Stimmlippen

Die Stimmlippen sind zwei Gewebestrukturen im Inneren des Kehlkopfes, zwischen denen sich die Stimmritze befindet und die für die Erzeugung unserer Stimme mitverantwortlich sind.

Stimmlippen

Synonyme

Stimmfalten, Plicae vocales
Fälschlicherweise manchmal auch Stimmbänder genannt, welche eigentlich nur einen Teil der Stimmlippen darstellen.

Allgemeines

Die Stimmlippen sind zwei von Schleimhaut überzogene Gewebestrukturen im Inneren des Kehlkopfes, zwischen denen sich die Stimmritze befindet und die als ein wichtiger Teil des stimmbildenden Apparates für die Erzeugung unserer Stimme (Phonation) mitverantwortlich sind.

Aufbau

Bei den Stimmlippen handelt es sich um ein paarig angelegtes Organ.
Sie sind aus drei Schichten aufgebaut:

Ganz innen befindet sich der Musculus vocalis (Stimmmuskel):
Dieser Muskel sorgt dafür, dass die Stimmlippen sich in ihrer Anspannung und ihrer Dicke verändern können, was notwendig ist, um verschiedene Laute erzeugen zu können. Außerdem steht er in direktem Kontakt zum Musculus cricothyreoideus, der auch in seiner Länge und Spannung variieren kann, wodurch sich ein sehr differenzierter Apparat bildet, der sowohl die Tonhöhe als auch die Lautstärke der Stimme reguliert.

Außen auf dem Stimmmuskel liegt die sogenannte Lamina propria auf, die sich noch einmal gliedern lässt:

  • in einen tiefen,
  • einen mittleren und einen oberen Abschnitt.

Sie ist eine Schicht aus Bindegewebe, das in diesem Falle aus vielen elastischen Fasern gebildet wird.

Vom Schildknorpel (Cartilago thyroidea) bis zum Stellknorpel (Cartilago arytaenoidea) bildet dieses Bindegewebe zur Mitte hin gelegen eine bandförmige Struktur aus, die man als Stimmband (Ligamentum vocale) bezeichnet.

Die darüberliegende Oberfläche bildet eine Schleimhautschicht (Mucosa). Diese besteht im Bereich der Stimmlippen nicht wie im sonstigen Kehlkopf aus einem Flimmerepithel, sondern aus einem mehrschichtigen, unverhornten Plattenepithel.

Zwischen diesem Epithel und der Muskulatur, also genauer gesagt in der oberen Schicht der Lamina propria, gibt es einen schmalen Zwischenraum, den „Reinke-Raum“. Dieser Raum sorgt dafür, dass sich das Bindegewebe und das Epithel gegeneinander verschieben können (Randkantenverschiebung). Wenn sich in diesem Raum eine Flüssigkeit ansammelt, spricht man von einem Reinke-Ödem.

Die Stimmritze

Zwischen den beiden Stimmlippen befindet sich die Stimmritze (Rima glottidis). Diese Öffnung ist je nach Stellung der Stimmlippen entweder typisch dreiecks- oder spaltförmig oder so gut wie verschlossen.

Während des Atmens ist die Stimmritze am weitesten, da hier ausschließlich Luft hindurchströmen muss.
Bei der Bildung von Lauten können die Stimmlippen in ihrer Stellung zueinander durch den Stellknorpel in unterschiedliche Positionen gebracht werden und dann durch den Stimmmuskel unterschiedlich stark kontrahiert werden, sodass die Bildung diverser verschiedener Tonhöhen und Lautstärken möglich ist.

Beim Sprechen treffen die Stimmlippen mehrmals mittig aufeinander. Bei besonders hohen Tönen können sich die Stimmlippen mehr als tausend Male pro Sekunde öffnen und wieder schließen.

"falsche Stimmlippen"

Oberhalb der Stimmlippen befinden sich, ebenfalls paarig, die Taschenfalten (Plicae vestibulares), die man auch als „falsche Stimmlippen“ bezeichnet. Diese können unter speziellen Umständen auch zur Stimmbildung genutzt werden, wodurch jedoch eine rauere, eher gepresst klingende Stimme entsteht.

Kehlkopfspiegelung

Wenn die Stimmlippen untersucht werden sollen, geschieht dies in der Regel mithilfe einer Kehlkopfspiegelung.

Hierbei wird ein Kehlkopfspiegel (Laryngoskop) in den Rachen eingeführt, über welchen der Arzt entweder direkt oder indirekt (abhängig vom eingesetzten Gerät) den Kehlkopf betrachten und beurteilen kann. Bei spezielleren Fragestellungen kann zudem ein Stroboskop zum Einsatz kommen. Hierunter versteht man ein Lichtblitzgerät, das es ermöglicht, den Schwingungsablauf der Stimmbänder genauer zu beurteilen. Außerdem kann zusätzlich durch einen Laryngographen aufgezeichnet werden, wie die Stimmbänder schwingen.

Erkrankungen der Stimmlippe

Neben dem oben erwähnten Reinke-Ödem können die Stimmlippen noch bei diversen anderen Krankheiten mit beeinträchtigt sein.

Bei einer Kehlkopfentzündung sind die Stimmlippen typischerweise gerötet und geschwollen, wodurch sich ihr Schwingungsmuster verändert. Dadurch entsteht der charakteristische heisere, dunkle Stimmklang bei dieser Erkrankung. Hier finden Sie mehr zum Thema: geschwollene Stimmbänder

Des Weiteren gibt es:

  • Stimmlippenpolypen,
  • Stimmlippenknötchen und Stimmlippenzysten,

die allesamt gutartige Verdickungen der Stimmlippen darstellen. Sie machen sich meist ebenfalls durch Heiserkeit und / oder eine veränderte Stimme, teilweise kombiniert mit einem Druckgefühl im Hals, bemerkbar. Sie können entweder durch Stimmübungsbehandlung oder eine Operation gut geheilt werden.

Eine nicht sehr häufige, aber schwerwiegende Erkrankung ist das Stimmlippenkarzinom, das sich meist erst in fortgeschrittenen Stadien durch ähnliche Symptome wie die der oben genannten Krankheiten bemerkbar macht. Im schlimmsten Fall muss bei der Diagnose Stimmlippenkarzinom eine Entfernung des gesamten Kehlkopfes stattfinden.

Bedeutung der Stimmlippen bei künstlicher Beatmung

Ebenfalls eine große Bedeutung haben die Stimmlippen bei der endotrachealen Intubation (Atemwegssicherung).

Der Tubus muss nämlich direkt zwischen die beiden Stimmlippen durch die Stimmritze hindurch platziert werden, um korrekt zu liegen und eine erfolgreiche Beatmung zu ermöglichen. Als sicheres Zeichen für die richtige Lage des Tubus gilt, wenn man sieht, wie dieser zwischen den beiden Stimmlippen verschwindet. Sowohl die Platzierung als auch die Kontrolle erfolgen unter laryngoskopischer Sicht.

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Autor: Dr. N. Gumpert Veröffentlicht: 10.04.2013 - Letzte Änderung: 18.09.2024