Steißbeinschmerzen nach der Geburt

Steißbeinschmerzen nach der Geburt sind meist auf eine Überdehnung der Bänder im Bereich des Beckens zurückzuführen, können jedoch auch vielfältige andere Ursachen haben. Einen guten Behandlungsansatz bietet beispielsweise die Osteopathie.

Steißbeinschmerzen nach der Geburt

Definition

Nach einer Geburt kann es durch die extreme Belastung des Körpers zu Schmerzen an verschiedenen Stellen kommen. Hierzu zählt häufig das Steißbein, da hier viele Muskeln des Beckenbodens befestigt sind, die während der Geburt sehr stark beansprucht werden. Es kann zu Prellungen, Verrenkungen oder manchmal sogar zum Bruch des Steißbeins kommen. Dadurch werden nach der Geburt starke Schmerzen verursacht, die beispielsweise das Sitzen erschweren und sehr einschränkend sein können. Bei Steißbeinschmerzen nach der Geburt sollte daher ein Osteopath oder ein Orthopäde aufgesucht werden.

Ursachen

Bereits während der Geburt kann es zu Schmerzen am Steißbein kommen. Diese kommen durch die starke Belastung zustande, durch die es am Steißbein zu Prellungen, Verrenkungen oder in einigen Fällen sogar zu einem Bruch kommen kann. Verantwortlich hierfür ist der Beckenboden, den man sich als eine Art Platte aus Muskeln, Sehnen und Bändern im unteren Bereich des Beckens vorstellen kann. Ein Großteil dieser Strukturen ist hinten am Steißbein befestigt. Während der Geburt drückt sich das Baby durch das Becken der Mutter, wodurch ein starker Zug auf die Muskeln entsteht. Durch die extreme Belastung entstehen dadurch häufiger Blutergüsse im Bereich des Steißbeins, die nach der Geburt sehr schmerzhaft sein können. Auch die Bänder des Beckenbodens können überdehnt werden und zu starken Schmerzen führen. Der Zug am Steißbein kann zusätzlich durch die gespreizten Beine verstärkt werden. Auch die Rückenlage als Gebärposition verstärkt die Belastung am Steiß.

Lesen Sie hierzu auch unsere Themen: Steißbeinprellung  und Steißbeinbruch 

Gelegentlich kommen Fehlstellungen, die bereits vor der Geburt bestehen, als verursachende Faktoren hinzu. Wenn diese vor der Schwangerschaft nur leichte oder gar keine Schmerzen verursacht haben, bleiben sie häufig unbemerkt. Während der Schwangerschaft kann es ebenfalls zu Fehlhaltungen kommen, da sich durch die Zunahme des Bauchs der Schwerpunkt des Körpers verlagert. Die Lage des Kindes im Becken kann die Steißbeinschmerzen ebenfalls beeinflussen, da beispielsweise ein Sternengucker, also ein Kind, das mit dem Gesicht zum Himmel geboren wird, eine größere Belastung für das Becken darstellt.

Symptome

Die Beschwerden am Steißbein nach der Geburt machen sich vor allem durch die Schmerzen und die Schwierigkeiten beim Sitzen bemerkbar. Häufig werden die Schmerzen erst spät wahrgenommen, da vor allem nach der ersten Geburt davon ausgegangen wird, dass die Schmerzen nach dieser Anstrengung „normal“ sind. Die Beschwerden werden nach einer Weile deutlicher, wenn sie sich nicht bessern. Hinzu kommt oft die Einschränkung beim Sitzen. Dies liegt daran, dass die Schmerzen bei vielen Müttern so stark sind, dass die Sitzposition eine zu große Reizung für das schmerzende Steißbein darstellt. Häufig äußert sich das auch darin, dass ein längeres Sitzen nicht mehr möglich ist. Abhängig von der Ausprägung der Schmerzen können diese teilweise durch Polster oder Sitzkissen erleichtert werden.

Je nachdem, ob eine Prellung, Verrenkung oder gar ein Bruch vorliegt, sind die Schmerzen unterschiedlich stark ausgeprägt. Bei einem Bruch kann es im Extremfall auch zu sichtbaren Zeichen, wie Knochensplittern oder einem lauten Knacken kommen. In solchen Fällen sollte stets umgehend ein Arzt aufgesucht werden.

Diagnose

Bei Steißbeinschmerzen nach der Geburt sollte, wenn diese noch mehrere Wochen nach der Geburt bestehen und keine Besserung zeigen, ein Arzt aufgesucht werden. Die Anamnese, also das Arzt-Patienten-Gespräch, und die Untersuchung der schmerzenden Stelle spielen dabei eine wichtige Rolle. Außerdem steht die Findung der Ursache im Vordergrund. Daher sollte bei Hinweisen auf einen Bruch des Steißbeins ein Röntgenbild angefertigt werden, damit die Knochen beurteilt werden können.

Was hilft gegen Steißbeinschmerzen nach der Geburt?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Behandlung von Steißbeinschmerzen nach der Geburt. Wenn eine Methode nicht ausreichend Besserung verschafft, kann eine andere ausprobiert oder beide Optionen miteinander kombiniert werden.

Die sicherlich einfachste Behandlungsoption ist ein sogenannter Sitzring, durch den ein für das Steißbein sehr entlastendes Sitzen ermöglicht wird. Es gibt auch verschiedene Beckengurte, die dem Steißbein Belastung abnehmen. Hierfür sollte ein Fachgeschäft aufgesucht werden, um die passende Option zu finden. Physiotherapie kann ebenfalls sehr hilfreich sein. Hierbei können abhängig von der Schwere der Beschwerden Massagen oder Übungen durchgeführt werden. Letztere sind in den meisten Fällen zusätzlich im Hinblick auf die Stärkung der beanspruchten Muskeln wichtig. Außerdem können bei der Physiotherapie eventuelle Fehlhaltungen durch Übungen korrigiert werden, was auch im Hinblick auf eine mögliche nächste Schwangerschaft zur Schmerzvermeidung relevant sein kann. Eine Elektrotherapie, auch TENS genannt, hilft über kleine Elektroden, die am Steißbeinbereich angesetzt werden, bei der Stimulation von eventuell geschädigten Nerven.

Bei starken Schmerzen sollten gegebenenfalls Schmerzmittel, wie z.B. Ibuprofen, eingenommen werden. Wenn die Schmerzen bereits während der Schwangerschaft bestehen, muss vorher abgeklärt werden, welche Medikamente geeignet sind.

Weitere Informationen zu Schmerzmittel finden Sie unter:  Schmerzmittel in der Stillzeit und unter Schmerzmittel während der Schwangerschaft

Lesen Sie mehr zur Therapie von Steißbeinschmerzen unter: Behandlung von Steißbeinschmerzen

Osteopathie

Eine weitere Möglichkeit der Behandlung von Steißbeinschmerzen nach der Geburt ist die Osteopathie. Sie eignet sich besonders gut, wenn es durch die Geburt zu einer Verrenkung des Steißbeins gekommen ist. Dabei handelt es sich um eine fehlerhafte Position des Steißbeins, wodurch Schmerzen entstehen und das Gelenk zwischen dem Steißbein und dem darüber liegenden Kreuzbein nicht richtig funktionieren kann. Hier greift das Konzept der Osteopathie an, welches besagt, dass der Körper sich selbst heilen kann, wenn alle Körperteile gut beweglich sind.

Die osteopathische Behandlung erfolgt anal mit der Hand. Dabei wird durch den Anus ein Finger (mit einem speziellen Handschuh) eingeführt, da so das Steißbein gut umfasst werden kann. Durch verschiedene Lagerungen und Position wird die für das Steißbein passende Position gefunden, wodurch sich das Gewebe entspannen kann. Zwar ist diese Behandlung etwas unangenehm, jedoch in der Regel schmerzfrei und meist sehr erfolgreich. Es gibt viele Berichte, die von einem Verschwinden der Schmerzen nach einer Behandlungssitzung erzählen.

Lesen Sie weitere interessante Informationen zum Thema unter: Osteopahtie

Dauer der Schmerzen

Nach der Geburt können Steißbeinschmerzen abhängig von der Ursache unterschiedlich lang andauern. Werden die Beschwerden durch eine Prellung oder einen Bluterguss verursacht, sind diese meist nach einigen Tagen bis Wochen wieder weg. Bei der Zerrung von Bändern können die Schmerzen mehrere Wochen andauern. Eine Verrenkung des Steißbeins ist oft nach einer Sitzung bei einem Osteopathen wieder schmerzfrei gelöst. Besteht ein Bruch des Steißbeins muss dieser abhängig von der Schwere des Knochenbruchs konservativ durch Schonung, oder ggf. auch operativ behandelt werden. Dies führt häufig dazu, dass die Schmerzen einige Monate bestehen.

Steißbeinschmerzen während der Geburt

Häufig bestehen Steißbeinschmerzen nicht erst nach, sondern bereits während der Geburt. Der Geburtsvorgang ist eine große Belastung für die Strukturen der Knochen, Muskeln und Bänder. Besonders in der Rückenlage mit abgespreizten Beinen wird das Steißbein unter sehr starken Zug gestellt. Das Köpfchen des Babys drückt gegen den Beckenboden, dessen Muskeln und Bänder zum Großteil am Steißbein befestigt sind. In einigen Fällen kommen Fehlstellungen, die beispielsweise durch einen früheren Sturz entstehen können, aber als solche nie diagnostiziert wurden. Auch während der Schwangerschaft führt die Verschiebung des Körperschwerpunkts oftmals zu Fehlhaltungen, die sich zusätzlich belastend auf das Steißbein auswirken können. Zunächst ist natürlich auch die Lage des Kindes im Becken ein zu beachtender Risikofaktor.

Weitere interessante Informationen zu diesem Thema finden Sie unter: Steißbeinschmerzen während der Schwangerschaft

Um Steißbeinschmerzen bei der Geburt vorzubeugen, kann beispielsweise im Vorfeld eine osteopathische Untersuchung erfolgen, um eventuelle Fehlpositionen des Steißbeins festzustellen und zu korrigieren. Des Weiteren kann eine sogenannte Epidural- oder Periduralanästhesie durchgeführt werden. Dabei wird ein Anästhetikum in die äußere Rückenmarkshülle, auch Epiduralraum genannt, gespritzt, wodurch der untere Bereich des Körpers ab der Hüfte während der Geburt betäubt ist.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 16.10.2018 - Letzte Änderung: 18.09.2024