reiterhosen verursachen.
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Ursächlich für eine Reithosenanästhesie ist eine Schädigung der Nervenwurzeln im Bereich der sakralen Nervenfasern (S3-S5), die das Ende des Rückenmarks darstellen. Bei einem Bandscheibenvorfall im Bereich der LWS kann es in seltenen Fällen dazu kommen, dass diese Nervenwurzeln komprimiert werden, vor allem wenn der Bandscheibenvorfall in den tieferliegenden Segmenten der Lendenwirbelsäule (zum Beispiel L5/S1) auftreten. Hierbei handelt es sich meist um eine Notfallsituationen, da ein hohes Risiko besteht ein Kaudasyndrom zu entwickeln.
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Typisches Symptom der Reithosenanästhesie ist das herabgesetzte Empfindungsvermögen im Bereich der Oberschenkelinnenseite, sowie der Anus- und Genitalregion. Betroffene klagen über Taubheitsgefühle, Kribbeln, Brennen, oder „Ameisenlaufen“. Charakteristisch ist die ausgeprägte, lokale Begrenzung im Bereich der Reithosen.
Zusätzlich können Blasenentleerungs- und Mastdarmstörungen beobachtet werden: Plötzlich auftretende Inkontinenz, fehlender Harndrang oder Probleme beim Wasserlassen sind ein Hinweis für beschriebene Störungen.
Weiterhin, können neben sensiblen Ausfallerscheinungen auch motorische Einschränkungen auftreten. In erster Linie ist hier die Beinmuskulatur betroffen. Leichte Schwäche kann sich z.B. durch häufiges Umknicken oder Stolpern äußern. In schweren Fällen, leiden Betroffene jedoch unter einer vollständigen Lähmung (Parese) der Beine. Männer berichten zudem über Impotenz.
Um die Diagnose der Reithosenanästhesie klar stellen zu können, ist die Befragung und körperliche Untersuchung das „A und O." Wichtigster Hinweis sind die typischen sensiblen Ausfallerscheinungen in der Genital- und Anusregion, sowie der Oberschenkelinnenseite. Kommen noch weitere Symptome, wie z.B. Probleme beim Wasserlassen oder Lähmungen der Beine hinzu, liegt der Verdacht einer Reithosenanästhesie nah.
Weiterhin kann Ihr behandelnder Arzt Kraftüberprüfungen der Beine durchführen. Fehlende Reflexe der Beine (wie z.B. Verlust des Achillessehnenreflexes) können zudem für eine Reithosenanästhesie sprechen.
Endgültige Klarheit liefert eine Bildaufnahme des Rückens bzw. der Wirbelsäule. Erste Wahl ist die Magnetresonanztomographie (MRT) der Wirbelsäule. Bei dieser schmerzlosen Untersuchung, werden Patienten ohne Strahlenbelastung in eine "Röhre" geschoben. Nach kurzer Zeit entstehen hochauflösende Bilder, auf denen z.B. mögliche Bandscheibenvorfälle oder Tumore gut erkannt werden können.
Steht kein MRT-Gerät zur Verfügung oder ist große Eile geboten, kann auch die Computertomographie (CT) eine sinnvolle, sehr rasche Alternative darstellen. Nachteil dieser Untersuchung ist jedoch die verhältnismäßig hohe Strahlenbelastung.
Unter Umständen kann auch eine Blutuntersuchung hilfreich sein, so können z.B. Entzündungen sichtbar gemacht werden.
Eine plötzlich auftretende Reithosenanästhesie stellt immer einen absoluten Notfall dar. Nicht behandelt droht eine tiefe Querschnittslähmung mit irreparablen Spätfolgen.
Um gefährdende Rückenmarksnerven schnellstmöglich zu entlasten bzw. zu „retten“, sollten Betroffene daher sehr rasch operiert werden. Je nach Ausmaß der Verletzung, kann die operative Behandlung minimalinvasiv („Schlüsselloch-Prinzip“) oder aber mit größeren Zugangswegen ausfallen. So wird z.B. bei einem Bandscheibenvorfall die beschädigte oder „verrutschte“ Bandscheibe entfernt, sodass sie nicht mehr auf die empfindlichen Rückenmarksnerven drücken kann. In den allermeisten Fällen erfolgt die Therapie in Vollnarkose, so dass Patienten während der Operation nichts spüren.
Unter einer Reithosenanästhesie versteht man eine Sensibilitätsstörung bzw. ein Taubheitsgefühl im Bereich der Genitalien, der Region um den Po und der Innenseiten der Oberschenkel.
Bei einem Kaudasyndrom besteht meistens eine Reithosenanästhesie, allerdings gehören zum Kaudasyndrom noch weitere Symptome. Es treten beispielsweise starke Rückenschmerzen mit Ausstrahlung in die Beine auf (radikuläre Symptomatik). Zusätzlich liegen motorische Störungen der Muskulatur in den Beinen (zum Beispiel eine Fußheberschwäche) vor. Auch das vegetative Nervensystem ist betroffen, die Patienten klagen über eine Harn- und Stuhlinkontinenz sowie Impotenz.
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