Der HbA1c-Wert spielt eine bedeutende Rolle in der Diagnostik und Therapie des Diabetes mellitus. Es handelt sich dabei letztlich um den normalen roten Blutfarbstoff Hämoglobin (HbA), an das jedoch Glucose angehängt wird. Dieses Anhängen, chemisch als Glykierung bezeichnet, erfolgt spontan und hängt von der Höhe des Blutzuckers, also der Glucose-Konzentration im Blut, ab. Je höher dieser ist, desto mehr Hämoglobin wird zu HbA1c glykiert. Der HbA1c-Wert gibt also den Anteil von HbA1c am gesamten Hämoglobin an. Da dasd Hämoglobin erst nach 8-12 Wochen abgebaut wird, lässt der Anteil an HbA1c darauf schließen, wie hoch der Blutzucker in den letzten 2-3 Monaten war. Je höher dieser war, desto höher ist auch der HbA1c-Wert, er wird daher auch als “Blutzcker-Gedächtnis” oder “Langzeit-Blutzucker” bezeichnet und eignet sich sehr gut für Verlaufskontrollen in der Diabetes-Therapie. Auch in der Diagnose des Diabetes mellitus gewinnt er zunehmend an Bedeutung.
Eine zentrale Rolle spielt das HbA1c in der Blutzuckereinstellung bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ II, da er ein prognostischer Faktor für Spätfolgen wie Gefäß- und Nervenschädigung ist. Der Wert hat gegenüber dem normalen Blutzuckerwert den Vorteil, dass er weniger täglichen oder tageszeitlichen Schwankungen unterliegt und auch ein kurzfristiges Fasten des Patienten kurz vor der Kontrolle keinen großen Einfluss hat. Daher ist er sehr gut geeignet, um den Therapieverlauf bei Diabetes mellitus zu überwachen. Er wird dabei nicht täglich, sondern in der Regel alle 3 Monate bestimmt, so dass der Arzt die Effekte der Therapie beurteilen und diese gegebenenfalls anpassen kann. Beim Diabetes mellitus Typ II ist als Ziel definiert, den HbA1c zwischen 6,5% bis 7,5% zu halten, um Spätfolgen möglichst zu verhindern.
Auch zur Diagnose des Diabetes mellitus kann das HbA1c herangezogen werden: Wenn er über 6,5% liegt kann die Diagnose gestellt werden, liegt er über 6,0% kann dies einen Verdacht zusätzlich stützen, der zum Beispiel aufgrund typischer Symptome entstand. Bei einem Wert unter 5,7% ist ein Diabetes mellitus sehr unwahrscheinlich. Liegt der Wert jedoch zwischen 5,7-6,5% ist ein Diabetes mellitus nicht auszuschließen und es muss ein oraler Glucosetoleranztest (oGTT) durchgeführt werden, wenn der Verdacht auf die Erkrankung besteht.
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Den HbA1c-Wert bestimmt der Arzt durch eine Blutentnahme. Hierfür wird standardmäßig venöses Blut abgenommen und daraus der Wert bestimmt. Eine Alternative dazu bieten inzwischen Spezialgeräte, die den Wert auch im kapillären Blut messen können, hierfür muss nur ein Tropfen Blut aus dem Finger entnommen werden, ähnlich wie bei der herkömmlichen Blutzucker-Bestimmung also. Diese Technik hat sich in den meisten Praxen jedoch noch nicht durchgesetzt, Goldstandard ist nach wie vor die Bestimmung aus venösem Blut.
Die Bestimmung des HbA1c erfolgt aus Blut, das dem Patienten in der Regel über die Vene entnommen wurde. Das Labor benötigt hierfür sogenanntes Vollblut, das in einem EDTA-Röhrchen ins Labor geschickt wird. Die Messung des Wertes erfolgt heute meist vollautomatisch mittel Photometrie in einem Enzymimmunoassay (ELISA). Da die Werte innerhalb einer Probe stark schwanken können wird immer mehrfach gemessen und anschließend ein Mittelwert gebildet, der zuverlässig den HbA1c-Wert angibt.
Inzwischen wurden Geräte entwickelt, die aus kapillärem Blut der Fingerbeere den HbA1c-Wert bestimmen, diese sind jedoch für den Gebrauch in der Arztpraxis bestimmt.
In der Apotheke kann man “Diabetes-Teststreifen” kaufen, diese messen allerdings den Glucosegehalt im Urin und können einen Diabetes mellitus weder eindeutig nachweisen noch ausschließen. Wird hier ein erhöhter Wert nachgewiesen, muss in jedem Fall ein Arzt aufgesucht werden, der dann eine umfangreiche Diagnostik durchführen kann.
Patienten mit Diabetes mellitus sollten regelmäßig ihren Blutzucker messen und den Verlauf ihrer Krankheit selbst abschätzen lernen, hierfür gibt es spezielle Patientenschulungen. Der Blutzucker kann schnell und unkompliziert gemessen werden, inzwischen gibt es sogar automatische Messgeräte, die der Patient am Arm tragen kann.
Für die HbA1c-Messung lassen sich zwar Geräte erwerben, jedoch ist fraglich, wie zuverlässig diese sind. Außerdem wäre eine Messung durch den Patienten auch nicht sehr sinnvoll, da die Beurteilung und eventuelle Anpassung der Therapie zwingend durch einen Arzt erfolgen muss. Dieser wird ohnehin mit einer Blutentnahme den Wert bestimmen, was außerdem den Vorteil hat, dass gleichzeitig auch andere Werte wie die Blutfettwerte bestimmt werden können. Aufgrund der fehlenden Sinnhaftigkeit ist eine selbstständige Messung bei Diabetikern also nicht zu empfehlen, man sollte sich als Patient auf die herkömmliche Blutzucker-Messung beschränken.
Der HbA1c-Wert ist der Anteil von glykiertem Hämoglobin am gesamten Hämoglobin. Er wird in mmol/mol Hb gemessen, in der klinischen Praxis hat sich allerdings die Angabe in Prozent durchgesetzt. Als Normwert gilt ein HbA1c von 4-6%, dies bedeutet also, dass 4-6% des gesamten Hämoglobins einen Glucose-Rest tragen.
Außerdem gibt es die Möglichkeit, den HbA1c in einen mittleren Blutzucker-Wert umzurechnen, der für Patienten meist einfacher zu verstehen ist. So entspricht zum Beispiel ein HbA1c von 5,0% einem mittleren Blutzucker von 70 mg/dl.
Die Kosten für eine HbA1c-Bestimmung liegen je nach Labor zwischen 12-14 Euro. Ist bereits ein Diabetes mellitus diagnostiziert, wird der Wert also zur Verlaufskontrolle bestimmt, kann dieser als Kassenleistung abgerechnet werden. In der Vorsorgeuntersuchung ist von der kassenärztlichen Vereinigung zur Früherkennung des Diabetes mellitus vorgesehen, dass ab dem 36. Lebensjahr Bestimmung von Glucose im Blut und Urin stattfinden soll. Eine HbA1c-Messung gehört nicht zur Vorsorge und wird daher auch nicht als Kassenleistung, sondern als individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) abgerechnet, die Kosten muss der Patient selbst tragen.
Eine Alternative zum HbA1c-Wert ist die einfache Bestimmung des Blutzuckers. Der Nachteil dieses Wertes ist jedoch, dass von vielen Faktoren abhängt und auch im Verlauf des Tages schwankt. Eine Verlaufsbeurteilung müsste daher immer nüchtern erfolgen und wäre auch nie realistisch, da der Wert nur eine Momentaufnahme zeigt und vom Verhalten des Patienten vor der Messung, insbesondere Ernährung und sportlicher Aktivität abhängt. Dieser Wert ist nach entsprechender Schulung leicht zu Hause zu messen und kann als tägliche Selbstkontrolle genutzt werden, für Verlauf und die Anpassung der Therapie ist der HbA1c jedoch deutlich besser geeignet.
Zur Diagnose kann der HbA1c-Wert ebenso genutzt werden: Diabetes mellitus wird bei einem Wert über 6,5% diagnostiziert bzw. unter 5,7% ausgeschlossen. Eine gute Alternative hierzu stellt die Durchführung eines oralen Glucose-Toleranz-Tests (oGTT) dar, der bei einem HbA1c zwischen 5,7-6,5% ohnehin durchgeführt werden muss. Dieser ist zwar aufwendiger durchzuführen, liefert jedoch zuverlässige Ergnebnisse.
Der HbA1c ist der wichtigste prädiktive Marker insbesondere beim Diabetes mellitus Typ II, mit ihm und seinem Verlauf lässt sich gut das Risiko für Spätfolgen der Krankheit abschätzen. Zu diesen gehören in erster Linie
kardiovaskuläre Erkrankungen wie Herzinfarkt oder KHK
Nervenschädigungen mit diabetischer Retinopathie oder Polyneuropathie
Deshalb spielt die Einstellung des HbA1c auf Werte zwischen 6,5 und 7,5 % eine zentrale Rolle in der Therapie eines jeden Diabetikers. Bei einem Diabetes mellitus Typ I muss dies unmittelbar durch Insulingabe geschehen, da er einen grundsätzlich anderen Entstehungsmechanismus als der vom Typ II hat. Beim Diabetes mellitus Typ II wird dagegen zunächst versucht, den HbA1c mit einer Umstellung des Lebensstils zu senken. Dazu gehören vor allem Gewichtsreduktion, Sport und regelmäßige Bewegung sowie eine Umstellung der Ernährung. Zur Ernährung ist zu beachten, dass keinesfalls auf alles verzichtet werden muss und mit einer guten Ernährungsberatung eine ausgewogene, leckere Kost gefunden werden kann. Generell sollten Diabetiker darauf achten, dass maximal 30% der täglichen Nährstoffe Fette sind, insbesondere gesättigte Fettsäuren sollten gemieden werden. Außerdem ist es wichtig, ausreichend Ballaststoffe durch beispielsweise Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte oder Gemüse zu sich zu nehmen. Ballaststoffe können im Darm nicht aufgenommen werden und führen so zu einem Sättigungsgefühl, ohne den Blutzucker zu erhöhen. Sogenannte “Diabetiker-Nahrung” wird von der Deutschen Diabetes-Gesellschaft DDG nicht empfohlen, da sie oft viel vom Fruchtzucker Fructose enthalten, der sich ebenfalls negativ auf den HbA1c auswirkt. Aufpassen sollte man auch bei Getränken wie Softdrinks, Säften und Energy-Drinks, deren Zuckergehalt man häufig unterschätzt.
Wird diese Umstellung des Lebensstils konsequent durchgesetzt, ist allein dadurch eine Senkung des HbA1c um 1-2 Prozentpunkte möglich. Nur wenn diese keine ausreichende Wirkung zeigt wird der Arzt eine medikamentöse Therapie einleiten.
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Eine Komplikation in der Schwangerschaft ist der schwangerschaftsinduzierte GDM (Gestations-Diabetes-Mellitus). Hierunter versteht man einen Diabetes, der sich erstmalig in der Schwangerschaft zeigt und in aller Regel nach Entbindung wieder verschwindet. Grund hierfür ist die Umstellung der Hormone während der Schwangerschaft.
Der HbA1c spielt hier jedoch eine untergeordnete Rolle: Zum Screening des GDM wird in der 24.-28. Schwangerschaftswoche ein 50-g-Glucose-Challenge-Test (GCT) oder eine Nüchtern-Blutzucker-Messung durchgeführt. Auch im Verlauf wird der normale Blutzucker gemessen, da der GDM ja meist nur während der Schwangerschaft besteht und ein genauer Verlauf keine größere Rolle spielt. Wenn jedoch der Verdacht auch einen Diabetes mellitus Typ II besteht oder der GDM vor der 24. Schwangerschaftswoche auftritt, muss immer der HbA1c-Wert bestimmt werden.
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