Eine Blasenschwäche ist ein sehr häufiges Krankheitsbild, das unterschiedliche Ursachen haben kann. Oft ist eine Schwächung der Beckenbodenmuskulatur, beispielsweise in Folge einer Geburt, Ursache der Blasenschwäche. Aber auch eine Prostatavergrößerung oder neurologische Störungen können eine Ursache darstellen. Die Patienten klagen oft über ungewollten Harnverlust und haben Probleme, ihre Harnkontinenz aufrecht zu erhalten.
Eine Blasenschwäche, in der Medizin auch als Harninkontinenz bezeichnet, beschreibt den ungewollten und unkontrollierten Verlust von Urin.
Hierbei handelt es sich um eine sehr häufige Erkrankung, die eine Vielzahl von Ursachen haben kann und bei Weitem nicht nur ältere Menschen betrifft: in Deutschland sind ungefähr 6 Millionen Menschen an einer Blasenschwäche erkrankt, hierbei sind Frauen nahezu doppelt so oft betroffen.
Die Ursachen für eine Blasenschwäche sind sehr unterschiedlich und rufen verschiedene Krankheitsbilder hervor. Häufig genutzt wird die diagnostische Einteilung in vier Formen: Dranginkontinenz (sog. Urge-Inkontinenz), Stress-/ Belastungsinkontinenz, Reflexinkontinenz sowie Überlaufinkontinenz (Überlaufblase).
Das Krankheitsbild der Belastungs-/ Stressinkontinenz entsteht zumeist durch einen geschwächten Beckenboden. Hierunter versteht man verschiedene Muskeln, Bänder und Bindegewebe, die das Becken von unten begrenzen und so dafür sorgen, dass die Beckenorgane sicher in Position gehalten werden. Außerdem unterstützen sie den Schließmuskel der Blase, der dafür sorgt, dass kein Urin ungewollt austreten kann.
Ist dieser Beckenboden geschwächt, sei es durch eine vorausgegangene Operation, eine Geburt, eine traumatische Verletzung des Beckens oder hormonelle Umstellungen (vor allem in den Wechseljahren), die das Gewebe verändern, kann bei erhöhtem Druck auf die Blase nun ungewollt Urin austreten, da der Beckenboden dem Schließmuskel nicht mehr genug Halt gewährt. So ein erhöhter Druck kann bereits durch Kontraktion der Bauchmuskeln beim Lachen oder Husten entstehen. Frauen sind von dieser Form der Inkontinenz besonders häufig betroffen, da sie grundsätzlich eine ungünstigere Beckenbodenanatomie besitzen und der Beckenboden durch Schwangerschaft bzw. Geburt, sowie durch die hormonelle Belastung in den Wechseljahren geschwächt wird.
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Ein weiteres Krankheitsbild nennt sich Dranginkontinenz. Hierbei ist die Blase und der Beckenboden mechanisch zwar intakt, allerdings wird bei bereits geringen Harnmengen in der Blase fälschlicherweise dem Nervensystem übermittelt, dass die Blase voll sei und dementsprechend wird durch Kontraktion des Blasenmuskels (M. detrusor vesicae) Urin ausgelassen.
Die Ursachen für diese auch als "überaktive Blase" bezeichnete Erkrankung sind vielfältig.
Sie kann im Rahmen von Nervenschäden durch vorangegangene Operationen, aber auch durch Begleiterkrankungen wie Diabetes, Multiple Sklerose, Parkinson oder häufig wiederkehrende Harnwegsinfektionen und Blasensteine auftreten.
Auch Störungen des Harnabflusses durch Harnröhrensteine oder –verengungen und eine vergrößerte Prostata sind mögliche Ursachen.
Zuletzt spielt hier oftmals auch eine psychologische Komponente eine Rolle.
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Weitere mögliche Krankheitsbilder sind einerseits die sogenannte Überlaufinkontinenz. Hierbei kann die Blase nicht richtig geleert werden, da der Abflussweg z.B. durch eine vergrößerte Prostata verengt ist und so immer tröpfchenweise Urin aus der überfüllten Blase austritt.
Andererseits gibt es die sogenannte Reflexinkontinenz, bei der Schäden im Gehirn oder im Rückenmark, beispielsweise bei einer Alzheimer-Erkrankung, zu dem Verlust der willkürlichen Entleerung führen.
Zuletzt können auch verschiedene Medikamente als unerwünschte Nebenwirkung zu Blasenschwäche führen.
Das Leitsymptom bei allen Formen der Blasenschwäche ist natürlich der ungewollte Harnverlust. Jedoch treten je nach Krankheitsbild zusätzliche Symptome auf, die eine Zuordnung ermöglichen.
Bei der Belastungsinkontinenz fällt auf, dass der Abgang von Harn häufig auftritt, wenn der Druck im Bauchraum ansteigt. Das heißt konkret in Situationen, in denen die Muskulatur angespannt wird, wie zum Beispiel beim Husten oder beim Lachen.
Die ursächliche Beckenbodenschwäche zeigt noch weitere Begleitsymptome: Es kann zu Unterleibsschmerzen kommen, da die Beckenorgane nicht in ihrer richtigen Position gehalten werden können. Hierbei kann es sogar zur Senkung der Beckenorgane kommen. Ebenfalls kann durch eine starke Beckenbodenschwäche auch eine Stuhlinkontinenz auftreten. Durch die Absenkung der Blase kann es zu einem unvollständigen Entleeren der Blase kommen, es besteht ein Restharngefühl und häufige Blasenentzündungen.
Liegt eine Dranginkontinenz vor, haben die Patienten ein ständiges Gefühl des Harndrangs. Dieses Gefühl ist dadurch bedingt, dass die Blase auch bei geringer Füllung bereits meldet, dass sie voll sei. Die Patienten müssen so oft auch nach geringer Trinkmenge vielfach am Tag zur Toilette und schaffen es manchmal nicht mehr, rechtzeitig dort zu sein. Auch Schmerzen im Beckenbereich können wegweisend für die Diagnose sein.
Bei der Reflexinkontinenz hingegen klagen die Patienten nicht über einen erhöhten Harndrang. Da zumeist eine neurologische Störung vorliegt und die Patienten gar keine Kontrolle über ihre Blase haben, läuft diese aus, bevor der Drang, zur Toilette zu gehen, auftritt. Ist das vegetative Nervensystem beeinträchtigt, wie beispielsweise bei einer Querschnittslähmung, treten Begleitsymptome wie Kopfschmerzen oder Schwindel auf.
Die Überlaufinkontinenz äußert sich dadurch, dass der Harn tröpfchenweise verloren wird.
Die Diagnose einer Blasenschwäche beginnt zunächst mit einer ausführlichen Befragung durch den behandelnden Arzt. Hierbei lassen sich die möglichen Ursachen der Blasenschwäche eingrenzen, indem beispielsweise erfragt wird, ob der Harnverlust in bestimmten Situationen auftritt (z.B. beim Lachen) oder einige der oben genannten Begleitsymptome vorliegen. Auch die aktuell eingenommenen Medikamente, sowie das Trinkverhalten können wichtige Hinweise liefern.
Anschließend folgt eine körperliche Untersuchung. Hierbei wird insbesondere die Beckenregion in den Fokus gesetzt, dies beinhaltet die Untersuchung der äußeren Genitalien und des Enddarms. Bei Männern kann so eine vergrößerte Prostata ausgeschlossen werden. Bei Frauen wird zusätzlich eine vaginale Untersuchung durchgeführt, bei der eine Absenkung der Beckenorgane durch eine schwache Beckenbodenmuskulatur ausgeschlossen werden kann.
Weitergehend wird der Urin im Labor auf mögliche Keime untersucht und die Nierenfunktion über eine Blutentnahme geprüft.
Zur weiterführenden Diagnostik gibt es viele verschiedene Möglichkeiten. So kann der Patient aufgefordert werden, ein „Miktions-Tagebuch“ zu führen, in dem er aufschreiben soll, wie viel Urin jeden Tag unter welchen Umständen verloren wurde. Dies ist auch kombinierbar mit dem sog. PAD-Test, bei dem die Patienten eine Inkontinenzeinlage erhalten und die Menge an ausgetretenem Urin nach bestimmten Trinkmengen und Bewegungen durch die Gewichtsänderung der Einlage messen können.
Zusätzlich sind bildgebende Verfahren wie eine Sonographie oder eine Blasenspiegelung denkbar.
Eine Blasenschwäche kann mit einer geeigneten Therapie durchaus gut in den Griff bekommen werden.
Ein erster wichtiger Ansatz bei der Behandlung ist eine Stärkung der Beckenbodenmuskulatur. Zusätzlich hierzu ist bei allen Formen der Blasenschwäche wichtig, dass das Gewicht der Patienten im Normalbereich liegt, um nicht zusätzlich Druck auf die Blase auszuüben. Ebenfalls sollte der Patient lernen, regelmäßig auf Toilette zu gehen, um die Blase nicht zu sehr zu füllen und so wiederum Druck aufzubauen.
Bei der Belastungsinkontinenz gibt es die Möglichkeit das Medikament „Duloxetin“ zu geben, welches verstärkend auf die Kontraktion des Schließmuskels der Blase wirkt.
Auch gibt es verschiedene Operationsverfahren, die den Patienten helfen können. So können je nach Ursache der Blasenschwäche unterstützende Bänder oder sogar künstliche Schließmuskel eingesetzt werden. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass eine Operation erst nach Ausschöpfung aller konservativen Maßnahmen zu erwägen ist.
Bei der Dranginkontinenz zeigen sich verschiedene Medikamente als hilfreich. Mittel der 1. Wahl sind die sogenannten Anticholinergika, die das vegetative Nervensystem (genauer den Parasympatikus) hemmen und so verhindern, dass bei geringer Füllmenge der Blase bereits ein Gefühl des Harndrangs entsteht. Ein typischer Wirkstoff dieser Klasse heißt „Oxybutynin“. Bei unzureichender Wirkung lassen sich diese Medikamente auch mit weiteren Medikamenten wie z.B. Alpha-Blockern kombinieren.
Wenn die Blasenschwäche über Medikamente allein nicht in Griff zu kriegen ist, gibt es auch die Möglichkeit Botulinum-Toxin, eher bekannt unter dem Namen „Botox“, in mehrere Stellen der Blasenwand zu spritzen und die Nerven dort direkt zu hemmen. Als letzter Ausweg gibt es auch die Möglichkeit die Ableitung des Harns operativ über den Darm umzuleiten.
Mittel der Wahl bei einer Reflexinkontinenz stellt das Legen eines Blasenkatheters dar. Das Spritzen von Botulinum-Toxin ist auch hier eine Möglichkeit. Ebenfalls ist das operative Einsetzen eines Blasenschrittmachers denkbar.
Bei der Überlaufinkontinenz sollte die Ursache der gestörten Ableitung behoben werden. So kann eine vergrößerte Prostata beispielsweise unter Einsatz von Medikamenten wieder zu ihrer Normalgröße geführt werden. Folglich sinkt der hohe Druck in dem ableitenden Harnsystem und die Blasenschwäche verschwindet.
Eine der wichtigsten Säulen der Therapie bei Blasenschwäche ist das Beckenbodentraining. Da der Beckenboden alle Organe des Beckens nach unten hin hält, muss er hohen Belastungen standhalten. Ist die Muskulatur nicht stark genug, kann dies neben der Inkontinenz auch zur Absenkung der unteren Darmabschnitte oder der Gebärmutter führen. Auch sexuelle Funktionsstörungen können durch einen geschwächten Beckenboden verursacht sein.
Das gezielte Training des Beckenbodens sollte dem Patienten von einer ausgebildeten Fachkraft wie z.B. einem Physiotherapeuten gezeigt werden, damit die Ausführung richtig ist.
Weitere Möglichkeiten der Stärkung des Beckenbodens sind ebenfalls in der Physiotherapie zu finden. So kann über Elektrostimulation die Beckenbodenmuskulatur kontrahiert und gestärkt werden. Ähnliches ist mit der Magnetstimulation, die sich eines magnetischen Impulsfeldes bedient, möglich. Auch die Anwendung eines sogenannten „Biofeedback-Verfahrens“ kann hilfreich bei der Stärkung des Beckenbodens sein. Hier zeigt ein Sensor dem Patienten graphisch direkt an, wie stark die Beckenbodenmuskulatur im Moment angespannt ist. Damit kann der Patient ein Gefühl für die Ausführung stärkender Übungen bekommen.
Eine Blasenschwäche an sich ist nicht als gefährliche Krankheit anzusehen. Jedoch ist das Thema für viele Patienten sehr unangenehm und oftmals fällt vielen der Gang zum Arzt sehr schwer. Eine leider häufige Folge ist zunehmende Isolation, da die Betroffenen aus Angst vor ungewolltem Urinverlust nicht mehr gerne ausgehen oder Sport betreiben wollen. Die Folgen sind Einsamkeit und ggf. sogar depressive Stimmungen.
Problematisch wird eine Blasenschwäche, wenn ihre Ursache Komplikationen hervorrufen könnte. Sollte zum Beispiel eine Krebserkrankung vorliegen, kann diese lebensbedrohliche Konsequenzen haben und muss in jedem Fall ärztlich abgeklärt und therapiert werden.
Auch können immer wiederkehrende Blasenentzündungen der natürlichen Blasenschleimhaut zusetzen und diese verletzen und chronisch reizen.
Um mögliche ernste Konsequenzen zu vermeiden, sollte deshalb bei jeder beginnenden Blasenschwäche der Hausarzt aufgesucht werden. Zusammen kann die Ursache abgeklärt und eine geeignete, die Lebensqualität verbessernde Therapie gefunden werden.
Im höheren Alter sind auch zunehmend Männer von einer Blasenschwäche betroffen.
Hierbei ist jedoch nicht ein geschwächter Beckenboden die Hauptursache, sondern eine Vergrößerung der Prostata. Die sog. benigne Prostatahyperplasie tritt vor allem zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr auf und zählt zu den häufigsten Erkrankungen bei Männern. Die vergrößerte Prostata kann auf den Harnleiter drücken und so den Druck auf die Blase vergrößern – Folge ist eine Blasenschwäche.
Jedoch kann auch eine Operation an der Prostata, zum Beispiel im Rahmen einer Verkleinerung, zu einer Inkontinenz führen, wenn hierbei der Blasenschließmuskel versehentlich verletzt wird.
Bei jüngeren Patienten kann eine Entzündung der Prostata vorübergehend zu einer Blasenschwäche führen, die von den Patienten als „Nachtropfen“ beschrieben wird.
Selbstverständlich sind auch die oben genannten Ursachen einer Blasenschwäche, wie ein schwacher Beckenboden oder eine Krebserkrankung, bei Männern denkbar und sollten immer ärztlich abgeklärt werden.
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