Bei Beinfehlstellungen z.B. infolge von X-/ O-Beinen, Knickfüßen, Rachitis oder traumatischen Ursachen kommt es zu einer Abweichung der Beine von der normalen Körperachse. Dies kann langfristig zu Schäden im Kniegelenk (Verschleiß, Meniskusschäden) führen und sollte korrigiert werden. Konservativ kann dem entgegengewirkt werden, indem auf Schuheinlagen oder Physiotherapie zurückgegriffen wird. Operativ wird bei Kindern eine Epiphysenodese und bei Erwachsenen eine Umstellungsosteotomie durchgeführt.
Als Ursache für eine Fehlstellung der Beine kommen zwei Krankheitsbilder in Frage. Das X-Bein (Genu valgum) und das O-Bein (Genu varum). Beide Fehlstellungen sind meist angeboren, können aber auch aufgrund schiefer Füße (Knick-Senkfüße) entstehen. Hierbei sinken die Füße nach innen ab, das Wachstum der Beine wird aufgrund der Fehlbelastung beeinträchtigt.
Auch ein Mangel an Vitamin D verursacht eine Beinfehlstellung. Schuld hieran hat eine Krankheit namens Rachitis. Fehlt Vitamin D, können die wichtigen Knochensubstanzen Kalzium und Phosphat nicht richtig aufgenommen werden, die Knochen erweichen und sind während des Wachstums nicht mehr in der Lage, das größer werdende Körpergewicht zu tragen. Es resultieren Fehlstellungen des Hüftgelenks oder der Kniegelenke. Rachitis kommt heutzutage jedoch nur noch sehr selten vor.
Andere Gründe für Fehlstellungen der Beine sind unter anderem Hormonstörungen, Tumoren oder Übergewicht. Traumatische Ursachen, wie Knochenbrüche oder Verletzungen der Wachstumsfugen sorgen vor allem dann für eine Beinfehlstellung, wenn sie im Kindes- oder Jugendalter passieren, also dann, wenn der Körper sich noch im Wachstum befindet.
Symptomatisch für X- oder O-Beine ist die schnell sichtbare Abweichung der Beine von der normalen Körperachse. Ein Bein gilt als gerade, wenn die Achse (Trageachse) gerade durch den Oberschenkelkopf des Hüftgelenks, das Knie und das Sprunggelenk verläuft. Beim X-Bein weicht das Knie nach innen von dieser gedachten Achse, beim O-Bein nach außen ab.
Weitere Symptome einer Beinfehlstellung treten erst als Spätfolgen auf. So kommt es zum Beispiel zum Gelenkverschleiß im Knie (Gonarthrose) aufgrund der einseitigen Belastung. Beim X-Bein verschleißen zuerst die inneren Anteile des Kniegelenks, beim O-Bein sind die äußeren Anteile früher betroffen. Aus der Arthrose resultieren dann Schmerzen, vor allem bei Belastung, da die Gelenkflächen nicht mehr optimal übereinander gleiten. Neben der Arthrose spielen vor allem Meniskusschäden oder Knochenödeme als Symptome eine Rolle.
Soll die Beinfehlstellungskorrektur bei Kindern vorgenommen werden, die sich noch im Wachstum befinden, kann zuerst versucht werden mit einer Schiene, welche nachts getragen werden muss, dem Falschwachstum entgegen zu wirken. Gegen Knick-Senkfüße, die als Ursache für X-Beine gelten, können an der Fußinnenseite erhöhte Einlagen helfen. Diese werden dem angepasst und sollten so oft es geht in den Schuhen getragen werden. Ebenso kann versucht werden, durch spezielle, physiotherapeutische Gymnastikübungen die Beinfehlstellung auszugleichen und somit möglichen Spätfolgen wie der Arthrose, entgegen zu wirken.
Liegt aber eine ausgeprägte Fehlstellung vor, oder schlagen die genannten Maßnahmen nicht an, gibt es auch für Kinder die Möglichkeit, die Achsenabweichung operativ zu begradigen.
Gilt es kindliche Beine zu begradigen, bedient man sich der sogenannten Epiphyseodese. Die Epiphyse (Wachstumsfuge) wird ein- oder beidseitig gezielt verletzt. Zur Korrektur von X- oder O-Beinen benutzt man allerdings nur die einseitige Epiphyseodese.
Einseitige Epiphyseodesen dienen der Wachstumslenkung und sind meist reversibel, das heißt sie können rückgängig gemacht werden. Für reversible Epiphysenodesen gibt es zwei Möglichkeiten. Zum einen kann die Wachstumsfuge penetriert werden, damit das Wachstum vorerst stagniert. Die durch die Penetration entstandene Verletzung der Fuge, meist herbeigeführt durch eine Schraube oder einen Draht, heilt aber wieder und das Wachstum geht weiter. Alternativ kann man die Wachstumsfuge auch von außen ,,überbrücken“ und so mittel Klammern oder Platten das Wachstum zeitweise hemmen.
Eine Epiphyseodese stellt einen massiven Eingriff in das natürliche Wachstum des Körpers dar. So kommt es manchmal dazu, dass auch nach Entfernung der Schrauben, Platten oder Drähte das Wachstum ausbleibt. Auch überschießendes oder asymmetrisches Wachstum wurden als Nachwirkungen eines solchen Eingriffs schon beschrieben. Gerade letzteres muss aber nach Möglichkeit vermieden werden, denn der Eingriff sollte asymmetrisches Wachstum verhindern, nicht verursachen. Die in die Wachstumsfuge eingebrachten Implantate können sich auch lockern und verrutschen und dann umliegende Strukturen in Mitleidenschaft ziehen. So entstehen beispielsweise Nervenschäden oder Verletzungen der Knochenhaut (Periost). In sehr seltenen Fällen bilden sich bei vorübergehenden Manipulationen an der Wachstumsfuge kleine Knochenbrücken, so dass es zum permanenten Wachstumsstopp kommt. Ob man eine Epiphyseodese beim Kind also wirklich durchführt, sollte in jedem Fall einzeln entschieden werden.
Kann man die Fehlstellung noch mit anderen Mitteln ausgleichen, oder ist sie nicht stark ausgeprägt, sollte man sich genau überlegen, ob eine Operation wirklich nötig ist, denn alle Operationen bedeuten für Kinder großen Stress und sollten nach Möglichkeit vermieden werden.
Wird beim Erwachsenen eine Beinbegradigung vorgenommen, so geschieht dies operativ. Konservative Methoden können beim Erwachsenen nur wenig ausrichten, da das Wachstum bereits abgeschlossen ist. Man kann höchstens symptomatisch therapieren oder versuchen, eine Verschlimmerung der Fehlstellung zu verhindern.
Symptomatische Therapie beinhaltet Schmerzmedikation und Physiotherapie zur Stabilisierung des Kniegelenks. Mit Einlagen für die Schuhe, welche passgenau angefertigt werden, kann versucht werden einen Knick-Senkfuß auszugleichen und die daraus resultierende weitere Verschlechterung der Fehlstellung zu vermeiden.
Die Operation wird als Umstellungsosteotomie bezeichnet. Bevor operiert wird, muss eine sichere Diagnose gestellt werden. Dafür werden die Beine zunächst inspiziert. Liegt eine ausgeprägte X- oder O-Bein Stellung vor, so ist dies meist deutlich zu sehen. Danach werden die Beine geröntgt und die Tragachse eines jeden Beins wird bestimmt und vermessen. Röntgenaufnahmen werden in einem solchen Fall stets im Stehen gemacht, damit der Arzt erkennen kann, wie sich die Achse der Beine unter der Belastung durch das Körpergewicht verhält. Die Operation der Beinfehlstellung richtet sich danach, ob X-Beine oder O-Beine vorliegen und wird in der Klinik unter Vollnarkose durchgeführt. Das Verfahren beruht auf einer Achsenkorrektur durch die Entfernung von Knochenstücken. Diese sind je nach Grad der Fehlstellung unterschiedlich groß und werden je nachdem, ob X- oder O-Bein vorliegt, an anderen Stellen entfernt. Befestigt werden die Knochen anschließend mit Platten, Nägeln und Schrauben.
Wie jede Operation birgt auch eine Beinbegradigung gewisse Risiken und Nebenwirkungen. Dazu zählen die durch die Narkose ausgelösten Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen und bei älteren Patienten Verwirrtheit (Durchgangssyndrom). Später kann es zu Wundheilungsstörungen, Narbenbildung oder Wundinfekten an der Operationsnaht kommen.
X-Bein Begradigungen werden selten durchgeführt und gehören zu den schwierigeren Operationen. Sie werden am Oberschenkel, direkt über dem Knie vorgenommen. Dabei wird der Knochen eingesägt und somit begradigt. Anschließend wird der Spalt mit einem System aus winkelstabilen Platten in Form gehalten. Während der Operation werden durch ständige Röntgenkontrolle die Lage des Schnitts und der Sitz der Platten kontrolliert.
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Zur Korrektur von O-Beinen, die wesentlich häufiger ausgeführt werden als eine Korrektur bei X-Beinen, verwendet man meistens die ,,closed wedge“ Technik. Hierbei wird ein keilförmiges Knochenstück aus dem Schienbein ausgesägt. Anschließend werden die beiden neu entstandenen Knochenenden einander angenähert und mit Platten fixiert.
Zusätzlich zur ,,closed wedge“ Technik gibt es noch die ,,open wedge“ Technik. Diese ähnelt der ,,closed wedge“ Technik insofern, dass auch hier die Stabilisierung mit winkelstabilen Platten durchgeführt wird. Allerdings werden hierbei dir Knochenenden einander nicht angenähert, sondern je nach Größe des entstandenen Spaltraums mit Knochenmaterial aus dem Beckenkamm aufgefüllt. Auch diese Operation erfolgt, wie die Begradigung von X-Beinen unter strenger Röntgenkontrolle.
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Der Klinikaufenthalt nach Korrektur einer Beinfehlstellung dauert bei komplikationslosem Verlauf 4 bis 7 Tage. In den ersten Wochen nach einer Operation zur Beinbegradigung sollten die Beine dann nach Möglichkeit geschont werden.Auf Unterarmgehstützen zur Entlastung der Beine kann meist schon nach circa 6 Wochen verzichtet werden. Sinnvolle Ergänzungen sind Behandlungsmethoden wie Physiotherapie, Kältetherapie und Lymphdrainage. Am besten werden diese Behandlungen 2 mal pro Woche durchgeführt.
Um die operierten Beine nicht direkt zu sehr zu belasten, sollte man sich beim Sport vorerst noch zurückhalten. Besonders betroffen sind hierbei Sportarten, welche die Gelenke stark belasten, also beispielsweise das Joggen. Sportarten, die die Gelenke schonen, wie etwa Wassergymnastik, lockeres schwimmen oder gemütliches Radfahren, kann man dagegen schon recht früh wieder ausüben.
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